VwGH 99/04/0128

VwGH99/04/012822.12.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des F E in R, vertreten durch die Anwaltspartnerschaft Dr. K und Dr. K in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 1999, Zl. Ge-442430/1-1999-Bi/Sta, betreffend Verfahren gemäß § 79 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: G in B, vertreten durch H & Partner, Rechtsanwälte in L), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
GewO 1994 §356 Abs1;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §356 Abs4;
GewO 1994 §74 Abs4;
GewO 1994 §74 Abs6;
GewO 1994 §79 Abs1;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
GewO 1994 §356 Abs1;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §356 Abs4;
GewO 1994 §74 Abs4;
GewO 1994 §74 Abs6;
GewO 1994 §79 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 20. November 1998 erstattete die mitbeteiligte Partei bei der Erstbehörde eine "Anzeige im Sinne des § 74 Abs. 6 in Verbindung mit § 74 Abs. 4 GewO 1994", in der sie bekannt gab, die Republik Österreich/Bundesstraßenverwaltung habe bis etwa 1997 an einem näher bezeichneten Standort eine Straßenmeisterei mit Wohn- und Dienstgebäuden sowie mit Garagen und Werkstätten betrieben. Diese Betriebsanlage sei mangels gewerblicher Tätigkeit bisher lediglich bau- bzw. wasserrechtlich genehmigungspflichtig gewesen. Die erforderlichen bau- bzw. wasserrechtlichen Genehmigungen seien auch eingeholt worden. Die Republik Österreich/Bundesstraßenverwaltung habe sich entschieden, diese Straßenmeisterei aufzulassen. Die mitbeteiligte Partei habe daher "in etwa die Hälfte" des Areals angekauft, um dort ihr Busunternehmen zu betreiben. Ihr Betriebsareal umfasse näher bezeichnete Grundstücksparzellen, die auf einem beiliegenden Lageplan entsprechend dargestellt seien. Die Betriebsanlage umfasse darüber hinaus noch einen Öllagerraum, der auf dem erwähnten Plan ebenfalls gekennzeichnet sei. Da durch die geänderte Nutzung die Anlage nunmehr dem Genehmigungsregime des Betriebsanlagenrechtes der Gewerbeordnung unterliege, zeige die mitbeteiligte Partei hiemit im Sinne des § 74 Abs. 6 in Verbindung mit § 74 Abs. 4 vorletzter und letzter Satz GewO 1994 diesen Wechsel an. Die Erstbehörde unterzog darauf hin die in Rede stehende Betriebsanlage im Rahmen einer Ortsaugenscheinsverhandlung einer gewerbebehördlichen Überprüfung. Mit dem sodann ergangenen erstbehördlichen Bescheid vom 23. Dezember 1998 wurden der mitbeteiligten Partei gemäß § 79 Abs. 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 6 GewO 1994 zwei zusätzliche Auflagen vorgeschrieben. Zur Begründung wird in diesem Bescheid nach Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, die Betriebsanlage der Straßenmeisterei weise vollinhaltlich den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage gemäß § 74 Abs. 6 GewO 1994 im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 auf. Die Straßenmeisterei sei stets rund um die Uhr einsatzpflichtig gewesen, weshalb eine zeitliche Begrenzung der Betriebsdauer nicht möglich gewesen sei. Der lärmtechnische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten festgestellt, dass es im Rahmen der Tätigkeiten der Straßenmeisterei notwendig gewesen sei, auch während der Nachtstunden Verladearbeiten von Streusplitt mit einem benzinbetriebenen Förderband durchzuführen. Auch eine Montage und Demontage von Schneepflügen, Streuaufsätzen und ähnlichen Geräten habe erforderlichenfalls auch während der Nachtstunden erfolgen müssen. Die Ausfahrten der Einsatzfahrzeuge der Straßenmeisterei das ganze Jahr hindurch seien mit den Zu- und Abfahrten der Autobusse vergleichbar. Auch die Reparaturen, unter denen Servicearbeiten an den Fahrzeugen der mitbeteiligten Partei zu verstehen seien, seien, was die Lärmsituation betreffe, mit den Arbeiten der Straßenmeisterei vergleichbar. Aus dem Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen ergebe sich schlüssig, dass die Betriebsweise der Straßenmeisterei tatsächlich mehr Lärm emittiert habe, als nunmehr der Betrieb der mitbeteiligten Partei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 1999 wurde der vom Beschwerdeführer gegen den erstbehördlichen Bescheid erhobenen Berufung keine Folge gegeben. Nach Darstellung des Verfahrensganges hielt der Landeshauptmann zur Begründung zunächst fest, auf Grund der AVG-Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 habe sich die Bestimmung des § 356 Abs. 3 und 4 GewO 1994 über die Parteistellung insofern geändert, als nunmehr Nachbarn in einem Folgeverfahren, wie es das "§ 79-Verfahren" darstelle, Parteistellung hätten. In der gegenständlichen Angelegenheit sei der Republik Österreich/Bundesstraßenverwaltung mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde B. die baurechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Straßenmeisterei an einem näher bezeichneten Standort, bestehend aus einem Kanzlei- und Dienstwohngebäude mit angebauten Garagen, einer offenen Lagerhalle, Lkw-Garage und Werkstätten mit Treibstoff- und Öllager, einer Schmiede, einer Zimmerei und einer Tischlerei, Malerei, Spritzlackiererei und Farblager, Werkzeuglager, eines Geräteraumes und einer Eigentankanlage erteilt worden. In diesen Bewilligungsbescheid sei keine Beschränkung der Betriebszeit aufgenommen worden. Diese Anlage sei vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen gewesen. Es handle sich somit um eine Anlage im Sinne des § 74 Abs. 6 GewO 1994. Nach dem Erlass des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten solle in einem solchen Fall im Lichte der Verwaltungsvereinfachung ein neuerliches Genehmigungsverfahren vermieden werden; um jedoch die Wahrung der betriebsanlagenrechtlichen Schutzinteressen sicherzustellen, solle die Anlage von der Behörde überprüft und erforderlichenfalls ein Verfahren gemäß § 79 GewO 1994 eingeleitet werden. Die Erstbehörde sei dementsprechend vorgegangen. Nach Durchführung dieses Ermittlungsverfahrens sei von der Erstbehörde festgestellt worden, dass die Betriebsweise der mitbeteiligten Partei der Betriebsweise der Straßenmeisterei gleichzusetzen sei, wobei zu bemerken sei, dass durch den Betrieb des Autobus- und Taxiunternehmens mit keiner Erhöhung der Lärmsituation zu rechnen sei, da der Betrieb der Straßenmeisterei mit sehr lärmintensiven Tätigkeiten verbunden gewesen sei.

Die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 23. Juni 1999, Zl. B 1038/99-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligte Partei stellte in ihrer Gegenschrift den Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem subjektiv-öffentlichen Recht auf Unterbleiben einer Gesundheitsgefährdung und unzumutbaren Emissionsbelästigung durch die vorliegende Betriebsanlage verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt er vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Bestimmung des § 74 Abs. 6 GewO 1994 auf die in Rede stehende Betriebsanlage angewendet. Denn eine baurechtliche Bewilligung könne eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung nie ersetzen. Die Anwendung des § 74 Abs. 6 GewO 1994 setze ein den gewerberechtlichen Vorschriften zumindest gleichwertiges Anlageverfahren voraus. Ein Bauverfahren, welches insbesondere auf Nachbargefährdungen nur untergeordnet Rücksicht nehme, entspreche dieser Voraussetzung nicht. Weitere Voraussetzung der Anwendbarkeit der zitierten Gesetzesstelle sei, dass der Charakter der ehemals nicht gewerblich betriebenen Straßenmeisterei durch die nunmehrige gewerbliche Nutzung erhalten bleibe. Das sei beim vorliegenden Sachverhalt nicht der Fall, werde doch nunmehr ein privates Autobus- und Taxiunternehmen betrieben. Schließlich liege auch entgegen den Anforderungen des § 74 Abs. 6 GewO 1994 kein kontinuierlicher Weiterbetrieb einer schon bestehenden Anlage vor. Denn die Straßenmeisterei sei bereits im Jahr 1997 von der Republik Österreich/Bundesstraßenverwaltung eingestellt worden. Erst Ende 1998 seien die Gebäude der ehemaligen Straßenmeisterei von dem privaten, in keinem Zusammenhang mit der Straßenmeisterei stehenden Unternehmen der mitbeteiligten Partei wieder von neuem benutzt worden. Weiters sei das "Fortbetriebsrecht" des § 74 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 4 GewO 1994 vom Erfordernis des Vorliegens der einzelnen Gewerbeberechtigungen für die in Betracht kommenden gewerblichen Tätigkeiten abhängig. Dass diese Voraussetzung erfüllt sei, werde nicht einmal behauptet. Da die Genehmigungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 auf die vorliegende Betriebsanlage zuträfen, hätte es eines entsprechenden Genehmigungsverfahrens bedurft. In den weiteren Beschwerdeausführungen werden die Feststellungen der belangten Behörde über das Ausmaß der von der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei ausgehenden Lärmimmissionen beim Beschwerdeführer bekämpft und die Unterlassung der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gerügt.

Die mitbeteiligte Partei bekämpft zunächst die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers mit dem Vorbringen, er habe im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht erlangt. Denn die von der Erstbehörde durchgeführte Augenscheinsverhandlung sei im Rahmen des gewerberechtlichen Überprüfungsverfahrens nach § 338 GewO 1994 erfolgt, in dem dem Beschwerdeführer jedenfalls eine Parteistellung nicht zukomme. Durch die bei diesem Überprüfungsverfahren vom Beschwerdeführer erhobenen unzulässigen Einwendungen habe seine Parteistellung jedenfalls nicht begründet werden können. Solche Einwendungen könnten auch nicht als Antrag gemäß §§ 79, 79 a GewO 1994 qualifiziert werden. In dem nachfolgenden, von Amts wegen eingeleiteten Verfahren nach § 79 GewO 1994 habe der Beschwerdeführer keine Einwendungen mehr erhoben und es komme ihm daher auch dort eine Parteistellung nicht zu.

Normativer Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides ist, wie sich aus der eingangs gegebenen Sachverhaltsdarstellung ergibt, die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen gemäß § 79 GewO 1994 für die in Rede stehende Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei. Bei Prüfung der Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers ist daher zunächst zu prüfen, ob diesem in dem zur Erlassung dieses Bescheides führenden Verfahren Parteistellung zugekommen ist. Die entsprechende Regelung findet sich im § 356 Abs. 4 GewO 1994, wonach im Verfahren (unter anderem) betreffend die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen (§ 79) die im Abs. 3 genannten Nachbarn Parteistellung haben.

Nach § 356 Abs. 3 erster Satz GewO 1994 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988 sind im Verfahren gemäß Abs. 1, unbeschadet des folgenden Satzes, nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Diese Regelung weicht von der Bestimmung des § 42 Abs. 1 AVG in der Fassung der AVG-Novelle 1998 (BGBl. I Nr. 158), wonach dann, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, dies zur Folge hat, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt, ab. Nach § 82 Abs. 7 leg. cit. ist daher § 356 Abs. 3 GewO 1994 in der oben wiedergegebenen Fassung mit 31. Dezember 1998 insoweit außer Kraft getreten, als dort die Parteistellung der Nachbarn von der rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen abhängig gemacht wird. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage genießen somit in den in § 356 Abs. 1 genannten Verfahren (zur Genehmigung bzw. zur Genehmigung der Änderung gewerblicher Betriebsanlagen) Nachbarn zunächst ab Einleitung des Verfahrens Parteistellung und verlieren diese nur für den Fall der Unterlassung zeitgerechter Einwendungen.

Dieser seit 1. Jänner 1999 in Kraft stehende normative Gehalt der Bestimmung des § 356 Abs. 3 GewO 1994 verleiht dem im Abs. 4 dieser Gesetzesstelle zur Regelung der Parteistellung unter anderem im Verfahren betreffend die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen (§ 79) enthaltenen Verweis auf diese Gesetzesstelle die Bedeutung, dass nunmehr in einem derartigen Verfahren Nachbarn Parteistellung unabhängig davon zukommt, ob sie in einem zugrunde liegenden Genehmigungsverfahren nach § 356 Abs. 1 GewO 1994 zeitgerecht Einwendungen erhoben haben.

Diese soeben dargestellte Rechtslage ist mit Rücksicht auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf das vorliegende Verwaltungsverfahren anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Rechtsansicht der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren Parteistellung zugekommen, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.

Kam dem Beschwerdeführer solcherart aber Parteistellung im vorliegenden Verfahren nach § 79 GewO 1994 zu, so war er als Nachbar im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO 1994 auch Träger der im § 74 Abs. 2 leg. cit. normierten Nachbarrechte, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass er durch den angefochtenen Bescheid in einem dieser subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt wurde. Seine Beschwerde ist daher gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG zulässig.

Die Beschwerde ist auch berechtigt.

Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben

Wie sich aus der in dieser Gesetzesstelle enthaltenen Bezugnahme auf die Genehmigung der Anlage bezieht, setzt ein Verfahren nach § 79 leg. cit. eine genehmigte Betriebsanlage, also den Bestand einer Betriebsanlagengenehmigung, voraus (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/04/0137).

Da im vorliegenden Fall eine derartige Betriebsanlagengenehmigung für die in Rede stehende Betriebsanlage unbestrittenermaßen nur auf dem in § 74 Abs. 6 in Verbindung mit dessen Abs. 4 GewO 1994 vorgezeichneten Weg erlangt worden sein konnte, ist daher zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 74 Abs. 6 leg. cit. im vorliegenden Fall erfüllt sind.

Die Abs. 4 und 6 des § 74 GewO 1994 (in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hier anzuwenden Fassung des § 219 MinroG) haben folgenden Wortlaut:

"(4) Bergbauanlagen, in denen vom Bergbauberechtigten auch gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden, die mit Tätigkeiten der im § 2 Abs. 1 oder § 107 des Mineralrohstoffgesetzes, BGBl. I Nr. 38/1999, genannten Art in wirtschaftlichem und fachlichem Zusammenhang stehen, bedürfen keiner Genehmigung gemäß Abs. 2, wenn sie nach bergrechtlichen Vorschriften bewilligt sind und der Charakter der Anlage als Bergbauanlage gewahrt bleibt. Weist eine Anlage nicht mehr den Charakter einer Bergbauanlage, sondern den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage auf, so hat dies der Anlageninhaber unverzüglich der Bergbehörde, die die Anlage bewilligt hat, und der nunmehr zur Genehmigung der Anlage zuständigen Gewerbebehörde (§§ 333, 334, 335) anzuzeigen. Ab dem Einlangen dieser Anzeige bei der Gewerbebehörde gilt die Anlagenbewilligung nach bergrechtlichen Vorschriften als Genehmigung gemäß Abs. 2.

.....

(6) Abs. 4 vorletzter und letzter Satz gilt sinngemäß für eine nach anderen als bergrechtlichen Vorschriften genehmigte oder bewilligte Anlage, die nicht mehr den Charakter einer solchen vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommenen Anlage, sondern den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des Abs. 2 aufweist."

Die Regelung des § 74 Abs. 6 leg. cit. hat, wie sich aus dem Wortlaut der zitierten Bestimmungen ergibt, den Fall vor Augen, dass zur Ausübung einer ursprünglich nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliegenden Tätigkeit nach entsprechender behördlicher Genehmigung eine Anlage errichtet und betrieben wurde und dass in der Folge - bei gleich bleibender Art der Tätigkeit in dieser Anlage - diese Tätigkeit (aus welchen Gründen immer) den Charakter einer gewerblichen Tätigkeit annimmt und damit die Anlage zu einer (bewilligungspflichtigen) gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 1 und 2 GewO 1994 wird. Sind diese Voraussetzungen gegeben und erstattet der Anlageninhaber unverzüglich die Anzeige über die Änderung des Charakters der bisher nicht der Gewerbeordnung unterliegenden Anlage in eine gewerbliche Betriebsanlage, so gilt mit dem Einlangen dieser Anzeige bei der Gewerbebehörde die ursprünglich nach sonstigen Vorschriften erteilte Anlagenbewilligung als gewerbebehördliche Genehmigung dieser Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994. Wesentliche Voraussetzung für den Eintritt dieser Rechtsfolge sind somit neben einer Änderung der Rechtszuständigkeit und der unverzüglichen Erstattung der Anzeige die Identität sowohl der ursprünglich nach nicht gewerberechtlichen Vorschriften bewilligten und der nunmehr als gewerbliche Betriebsanlage betriebenen Anlage als auch der von der ursprünglichen Bewilligung umfassten und der nunmehr darin ausgeübten Tätigkeit.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall in zweifacher Hinsicht nicht gegeben, weil, wie sich schon aus dem Inhalt der Anzeige der mitbeteiligten Partei vom 20. November 1998 ergibt, einerseits die den Gegenstand der Anzeige bildende Anlage schon rein räumlich lediglich einen Teil der ursprünglich nach baurechtlichen Vorschriften bewilligten Anlage darstellt und andererseits diese Anlage, die ursprünglich zum Zweck des Betriebes einer Straßenmeisterei bewilligt worden war, nunmehr für einen anderen Zweck, nämlich zum Betrieb eines Busunternehmens, herangezogen wird. Dass die durch den Betrieb der nunmehr vorliegenden Anlage verursachten Emissionen möglicherweise jenen vergleichbar sind, die bei Betrieb der ursprünglich genehmigten Anlage aufgetreten sind, vermag daran nichts zu ändern.

Waren aber solcherart schon im Zeitpunkt der Anzeige die Tatbestandsvoraussetzungen des § 74 Abs. 6 (in Verbindung mit § 74 Abs. 4) GewO 1994 nicht erfüllt, so vermochte diese Anzeige schon aus diesem Grund die im § 74 Abs. 4 letzter Satz GewO 1994 vorgesehene Rechtsfolge, dass nämlich die dieser Anzeige zugrunde gelegte baurechtliche Bewilligung als gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 anzusehen ist, nicht zu erzeugen. Dem Beschwerdeführer ist daher im Ergebnis zuzustimmen, dass für die in Rede stehende Betriebsanlage eine gewerberechtliche Betriebsanlagenbewilligung nicht besteht, weshalb es, wie sich aus der oben dargestellten Rechtslage ergibt, auch an einer entsprechenden Rechtsgrundlage für die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen nach § 79 GewO 1994 fehlt.

Da die Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Dezember 1999

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