VwGH 99/02/0292

VwGH99/02/029227.4.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Hager - Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz/Urfahr, Hauptstraße 33, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. August 1999, Zlen. VwSen-106086/4/ und 106087/3/WEI/Bk, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. August 1999 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 5. Juni 1998 um 00.50 Uhr in Linz im Bereich einer näher umschriebenen Straßenstrecke ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt und trotz vermuteter Alkoholbeeinträchtigung und Aufforderung durch ein besonders geschultes und ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt um 01.11 Uhr in Linz, F-Straße Nr. 7 verweigert. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b Straßenverkehrsordnung 1960 begangen. Es sei daher eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) zu verhängen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass zwei Kriminalbeamte in einem Funkwagen dem Beschwerdeführer wegen seiner auffälligen Fahrweise bis in den Innenhof des Hauses F-Straße 7 (Wohnadresse des Beschwerdeführers) gefolgt seien. Bei der anschließenden Kontrolle hätten die Kriminalbeamten beim Beschwerdeführer Alkoholisierungssymptome festgestellt. Als der Beschwerdeführer bemerkt habe, dass die Beamten uniformierte Polizeibeamte zwecks Durchführung einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt herbeiriefen, habe er sich unter Zurücklassung seines Führerscheines in seine Wohnung wegbegeben. Die in der Folge eingetroffenen uniformierten Polizeibeamten hätten sich als solche zu erkennen gegeben und den Beschwerdeführer um 01.11 Uhr über die Haussprechanlage mehrmals zur Durchführung eines Alkomattests aufgefordert. Der Beschwerdeführer habe über die Haussprechanlage den Alkotest mit den Worten "ich blase nicht, Sie werden von meinem Anwalt hören" verweigert. Da der Beschwerdeführer nach Aufklärung über die Rechtsfolgen seines Verhaltens weiterhin bei der Verweigerung geblieben sei, hätten die Beamten die Amtshandlung beendet.

Der Beschwerdeführer macht geltend, eine Aufforderung zur Durchführung des Alkomattests über eine Haussprechanlage entspreche nicht dem Gesetz, weil Anordnungen, deren Nichtbefolgung mit Sanktionen bedroht sei, nicht gänzlich formfrei sein könnten. Dies ergebe sich etwa daraus, dass eine telefonische Bescheiderlassung unzulässig sei, oder daraus, dass der Ausspruch einer Festnahme über die Haussprechanlage nicht als Amtshandlung angesehen werden könne. Die auffordernden Polizeibeamten hätten sich nicht ausgewiesen, sodass für den Beschwerdeführer die "Behördeneigenschaft" nicht erkennbar gewesen sei. Dies widerspreche auch dem "fair trial Gebot".

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Gesetz nicht vorschreibt, in welcher Form ein Begehren nach § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 zu ergehen hat, sofern nur die entsprechende Deutlichkeit des Begehrens gegeben ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/03/0042). Der Umstand, dass das Begehren nicht unmittelbar (von Angesicht zu Angesicht mit "Blickkontakt") an den Beschwerdeführer gerichtet werden konnte, vermag der Verbindlichkeit der Aufforderung keinen Abbruch zu tun. Andernfalls wäre es etwa im Belieben eines Fahrzeuglenkers gelegen, auch im Fall des begründeten Verdachtes, dass er ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, nach einer Anhaltung im Nahbereich einer Wohnung sich der Gefahr, gemäß § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 zur Durchführung eines Alkomattests aufgefordert zu werden, durch Aufsuchen der Wohnung zu entziehen und Aufforderungen, wie etwa durch die Wohnungstüre oder wie hier durch die Sprechanlage, die den übrigen Voraussetzungen entsprechen, ohne Sanktion keine Folge zu leisten. Aus der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang angeführten Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes zu Fragen der Zulässigkeit einer telefonischen Bescheiderlassung und der Formerfordernisse von Verfolgungshandlungen vermag für die vom Beschwerdeführer behauptete Notwendigkeit der Formgebundenheit eines auf § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 gestützten Begehrens, für welches im Gesetz keinerlei Formvorschriften vorgesehen sind, nichts gewonnen zu werden.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die Aufforderung zur Durchführung der Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verstanden zu haben. Auch konnte er zufolge der vorangegangenen Amtshandlung im Innenhof seines Wohnhauses davon ausgehen, dass diese Aufforderung von einem Polizeiorgan ausging. Dass sich die einschreitenden Organe als Polizisten zu erkennen gegeben haben, bestätigte der Beschwerdeführer in seinen im Verwaltungsstrafverfahren abgegebenen Stellungnahmen vom 27. Juli 1998 und vom 1. Dezember 1998 selbst. Soweit er dennoch daran Zweifel gehabt hätte, wäre es bei der im Beschwerdefall gegebenen Situation seine Aufgabe gewesen, sich in geeigneter Weise über die Identität des Aufforderers Gewissheit zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist am Rande festzuhalten, dass das vom Beschwerdeführer gerügte Unterbleiben der Vorweisung eines Ausweises der eingeschrittenen Polizeiorgane ausschließlich auf das Verhalten des Beschwerdeführers, der ja der an ihn gerichteten Aufforderung nicht nachgekommen ist und seine Wohnung während der Anwesenheit der Polizeiorgane nicht verlassen bzw. diesen keinen Einlass gewährt hat, zurückzuführen ist. Dass durch die im Wege der Haussprechanlage an den Beschwerdeführer gerichtete Aufforderung zur Durchführung der angeführten Untersuchung das Gebot des fair trials verletzt worden wäre, ist beim im Beschwerdefall gegebenen Sachverhalt nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht näher dargetan.

Soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil als Strafnorm § 99 Abs. 1 lit. b Straßenverkehrsordnung 1960 angeführt sei, während sich die Strafdrohung im Einleitungssatz zu § 99 Abs. 1 leg. cit. finde, erweist sich diese Rüge als mutwillig, weil lit. b dieses Absatzes nicht isoliert ohne den Einleitungssatz gelesen werden kann.

Der Beschwerdeführer hat auch vorgebracht, die belangte Behörde sei in Wahrheit davon ausgegangen, dass er das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe; sie habe somit das Tatbild des § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 der Bestrafung zugrunde gelegt. Durch die Zitierung des mit dem Tatbild des § 5 Abs. 1 leg. cit. nicht in Einklang zu bringenden § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit. sei der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Demgegenüber ist dem angefochtenen Bescheid zwar zu entnehmen, dass auf Grund der Fahrweise und der Alkoholisierungssymptome des Beschwerdeführers zu vermuten gewesen sei, dass er sein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Zufolge der mit dem Bescheidspruch im Einklang stehenden ausführlichen Sachverhaltsdarstellung ist dem angefochtenen Bescheid aber mit unzweifelhafter Deutlichkeit zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer nicht das Lenken in alkoholbeeinträchtigtem Zustand, sondern die Verweigerung der Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt zum Vorwurf gemacht und er wegen dieser Verweigerung bestraft wurde. Der Verdacht, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, stellt ein Tatbestandselement des § 5 Abs. 2 zweiter Satz Straßenverkehrsordnung 1960 dar, welches von der belangte Behörde darzulegen war. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides kann somit nicht erblickt werden.

Soweit der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde rügt, ist - wie dies auch die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - festzuhalten, dass gemäß § 51e Abs. 3 Z 1 VStG die Verhandlung entfällt, wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird. Die Berufung des Beschwerdeführers enthält, soweit sie sich gegen die Bestrafung gemäß § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 wendet, lediglich Ausführungen hinsichtlich der nach Ansicht des Beschwerdeführers im Fall einer auf diese Gesetzesstelle gegründeten Aufforderung zu beachtenden Formalerfordernisse. Damit werden aber nur rechtliche Gesichtspunkte geltend gemacht. Auch wäre die vom Beschwerdeführer für den Fall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ins Treffen geführte Möglichkeit, darzutun, dass er sich nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand befunden habe, beim gegebenen Sachverhalt nicht geeignet gewesen, einen anders lautenden Bescheid zu bewirken. Rechtlich verfehlt ist nämlich die Ansicht des Beschwerdeführers, dass der "Grad der Alkoholisierung" bei dem ihm vorgeworfenen Delikt eine Rolle spielt.

Die sich somit insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Auch unter dem Aspekt des Art. 6 Abs. 1 MRK ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. April 2000

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