Normen
AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997;
AVG §37;
FlKonv Art31;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §40;
FrG 1997 §56;
FrG 1997 §57;
AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997;
AVG §37;
FlKonv Art31;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §40;
FrG 1997 §56;
FrG 1997 §57;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 23. Februar 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsbürger von Sierra Leone, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer am 7. Dezember 1997 nach Österreich "gelangt" und hier im Ortsgebiet von Drasenhofen ohne Reisedokument oder Aufenthaltsberechtigung angetroffen worden sei. Er habe sich somit über die bestehende Pass- und Sichtvermerkspflicht hinweggesetzt und insoweit gegen nicht unerhebliche fremdenrechtliche Bestimmungen verstoßen. Die Erstbehörde (Bezirkshauptmannschaft Mistelbach) habe ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht im Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt wäre. In seiner Berufung habe er nicht dargelegt, dass er nunmehr ausreichende Mittel zum Unterhalt besitzen würde. Sei der Fremde nicht in der Lage, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen, liege die gerechtfertigte Annahme einer Gefährdung maßgebender öffentlicher Interessen vor. Wolle der Fremde "diese Rechtsfolgen" vermeiden, so habe er initiativ zu beweisen, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Von mittellosen Personen gehe eine eminente Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Es bestehe die Gefahr, dass sich diese Personen ihren Unterhalt durch Schwarzarbeit oder sonstige unlautere Machenschaften verdienten.
Die Berufung auf Art. 31 GFK sei schon deshalb verfehlt, weil es sich bei einem Aufenthaltsverbot nicht um eine Strafe, sondern um eine administrativ-rechtliche Maßnahme handle. Da ein Aufenthaltsverbot auch bei Vorliegen einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung zulässig sei, sei das Bestehen einer derartigen Berechtigung nicht zu überprüfen gewesen. (Auch) die Abschiebungshindernisse gemäß § 57 FrG seien bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht zu untersuchen; zur Beurteilung der Zulässigkeit/Unzulässigkeit der Abschiebung stehe ein gesondertes Verfahren zur Verfügung. Mit Bescheid vom 20. Jänner 1998 habe die Asylbehörde erster Instanz den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen und gemäß § 8 leg. cit. festgestellt, dass seine Abschiebung nach Sierra Leone zulässig sei.
Nach den Angaben des Beschwerdeführers hielten sich im Bundesgebiet keine Familienangehörigen auf. Ebenso wenig seien sonstige Bindungen zu in Österreich aufhältigen Personen festgestellt worden. Demnach stelle die Erlassung des Aufenthaltsverbotes keinen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers dar. Auf Grund seiner kurzen Aufenthaltsdauer sei auch noch nicht von einer Integration auszugehen. Der Beschwerdeführer habe keine Möglichkeit, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet einer "fremdengesetzlichen Regelung" zuzuführen. In Anbetracht des hohen Stellenwertes, den die österreichische Rechtsordnung den fremdengesetzlichen Vorschriften beimesse, und der Gefährdung der öffentlichen Ordnung, die von mittellosen Personen ausgehe, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes "trotz" Fehlens der familiären Bindung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde, die die Verwaltungsakten bereits in einem Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt hatte, sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2). Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letztes Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, und entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. März 2000, Zl. 2000/21/0023).
Weder aus den Verwaltungsakten noch aus der Beschwerde ergibt sich, dass vom Beschwerdeführer ein derartiger Nachweis erbracht worden sei. Gegen die nicht bekämpfte Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, bestehen daher keine Bedenken. Im Hinblick auf die nach der hg. Rechtsprechung aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis), ist es - entgegen den Beschwerdeausführungen - auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet hat, zumal seitens des Beschwerdeführers nicht dargelegt worden ist, was in concreto gegen diese Annahme sprechen könnte.
Die Beschwerde macht zutreffend geltend, dass der Behörde im Rahmen des § 36 FrG Ermessen eingeräumt ist. Ihr kann jedoch nicht gefolgt werden, wenn sie ausführt, dass im konkreten Fall dieses Ermessen im Hinblick auf das noch nicht rechtskräftig erledigte Asylverfahren des Beschwerdeführers zu dessen Gunsten hätte geübt und dass daher von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes hätte Abstand genommen werden müssen.
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf § 21 Abs. 2 Asylgesetz 1997 verweist, wonach ein Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf, ist ihr zu entgegnen, dass die Abschiebung eines Titels bedarf und § 21 Abs. 2 Asylgesetz 1997 daher - soll diese Vorschrift nicht bezüglich der Abschiebung ins Leere gehen - die Erlassung eines derartigen Titels (d.i. einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) geradezu voraussetzt. Im Übrigen ist gemäß der ausdrücklichen Anordnung des § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG auch auf Asylwerber anwendbar, es sei denn, sie besäßen ein vorläufiges Aufenthaltsrecht und hätten den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht (Z. 1) oder den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt (Z. 2). Dass der Beschwerdeführer die letztgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er seinen Asylantrag erst nach einem fremdenrechtlichen Zugriff eingebracht hat, räumt die Beschwerde selbst ein. Im Hinblick darauf kann der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt aber auch nicht § 19 Abs. 2 zweiter Satz Asylgesetz 1997 ("Die Behörde hat solchen Asylwerbern, deren Antrag zulässig, aber nicht offensichtlich unbegründet ist, unverzüglich die vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch Aushändigung der Bescheinigung zuzuerkennen.") für sich ins Treffen führen; normiert das Gesetz zwei kumulative Voraussetzungen für das Eintreten einer Rechtsfolge (Ausschluss der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG), so kann ihm nicht unterstellt werden, dass schon das - im Übrigen bloß unterstellte - Vorliegen einer einzigen Voraussetzung die angeordnete Rechtsfolge (und sei es auch im Weg einer Ermessensübung) nach sich ziehen soll. Die vom Beschwerdeführer dem Gesetzgeber zugedachte Ordnungsvorstellung steht daher mit dem Gesetzeswortlaut (und ebenso mit den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 21 FrG, 686 BlgNR, 20. GP,
25) nicht in Einklang.
Dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht um eine Bestrafung im Sinn des Art. 31 GFK handelt, entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0655). Auch aus der genannten Bestimmung lässt sich daher nicht ableiten, dass die belangte Behörde von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes hätte absehen müssen. Ebenso wenig folgt dies entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht aus Z. 12 der Entschließung des Rates vom 20. Juni 1995 über Mindestgarantien für Asylverfahren, Amtsblatt Nr. C 274 vom 19. September 1996, 13 ff. Diese Bestimmung und die im konkreten Fall einschlägige Z. 17 der genannten Entschließung lauten wie folgt:
"12. Solange noch keine Entscheidung über den Asylantrag ergangen ist, gilt der allgemeine Grundsatz, wonach der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem der Asylantrag gestellt worden ist oder geprüft wird, bleiben kann.
...
17. Solange noch keine Entscheidung über das Rechtsmittel ergangen ist, gilt der allgemeine Grundsatz, dass der Asylbewerber im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaates bleiben kann. Wenn das nationale Recht eines Mitgliedstaates in bestimmten Fällen eine Ausnahme von diesem Grundsatz zulässt, sollte der Antragsteller zumindest die Möglichkeit haben, bei den in Grundsatz Nr. 8 genannten Stellen (Gericht bzw. unabhängige Überprüfungsinstanz) wegen der besonderen Umstände seines Falles die Erlaubnis zu beantragen, vorläufig während des Verfahrens vor diesen Stellen im Hoheitsgebiet des Staates verbleiben zu können; bis zur Entscheidung über diesen Antrag darf keine Rückführung erfolgen."
Im vorliegenden Fall ist bereits eine Entscheidung über den Asylantrag des Beschwerdeführers ergangen; dieser Antrag wurde unstrittig mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Jänner 1998 abgewiesen. Von daher ist nicht Z. 12, sondern Z. 17 der Entschließung des Rates maßgeblich, welche erkennen lässt, dass der nationale Gesetzgeber Ausnahmen vom grundsätzlichen Bleiberecht eines Asylwerbers während des Rechtsmittelverfahrens vorsehen kann.
Auch aus § 57 FrG lässt sich für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewinnen, weil weder das FrG noch das Asylgesetz 1997 eine Grundlage dafür bieten, Fragen der Vollstreckbarkeit des Aufenthaltsverbotsbescheides in das Titelverfahren miteinzubeziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 2000, Zl. 99/21/0228). Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang abermals auf § 21 Abs. 2 Asylgesetz 1997 zu verweisen.
Schließlich trifft es nicht zu, dass das Aufenthaltsverbot nicht aufgehoben werden könnte, selbst wenn der Beschwerdeführer in Zukunft den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachweisen könnte; gegebenenfalls fehlte es ungeachtet seines illegalen Grenzübertritts an einer bestimmten Tatsache im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG, was die in § 44 leg. cit. angeordnete Rechtsfolge nach sich ziehen müsste.
Zusammenfassend ergibt sich, dass der belangten Behörde nicht mit Erfolg vorgeworfen werden kann, ihr Ermessen nicht iS des Gesetzes geübt zu haben. Da auch ihre Beurteilung hinsichtlich der Zulässigkeit des bekämpften Aufenthaltsverbotes vor dem Hintergrund des § 37 FrG keinen Bedenken begegnet
(der Beschwerdeführer befand sich bei Erlassung des angefochtenen Bescheides erst etwa drei Monate im Bundesgebiet), war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 5. Oktober 2000
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)