Normen
UStG 1994 §11 Abs1 Z3;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
UStG 1994 §11 Abs1 Z3;
UStG 1994 §12 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter der Bezeichnung "Vorsteuerschwindel des Werner Rydl" durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannten Vorgängen.
Beim Beschwerdeführer wurde anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellt, daß er im Juli 1995 von der M-GmbH bezogene "Aurela-Parfumöle" an Ali Al-Tararwa Trading group, Kuwait, geliefert habe. Als der Beschwerdeführer am 11. Juli 1995 die Produkte persönlich bei der M-GmbH in Empfang nahm, sei ihm die Kopie eines Barverrechnungsschecks der Firma Ali Al-Tararwa über S 1,871.262,-- (das war der vom Beschwerdeführer der Firma Ali Al-Tararwa in Rechnung zu stellende Exportpreis) ausgehändigt worden; die Ware sei sohin bereits vor der Lieferung an den ausländischen Abnehmer von diesem an die M-GmbH bezahlt worden. Die M-GmbH habe dem Beschwerdeführer wertlose bzw. minderwertige Ware geliefert. Es sei daher nicht jene Ware geliefert worden, über welche dem Beschwerdeführer eine Rechnung erteilt worden sei. Die Lieferung irgendeiner Ware bewirke nicht das Recht zum Vorsteuerabzug. In der Rechnung der M-GmbH vom 10. Juni 1995 seien ausschließlich wertvolle Parfumöle ausgewiesen ("Aurela Parfumöl Pupis a 63.924,-- ATS", "Aurela Parfumöl Scutum a 84. 765,-- ATS", "Aurela Parfumöl Andromeda a 71.910,-- ATS"). Nach den Prüfungsfeststellungen sei daher ein Vorsteuerbetrag in Höhe von S 356.433,-- zu Unrecht geltend gemacht worden.
Bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer 1995 mit Bescheid vom 16. Mai 1997 wurden die für die Parfumöllieferungen geltend gemachten Vorsteuerbeträge nicht anerkannt. Von den Umsätzen in Höhe von S 2,009.170,-- wurden erklärungsgemäß S 1,924.605,41 als gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 steuerbefreit behandelt und die restlichen Umsätze von S 84.564,67 dem Normalsteuersatz unterzogen (S 16.912,93). Aufgrund der Anerkennung von Vorsteuern in Höhe von S 2.294,87 ergab sich eine Umsatzsteuerzahllast von S 14.618,--.
Der Beschwerdeführer berief gegen diesen Umsatzsteuerbescheid. Diesen hob die belangte Behörde in Erledigung der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid auf. Werner Rydl sei Initiator bzw. Betreiber eines österreichweit angelegten Vorsteuerschwindels gewesen. Er habe als Einzelfirma Werner Rydl, als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der F-GmbH und als ausländischer Abnehmer (tatsächlicher Machthaber der Intertrade Ltd. bzw. der Contura Ltd.) fungiert. Auch die Lieferungen an Ali Al-Tararwa Trading group, Kuwait, seien in Wahrheit für Intertrade Ltd. bestimmt gewesen. Werner Rydl habe gegenüber den österreichischen Zwischenhändlern bzw. Exporteuren Angebot und Nachfrage für diverse Produkte gesteuert, wobei die Produkte jeweils um ein Vielfaches überfakturiert worden seien. Die M-GmbH sei ein österreichischer Zwischenhändler gewesen. Die gehandelten Parfumöle seien ursprünglich von der Einzelfirma Berta M an die Intertrade Ltd. verkauft und nach Montevideo versendet worden. Von Montevideo seien sie nach Österreich zurückgeschickt worden, und zwar an einen Bekannten der Familie Rydl. Es lägen Zeugenaussagen vor, wonach die Parfumöle (in Österreich) mit Rapsöl vermischt bzw. aus den Behältnissen der Rücklieferung ohne jegliche Bearbeitung in die Behältnisse für die Auslieferung an die inländischen Firmen (F-GmbH und in der Folge EL, U-GmbH, M-GmbH) umgefüllt worden seien. Wie sich aus einem Gutachten der Universität Wien, Institut für pharmazeutische Chemie, betreffend eine Reihe von Proben dieser Parfumöle ergebe, handle es sich um relativ billige Produkte. Die im Firmengeflecht um Werner Rydl fakturierten Parfumöle seien Waren von geringem Wert gewesen. Es seien im gegenständlichen Fall Rechnungen über hochwertige Parfumöle ausgestellt worden, was sich insbesondere aus den in der Rechnung angeführten hohen (Liter)Preisen der Produkte ergebe. Gegenstand der tatsächlichen Lieferung seien aber wertlose Waren gewesen. Es gäbe sohin keine Übereinstimmung zwischen den in der Rechnung ausgewiesenen und den tatsächlich gelieferten Waren. Die Lieferung irgendeiner Ware, im gegenständlichen Fall wertloser gestreckter Öle minderer Qualität, berechtige nicht zum Vorsteuerabzug. Der Beschwerdeführer habe als Exporteur in einem international agierenden Vorsteuerschwindelring rund um Werner Rydl fungiert. Sein Lieferant, die M-GmbH, sei eine im Firmengeflecht des Werner Rydl agierende Firma. Die Waren, deren geringer Wert sich aus dem Gutachten der Universität Wien, Institut für pharmazeutische Chemie ergebe, seien in der Rydlgruppe im Kreis mehrmals ex- und importiert worden. In diesen Warenkreislauf sei der Beschwerdeführer als Exporteur eingebunden gewesen. Im gegenständlichen Fall wiesen die Rechnungen auch keine handelsübliche Bezeichnung im Sinn des § 11 Abs 1 Z 3 UStG 1994 auf. Parfumöle würden nämlich, so sie nicht durch ihre Marke bereits spezifiziert seien, durch Angabe ihrer Inhaltsstoffe, ihrer Verarbeitung und vor allem aber ihrer Herkunft bestimmt. Im gegenständlichen Fall enthalte die Rechnung aber keine konkreten Angaben über den Liefergegenstand. Die Anführung der Mengen in Liter und der Bezeichnung Aurela Parfumöle Pupis, Scutum, Andromeda bzw. einer Seriennummer könne nicht als hinreichende Beschreibung angesehen werden, weil die Produkte nicht durch ihre Marke bereits spezifiziert seien. Im gegenständlichen Fall sei auch die Geschäftsabwicklung ungewöhnlich. Nachdem der Beschwerdeführer die Parfumöle bei der M-GmbH bestellt hatte, habe er sie am 17. Juni 1995 abgeholt und zugleich an den Abnehmer, die Firma Ali Al-Tararwa, fakturiert. Zugleich mit der Abholung sei ihm die Kopie eines Barverrechnungsschecks des Abnehmers über den von ihm zu leistenden Rechnungsbetrag von S 1,871.262,-- ausgehändigt worden. Die Ware sei somit bereits vor dem Export vom ausländischen Abnehmer an die M-GmbH bezahlt worden. Der Beschwerdeführer habe den Originalscheck allerdings nie gesehen. Diese Vorgangsweise und die Tatsache, daß Ali Al-Tararwa die Ware nicht gerügt habe, führe zu dem Schluß, daß dieser Abnehmer Kenntnis von der Minderwertigkeit der Ware gehabt habe. Die belangte Behörde gelange zu der Auffassung, daß eine Lieferung von Parfumöl nicht stattgefunden habe; es sei nur minderwertige Ware geliefert worden. Von den insgesamt geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von S 367.914,13 entfalle der Betrag von S 356.433,-- auf die Parfumöle und könne somit nicht anerkannt werden. Der verbleibende Betrag von S 11.480,13 wäre als Vorsteuer anzuerkennen; da aber nur wertlose Ware geliefert worden sei, sei auch den Ausfuhrlieferungen der Beschwerdeführerin die Anerkennung zu versagen. Somit lägen die Umsätze unter der durch § 6 Abs. 1 Z. 27 UStG 1994 normierten Grenze von S 300.000,--. Da für das Jahr 1995 keine Erklärung im Sinne des § 6 Abs. 3 UStG abgegeben worden sei, habe die Festsetzung der Umsatzsteuer für diesen Zeitraum zu unterbleiben, weshalb der Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes aufgehoben werde.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen.
Gemäß § 11 Abs 1 UStG 1994 müssen Rechnungen u.a. (gemäß Z 3) die Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistungen enthalten.
Der angefochtene Bescheid stützt sich zum einen darauf, die Parfumöle seien in der Rechnung der M-GmbH vom 10. Juli 1995 nicht mit der handelsüblichen Bezeichnung beschrieben. Diese Begründung vermag den angefochtenen Bescheid nicht zu tragen, weil die belangte Behörde in keiner Weise darstellt, aufgrund welcher Ermittlungen sie zu dem Ergebnis gekommen sei, daß nicht die von der M-GmbH gewählte sondern eine andere Bezeichnung handelsüblich wäre.
Der angefochtene Bescheid enthält auch keine hinreichende Begründung für die Sachverhaltsannahme, eine Lieferung von Parfumölen (von der M-GmbH an den Beschwerdeführer sowie vom Beschwerdeführer an Ali Al-Tararwa) habe gar nicht stattgefunden. Die belangte Behörde stützt diese Feststellung nämlich ausschließlich auf die Minderwertigkeit der Ware. Dabei übersieht sie, daß auch minderwertige Ware - gegen ein überhöhtes Entgelt - geliefert werden kann.
Die belangte Behörde hat aber aus einem anderen Grund dem Vorsteuerabzug aus der Lieferung der M-GmbH zu Recht die Anerkennung versagt:
Im Erkenntnis vom 28. Mai 1998, 96/15/0220, hat der Verwaltungsgerichtshof betont, daß der Vorsteuerabzug u.a. zur Voraussetzung hat, daß über die tatsächlich erbrachte Leistung eine Rechnung im Sinn des § 11 UStG 1994 gelegt worden sei. Es müsse also eine Lieferung erfolgt sein und eine Rechnung vorliegen, in der die tatsächlich gelieferten Gegenstände (und nicht andere Gegenstände) ausgewiesen seien. Liege eine Diskrepanz zwischen der tatsächlich gelieferten Ware und der in der Rechnung ausgewiesenen Ware vor, sei der Vorsteuerabzug zu versagen.
Im gegenständlichen Fall konnte die belangte Behörde aus der Rechnung der M-GmbH aufgrund der allgemein gehaltenen Beschreibung der Parfumöle mit Phantasienamen unter Beifügung eines Literpreises von S 63.924,-- (Pupis) S 84.765,-- (Scutum) sowie S 71.910,-- (Andromeda) ableiten, daß Gegenstand der Rechnungslegung höchstwertige Parfumöle seien.
Wenn die belangte Behörde bei der tatsächlichen Lieferung von weitgehend wertlosen Produkten, bei denen es sich aufgrund ihrer Minderwertigkeit geradezu offensichtlich um anders geartete Produkte handle als sie in der Rechnung ausgewiesen sind, von der Lieferung eines "aliud" und somit von einer fehlenden Übereinstimmung zwischen Rechnung und gelieferter Ware ausgegangen ist, könnte ihr nicht entgegengetreten werden.
Es kommt somit im Beschwerdefall entscheidend auf den (inhaltsbestimmenden) Wert der Lieferung an. Dazu hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid gestützt auf ein Gutachten der Universität Wien, Institut für pharmazeutische Chemie, ausgeführt, daß Gegenstand der Lieferung minderwertige bzw. wertlose Öle gewesen seien, die in keiner Weise den in der Rechnung ausgewiesenen Produkten entsprechen und sohin ein "aliud" gegenüber den sich aus der Rechnung ergebenden Produkten darstellen. Die Beschwerde bekämpft diese Feststellung damit, daß dem Gutachten der Universität Wien nicht beim Beschwerdeführer gezogene Proben zugrundelägen, sondern Proben der Aurela Parfumöle, die bei anderen Personen in der Lieferkette genommen worden seien. Auch sei der Gutachtensauftrag erst am 9. Oktober 1995 erteilt worden, während die im gegenständlichen Fall strittigen Lieferungen am 10. bzw. 11. Juli 1995 erfolgt seien. Rückschlüsse aus dem Gutachten auf den Gegenstand der Lieferungen seien daher nicht möglich. Zudem sei das Gutachten dem Beschwerdeführer erst im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung bekanntgegeben worden, sodaß er nicht die Möglichkeit gehabt habe, innerhalb angemessener Zeit auf die Vorhaltungen der belangten Behörde zu reagieren. Dieses Beschwerdevorbringen zeigt nicht auf, daß die belangte Behörde die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen hätte:
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Feststellung der belangten Behörde, daß er Teil der von Werner Rydl aufgebauten Lieferkette gewesen sei. Die Proben der Aurela Parfumöle, zu denen das Gutachten der Universität Wien erstellt worden ist, wurden u.a. bei der F-GmbH gezogen, die - dies ist im Beschwerdefall unbestritten - die Produkte über die M-GmbH als Zwischenhändlerin an den Beschwerdeführer geliefert hat. Solcherart ist es nicht als unschlüssig anzusehen, wenn aus diesem Gutachten auf die Art der an den Beschwerdeführer gelieferten Produkte geschlossen wird. Es ist auch nicht zu erkennen, inwiefern dem der zeitliche Ablauf (insbesondere der Zeitpunkt der Auftragserteilung) entgegenstünde.
Wie sich aus der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung vom 6. November 1997 ergibt, ist im Rahmen der Verhandlung nach Bekanntgabe des Gutachtens der Universität Wien die Rede auf die Möglichkeit eines Vertagungsantrages gekommen; der Beschwerdeführer hat jedoch darauf verzichtet, einen derartigen Antrag zu stellen, sodaß er nunmehr nicht mit Erfolg einwenden kann, er hätte nicht ausreichend Zeit zur Auseinandersetzung mit dem Gutachten gehabt. Zudem werden auch in der Beschwerde keine Einwendungen gegen die im Gutachten gezogenen Schlüsse vorgetragen.
Wie bereits ausgeführt, hätte die belangte Behörde aus dem Umstand der Minderwertigkeit der Ware für sich allein nicht ableiten dürfen, daß Umsätze mit Parfumölen gar nicht getätigt worden seien. Daraus folgt aber im gegenständlichen Fall, daß die belangte Behörde zu Unrecht angenommen hat, die Umsätze des Beschwerdeführers lägen unter S 300.000,--, sodaß die Kleinunternehmerregelung des § 6 Abs. 1 Z. 27 UStG 1994 zum Tragen komme. Sie hat weiters zu Unrecht angenommen, die Umsätze lägen unter S 100.000,--, sodaß gemäß § 21 Abs. 6 UStG 1994 die Durchführung einer Veranlagung nicht erforderlich sei und der Veranlagungsbescheid des Finanzamtes gemäß § 289 Abs. 2 BAO aufgehoben werden könne.
Wie sich aus der Aktenlage (insbesondere der eingereichten Umsatzsteuererklärung) ergibt, hat der Beschwerdeführer im Streitjahr (dem Normalsteuersatz unterliegende) steuerpflichtige Umsätze in Höhe von S 84.564,67 erzielt; daraus ergäbe sich eine Umsatzsteuer von S 16.912,93. Nach Abzug der Vorsteuer von S 11.480,13 wäre eine Zahllast von S 5.433,-- festzusetzen gewesen. Wenn nun aber mit dem angefochtenen Bescheid anstelle der Festsetzung von Umsatzsteuer in Höhe von S 5.433,-- eine Entscheidung dahingehend getroffen worden ist, daß der Umsatzsteuerbescheid gemäß § 289 Abs. 2 BAO aufgehoben wird, und damit zum Ausdruck gebracht wird, daß keine Umsatzsteuer in Vorschreibung gelangt, so ist der Beschwerdeführer dadurch nicht in seinen Rechten verletzt worden.
Aus den Vorstehenden ergibt sich sohin, daß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. März 1999
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