Normen
BauG Stmk 1995 §13;
BauG Stmk 1995 §29 Abs1;
BauG Stmk 1995 §4 Z56;
BauG Stmk 1995 §4 Z61;
BauRallg;
BauG Stmk 1995 §13;
BauG Stmk 1995 §29 Abs1;
BauG Stmk 1995 §4 Z56;
BauG Stmk 1995 §4 Z61;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 360,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Baugesuch vom 22. April 1997 (eingelangt am 23. April 1997) kamen die Beschwerdeführer um baubehördliche Bewilligung des Umbaues ihres Wohnhauses in Graz ein (den vorgelegten Verwaltungsakten und den damit vorgelegten Bescheiden betreffend frühere Verfahren ist zu entnehmen, dass die baulichen Maßnahmen, um die es hier geht, bereits 1992 durchgeführt worden waren und in der Folge auch im Jahr 1993 ein diesbezüglicher Beseitigungsauftrag erging (Berufungsbescheid vom 7. Oktober 1993). Ein diesbezügliches Baugesuch war mit Bescheid vom 10. April 1995 als mangelhaft belegt mangels Verbesserung zurückgewiesen worden). In der Bauverhandlung vom 28. Mai 1997 erhob die mitbeteiligte Partei als Nachbarin Einwendungen gegen das Vorhaben und machte insbesondere eine Verletzung der Abstandsvorschriften geltend. In dieser Bauverhandlung wurde den Beschwerdeführern die Vorlage eines Gutachtens über die Standfestigkeit und Größe der altbestehenden Außenwand samt ergänzenden aktuellen Fotodokumentation aufgetragen. In diesem nach Urgenz vorgelegten Gutachten des Ing. R. K. vom 17. November 1997 (dem Lichtbilder angeschlossen sind) heißt es unter anderem:
"Beschreibung des Altbestandes:
Die nördliche Giebelmauer bestand im Bereich des Esszimmers aus Schlackenbeton 20 cm stark, Länge 3,85 m, und die nach Osten hin angebaute Küche aus einer Riegelwand aus 14/14 cm starken Staffeln, innen 5 cm Heraklith verputzt, außen Nut und Feder verschalt. Die Riegelwandkonstruktion hat eine Länge von 2,20 m, diese beiden Wandkonstruktionen waren mit Nut- und Federbrettern verschalt, wobei an der Maueraußenseite im Bereich Esszimmer Dachlatten angebracht waren, an denen die Nut- und Federverschalung befestigt wurde. Diese Giebelwandkonstruktionen standen auf einem ca 25 cm hohen und ca 33 cm breitem Betonsockel mit 30 cm tiefem Fundament (siehe Schnitt Bestand). Die Raumhöhe des Esszimmers war 2,45 m. Die Decke über dem Esszimmer war als Tramdecke mit Plafond und Einschubschalung, darüber Löschbeton, ausgebildet gewesen; außerdem parallel zur Straßenflucht verlegt. Die Decke über der Küche war an dem Esszimmer pultdachförmig (Gefälle nach Osten) angebaut. Sparren waren zugleich Deckenträme. Die Untersicht war, wie im Esszimmer mit Stuckaturrohr verputzt, auf Plafondschalung hergestellt. Die Raumhöhe in der Küche war etwa 1,90 m, an der Ostseite der Mittelmauer (Esszimmerwand) 2,0 m, über dem Esszimmer ein Satteldach mit Ziegel gedeckt.
Beschreibung Neubau:
Die Dächer (Sattel- und Pultdach) über Esszimmer und Küche wurden abgetragen samt der über dem Esszimmer befindlichen Holzdecke. Die Außen- und tragenden Mittelmauern wurden errichtet. Beim Außenmauerwerk Essraum mussten vom Bestand der 20 cm starken Schlackenbetonmauer ca 40 cm von oben abgetragen werden, da die erforderliche Festigkeit nicht gegeben war. Auf dem ca 12 cm vorspringenden Betonsockel wurde eine 12 cm Wandschale mit der bestehenden Schlackenbetonwand verankert aufgeführt, bis zur Oberkante des tragfähigen Schlackenbetonmauerwerkes, weiter bis zur Deckenunterkante wurde dann mit 30 cm breiten Hochloch - zementgebundene Lecasteine gemauert (Foto). Dann wurden die Stahlbetonfertigteildecken verlegt und zwar parallel zur nördlichen Nachbargrenze (Foto)."
Im Übrigen wurde in diesem Gutachten die Standfestigkeit bejaht. Dieses Gutachten wurde am 3. März 1998 ergänzt.
Nach verschiedenen Verfahrensschritten wurde schließlich mit dem Spruchteil 2 des erstinstanzlichen Bescheides vom 30. Oktober 1998 (Spruchteil 1 ist nicht verfahrensgegenständlich und betrifft die Bewilligung der Errichtung einer Einfriedung) dem Baugesuch nicht stattgegeben, wobei die Einwendungen der mitbeteiligten Partei als unbegründet zurückgewiesen wurden. Dies wurde damit begründet, dem Gutachten des Sachverständigen Ing. R. K. sei zu entnehmen, dass die Baumaßnahmen keinen Umbau nach § 4 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 darstellten, sondern bewilligungspflichtige Zubaumaßnahmen seien. Da ein Abbruch wesentlicher Teile eines als rechtmäßig anzusehenden Bauwerkes aus früherer Zeit vorliege, sei der gemäß § 40 Abs. 1 leg. cit. anzunehmende Konsens für den Essraum "nach Norden untergegangen". Es komme somit durch die Zubauten zu einer Verletzung des gesetzlichen Mindestabstandes, was die mitbeteiligte Partei auch geltend gemacht habe. Dem Umbauansuchen sei daher nicht stattzugeben. Die Nachbareinwendungen seien als unbegründet zurückzuweisen gewesen, weil ihnen mit der Nichtstattgebung des Ansuchens Rechnung getragen worden sei.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der Spruchteil 2. des erstinstanzlichen Bescheides dahin abgeändert, dass das Baugesuch gemäß § 29 Abs. 1 Stmk. BauG abgewiesen werde.
Begründend heiße es, mit dem bekämpften Spruchteil 2. des erstinstanzlichen Bescheides sei dem Ansuchen zur Ausführung "von Zu- und Umbauten (diese umfassen den Aufbau der teilweise abgetragenen Außenwand, den Einbau einer massiven Giebelwand bis unter die Dachhaut, Errichtung eines Dachstuhles samt Neueindeckung, den Aufbau eines Vorsatzmauerwerkes an der Außenseite der Schlackenbetonwand sowie die Neuerrichtung des Rauchfanges über die Dachhaut)" nicht stattgegeben und es seien die Nachbareinwendungen als unbegründet zurückgewiesen worden. Nach Wiedergabe der Berufung und Rechtsausführungen heißt es mit näherer Begründung, es sei davon auszugehen, dass das Bauwerk (wie es vor den baulichen Maßnahmen bestanden habe) schon vor dem 1. Jänner 1969, also dem Inkrafttreten der Steiermärkischen Bauordnung 1968, errichtet worden sei, und somit gemäß § 40 Abs. 1 Stmk. BauG als rechtmäßiger Bestand anzusehen sei. Nach Beschreibung der bereits tatsächlich vorgenommenen baulichen Maßnahmen (wobei auf das Gutachten R. K. samt Ergänzung verwiesen wird) heißt es, diese bereits durchgeführten konsenslosen Baumaßnahmen sollten nun im gegenständlichen Verfahren einer nachträglichen baubehördlichen Bewilligung zugeführt werden. Ein rechtskräftiger baupolizeilicher Beseitigungsauftrag hinsichtlich "dieses Bereiches" liege bereits vor, nachdem dieser "beanstandete Baubereich" in einem früheren baupolizeilichen Genehmigungsverfahren im Zusammenhang mit einem südseitigen bewilligten Zu- und Umbau seitens der Bauwerber "aus den damaligen Plänen gestrichen" worden sei.
Nach § 4 Z. 56 Stmk. BauG sei ein "Umbau" die Umgestaltung des Inneren oder Äußeren einer bestehenden baulichen Anlage, die die äußeren Abmessungen nicht verändere, jedoch geeignet sei, die öffentlichen Interessen zu berühren, bei überwiegender Erhaltung der Bausubstanz. Diese beiden Tatbestandsmerkmale müssten kumulativ vorliegen. Würden die äußeren Abänderungen verändert, so sei die konkrete Baumaßnahme bereits als Neubau oder Zubau zu qualifizieren, "die dabei ebenso zu erhaltende 'überwiegende Bausubstanz' müsse also eine solche des Inneren des Gebäudes oder der sonstigen baulichen Anlage sein, denn sollten die tragenden Außenwände nur 'überwiegend erhalten' bleiben bei einer Baumaßnahme, wäre ja damit schon jedenfalls eine Veränderung der äußeren Abmessungen verbunden, sodass kein 'Umbau im Sinne des Gesetzes' vorliegt". Wie sich ergeben habe, seien nun "eindeutig und offenkundig" die äußeren Abmessungen verändert worden, es seien nämlich Teile der Außenwand abgetragen und es sei darüber nach Schaffung einer den (jetzigen) gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Raumhöhe ein teilweise ausgebautes Dachgeschoß errichtet worden, sodass das gegenständliche Bauvorhaben als Zubau, soweit er diesen gesamten an der nördlichen Grundgrenze befindlichen Teil betreffe, zu qualifizieren sei. Zu- und Umbauten an baulichen Anlagen seien bewilligungspflichtig (wird näher ausgeführt). Ein bewilligungsfreier Umbau einer baulichen Anlage gemäß § 21 Abs. 2 Stmk. BauG liege dann vor, wenn damit keine Änderung der äußeren Gestaltung verbunden sei, was vorliegendenfalls nicht der Fall sei. Ein solcher Umbau hätte beispielsweise so erfolgen müssen, dass an dem als rechtmäßig anzusehenden Altbestand ausschließlich im Inneren umgebaut werde. "Aus einem anderen Blickwinkel heraus betrachtet ergibt sich nun auch im Sinne der höchstgerichtlichen jederzeit anzuwendenden und zu achtenden Judikatur des Höchstgerichtes (gemeint ist wohl die hg. Judikatur) eine Baumaßnahme im gegenständlichen Falle, die nicht im Einklange mit der Rechtsordnung steht, da das Gutachten von Ing. R... K... vom 17.11.1997 und 3.3.1998 bewiesen hat, dass wesentliche Teile eines als rechtmäßig anzusehenden Altbestandes im gesetzlichen Mindestabstandsbereich beseitigt wurden und somit der anzunehmende Konsens des Altbestandes (§ 40 des Steiermärkischen Baugesetzes) mit einer nicht der heutigen Rechtslage entsprechenden Einhaltung des gesetzlichen Mindestabstandes zur Nachbargrundgrenze nach Norden untergegangen ist" (Hinweis auf hg. Judikatur). "Um- und Zubaumaßnahmen an rechtlich nicht existenten Bauten können nicht genehmigt werden" (Hinweis auf hg. Judikatur). Die bekämpfte Auffassung der erstinstanzlichen Behörde sei daher rechtsrichtig.
Sodann heißt es, dass die von den Beschwerdeführern der Baubehörde gegenüber erhobenen Vorwürfe unzutreffend seien. Die Abstandsregelungen des § 13 Stmk. BauG gehörten zum wichtigsten Nachbarrecht, sodass sich die Frage, ob dem Nachbarn durch die konsenslose Baumaßnahme Nachteile entstanden seien, erübrige. In der Vergangenheit sei seitens der Baubehörde immer wieder eine Lösung für das gegenständliche Problem gesucht worden, die Beschwerdeführer hätten aber nicht entsprechend mitgewirkt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 4 Z. 56 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (Stmk. BauG), LGBl. Nr. 59, ist "Umbau" die Umgestaltung des Inneren oder Äußeren einer bestehenden baulichen Anlage, die die äußeren Abmessungen nicht verändert, jedoch geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (z.B. Brandschutz, Standsicherheit, äußeres Erscheinungsbild), bei überwiegender Erhaltung der Bausubstanz.
Die Beschwerdeführer machen geltend, entgegen der Auffassung der belangten Behörde seien die verfahrensgegenständlichen baulichen Maßnahmen als "Umbau" im Sinne dieser Gesetzesstelle zu verstehen. Dem ist zu entgegnen, dass es dabei nicht bloß darauf ankommt, dass der Grundriss oder auch der bestandene Grenzabstand nicht verändert wird, maßgeblich ist vielmehr auch, ob die "äußeren Abmessungen" nach oben hin (vertikale Dimension) verändert wurden oder nicht. Eine solche Veränderung ist aber hier gegeben: Wie sich aus dem Gutachten R.K. ergibt, wurden das Satteldach über dem Essraum (samt der bestandenen Decke) sowie das Pultdach über der Küche abgetragen. Diesem Gutachten, insbesondere auch den Fotobeilagen, ist weiters zu entnehmen, dass die neue Decke jedenfalls im Bereich der Küche höher liegt als das frühere Pultdach. Korrespondierend ergibt sich dazu aus den Bauplänen, dass an Stelle des Satteldaches über dem Essraum und dem Pultdach über der Küche ein (leicht asymmetrisches) Satteldach über die gesamte Breite vorgesehen ist (vgl. auch das Lichtbild des Altbestandes mit dem früheren Satteldach). Bereits daraus folgt, dass die äußeren Abmessungen im Vergleich zum Altbestand verändert wurden, sodass schon deshalb kein "Umbau" vorliegt (wobei vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles die Frage, ob ein "Umbau" gegeben ist, nur dann essenziell erscheint, wenn man davon ausgeht, dass bei einem solchen Umbau die Abstandsvorschriften des § 13 Stmk. BauG nicht eingehalten werden müssen. Da eben kein Umbau gegeben ist, ist diese Frage im Beschwerdefall nicht abschließend zu erörtern).
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass jedenfalls der verfahrensgegenständliche Teil des Dachgeschosses als Zubau (§ 4 Z. 61 Stmk. BauG) zu beurteilen ist. Dieser muss aber (jedenfalls) - mangels eines Konsenses, der Abweichendes gestatten würde - den Grenzabstand einhalten, was beim gegebenen Abstand von nicht mehr als rund 115 cm keineswegs der Fall ist (zur Frage der Einhaltung des Gebäudeabstandes bei Altbauten siehe das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2000, Zl. 99/06/0087). Das bedeutet, dass das Projekt in der bestehenden Form keineswegs genehmigungsfähig ist.
Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die belangte Behörde habe das Bauvorhaben "in Richtung §§ 115 und 116 Stmk. Baugesetz überhaupt nicht geprüft". Auch wenn sich geringfügige Dimensionsänderungen ergeben hätten (was aber bestritten werde), so wären "diese Änderungen im Rahmen dieser Bestimmungen zu tolerieren".
Dieses Vorbringen vermag nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach § 115 Stmk. BauG hat die Behörde für Gebäude, die vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden, zur Schaffung von Aufenthaltsräumen in bestehenden Dachräumen, von Aufzügen oder aufzugsähnlichen Einrichtungen sowie für Zu- und Umbauten Erleichterungen gegenüber den Vorschriften des II., III., V., und VI. Abschnittes des I. Teiles dieses Hauptstückes zuzulassen; der I. Teil dieses Hauptstückes (das ist das II. Hauptstück) enthält allgemeine bautechnische Bestimmungen. Nach § 116 leg. cit. hat die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen im Bewilligungsverfahren Ausnahmen von bautechnischen Vorschriften zuzulassen.
Da es aber hier um die Einhaltung von Abstandsvorschriften geht, die im I. Hauptstück (und nicht im II.) des Steiermärkischen Baugesetzes geregelt sind, und nicht um bautechnische Bestimmungen, ist mit diesem Vorbringen nichts zu gewinnen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der mitbeteiligten Partei gebührt kein Schriftsatzaufwand, weil sie nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997), wohl aber der Ersatz der notwendigen Stempelgebühren, diesbezüglich aber nicht für die dritte Ausfertigung der Gegenschrift, weil Gegenschriften nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes (§ 36 Abs. 4 VwGG) nur zweifach einzubringen sind.
Wien, am 5. Dezember 2000
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