VwGH 99/05/0131

VwGH99/05/01315.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Hermann Edtmayr in St. Agatha, vertreten durch Dr. Gerhard O. Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. April 1999, Zl. BauR-011907/8-1999-Pe/Vi, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung der baubehördlichen Bewilligungspflicht und Zuerkennung der Nachbarstellung (mitbeteiligte Partei:

  1. 1. Reinhalteverband Aschachtal, Waizenkirchen, Marktplatz 3,
  2. 2. Marktgemeinde Waizenkirchen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AWG 1990 §29 Abs13;
AWG OÖ 1997 §19 Abs5;
BauO OÖ 1994 §25 Abs1 Z8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §56;
AWG 1990 §29 Abs13;
AWG OÖ 1997 §19 Abs5;
BauO OÖ 1994 §25 Abs1 Z8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs1;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde, dem angeschlossenen angefochtenen Bescheid, der vom Beschwerdeführer angeschlossenen gutachtlichen Stellungnahme des Ing. M.M. vom 20. September 1995 und dem beigelegten Antrag vom 9. Jänner 1998 ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juli 1995 wurde dem Reinhalteverband Aschachtal unter anderem, bezogen auf die Grundstücke Nr. 238 und 239, KG Weidenholz, die wasserrechtliche Bewilligung "für die Ableitung der im Verbandsgebiet anfallenden Wässer in die Aschach mit vorhergehender vollbiologischer Reinigung in einer Kläranlage in der KG Weidenholz, Marktgemeinde Waizenkirchen, und für die Benützung des Grundwassers für die Nutzwasserzwecke sowie für die Errichtung und den Betrieb aller hiezu dienenden Anlagen" unter Nebenbestimmungen erteilt. Dieser Bescheid ist mit den sich aus dem Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 16. September 1996 ergebenden Änderungen in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer der bereits im Gemeindegebiet von St. Agatha gelegenen Liegenschaft Gmein 6, bestehend aus den Grundstücken Nr. 56, Nr. 209, Nr. 703, Nr. 700/1, KG Königsdorf. Zu dieser Liegenschaft gehört auch das Wohnhaus Gmein 6. Diese Liegenschaft und das vorbezeichnete Wohnhaus sind vom geplanten, bereits im Eigentum des Reinhalteverbandes Aschachtal befindlichen Kläranlagengelände weniger als 200 m entfernt (nach der beigelegten gutachtlichen Stellungnahme beträgt die geringste Entfernung des nächstgelegenen Anlagenteils zum ständig bewohnten Anwesen des Beschwerdeführers 130 m). Nach dem Beschwerdevorbringen und dem beigelegten Gutachten ist vorgesehen, die im Gebiet des Reinhalteverbandes anfallenden häuslichen und betrieblichen Abwässer einer mechanisch-biologischen Abwasserreinigung nach dem derzeitigen Stand der Technik mit weitgehender Stickstoff- und Phosphor-Elimination in Erfüllung der Wasserrechtsnovelle 1990 zu unterziehen. Darüber hinaus sollen auch "Fremdschlämme und Senkgrubeninhalte", die in den Teilen des Verbandsgebietes anfallen, welche nicht durch Kanäle erschlossen sind, in der Anlage übernommen und dort einer Behandlung unterzogen werden. Teil des Anlagenprojektes sei auch eine sogenannte Schlammbehandlungsanlage mit Eindickung, Faulung, mechanischer Entwässerung, Schlammzwischenlager sowie Klärschlammkompostierung, wobei der durch diese Art der Abfallbehandlung entstehende Restschlamm im Bereich der Anlage in einer eigenen Rottehalle kompostiert und letztlich nach erfolgter Verrottung an Abnehmer aus der Landwirtschaft als verwertbarer Kompost abgegeben werden soll. Teil des Projektes sei auch eine spezielle Abluftbehandlung für die im Bereich von Schlammpressenhaus-Rechenhaus, Senkgrubenübernahme und Biophosphorbecken anfallende Abluft, die mittels Biofilter von geruchsintensiven Bestandteilen befreit werden soll, bevor die Abluft letztlich in die Umwelt ausgeblasen werde. Schließlich gehöre zum Projekt auch ein Betriebsgebäude mit den Ausmaßen von 41,1 m x 35,0 m, bestehend aus dem sogenannten Wartentrakt, dem Schlammpressenhaus, dem Rechenhaus, der Gebläsehaus-Garage und den Werkstätten mit den Faulräumen. Ein besonderer Anlagenteil sei schließlich noch die Faulgasverwertung: Bei der unter anaeroben Bedingungen erfolgenden Ausfaulung des Schlammes, die in zwei Faultürmen erfolge, entstehe Faulgas. Die Faultürme selbst - zwei Stück in einer Höhe von 14,2 m, davon 8,5 m über Gelände - seien in das Betriebsgebäude integriert. Das entstehende Faulgas solle in einem Faulgasmotor wirtschaftlich zur Wärmeerzeugung für Heizzwecke genutzt werden.

Mit Eingabe vom 9. Jänner 1998 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde als für diese Verwaltungsangelegenheit gemäß § 54 Oö BauO 1994 zuständige Baubehörde erster Instanz wolle feststellen, dass das bereits in Ausführung befindliche Projekt des Reinhalteverbandes Aschachtal zur Errichtung einer zentralen Kläranlage auf den Grundstücken Nr. 238, 239, 240, 241, 242 sowie Teilflächen der Grundstücke Nr. 243, 244 und 252 der KG Weidenholz mit geplanter Abwassereinleitung in die Aschach, welches der wasserrechtlichen Bewilligung gemäß Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juli 1995 zugrunde liege, und den einen Bestandteil der wasserrechtlichen Bewilligung bildenden Projektsunterlagen, ein Vorhaben darstellt, das der Genehmigungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1, 2, 7 und 8 der Oö BauO 1994 unterliegt, wobei dem Beschwerdeführer als Miteigentümer der Liegenschaft Gmein 6, bestehend u.a. aus den Grundstücken Nr. 56 Baufläche, Nr. 209 Baufläche, Nr. 703 und Nr. 700/1, KG Königsdorf, Gemeinde St. Agatha, die Stellung eines Nachbarn gemäß § 31 Abs. 1 zweite Alternative der Oö Bauordnung 1994 zukomme.

Die eingehenden Begründungsausführungen dieses Antrages gehen von der Überlegung aus, dass die verfahrensgegenständliche Kläranlage unter mehrere der in § 24 Abs. 1 Oö BauO 1994 normierten Bewilligungstatbestände zu subsumieren sei.

Mit Bescheid vom 26. Juni 1998 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde diesen Feststellungsantrag als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers hat der Gemeinderat mit Bescheid vom 18. Dezember 1998 abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. April 1999 mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt werde. Die belangte Behörde hat ihren Bescheid nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen damit begründet, dass eine Landeskompetenz für Regelungen über die Errichtung von Wasserbauten im engeren Sinn, d. h. von Bauten, die unmittelbar der Wassernutzung dienten, nicht bestehe. Auch Auf Grund des Art. 15 Abs. 1 B-VG zur gesetzlichen Regelung von Ableitungen von Abwässer sei der Landesgesetzgeber insoweit nicht zuständig, als die angeführten Gesichtspunkte (unmittelbare Einwirkung der Ableitung von Abwässern auf fremde Rechte oder öffentliche Gewässer, nämlich "Wasserbauten im engeren Sinn") behandelt würden. Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 8 Oö BauO 1994 seien wasserrechtlich bewilligungspflichtige Schutz- und Regulierungswasserbauten, Entwässerungsanlagen und Wasserbenutzungsanlagen, soweit es sich hiebei um Bauten handle, die nicht auch anderen Zwecken dienten, von der Bewilligungspflicht ausgenommen. Soweit durch Bestimmungen dieses Landesgesetzes der Zuständigkeitsbereich des Bundes berührt werde, bestimme § 1 Abs. 2 leg. cit., dass sie so auszulegen seien, dass sich keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung ergebe. Wenn der Beschwerdeführer im Verfahren wiederholt ins Treffen geführt habe, dass die in Rede stehende Kläranlage keine Wasserbenutzungs-, sondern eine Abfallbehandlungsanlage sei, dann seien ihm die Bestimmungen des § 19 Abs. 5 Oö AWG 1997 bzw. des § 29 Abs. 13 AWG, BGBl. Nr. 325/1990 idgF, entgegenzuhalten, wonach diesfalls eine baubehördliche Zuständigkeit erst recht nicht in Betracht komme. Im Übrigen sei ein Antrag auf Feststellung der Baubewilligungspflicht in der Oö Bauordnung 1994 nicht vorgesehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eine Anlage, wie vom Beschwerdeführer beschrieben, ist eine Abfallbehandlungsanlage. Für derartige Anlagen besteht u.a. hinsichtlich jener Stoffe, die in Gewässer eingebracht werden, eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht. Unabhängig davon unterliegen derartige Anlagen - je nach ihrer Kapazität - entweder dem Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990 idF BGBl. Nr. 115/1997, oder dem Oö Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. Nr. 86/1997. Die Verfassungsbestimmung des § 29 Abs. 13 AWG bestimmt, dass bei Genehmigungen nach den vorstehenden Absätzen die bautechnischen Bestimmungen der Bauordnung des jeweiligen Landes anzuwenden sind, in diesen Fällen entfällt eine baubehördliche Bewilligungspflicht. Nach § 19 Abs. 5 des Oö AWG ist für Abfallbehandlungsanlagen und Sammeleinrichtungen, die nach diesem Landesgesetz bewilligungs- oder anzeigepflichtig sind, weder eine Bauplatz- noch eine Baubewilligung erforderlich. Die bautechnischen Vorschriften der Oö Bauordnung 1994, des Oö Bautechnikgesetzes sowie der Oö Bautechnikverordnung sind zu berücksichtigen.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 8 Oö BauO 1994 sind wasserrechtlich bewilligungspflichtige Schutz- und Regulierungswasserbauten, Entwässerungsanlagen und Wasserbenutzungsanlagen, soweit es sich hiebei um Bauten handelt, die nicht auch anderen Zwecken dienen, von der Bewilligungspflicht ausgenommen.

Bezogen auf den Beschwerdefall ergibt sich aus der Zusammenschau der zitierten gesetzlichen Bestimmungen, dass dort, wo es sich um wasserrechtlich bewilligungspflichtige Wasserbenutzungsanlagen handelt, auf Grund des § 25 Abs. 1 Z. 8 Oö BauO 1994 keine Bewilligungspflicht nach der Oö Bauordnung gegeben ist, soweit es sich um eine Abfallbehandlungsanlage handelt, ist eine Baubewilligungspflicht entweder auf Grund der Verfassungsbestimmung des § 29 Abs. 13 AWG ausgeschlossen oder (die Kapazität der beschriebenen Anlage ist in der Beschwerde nicht angegeben) nach § 19 Abs. 8 Oö AWG nicht gegeben. Soweit die Beschwerde ausführt, dass die bautechnischen Vorschriften der Oö Bauordnung sowie des Oö Bautechnikgesetzes und der Oö Bautechnikverordnung zu berücksichtigen sind, trifft das Beschwerdevorbringen zu; allerdings, wie sich sowohl aus § 29 Abs. 13 AWG, als auch aus § 19 Abs. 5 Oö AWG ergibt, nicht im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens, sondern im Rahmen des Verfahrens nach dem in Betracht kommenden Abfallwirtschaftsgesetz.

Da die gegenständliche Anlage nicht der Bewilligungspflicht nach der Oö Bauordnung 1994 unterliegt, konnte dem Beschwerdeführer auch nicht die Stellung eines Nachbarn gemäß § 31 Abs. 1 zweite Alternative Oö Bauordnung 1994 zukommen. Im Übrigen hat ein Nachbar auch nach der Oö BauO 1994 keinen Anspruch auf bescheidmäßige Feststellung der Baubewilligungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1987, Zl. 86/05/0146, zur diesbezüglich vergleichbaren Oö BauO 1976). Zu Recht hat daher schon der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 5. Juli 1999

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