VwGH 98/14/0178

VwGH98/14/017831.3.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde des R M in N, vertreten durch DDr. Gunter Peyrl, Rechtsanwalt in 4240 Freistadt, Salzgasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 9. September 1998, RV-057.94/1-7/94, betreffend Gewerbesteuer für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:

Normen

GewStG §11 Abs3;
GewStG §11 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb zumindest seit dem Jahr 1984 als Einzelunternehmer den Handel mit und die Reparatur von Kraftfahrzeugen. In den Jahren 1984 bis 1990 erwirtschaftete der Beschwerdeführer insgesamt Verluste von rund 1,5 Mio S und in den Jahren 1992 bis 1994 solche von rund 1,2 Mio S. Im Jahr 1995 stellte er das Unternehmen ein, wobei er in diesem Jahr einen laufenden Verlust von rund 0,3 Mio S und einen Aufgabegewinn von rund 1,2 Mio S erwirtschaftete.

In der zum 31. Dezember 1990 erstellten Bilanz wies der Beschwerdeführer Verbindlichkeiten von rund 5,6 Mio S aus, wovon rund 4 Mio S auf die R-Bank entfielen. Wegen dieser prekären wirtschaftlichen Lage beauftragte der Beschwerdeführer einen Rechtsanwalt, mit der R-Bank über einen Teilerlass seiner Schuld zu verhandeln. Tatsächlich gelang es dem Rechtsanwalt, mit der R-Bank insofern eine Vereinbarung zu erzielen, als dem Beschwerdeführer von seiner Schuld 1 Mio S bei sofortiger Tilgung der Restschuld erlassen werden sollte. Der Beschwerdeführer nahm daraufhin bei der V-Bank einen Kredit von 3 Mio S auf, mit dem er die (reduzierte) Schuld bei der R-Bank tilgte.

In der zum 31. Dezember 1991 erstellten Bilanz wies der Beschwerdeführer auf Grund des seitens der R-Bank gewährten Schulderlasses einen außerordentlichen Ertrag von 1 Mio S aus, wobei er beantragte, diesen Ertrag bei der Ermittlung des Gewerbeertrages als Sanierungsgewinn auszuscheiden.

Das Finanzamt sah den außerordentlichen Ertrag nicht als Sanierungsgewinn an. Bei Verbindlichkeiten von rund 5,6 Mio S könne bei einem von einem einzigen Gläubiger gewährten Schulderlass von 1 Mio S von einer allgemeinen Sanierungsmaßnahme keine Rede sein. Trotz des Schulderlasses habe der Beschwerdeführer in den Folgejahren überdies jährlich höhere (laufende) Verluste erwirtschaftet als in den Vorjahren, was auf die mangelnde Sanierungseignung hinweise. Die R-Bank habe auch keine Sanierungsabsicht gehabt. Vielmehr sei es ihr nur darum gegangen, einen Großteil ihrer Forderung einzubringen.

Im Berufungsverfahren brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, bei der R-Bank habe es sich um seinen Hauptgläubiger gehandelt, weswegen sie in Sanierungsabsicht eine Sanierungsmaßnahme gesetzt habe. Der Schulderlass habe zu einer Verringerung seiner Zinsenbelastung geführt. Da die Forderung der R-Bank grundbücherlich besichert gewesen sei, wäre zumindest jener Teil ihrer Forderung, den er tatsächlich getilgt habe, auch im Fall eines Konkurses über sein Vermögen einbringlich gewesen. Die R-Bank habe schon deswegen Interesse an der Sanierung seines Unternehmens gehabt, weil ein von ihr über sein Vermögen beantragtes Konkursverfahren ihrem Ruf bei der Ortsbevölkerung schädlich gewesen wäre. Wie sich aus dem Schreiben des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes ergebe, sei die R-Bank "erst auf meine massive Drohung hin, dass im Falle einer Nichtgewährung des von mir verlangten Nachlasses Herr M (Beschwerdeführer) den Gang zum Konkursgericht antreten wird und man sich nicht davor scheuen wird, jedem, der es wissen will, mitzuteilen, dass es die R-Bank war, die die Firma M ins Insolvenzverfahren getrieben hat, .... zu dem von mir gewünschten Forderungsnachlass bereit" gewesen. "Ich habe in der letzten Zeit die Erfahrung gemacht, dass speziell kleinere Banken am Lande immer wieder zu Forderungsnachlässen 'überredet' werden können, wenn auf die negative Werbewirkung hingewiesen wird. Ich habe der R-Bank auch ausführlich vor Augen geführt, welchen Prestigeverlust es für sie bedeuten würde, würde ein doch in der Öffentlichkeit anerkannter und geschätzter Betrieb auf Grund des Verhaltens der R-Bank ins Abseits gedrängt werden". In der Folge sei die V-Bank wegen "interner Turbulenzen" von einer anderen Bank übernommen worden. Die übernehmende Bank habe sich nicht an die von ihm mit der V-Bank ausgehandelten Kreditbedingungen gehalten. Er habe den Kredit mit aus seinem Unternehmen zu erwirtschaftenden Mitteln nicht mehr bedienen können, weswegen er das Unternehmen im Jahr 1995 aufgegeben habe.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid weist die belangte Behörde zunächst darauf hin, von einem steuerfrei zu belassenden Sanierungsgewinn könne nur die Rede sein, wenn Schulden als allgemeine Sanierungsmaßnahme erlassen würden, wobei Sanierungsabsicht, Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungseignung kumulativ vorliegen müssten. Der Schulderlass müsse zum Zweck der Sanierung des Not leidenden Unternehmens und damit zu dessen Weiterbestand gewährt werden. Wie sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers ergebe, habe die R-Bank einen Teil der Schuld nicht zum Zweck der Sanierung des Unternehmens des Beschwerdeführers erlassen. Vielmehr sei die R-Bank darauf bedacht gewesen, ihr Renommee als kunden- und schuldnerfreundliche Bank im lokalen Bereich zu erhalten bzw sich dieses Renommee durch Machinationen des Beschwerdeführers nicht zerstören zu lassen, was sich aus dem Schreiben des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes "erst auf meine massive Drohung hin ....war die R-Bank zu dem von mir gewünschten Forderungsnachlass bereit" ergebe. Überdies sei es der R-Bank ungeachtet der Drohungen des Beschwerdeführers gelungen, 75 % ihrer Forderung einzubringen. Da die R-Bank keine Sanierungsabsicht gehabt habe, erübrige es sich darauf einzugehen, ob die übrigen Tatbestandmerkmale vorgelegen seien, um so den außerordentlichen Ertrag als Sanierungsgewinn anzusehen. Es werde jedoch noch darauf hingewiesen, dass die nach dem Schulderlass erfolgte Aufgabe des Unternehmens des Beschwerdeführers gegen die Sanierungseignung spreche, womit ein weiteres Tatbestandsmerkmal für das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes fehle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Der Erlass betrieblicher Schulden führt, sofern dieser nicht auf einem außerbetrieblichen Vorgang beruht, zu einer gewinnerhöhenden Vermehrung des Betriebsvermögens.

Gemäß § 11 Abs 3 GewStG waren bis zum Jahr 1993 vor Ermittlung des Steuermessbetrages jene Teile des Gewerbeertrages auszuscheiden, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zweck der Sanierung entstanden sind.

Die durch den Erlass betrieblicher Schulden im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen entstandene gewinnerhöhende Vermehrung des Betriebsvermögens erhöht den laufenden Gewinn. Der unter Einbeziehung des Sanierungsgewinnes ermittelte Gewerbeertrag wird um den darin enthaltenen Sanierungsgewinn gekürzt. Die Anwendung der steuerlichen Begünstigung setzt voraus, dass es sich um den in Sanierungsabsicht vorgenommenen Erlass betrieblicher Schulden im Rahmen allgemeiner Sanierungsmaßnahmen der Gläubiger eines sanierungsbedürftigen Unternehmens handelt, wobei die Maßnahmen geeignet sein müssen, das Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Wird ein Unternehmen nach erfolgtem Schulderlass wegen seiner offenkundigen wirtschaftlichen Zerrüttung eingestellt, liegt keine Sanierung vor. Ob hiebei seitens der Gläubiger Sanierungsabsicht bestanden hat, ist irrelevant. Die Bestimmungen des § 11 Abs 3 GewStG dienen nur der Sanierung eines Betriebes, nicht hingegen der Sanierung der privaten Vermögenssphäre des Unternehmers (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Jänner 1997, 93/15/0043, Slg Nr 7156/F, mwA). Die eben genannten Voraussetzungen müssen kumulativ gegeben sein.

Entscheidend ist, ob der von der belangten Behörde gezogene Schluss, die R-Bank habe einen Teil der Schuld nicht zum Zweck der Sanierung des Unternehmens des Beschwerdeführers erlassen, sondern sei vielmehr auf ihr Renommee als kunden- und schuldnerfreundliche Bank im lokalen Bereich, das sie sich durch Machinationen des Beschwerdeführers nicht habe zerstören lassen wollen, bedacht gewesen, der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand hält.

In den Fällen, in denen die belangte Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 14. Jänner 2003, 97/14/0042, 97/14/0051).

Dieser Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde stand.

Die belangte Behörde konnte auf Grund des sich in den vorgelegten Administrativakten befindlichen Schreibens des vom Beschwerdeführer beauftragten Rechtsanwaltes in rechtlicher Hinsicht unbedenklich davon ausgehen, die R-Bank habe keine Sanierungsabsicht gehabt. Mit den Ausführungen in der Beschwerde (Seite 4 unten), "im vorliegenden Fall war es der Beweggrund meiner Gläubigerin, ihren guten Ruf zu retten: meine Bank wollte nicht meinen guten Ruf retten sondern den ihren", wird überdies zugegeben, die R-Bank wollte ihren guten Ruf retten, keineswegs jedoch das Unternehmen des Beschwerdeführers sanieren.

Mit den Ausführungen, die belangte Behörde sei zu Unrecht von einer bald nach dem Schulderlass erfolgten Aufgabe seines Unternehmens ausgegangen, weswegen der Schluss, sein Unternehmen sei nicht sanierbar gewesen, unzulässig sei, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Es entspricht der Aktenlage, dass das Unternehmen des Beschwerdeführers erst vier Jahre nach dem Schulderlass aufgegeben worden ist. Nichtsdestoweniger sind in diesen vier Jahren jährlich höhere (laufende) Verluste als in den Vorjahren erwirtschaftet worden, was auf die mangelnde Sanierungseignung hinweist. Die belangte Behörde hat jedoch ihren Bescheid nicht mit der mangelnden Sanierungseignung des Unternehmens des Beschwerdeführers, sondern mit der mangelnden Sanierungsabsicht der R-Bank begründet. Ihren Ausführungen zur fehlenden Sanierungseignung des Schuldnachlasses kommt nämlich keine tragende Bedeutung zu. Der in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verletzung von Verfahrensvorschriften mangelt es an Relevanz.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 31. März 2003

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