VwGH 99/05/0270

VwGH99/05/027020.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde

1. des G, 2. des H und 3. der M Gesellschaft mbH, sämtliche vertreten durch B & Partner, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 19. Oktober 1999, Zl. BauR-020369/1-1999-Pe/Vi, betreffend Zwangsstrafe nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §50 Abs4 idF 1998/070;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §5 Abs1;
VVG §5;
VwRallg;
BauO OÖ 1994 §50 Abs4 idF 1998/070;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §5 Abs1;
VVG §5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 16. September 1997 wurde den Miteigentümern des Hauses Linz, A-Weg 39, aufgetragen, die in diesem Objekt befindlichen, in den mit dem Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 23. November 1994 bewilligten Bauplänen näher "bezeichneten Wohnungen binnen einer Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides nicht mehr für der genehmigten Zweckwidmung widersprechende Wohnzwecke zu benützen". Auch die Beschwerdeführer waren als Miteigentümer Bescheidadressaten dieses baupolizeilichen Auftrages.

Der gegen den vorzitierten Bescheid erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 4. November 1997 keine Folge gegeben. Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 27. Oktober 1998, Zl. 97/05/0331, auf welches zur Vermeidung vom Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, die gegen den Vorstellungsbescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

Mit Bescheiden je vom 15. Juni 1999 verhängte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz über die Beschwerdeführer gemäß § 5 VVG die zuvor angedrohte Zwangsstrafe von je S 3.000,--; da die Beschwerdeführer trotz behördlicher Aufforderung die ihnen mit dem obgenannten Bauauftrag auferlegte Verpflichtung nicht erfüllt hätten. Gleichzeitig wurde eine weitere Geldstrafe in bestimmter Höhe für den Fall angedroht, dass die Beschwerdeführer ihren Verpflichtungen innerhalb der festgesetzten Frist neuerlich nicht entsprechen sollten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 19. Oktober 1999 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer im Grunde der §§ 5 und 10 VVG abgewiesen. Der in der Berufung eingenommene Standpunkt der Beschwerdeführer, wonach die mit der O.ö. Bauordnungsnovelle 1998, LGBl. Nr. 70, geänderte Rechtslage einen Bauauftrag wie im Titelbescheid nicht mehr zulasse, sei nicht zutreffend. Selbst wenn ein derartiger Bauauftrag nun nicht mehr auf § 50 O.ö. Bauordnung 1994 in der Fassung der O.ö. Bauordnungsnovelle 1998 gestützt werden könnte, hätte dieser dennoch eine Grundlage im geltenden Recht. Stelle nämlich die Baubehörde nach § 40 Abs. 8 O.ö. Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung der O.ö. Raumordnungsgesetz-Novelle 1997, LGBl. Nr. 83, fest, dass eine bauliche Anlage insbesondere nicht entsprechend diesem Landesgesetz verwendet werde, so habe sie - soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der O.ö. Bauordnung 1994 zu setzen sei - dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich sei, die Verwendung der baulichen Anlage zu untersagen. Gehe man nämlich wie die Beschwerdeführer davon aus, dass es sich bei der konsenswidrigen Nutzung der gegenständlichen Wohnungen um gemäß § 24 Abs. 1 Z. 6 O.ö. Bauordnung 1994 bewilligungsfreie Verwendungs(Zweck)änderungen handle, komme eine Eingriffsmöglichkeit der Baubehörden nach § 49 Abs. 1 leg. cit. (betreffend konsenslose Bauten) nicht in Betracht. Würde man weiters die Unanwendbarkeit des § 50 O.ö. Bauordnung 1994 in der nunmehr geltenden Fassung unterstellen, so könnte der im Beschwerdefall feststehenden, dem Flächenwidmungsplan widersprechenden Nutzung der Wohnungen mit den Mitteln der O.ö. Bauordnung nicht begegnet werden. Die Beschwerdeführer übersähen in diesem Zusammenhang aber, dass in einem solchen Fall (Änderung der Verwendung, die gemäß § 24 Abs. 1 Z. 6 lit. b O.ö. Bauordnung 1994 keine baubehördliche Bewilligung erfordere, aber dennoch dem Flächenwidmungsplan widerspreche) nach dem eindeutigen Wortlaut des § 40 Abs. 8 O.ö. Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung der Novelle 1997 die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes bescheidmäßig aufgetragen werden könne. Ein auf jene Bestimmung gestützter Auftrag würde daher zum genau gleichen Ergebnis führen. Den Beschwerdeführern sei zuzustimmen, dass eine Zwangsstrafe nicht verhängt werden dürfe, wenn die Leistung von der Partei aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden könne. Allerdings änderten die zwischen den Wohnungseigentümern als gegenüber der Baubehörde Verpflichteten und ihren Mietern bestehende Rechtsverhältnisse nichts an der im Bescheid ausgesprochenen Verpflichtung der Beschwerdeführer, die Wohnungen nicht mehr für der genehmigten Zweckwidmung widersprechende Wohnzwecke zu benutzen. Die Einschreiter hätten auch in der Berufung nicht dargetan, welche Maßnahmen sie ergriffen hätten, um die konsenswidrige Nutzung der betreffenden Wohnungen zu unterbinden, etwa durch die Einbringung einer auf den verwaltungsbehördlichen Auftrag gestützten Unterlassungsklage; eine derartige, auf einem verwaltungsbehördlichen Auftrag beruhende Unterlassungsklage sei nämlich keineswegs als von vornherein aussichtslos und daher unzumutbar anzusehen. Neben der Einbringung einer Unterlassungsklage sei aber insbesondere die Entrichtung von Abstandszahlungen eine Möglichkeit des Bestandgebers, konsenswidrige Nutzungen zu unterbinden. Der bloße Hinweis auf das Bestehen eines Mietverhältnisses sei somit nicht geeignet, die tatsächliche Undurchführbarkeit der Leistung durch die Parteien darzutun. Zwischen dem Zeitpunkt der Zustellung des Schreibens vom 11. März 1999, mit dem den Verpflichteten Zwangsstrafen angedroht worden seien, und dem Zeitpunkt der Erlassung der die Zwangsstrafen verhängenden Bescheide sei den Beschwerdeführern de facto ein Zeitraum zur Verfügung gestanden, um dem Bauauftrag noch zu entsprechen. Diesen Zeitraum hätten die Beschwerdeführer ebenfalls ungenützt verstreichen lassen. Auch in der Berufung hätten sie nicht dargetan, welche Schritte sie zur Erfüllung der aufgetragenen Verpflichtung wenigstens in die Wege geleitet hätten, woraus zu schließen sei, dass die Beschwerdeführer nicht gewillt seien, dem Titelbescheid Folge zu leisten. Die Verhängung einer Zwangsstrafe sei das zur Erbringung von unvertretbaren Handlungen im Gesetz vorgesehene Mittel und eine Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 2 VVG komme insoweit nicht in Betracht. Dass für die festgestellte - von den Beschwerdeführern auch gar nicht bestrittene - Nutzung der Wohnungen als Privatwohnungen (Vermietung an Personen ohne jeglichen Zusammenhang mit der bewilligten Fremdenbeherbergung) keine baurechtliche Bewilligung vorliege, ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit auch schon aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Oktober 1998.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, keine Zwangsstrafe nach dem VVG bezahlen zu müssen, verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beschwerdeführer replizierten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Grundlage des beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfahrens ist der auf § 50 O.ö. Bauordnung 1994 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 70/1998 gestützte Bauauftrag des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 16. September 1997. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27. Oktober 1998, Zl. 97/05/0331, diesen Bauauftrag für rechtmäßig erkannt, weil die vom Auftrag betroffene bauliche Anlage entgegen dem in den Baubewilligungsbescheiden und dem Benützungsbewilligungsbescheid genannten Verwendungszweck benutzt werden, und die Beschwerde u.a. der auch hier als Beschwerdeführer auftretenden Miteigentümer dieser baulichen Anlage als unbegründet abgewiesen. In diesem Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof sinngemäß aus: Welche baulichen Anlagen aufgrund des Flächenwidmungsplanes bewilligt werden dürfen, ist nicht weiter zu untersuchen, weil es allein darauf ankommt, ob die vom Bauauftrag erfassten Wohnungen entsprechend den geltenden baurechtlichen Vorschriften - worunter eben die Baubewilligungsbescheide und der Benützungsbewilligungsbescheid zu verstehen sind - benützt werden.

In der Beschwerde wird nun unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vorgetragen, dass sich seit Rechtskraft des Titelbescheides durch die O.ö. Bauordnungsnovelle 1998, LGBl. Nr. 70, die Rechtslage maßgeblich geändert habe. Gemäß § 50 Abs. 2 und 4 O.ö. Bauordnung 1994 in der nunmehr geltenden Fassung dürften bauliche Anlagen, für die eine Bewilligung erteilt wurde, nur entsprechend dieser Bewilligung sowie den entsprechenden Auflagen und Bedingungen dieser Bewilligung benützt werden. Eine Untersagung der Benützung gelte jedoch nunmehr nicht für Änderungen, die keiner Bewilligung nach § 24 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. bedürften. Die von den Beschwerdeführern vorgenommene Änderung des Verwendungszweckes bedürfe nun keiner baubehördlichen Bewilligung mehr, weshalb nach der neuen Rechtslage die Behörde die festgestellte Benützung nicht mehr untersagen könnte. Eine Subsumtion des vorliegenden Sachverhaltes unter § 50 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994 in der geltenden Fassung scheitere deshalb, weil diese Bestimmung ausschließlich auf baurechtliche Vorschriften abstelle und der Landesgesetzgeber zwischen baurechtlichen und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen unterscheide.

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist.

Das oben wiedergegebene Beschwerdevorbringen haben die Beschwerdeführer bereits unter dem Gesichtspunkt einer Unzulässigkeit der Vollstreckung in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Vollstreckungsbescheid erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar unter bestimmten Voraussetzungen die Vollstreckung dann als unzulässig angesehen, wenn sich seit Erlassung des Titelbescheides die Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert haben (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 15. Mai 1973, Slg. Nr. 8.416/A, und vom 29. Juni 1993, Zl. 93/05/0012, mit weiteren Nachweisen). Mit dem Hinweis auf die Änderung des § 50 O.ö. Bauordnung 1994 durch die Bauordnungsnovelle 1998, in dessen Abs. 4 ist damit jedoch für die Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil sich diese Änderung der Rechtslage ausschließlich auf das Titelverfahren bezieht und somit auch infolge der Rechtskraft des Titelbescheides keinerlei Auswirkungen auf das Vollstreckungsverfahren haben kann. Dies ergibt sich im gegebenen Sach- und Rechtszusammenhang auch aus folgenden Überlegungen:

Im Art. II Abs. 1 O.ö. Bauordnungsnovelle 1998 wird angeordnet, dass dieses Landesgesetz mit 1. Jänner 1999 in Kraft tritt. Bezüglich der nach der O.ö. Bauordnung 1994 vor dieser Novelle erlassenen rechtskräftigen Bescheide enthalten die Übergangsbestimmungen keine gesonderte Regelung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber rechtskräftige baupolizeiliche Aufträge durch das Inkrafttreten dieser Novelle nicht berühren wollte. Dies entspricht auch den in der Stammfassung der O.ö. Bauordnung 1994 in § 58 Abs. 2 enthaltenen Übergangsregelungen. Hinzu kommt im Beschwerdefall, dass der Bauauftrag des Stadtsenates der Stadt Linz vom 16. September 1997 (Titelbescheid) seine Rechtsgrundlage in den Baubewilligungsbescheiden und dem Benützungsbewilligungsbescheid als "geltende baurechtliche Vorschriften" im Sinne des § 50 O. ö. Bauordnung 1994 hat, worauf der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Oktober 1998, Zl. 98/05/0331, auch ausdrücklich hingewiesen hat, und sich diese Rechtsgrundlage seither nicht geändert hat.

Hat aber die Neuregelung im § 50 Abs. 4 O.ö. Bauordnung 1994 auf den Titelbescheid keinen Einfluss, liegt die von den Beschwerdeführern aufgezeigte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vor. Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid zur Regelung des § 40 Abs. 8 O.ö. Raumordnungsgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 83/1997 braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Insoweit die Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften der belangten Behörde zur Last legen, sie hätte keinerlei Ermittlungen zur Frage der Unmöglichkeit der im Titelbescheid aufgetragenen Verpflichtung durchgeführt, sind die Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass es den Verpflichteten selbst obliegt, die tatsächliche Undurchführbarkeit einer Leistung darzutun, um die Verhängung einer Zwangsstrafe zu verhindern (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1991, Zl. 91/06/0035). Den Beschwerdeführern ist darin zu folgen, dass ein zivilrechtliches Hindernis zur Erfüllung (hier: behaupteter Eingriff in Rechte der Mieter) bei Verhängung einer Zwangsstrafe nach § 5 VVG durchaus beachtlich sein kann, weil die Verhängung von Zwangsstrafen voraussetzt, dass der Verpflichtete ein ihm mögliches und zumutbares Handeln unterlässt oder einem derartigen Verbot zuwiderhandelt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1991, Zlen. 91/06/0124, 0125). Hiezu reicht jedoch keineswegs die Behauptung, vielmehr ist der Verpflichtete gehalten darzulegen, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um die auferlegte Verpflichtung durchzusetzen, bzw. nachzuweisen, warum solche Maßnahmen im Beschwerdefall aussichtslos waren/sind, bzw. ihm unzumutbar waren.

Da die Beschwerdeführer dies unterlassen haben, vermögen sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. April 2001

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