Normen
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §48 Abs1;
SGG §12 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §48 Abs1;
SGG §12 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. Juni 1998 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Die Beschwerdeführerin, die im Jahr 1992 nach Österreich gekommen sei, sei am 3. September 1997 vom Landesgericht St. Pölten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels (§ 12 Abs. 1 SGG) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten (davon vier Monate unbedingt) rechtskräftig verurteilt worden. Wie aus der Urteilsbegründung hervorgehe, habe sie im Jahr 1993 einen österreichischen Staatsbürger, der sich bereits seit Jahren in der Suchtgiftszene bewege, geheiratet, wobei die beiden jedoch alsbald getrennter Wege gegangen seien. Im Dezember 1993 sei ihr Ehemann mit der nun in Wien lebenden Beschwerdeführerin zwecks Beschaffung von Suchtgift, insbesondere Heroin und Kokain, in Kontakt getreten, wobei er telefonisch die Beschaffung bestimmter Mengen von Suchtgift angefordert habe, die sich, wie sich aus den Telefonüberwachungsprotokollen ergeben habe, zwischen zwei und zwölf Gramm bewegt hätten. Die Beschwerdeführerin habe im Zeitraum von Anfang 1993 bis April 1997 in Amstetten, Wien und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, die geeignet gewesen wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen.
Es könne kein Zweifel bestehen, dass das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß gefährde, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise. Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK sei daher jedenfalls aus Gründen der öffentlichen Sicherheit zum Schutz der Rechte anderer und der Gesundheit sowie zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, dringend geboten. Der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin und damit die Auswirkungen auf ihre Lebenssituation bestünden darin, dass sie mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei und seit 1992 im Bundesgebiet lebe. Ihrer mit der Dauer des Aufenthaltes verbundenen Integration komme insofern kein entscheidendes Gewicht zu, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch die von ihr begangene Straftat erheblich gemindert werde. Auch ihre Bindung zu ihrem österreichischen Ehegatten werde durch den Umstand relativiert, dass die beiden, wie aus dem zuvor zitierten Urteil eindeutig hervorgehe, unmittelbar nach der Hochzeit getrennte Wege gegangen seien. Ihren im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben, wonach es sich bei der vorliegenden Ehe um eine aufrechte Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft handelte, könne daher kein Glauben geschenkt werden. Diesen - solcherart geminderten - familiären und privaten Interessen der Beschwerdeführerin stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität gegenüber. Unter Bedachtnahme darauf, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Zusammenhang mit Suchtgiftdelikten auch bei ansonsten völliger sozialer Integration eines Fremden nicht rechtswidrig sei, wögen die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und könnten die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme im Rahmen des Ermessens nicht in Kauf genommen werden.
Der Erlassung des Aufenthaltsverbotes stehe auch § 38 iVm § 35 FrG nicht entgegen.
In Anbetracht des aufgezeigten Gesamt(Fehl)verhaltens der Beschwerdeführerin könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch ihren Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Nach § 49 Abs. 1 erster Satz FrG genießen Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3 leg. cit., die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt des 4. Hauptstückes. Im vorliegenden Fall findet daher auf die Beschwerdeführerin, die Ehegattin eines österreichischen Staatsbürgers ist, die Bestimmung des § 48 Abs. 1 erster Satz FrG Anwendung, der zufolge die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig ist, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.
1.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend ihre strafgerichtliche Verurteilung. Angesichts ihres dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Fehlverhaltens - die Beschwerdeführerin hatte über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren (von Anfang 1993 bis April 1997) an verschiedenen Orten in Österreich in wiederholten Tathandlungen den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, die geeignet gewesen ist, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen - und im Hinblick auf die der Suchtgiftkriminalität innewohnende Wiederholungsgefahr begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß gefährde und somit die im § 36 Abs. 1 (Z. 1) FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand. Wenn die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot im Spruch ihres Bescheides allein auf § 36 FrG und nicht auf § 48 Abs. 1 leg. cit. gestützt hat, so war dies zwar rechtswidrig, dies bewirkte jedoch keine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin, zumal § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 leg. cit. bei der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist, weiterhin insofern von Bedeutung ist, als ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der im § 36 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. genannten Voraussetzungen erlassen werden darf und auf den Katalog des § 36 Abs. 2 leg. cit. als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 2000/18/0008, mwN).
2.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 FrG für rechtswidrig und bringt vor, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht dringend geboten sei. So habe das Landesgericht St. Pölten seinem Urteil die bisherige Unbescholtenheit und das reumütige Geständnis der Beschwerdeführerin zu Grunde gelegt und - weil es die Verbüßung der Untersuchungshaft für ausreichend gehalten habe, um die Beschwerdeführerin von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten - diese sofort nach der Hauptverhandlung auf freien Fuß gesetzt. Darüber hinaus sei die Annahme der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte - alsbald bzw. unmittelbar nach der Hochzeit - getrennte Wege gegangen seien, nicht begründet und aktenwidrig.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde hat im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet ist und seit 1992 im Bundesgebiet lebt, zutreffend einen relevanten Eingriff in ihr Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Wenn sie trotzdem zur Ansicht gelangte, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen die Beschwerdeführerin zur Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit und der Rechte anderer, dringend geboten sei, so kann dieser Wertung im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Wenn auch die Beschwerdeführerin, wie sie vorbringt, in dem gegen sie geführten Strafverfahren ein Geständnis abgelegt hat und bis dahin in Österreich strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war (vgl. das in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegende Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 3. September 1997), so zeigt das ihrer Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten ihr Gleichgültigkeit und die von ihr ausgehende massive Gefahr in Bezug auf das Leben und die Gesundheit anderer sowie ihre mangelnde Verbundenheit mit in Österreich rechtlich geschützten Werten. Dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass das Strafgericht den von der Anrechnung der Untersuchungshaft nicht umfassten Teil der über die Beschwerdeführerin verhängten Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen habe, ist zu erwidern, dass die Frage, ob die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Fremden erforderlich ist, von der Fremdenpolizeibehörde eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdengesetzes und unabhängig von den die Strafbemessung und die bedingte Nachsicht der Strafe begründenden Erwägungen des Gerichtes zu beantworten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zlen. 99/18/0015, 0033, mwN). Es bedurfte daher im angefochtenen Bescheid - entgegen der Beschwerdeansicht - keiner Begründung, inwieweit den im besagten Urteil angeführten Strafzumessungsgründen nicht gefolgt worden sei.
Ebenso kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde bei der Abwägung nach § 37 Abs. 2 FrG den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes kein geringeres Gewicht beigemessen hat als den obgenannten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin. Hiebei war zu berücksichtigen, dass, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, die aus der Ehe der Beschwerdeführerin mit einem österreichischen Staatsbürger und der Dauer ihres bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet (seit 1992) ableitbare Integration in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die über einen Zeitraum von mehreren Jahren (Anfang 1993 bis April 1997) begangenen wiederholten Straftaten nach dem SGG eine ganz erhebliche Minderung erfahren hat. Von daher gesehen ist es für die Beurteilung im Sinn der vorgenannten Bestimmung nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ob die Beschwerdeführerin und ihr österreichischer Ehegatte - wie im angefochtenen Bescheid angenommen - unmittelbar nach der Hochzeit getrennte Wege gegangen seien, sodass nicht weiter darauf eingegangen zu werden braucht, ob der in Bezug auf diese Annahme von der Beschwerde relevierte Begründungsmangel vorliegt.
3. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Juni 2000
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