VwGH 98/16/0129

VwGH98/16/012926.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. Clemens Oppolzer, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Oktober 1997, Zl. RV 0465-09/09/97, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1380;
GebG 1957 §33 TP20 Abs1 Z2 litb;
ABGB §1380;
GebG 1957 §33 TP20 Abs1 Z2 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 23. April 1997 errichteten die Beschwerdeführerin und H einen Notariatsakt mit - auszugsweise - folgendem Inhalt:

"Ehepakt

Herr H und Frau S beabsichtigen miteinander die Ehe zu schließen. Im Hinblick auf diese beabsichtigte eheliche Verbindung vereinbaren die Vertragsteile folgendes:

I.

Hinsichtlich der künftigen Ehewohnung in W wird zwischen den Vertragsteilen folgendes vereinbart: Für den Fall der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigkeitserklärung der Ehe ebenso wie im Falle einer nicht nur vorübergehenden Auflösung der häuslichen Gemeinschaft hat der in der ehelichen Wohnung verbleibende Vertragsteil dem die eheliche

Wohnung verlassenden Vertragsteil einen Abfindungsbetrag in Höhe von S 2,000.000,-- (in Worten: zwei Millionen Schillinge) für die Überlassung sämtlicher an der ehelichen Wohnung bestehenden Rechte zu bezahlen. Dieser Abfindungsbetrag vermindert oder erhöht sich in dem Maß, das sich aus der Veränderung des vom Österreichischen Statistischen Zentralamtes verlautbarten Verbraucherpreisindex 1986 oder des an seine Stelle tretenden Index gegenüber dem April 1997 ergibt.

Festgehalten wird, daß die Frage, wer gegebenenfalls in der ehelichen Wohnung verbleibt und den weichenden Teil abfindet, derzeit von den Vertragsteilen bewußt offengelassen wird. Angesichts der unabdingbar und für jeden Fall als unveränderlich vereinbarten Höhe der Abfindungszahlung ist zwischen den Vertragsteilen allerdings wohlverstanden, daß der Abfindungsbetrag vom in der Ehewohnung Verbleibenden Zug um Zug mit Räumung durch den weichenden Vertragsteil an diesen zu bezahlen ist.

Darüber hinaus verpflichten sich beide Vertragsteile bereits jetzt, dem jeweils anderen, weichenden Vertragsteil bei der Suche einer Wohnung nach besten Kräften zu unterstützen.

Diese Vereinbarung gilt auch für den Fall geänderter Verhältnisse, insbesondere Aufgabe des Berufes durch einen Vertragsteil, gemeinsame Nachkommenschaft, geänderter Geschäftsgrundlage sowie geänderter Rechtslage."

Für dieses Rechtsgeschäft forderte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit Bescheid vom 20. Juni 1997 Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebG an.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin, wobei sie u.a. folgendes vorbrachte:

"Angesichts der zu erwartenden gemeinsamen Investitionen in einem doch erheblichen Ausmaß in eine Mietwohnung, wollten die Vertragsteile eine allenfalls zu leistende Ausgleichszahlung von vornherein verbindlich der Höhe nach klarstellen bzw. festsetzen.

Dies haben sie mit der Vereinbarung vom 23.4.1997 getan."

Rechtlich vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, die

in Rede stehende Vereinbarung sei kein Vergleich.

Gegen die daraufhin ergangene abweisliche

Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin unter Wiederholung ihres Rechtsstandpunktes fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung, die Vereinbarung sei als außergerichtlicher Vergleich anzusehen.

Dagegen richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß für die getroffene Vereinbarung keine Rechtsgeschäftsgebühr, insbesondere keine Vergleichsgebühr zu entrichten ist.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebG unterliegt ein außergerichtlicher Vergleich einer Rechtsgebühr von 2 v.H. vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen.

Gemäß § 1380 ABGB heißt ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, daß jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet, Vergleich.

Kern des (im Mängelbehebungsverfahren ergänzten) Beschwerdevorbringens ist zunächst das Argument, es sei durch den Notariatsakt vom 23. April 1997 keine Bereinigung strittiger oder unklarer Umstände erfolgt. Damit entfernt sich die Beschwerde jedoch in unzulässiger Weise von der durch das eigene Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin geschaffenen Tatsachengrundlage, wonach es u.a. Zweck des Notariatsaktes war, "eine allenfalls zu leistende Ausgleichszahlung von vornherein verbindlich der Höhe nach klarzustellen ...".

Da die Beschwerdeführerin und ihr Vertragspartner dies angesichts der damals erst bevorstehenden Eheschließung ganz offenbar für erforderlich hielten (weil sonst der Notariatsakt ja nicht errichtet worden wäre), kam der Vereinbarung jedenfalls eine Klarstellungsfunktion zu, womit eine für die Vertragsparteien bis dahin sichtlich nicht ganz klare Situation bereinigt wurde.

Die vorliegende Vereinbarung ist daher im Einklang mit der schon von der belangten Behörde zu Recht angeführten hg. Judikatur (insbesondere den u.a. bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren 6 H Abs. 2 und 3 zu § 33 TP 20 GebG referierten hg. Erkenntnissen vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/16/0135, und vom 23. November 1967, Zl. 532/67) als Vergleich zu qualifizieren, der nach § 33 TP 20 GebG gebührenpflichtig ist.

Dem zweiten Beschwerdeargument, es habe sich keine Vertragspartei zu irgendwelchen Leistungen verpflichtet, ist entgegenzuhalten, daß die von der Beschwerdeführerin verneinte Leistungspflicht sehr wohl begründet wurde, weil festgelegt wurde, daß derjenige Teil, der in der Ehewohnung verbleiben wird, dem anderen einen bestimmten Abfindungsbetrag (wertgesichert) zu leisten haben wird. Unbestimmt blieb dabei nur, wer das sein wird, was aber dem Vergleichscharakter der Vereinbarung nicht schadet, weil der Leistungspflichtige jedenfalls objektiv bestimmbar sein wird.

Da schließlich die Beschwerdeführerin selbst gar nicht der Auffassung ist, die geschlossene Vereinbarung könnte einen Ehepakt (und zwar die Begründung von Heiratsgut gemäß § 1218 ABGB oder eine Gütergemeinschaft unter Lebenden gemäß § 1233 ABGB) darstellen, und weil die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Verfahrensrüge lediglich ihre rechtlichen Argumente wiederholt und Verfahrensfehler auch aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich sind, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Wien, am 26. November 1998

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