Normen
EStG 1972 §26 Z7;
EStG 1988 §26 Z4;
EStG 1972 §26 Z7;
EStG 1988 §26 Z4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt ein Transportunternehmen.
Für den Zeitraum 1. Jänner 1992 bis 31. Dezember 1994 fand beim Beschwerdeführer eine Lohnsteuerprüfung statt, bei der der Prüfer und ihm folgend das Finanzamt die Auffassung vertraten, dass die an Arbeitnehmer (Lkw-Chauffeure) ausbezahlten Entfernungszulagen zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehörten, weil die von § 26 Z. 4 EStG 1988 vorausgesetzten Aufzeichnungen nicht geführt worden seien. Das Finanzamt zog daher den Beschwerdeführer für die Lohnsteuer zur Haftung heran, forderte den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach und schrieb einen Säumniszuschlag von 2% vor.
Gegen die Heranziehung zur Haftung und die Vorschreibung von Abgaben brachte der Beschwerdeführer Berufung ein. Es lägen Reisekostenersätze vor, die nach der Vorschrift des § 26 Z. 4 EStG 1988 nicht der Besteuerung unterlägen. Entsprechende Aufzeichnungen ergäben sich aus den Fahrtenschreibern, den Lieferscheinen und dem Wochenplaner. Diese Aufzeichnungen seien auf Grund eines Versehens dem Prüfer nicht vorgelegt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Anlässlich der Lohnsteuerprüfung habe der Beschwerdeführer nur Stundenaufzeichnungen vorgelegt. Diese Aufstellungen seien in einem Heft geführt worden und zeigten nur die in einer Woche geleisteten Arbeitsstunden auf. Über das Vorliegen einer Dienstreises bzw. deren Datum, Dauer, Ziel und Zweck sei aus dieser Aufstellung nichts zu entnehmen. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers seien aus den Fahrtenschreiberblättern Beginn und Ende der Reise, das Kfz-Kennzeichen und der Name des Arbeitnehmers zu entnehmen. Aus den Lieferscheinen, die auch das Kfz-Kennzeichen aufwiesen, ergebe sich der Zweck der Dienstreise. Der Wochenplaner enthalte eine vorausschauende Disposition über den geplanten Einsatz der Lkw und anderer Maschinen. Wenn der Beschwerdeführer die Ansicht vertrete, die Kombination dieser Aufzeichnungen biete die Möglichkeit der Rekonstruktion des erforderlichen Nachweises, übersehe er, dass ein Nachweis erst vorliege, wenn durch taugliche und zeitnah geführte Aufzeichnungen die Dienstreise sowie deren Dauer, Ziel und Zweck belegt sei.
Aus den im gegenständlichen Fall vorliegenden, großteils erst nach Abschluss der Lohnsteuerprüfung vorgelegten Aufzeichnungen ließen sich die erforderlichen Informationen über die Reisen nicht ableiten. Aus den Fahrtenschreiberblättern ergäben sich zwar Fahrtzeiten und Stehzeiten für die einzelnen Lkw, nicht jedoch Ziel und Zweck einer Reise. Mit den Fahrtenschreibern könnten die Voraussetzungen für die Gewährung nicht steuerbarer Tagesgelder nicht festgestellt werden. So könnten Fahrzeiten auch solche auf dem Betriebsgelände sein oder Stehzeiten im Betrieb verbracht werden. Stehzeiten im Betrieb könnten nicht von solchen im Rahmen von Dienstreisen unterschieden werden. Stehzeiten in kürzeren Abständen wären aber ein Indiz dafür, dass die Arbeitnehmer immer wieder in den Betrieb zurückgekehrt seien und gegebenenfalls weniger als die für Tagesgelder erforderliche Abwesenheit von drei Stunden aufwiesen. Der Nachweis der Dauer einer Dienstreise ergebe sich auch nicht aus den Lieferscheinen. Auf den Wochenplaner als vorausschauende Disposition über den geplanten Einsatz brauche nicht eingegangen zu werden, weil ein solcher für den Streitzeitraum nicht habe vorgelegt werden können. Da eine Glaubhaftmachung nicht ausreiche und ein Nachweis über die einzelnen Dienstreisen durch taugliche und zeitnahe Aufzeichnungen nicht erbracht worden sei, seien die pauschal ausbezahlten Entfernungszulagen der Besteuerung zu unterziehen.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und verwies auf die Unbedenklichkeit einer Beweislast für behauptete besondere Umstände (Beschluss vom 23. Februar 1998, B 2932/96). Er trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 26 Z. 4 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nicht Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden.
Nach dieser Vorschrift darf das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen bis zu 360 S pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden.
Im Erkenntnis vom 20. September 1995, 94/13/0253, 0254, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass für die Frage der Steuerfreiheit der vom Arbeitgeber nach § 26 Z. 4 (erster Fall) EStG 1988 geleisteten Ersätze für den Verpflegungsmehraufwand in gleicher Weise wie bei Reisen im Sinn des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 darauf abzustellen ist, ob noch ein kurzfristiger oder bereits ein längerer Aufenthalt am neuen Tätigkeitsort vorliegt, sodass Tagesgelder für eine Dienstreise im Sinne des § 26 Z. 4 erster Fall EStG 1988 dann nicht steuerfrei bezahlt werden, wenn der Einsatz des Arbeitnehmers am betroffenen Ort als Dienstreise in diesem Sinn gar nicht beurteilt werden durfte, weil der betroffene Ort in Wahrheit als weiterer Mittelpunkt seiner Tätigkeit anzusehen war. In seinem Erkenntnis vom 20. November 1996, 96/15/0097, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass lohngestaltenden Vorschriften - für steuerliche Zwecke - nicht die normative Bedeutung zukommen kann, Tätigkeiten am Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) als Dienstreise zu qualifizieren. Die von der damaligen Beschwerdeführerin vorgetragenen Bedenken betreffend den Verstoß gegen den Gleichheitssatz durch die Regelung der Übernahme lohngestaltender Vorschriften in § 26 Z. 4 EStG 1988 müssten in der Tat als begründet angesehen werden, wenn diese Vorschrift dahingehend zu verstehen wäre, dass lohngestaltende Vorschriften uneingeschränkt Fiktionen aufstellen könnten. Der Bestimmung des § 26 Z. 4 EStG 1988 kann daher in verfassungkonformer Auslegung nur die Bedeutung beigemessen werden, dass lohngestaltende Vorschriften - für steuerliche Zwecke - eine Dienstreise nicht anders festlegen können als durch das Abstellen auf das Verlassen des tatsächlichen Dienstortes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, 95/13/0167).
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 21. Oktober 1993, 92/15/0001, ausgeführt hat, gilt für alle im § 26 EStG erfassten Arbeitgeberleistungen der Grundsatz, dass darüber einzeln abgerechnet werden muss. In diesem Sinn hat der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Nachweis jeder einzelnen Dienstreise durch entsprechende Belege zu erbringen ist. Beim Ersatz der Reisekosten durch Pauschbeträge gemäß § 26 Z. 4 EStG 1988 hat der Nachweis durch Belege dem Grunde nach zu erfolgen. Nur mit einwandfreien Nachweisen belegte Reisekostenentschädigungen dürfen als steuerfrei behandelt werden. Die Richtigkeit des vom Arbeitgeber vorgenommenen Lohnsteuerabzuges muss jederzeit für das Finanzamt leicht nachprüfbar, vor allem aus Lohnbüchern, Geschäftsbüchern und sonstigen Unterlagen ersichtlich sein.
Unter einem Nachweis dem Grunde nach ist der Nachweis zu verstehen, dass im Einzelnen nach der Definition des § 26 Z. 4 EStG 1988 eine Dienstreise vorliegt und die dafür gewährten pauschalen Tagesgelder die je nach Dauer der Dienstreise bemessenen Tagesgelder des § 26 Z. 4 EStG 1988 nicht überschreiten. Dies ist zumindest durch das Datum, die Dauer, das Ziel und den Zweck der einzelnen Dienstreise darzulegen und durch entsprechende Aufzeichnungen zu belegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. April 1992, 87/14/0192).
Im gegebenen Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass erst eine drei Stunden übersteigende Dienstreise die Auszahlung nicht steuerbarer Tagesgelder ermöglicht, und dass der - wenn auch unterbrochene - Aufenthalt an einem bestimmten Ort von mehr als einer Woche der weiteren Annahme einer Dienstreise an diesem Ort entgegensteht.
Wenn der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, dass im vorliegenden Fall durch die Fahrtenschreiberblätter und die Lieferscheine der entsprechende Nachweis dem Grunde nach erbracht worden sei, übersieht er, dass ein Nachweis dem Grunde nach erst dann gegeben ist, wenn neben dem Nachweis einer einzelnen tatsächlich angetretenen Reise auch insbesondere deren exakte Dauer belegt werden kann. Diese Umstände sind für die Beurteilung maßgebend, ob die geltend gemachten Reisekostenersätze oder Entfernungszulagen nach § 26 Z. 4 EStG 1988 nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören. Nun mag das Beschwerdevorbringen zutreffend sein, dass mit einer Fahrt von mehr als drei Stunden zu rechnen ist, wenn sich aus einem Lieferschein beispielsweise ein Transport von Wien nach Tirol ergibt. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer nicht vorgebracht hat, die strittigen Dienstreisen hätten sich stets auf derartige Entfernungen bezogen, ist auch bei solchen Dienstreisen die Höhe des nach § 26 Z. 4 EStG 1988 nicht steuerbaren Tagesgeldes u.a. von deren exakten Dauer abhängig.
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde insofern aktenwidrige Sachverhaltsfeststellungen vor, als der angefochtene Bescheid davon ausgeht, der Wochenplaner sei im Streitzeitraum noch nicht geführt worden. Sie zeigt jedoch die Relevanz eines allfälligen Verfahrensfehlers nicht auf. Nach den Beschwerdeausführungen sei der Wochenplaner eine Einteilung der Arbeitskräfte, in der wöchentlich im Voraus die durchzuführenden Fahrten samt geschätzter Dauer, Chauffeur, LKW etc. enthalten seien. Damit gibt die Beschwerde aber zu erkennen, dass der Wochenplaner keine Aufzeichnungen über die exakte Dauer der Dienstreise der einzelnen Arbeitnehmer darstellt.
Aus den vom Beschwerdeführer geführten Aufschreibungen ist somit jedenfalls das exakte Ausmaß der einzelnen Dienstreisen nicht zu ersehen. Damit ist aber der Nachweis, der nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Voraussetzung für die Anwendung des § 26 Z. 4 EStG 1988 ist, nicht erbracht. Es braucht daher nicht mehr auf das Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden, ob der Nachweis auch durch solche Aufschreibungen erbracht werden könnte, die nicht zeitnah geführt werden.
Der Beschwerdeführer rügt schließlich, dass er zur Haftung für Lohnsteuer herangezogen worden ist, der angefochtene Bescheid aber keine Begründung für diese Ermessensentscheidung enthalte. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die Behörde nur in den in § 83 Abs. 2 EStG 1988 angeführten Fällen den Arbeitnehmer (Steuerschuldner) direkt in Anspruch nehmen darf. Liegt keiner der in § 83 Abs. 2 EStG 1988 angeführten Fälle vor, ist die Abgabenbehörde gehalten, die in § 82 EStG 1988 normierte Haftung des Arbeitgebers in Anspruch zu nehmen.
Der Beschwerdeführerin wurde somit durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 20. Juni 2000
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