VwGH 99/03/0353

VwGH99/03/035326.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. Robert Obermann, Rechtsanwalt in 8605 Kapfenberg, Schinitzgasse 7, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. Juli 1999, Zl. IIIa2-1779/1, betreffend Abschussplan, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Tir 1983 §37 Abs11;
JagdG Tir 1983 §37 Abs2;
JagdG Tir 1983 §37 Abs3 litd;
JagdG Tir 1983 §37 Abs7;
JagdG Tir 1983 §37 Abs8 litb;
JagdG Tir 1983 §37 Abs8;
JagdGDV Tir 02te 1983 §3 Abs1;
JagdRallg;
JagdG Tir 1983 §37 Abs11;
JagdG Tir 1983 §37 Abs2;
JagdG Tir 1983 §37 Abs3 litd;
JagdG Tir 1983 §37 Abs7;
JagdG Tir 1983 §37 Abs8 litb;
JagdG Tir 1983 §37 Abs8;
JagdGDV Tir 02te 1983 §3 Abs1;
JagdRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In dem von der Beschwerdeführerin als Jagdausübungsberechtigte im Eigenjagdgebiet Falzturn (auch: Pertisau - Falzturn) der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vorgelegten Abschussplan für Schalenwild und Murmeltiere für das Jagdjahr 1999/2000 wurde beim Rotwild der gezählte Wildstand zum 1. April mit insgesamt 33 Stück, der Zuwachs mit insgesamt 14 Stück und der Sommerstand einschließlich Wechselwild mit insgesamt 47 Stück angegeben und ein - nach Geschlecht und Altersklassen gegliederter - Gesamtabschuss von "MIN." 14 und "MAX." 18 Stück beantragt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 27. Mai 1999 wurde der Abschuss von Rotwild abweichend von diesem Antrag gemäß § 37 Abs. 8 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 60, in der Fassung LGBl. Nr. 68/1993, (TJG) - nach Geschlecht und Altersklassen gegliedert - mit insgesamt 18 Stück festgesetzt.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, dass sich die Waldzustandssituation im Bereich der Bezirksforstinspektion Schwaz im Vergleich zu den Vorjahren verschlechtert habe, während gleichzeitig der Rotwildstand zugenommen habe. Die steigenden Rotwildbestände seien eine wesentliche Ursache für die Verschlechterung des Waldzustandes, insbesondere der Verjüngungssituation. Im gegenständlichen Eigenjagdgebiet habe der Rotwildbestand von 1997 bis 1999 von 22 auf 33 Stück zugenommen. Die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommene Abschussvorschreibung, die sich an den von der Beschwerdeführerin selbst als Maximalabschuss vorgeschlagenen Abschusszahlen orientiert habe, sei daher nicht als "überzogen oder gar unrealistisch" anzusehen; sie entspreche vielmehr dem "gesetzlichen Spielraum der Auslegung des § 37 Abs. 2 TJG 1983". Diese gesetzliche Regelung lasse die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Festsetzung eines so genannten "Minimum/Maximum-Abschussplanes", also die Festlegung eines Rahmens, innerhalb dessen die Abschüsse zu erfüllen seien, nicht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 37 TJG

lauten:

"§ 37

Abschussplan

(1) Der Abschuss von Schalenwild - mit Ausnahme von Schwarzwild - von Auer- und Birkhahnen und von Murmeltieren darf nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen. Dieser ist jeweils für ein Jagdjahr und für ein Jagdgebiet sowie für den Teil eines Jagdgebietes, der Gegenstand eines Jagdpachtvertrages nach § 18 Abs. 1 dritter Satz ist, zu erstellen.

(2) Der Abschussplan ist so zu erstellen, dass der für das betreffende Jagdgebiet oder für den betreffenden Teil eines Jagdgebietes mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild und auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildstand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten wird. Bei der Erstellung des Abschussplanes ist im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auf die Wildstandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete Bedacht zu nehmen.

(3) Im Abschussplan für Schalenwild ist, mit Ausnahme des voraussichtlichen Zuwachses an Wild, jeweils nach Geschlecht und nach Altersklassen (Abs. 6) gegliedert, anzugeben:

  1. a) der ermittelte Wildstand,
  2. b) die Anzahl der im Vorjahr getätigten Abschüsse und der im Vorjahr aufgetretenen Stücke von Fallwild,
  3. c) der voraussichtliche Zuwachs an Wild,
  4. d) die in Aussicht genommene Anzahl von Abschüssen.

    ...

(5) Der Jagdausübungsberechtigte hat den Abschussplan für Auer- und Birkhahnen bis zum 1. April, für Schalenwild und für Murmeltiere bis zum 1. Mai jeden Jahres der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen.

...

(7) Der Abschussplan bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Erhaltung oder Herstellung des nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes gewährleistet ist.

(8) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Abschussplan von Amts wegen festzusetzen,

a) wenn der Jagdausübungsberechtigte den Abschussplan nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt hat oder

b) wenn durch den vom Jagdausübungsberechtigten vorgelegten Abschussplan die Erhaltung oder Herstellung des nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes nicht gewährleistet ist.

(9) Soweit es zur Erhaltung oder Herstellung eines nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes erforderlich ist, kann die Bezirksverwaltungsbehörde, um die Erfüllung eines Abschussplanes sicherzustellen,

a) eine zeitliche Abfolge der Abschüsse während des Jagdjahres vorschreiben;

b) den Abschuss einer bestimmten Anzahl von Wildstücken, deren Abschuss in den Abschussplänen zweier oder mehrerer aneinander grenzender Jagdgebiete vorgesehen ist, in der Wiese verfügen, dass jeder Jagdausübungsberechtigte in seinem Jagdgebiet die gesamte Anzahl dieser Wildstücke erlegen darf. Dabei werden Wildstücke, die ein Jagdausübungsberechtigter über den Abschussplan hinaus erlegt, auf den Abschussplan der übrigen Jagdausübungsberechtigten im Verhältnis der darin festgesetzten Anzahl von Abschüssen angerechnet. Jeder Jagdausübungsberechtigte hat die übrigen Jagdausübungsberechtigten unverzüglich von jedem über den Abschussplan hinaus, getätigten Abschuss zu verständigen.

...

(11) Vor der Erlassung eines Bescheides nach Abs. 8, 9 oder 10 ist der Bezirksjagdbeirat zu hören.

...

(13) Die Landesregierung hat durch Verordnung Vorschriften über die vom Jagdausübungsberechtigten zu verwendenden Formblätter für den Abschussplan, die Abschussliste, die Zählblätter und die Abschussmeldungen zu erlassen."

Die Beschwerdeführerin bekämpft die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass bei der Festsetzung des Abschussplanes die Festlegung eines Rahmens, innerhalb dessen die Abschüsse zu erfüllen seien, gesetzlich nicht gedeckt sei. Aus § 37 Abs. 2 TJG sei vielmehr zu erschließen, "dass gerade einer Festlegung eines Abschussrahmens gegenüber einer exakten zahlenmäßigen Festlegung der Vorrang eingeräumt werden sollte bzw. müsste". Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten: Nach § 37 Abs. 3 lit. d TJG ist im Abschussplan "die in Aussicht genommene Anzahl von Abschüssen" anzugeben. Dass darunter die Angabe jeweils einer bestimmten Zahl zu verstehen ist, ergibt nicht nur die wörtliche Auslegung des Begriffes "die ... Anzahl", sondern wird auch dadurch unterstrichen, dass das nach § 3 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 16/1995, für die Erstellung des Abschussplanes für Schalenwild und Murmeltiere zu verwendende Formblatt (Anlage 1) nach der graphischen Gestaltung der Spalte "beantragter Abschuss" die Angabe jeweils einer bestimmten Zahl, nicht aber einer Ober- und Untergrenze vorsieht. Die solcherart anzugebende "in Aussicht genommene Anzahl von Abschüssen" ist sodann Gegenstand der behördlichen Genehmigung nach § 37 Abs. 7 TJG. Nach denselben Grundsätzen hat die - an die Stelle der Genehmigung des Abschussplanes tretende - Festsetzung des Abschussplanes gemäß § 37 Abs. 8 TGJ zu erfolgen.

Eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass die belangte Behörde den Interessen der Land- und Forstwirtschaft gegenüber ihren jagdlichen Interessen "absoluten Vorrang" eingeräumt habe, obwohl in ihrem Jagdgebiet "aktuell keine gravierenden" Wildschäden aufgetreten seien. Die Behörde nehme offenbar einen "massiven Eingriff in jagdliche Interessen" in Kauf, was dem TJG, insbesondere dessen § 37 Abs. 2, nicht entsprechen könne.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde bei der Festsetzung des Abschussplanes beim Rotwild nicht über die von der Beschwerdeführerin im vorgelegten Abschussplan selbst vorgeschlagenen Höchstzahlen hinausgegangen ist. Vor dem Hintergrund der in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellten, von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Zunahme des Rotwildbestandes im gegenständlichen Revier in den Jahren 1997 bis 1999 kann die von der belangten Behörde getroffene Maßnahme keineswegs als "massiver Eingriff in jagdliche Interessen" gewertet werden. Unbestritten ist ferner die von der belangten Behörde festgestellte Verschlechterung der Waldzustandes, insbesondere der Verjüngungssituation, im Bereich der Bezirksforstinspektion Schwaz. Mögen auch im gegenständlichen Eigenjagdgebiet (noch) keine gravierenden Wildschäden aufgetreten sein, so begegnet es im Hinblick auf den ausgedehnten Lebensraum des Rotwildes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1991, Zl. 91/19/0008) keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde die verfügte Abschussfestsetzung im Interesse der Landeskultur für erforderlich erachtete. Wenn die Beschwerdeführerin meint, dass "ein verstärkter Abschuss des in unserem Jagdgebiet einäsenden Rotwildes geradezu zwangsläufig zu einer Reduktion auch in benachbarten Jagdgebieten führen muss", scheint sie zu übersehen, dass gerade eine solche Reduktion des Rotwildbestandes angesichts der schon eingetretenen Wildschäden in benachbarten Wildgebieten zur Erreichung eines den Interessen der Landeskultur angemessenen Wildstandes notwendig ist und insoferne den Zielsetzungen des § 37 Abs. 2 TJG entspricht.

Dem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwand, dass bei der Festsetzung des Abschussplanes "der Abschuss von 5 Stück Rotwild" in einer bestimmten Nachbarjagd nicht berücksichtigt worden sei, obwohl für beide Jagdgebiete eine gemeinsame Rotwildfütterung bestehe, ist schon die belangte Behörde mit dem zutreffenden Hinweis entgegengetreten, dass diesem Anliegen der Beschwerdeführerin die gesetzliche Grundlage mangelt. Von der Möglichkeit einer Abschussregelung nach § 37 Abs. 9 lit. b TJG wurde im Beschwerdefall nicht Gebrauch gemacht.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin setzt die Festsetzung des Abschussplanes nach § 37 Abs. 8 lit. b TJG nicht voraus, dass in dem gemäß § 37 Abs. 11 TJG vor der Erlassung des Bescheides zu hörenden Bezirksjagdbeirat eine Einigung erzielt wurde.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, zumal die Festsetzung des Abschussplanes keine Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen iS des Art. 6 Abs. 1 MRK darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Jänner 2000

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