Normen
BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §26 Z5;
EStG §16 Abs1;
EStG §26 Z4;
EStG §26 Z5;
VwRallg;
BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §26 Z5;
EStG §16 Abs1;
EStG §26 Z4;
EStG §26 Z5;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt ein Gebäudereinigungsunternehmen.
Für den Zeitraum 1. Jänner 1991 bis 31. Dezember 1994 fand beim Beschwerdeführer eine Lohnsteuerprüfung statt, bei der der Prüfer und ihm folgend das Finanzamt die Auffassung vertraten, dass die an Arbeitnehmer ausbezahlten "Fahrgelder" zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehörten. Das Finanzamt zog daher den Beschwerdeführer für die Lohnsteuer zur Haftung heran und forderte den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nach.
Gegen die Heranziehung zur Haftung und die Vorschreibung von Abgaben brachte der Beschwerdeführer Berufung ein. Der Prüfer habe die ausbezahlten "Fahrgelder" für Fahrten zwischen mehreren Arbeitsstätten des Beschwerdeführers steuerfrei belassen. Der Beschwerdeführer sei aber auf Grund der Bestimmungen des Kollektivvertrages verpflichtet, auch an jene Dienstnehmer Fahrtkostenvergütungen zu bezahlen, die von der Dienststelle eines anderen Dienstgebers zu einer Dienststelle im Unternehmen des Beschwerdeführers anreisten. Die direkte Anreise von der ersten zur zweiten Dienststelle sei im gegenständlichen Fall stets gegeben, weil es den Dienstnehmern aus zeitlichen Gründen nicht möglich sei, vor Arbeitsbeginn am zweiten Dienstort ihre Wohnung aufzusuchen (Betriebsende an der ersten Dienststelle um 17.00 Uhr, Betriebsbeginn an der zweiten Dienststelle um 17.30 Uhr). Die strittigen Fahrtkostenersätze erfüllten die Voraussetzungen des § 26 Z. 4 EStG 1988.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, die Verpflichtung zur Zahlung von Fahrtkosten beruhe auf § 9 des Kollektivvertrages für das Gebäudereinigungsgewerbe. Nach dieser Bestimmung seien die nachgewiesenen Fahrtkosten für die Anreise zur ständigen Arbeitsstelle zu ersetzen, wenn für die Anreise ein Verkehrsmittel erforderlich sei. Der Kollektivvertrag enthalte keinen vom EStG 1988 abweichenden Dienstreisebegriff. Außerhalb von Dienstreisen gewährte Fahrtkostenersätze stellten steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz verwies der Beschwerdeführer darauf, dass nach § 8 des Kollektivvertrages ein Dienstnehmer, der nicht von seiner Wohnung, sondern von der Betriebsstätte eines anderen Dienstgebers zur Arbeitsstelle im Unternehmen des Beschwerdeführers anreise, Anspruch auf Bezahlung von Wegzeiten und von Fahrtkostenersätzen habe. Es mache daher keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer von der Dienststelle eines anderen Arbeitgebers oder von der Dienststelle des Beschwerdeführers aus zu einer weiteren Dienststelle des Beschwerdeführers reise.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Strittig sei, ob es sich bei den im Zuge der Lohnsteuerprüfung nachversteuerten "Fahrgeldern" um Reisevergütungen iSd § 26 Z. 4 EStG 1988 handle. Nach dem maßgeblichen Kollektivvertrag sei Arbeitsort der Betriebsstandort und Arbeitsstelle der Ort, an welchem der Arbeitnehmer seine Arbeit ständig zu leisten habe. Bei Arbeiten außerhalb des Arbeitsortes sei nach den kollektivvertraglichen Vorschriften eine Vergütung der Wegzeiten, die nicht den Weg vom Wohnort zur ständigen Arbeitsstelle betreffen, zu bezahlen. Der Kollektivvertrag besage allerdings nicht, dass alle beliebigen Zeiten, in denen sich der Arbeitnehmer aus irgendwelchen Gründen auf einer Fahrtbewegung befinde, als Wegzeiten zu vergüten oder als Reisezeiten anzusehen wären. Es bestehe keine kollektivvertragliche Verpflichtung zur Leistung einer Vergütung für eine Fahrt, die von der Wohnung oder von der Dienststelle eines anderen Arbeitgebers aus angetreten werde. Bei Fahrten zum Betrieb oder zur ständigen Arbeitsstelle handle es sich um Fahrten, die sich in der Privatsphäre des Arbeitnehmers abspielten, zumal nach den kollektivvertraglichen Vorschriften die Arbeitszeit im Betrieb beginne. Die Zeit vor Arbeitsbeginn stelle begrifflich keine Dienstreise dar, weil sich der Arbeitnehmer nicht im Dienst befinde. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass es sich bei den nachzuversteuernden Fahrgeldern nicht um Beträge handle, die aus Anlass einer Dienstreise gezahlt würden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Strittig ist die steuerliche Behandlung von Fahrkostenersätze, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern für die Anfahrt leistet, welche an der Arbeitsstelle bei einem anderen Dienstgeber beginnt.
Zunächst sei darauf hingewiesen, dass Ausgaben bzw. Aufwendungen für derartige Fahrten, soweit sie vom Arbeitnehmer getragen werden, gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 zu Werbungskosten führen (und im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung zu berücksichtigen sind). Die Fahrten zwischen mehreren Dienststellen führen zu einem Aufwand, der zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit getätigt wird. Dass dieser Aufwand darauf zurückzuführen ist, dass der Dienstnehmer mehrere Dienstverhältnis eingegangen ist, ändert nichts daran, dass das Aufsuchen seiner jeweiligen Dienststellen zur Erhaltung des Flusses dieser Einkunftsquellen erforderlich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1996, 94/15/0109, und vom 9. November 1994, 92/13/0281).
Eine andere Frage ist es allerdings, ob die vom Arbeitgeber geleisteten Fahrtkostenersätze für solche Fahrten als nicht steuerbar iSd § 26 EStG 1988 anzusehen sind.
Gemäß § 26 Z. 4 EStG 1988 (in der Stammfassung und in der Fassung BGBl. 818/1993) gehören Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Dabei liegt eine Dienstreise (nach der hier ausschließlich in Betracht kommenden ersten Tatbestandskonstellation) vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt. Bei Arbeitnehmern, die ihre Dienstreise vom Wohnort aus antreten, tritt an die Stelle des Dienstortes der Wohnort (Wohnung, gewöhnlicher Aufenthalt, Familienwohnsitz). Enthält eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 6 EStG 1988 eine besondere Regelung des Begriffes Dienstreise, ist diese Regelung anzuwenden.
Eine Dienstreise setzt sohin voraus, dass der Arbeitnehmer seinen Dienstort über Auftrag des Arbeitgebers zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt. Dabei ist jener Dienstort gemeint, der sich aus dem Dienstverhältnis zu dem Dienstgeber ergibt, der den Reisekostenersatz auszahlt und den Dienstreiseauftrag erteilt. Auch lohngestaltende Vorschriften können eine Dienstreise - für steuerliche Zwecke - nicht anders festlegen können als durch das Abstellen auf das Verlassen des tatsächlichen Dienstortes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, 95/13/0167, mwH).
Das Gesetz sieht zwar auch vor, dass die Dienstreise vom Wohnort aus angetreten werden kann. In einem solchen Fall muss die Reise aber ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach dem Verlassen des Dienstortes gleichwertig sein. Für eine an sich vom Dienstort aus anzutretende Reise ändert sich lediglich der Antrittsort. Eine Dienstreise iSd § 26 Z. 4 EStG 1988 liegt hingegen nicht vor, wenn das Ziel der Reise der Dienstort ist.
Es sei darauf verwiesen, dass im zeitlichen Geltungsbereich des EStG 1972 der Ersatz der tatsächlichen Kosten des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gezählt hat (§ 26 Z. 5 EStG 1972), das EStG 1988 eine solche Regelung aber nicht übernommen, sondern in § 26 Z. 5 nur eine Regelung für die tatsächliche Beförderung der Arbeitnehmer (im Werkverkehr) getroffen hat (vgl. ErlRV und Finanzausschussbericht zu § 26 Z. 5 EStG 1988).
Die im gegenständlichen Fall geleisteten Kostenersätze betreffen Anfahrten der Arbeitnehmer des Beschwerdeführers zu Dienstorten, die sich aus einem Dienstverhältnis zum Beschwerdeführer ergeben. Die Fahrten nehmen ihren Ausgang bei Betriebsstätten anderer Unternehmer, wo sich die Arbeitnehmer auf Grund eines (weiteren) Dienstverhältnisses zu diesem anderen Unternehmer aufgehalten haben. Aus der Sicht des Dienstverhältnisses zum Beschwerdeführer stellen diese Fahrten kein Verlassen des Dienstortes dar. Die vom Beschwerdeführer geleisteten Ersatzzahlungen für die Kosten dieser Fahrten sind daher keine Reisevergütungen iSd § 26 Z. 4 EStG 1988.
Ob der Beschwerdeführer kollektivvertraglich zur Leistung der strittigen Fahrtkostenersätze verpflichtet ist, ist für deren lohnsteuerliche Behandlung unerheblich. Entscheidend ist, dass keine Fahrten in Form des Verlassens des Dienstortes (aus der Sicht des Dienstverhältnisses zum Beschwerdeführer) vorliegen.
Im Ergebnis wurde der Beschwerdeführer sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 20. Juni 2000
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