VwGH 98/13/0083

VwGH98/13/008315.7.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der E H in W, vertreten durch Dr. Richard Köhler und Dr. Anton Draskovits, Rechtsanwälte in Wien VI, Amerlingstraße 19/26, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 27. Februar 1998, Zl. GA RV/009-16/04/98, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1995, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §34 Abs1;
EStG 1988 §34 Abs3;
EStG 1988 §34 Abs1;
EStG 1988 §34 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin betrieb ein Einzelunternehmen, das im Jahre 1994 einer Umschuldung in Form eines Wechsels der "Hausbank" unterzogen wurde, wobei die neue Bank als Sicherstellung der Kreditverträge zum einen eine Bürgschaftshaftung der Beschwerdeführerin und zum anderen die Einräumung einer Rangordnung der Verpfändung einer der Beschwerdeführerin gehörenden Liegenschaft forderte und erhielt. Mit Schreiben vom 3. Juli 1995 gab die Bank der Beschwerdeführerin bekannt, daß sie nunmehr von der Rangordnung der Verpfändung der Liegenschaft Gebrauch gemacht und die ihr seinerzeit ausgestellte Pfandbestellungsurkunde im Range der Anmerkung der Verpfändung vom 6. September 1994 intabulieren lassen habe. Dies veranlaßte die Beschwerdeführerin zum Verkauf dreier Wohnungen und zu einer im Jahre 1996 erfolgten Überweisung der Erlöse aus diesen Verkäufen an die Bank. Unter Hinweis auf diesen Sachverhalt machte die Beschwerdeführerin für das Jahr 1995 außergewöhnliche Belastungen im Ausmaß von S 1,300.000,-- geltend.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid blieb der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung im Instanzenzug die begehrte Berücksichtigung versagt, was die belangte Behörde damit begründete, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Aufwendungen nicht die Einkommens-, sondern ihre Vermögenssphäre betroffen hätten; die Einnahmen aus dem Verkauf von Wohnungen im Jahre 1995 stellten kein laufendes Einkommen dar, es habe vielmehr eine Veräußerung von Vermögen und damit die Kaufpreisrealisierung stattgefunden. Hätte die Beschwerdeführerin die als außergewöhnliche Belastung beantragten Teilzahlungen nicht geleistet, so hätte ihr der Verlust von verpfändetem Liegenschaftsvermögen gedroht. Zudem sei eine sittliche Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Unterstützung ihres Ehegatten überhaupt nur aus ihrer Vermögenslage abzuleiten, weil die von ihr im Laufe des Jahres 1994 eingegangenen pfandrechtlichen Verpflichtungen ihr jährliches Einkommen um etwa das Zehnfache überstiegen hätten. Da sich der sittliche Anspruch des Gatten der Beschwerdeführerin nur auf die Vermögenskomponente habe stützen können, sei der darauf entfallende Teil des Anspruches durch die Hingabe von Vermögenswerten zu befriedigen gewesen, was durch die Wohnungsveräußerung auch tatsächlich geschehen sei. Auch dies stehe einer Berücksichtigung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung entgegen. Es bedürfe die Berücksichtigung von Aufwendungen aus der Übernahme von Schulden als außergewöhnliche Belastung besonderer Umstände, welche von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht einsichtig dargetan worden seien. Daß die Notlage des Gatten der Beschwerdeführerin nicht ohne besondere Notwendigkeit oder leichtfertig herbeigeführt worden sei, sei von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde trägt die Beschwerdeführerin vor, daß in ihrem Fall ein steuerlich relevanter Vermögensverlust vorliege, den sie auch tatsächlich erlitten habe. Dieser Vermögensverlust sei endgültig, weil mittlerweile ein Konkursverfahren über das Einzelunternehmen ihres Gatten eröffnet worden sei, sodaß ihre Regreßforderungen "gegen dieses Unternehmen" ins Leere gehen würden. Aus dem Faktum einer späteren Insolvenz könne die Aussichtslosigkeit des Rettungsversuches aber noch nicht abgeleitet werden. Im Zeitpunkt des Rettungsversuches hätten die Kreditexperten der neuen Bank eine Umschuldung durchgeführt, ohne im Einzelunternehmen des Ehegatten der Beschwerdeführerin bisher engagiert gewesen zu sein. Durch die rechtliche und sittliche Erfüllung ihrer ehelichen Beistandspflicht sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin außergewöhnlich belastet worden; die Einkünfte der Beschwerdeführerin seien solche aus nichtselbständiger Tätigkeit, aus Vermietung und Verpachtung und schließlich aus Spekulationseinkünften gewesen. Den Verkauf von Wohnungen innerhalb der Spekulationsfrist als steuerpflichtigen Einkommensbestandteil anzusehen, bei Anwendung des § 34 EStG 1988 ihn jedoch als steuerlich unbeachtliche Vermögensumschichtung zu qualifizieren, gehe nicht an. Gegenüber der Beschwerdeführerin habe lediglich ein Betrag von S 3,600.000,-- zugunsten der Bank ausgehaftet, welcher Betrag im angemessenen Verhältnis zur Einkommenssituation der Beschwerdeführerin stehe. Daß der sittliche Anspruch des Gatten der Beschwerdeführerin nur auf eine Vermögenskomponente zu stützen gewesen sei, treffe nicht zu, weil auch das laufende, steuerlich veranlagte Einkommen der Beschwerdeführerin durch die Aufwendungen belastet gewesen sei. Die im Jahr 1995 angefallenen Spekulationseinkünfte seien relativ niedrig, weil von den Gesamterlösen trotz der Kaufvertragsabschlüsse im Jahr 1995 nur Teile im Jahre 1995 geflossen seien. Wäre die Beschwerdeführerin die Bürgschaftsverpflichtung nicht eingegangen, dann wäre die wirtschaftliche Existenzgrundlage ihres Ehegatten schon im Jahre 1994 zerstört worden. Der Betrieb des Ehegatten habe nicht nur zur wirtschaftlichen Existenzgrundlage des Ehegatten gedient, sondern es sei die Beschwerdeführerin im Betrieb ihres Gatten auch angestellt gewesen, sodaß es im Zuge der Umschuldung darum gegangen sei, die drohende Insolvenz des Einzelunternehmens des Ehegatten zwecks Existenzsicherung beider Ehegatten zu vermeiden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzung erfüllen:

  1. 1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
  2. 2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
  3. 3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Nach dem dritten Absatz dieses Paragraphen erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Ungeachtet des Umstandes, daß Zahlungen aus Anlaß eingegangener Bürgschaften als außergewöhnliche Belastung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann berücksichtigt werden können, wenn Zwangsläufigkeit schon für das Eingehen der Bürgschaftsverpflichtungen bestand (vgl. hiezu und zur Zwangsläufigkeit des Eingehens von Bürgschaften für nahe Angehörige die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1993, 93/14/0105, vom 20. April 1993, 88/14/0199, und vom 28. Februar 1995, 95/14/0016), setzt die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen nach § 34 EStG 1988 aber jedenfalls einen tatsächlich aus dem Einkommen des betroffenen Jahres geleisteten Aufwand und dessen Zwangsläufigkeit voraus. Im Beschwerdefall fehlt es schon daran.

An einem im Jahre 1995 der Beschwerdeführerin erwachsenen Aufwand fehlt es deswegen, weil Überweisungen an die Bank - seien sie auch für die Beschwerdeführerin geleistet worden - ihrem Vorbringen zufolge erst im Jahre 1996 erfolgt waren und auch ein im Jahre 1995 von der Beschwerdeführerin in welcher Höhe auch immer realisierter Spekulationsgewinn einen der Beschwerdeführerin erwachsenden Aufwand erst im Umfang ihrer dadurch bewirkten Mehrbelastung mit Einkommensteuer für das Jahr 1995 hervorrufen konnte, den sie in diesem Jahr aber noch nicht getätigt haben konnte, sodaß es einer Untersuchung der Frage gar nicht mehr bedarf, ob der aus der Realisierung eines Spekulationsgewinnes erwachsende Mehraufwand an Einkommensteuer sich einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung überhaupt als zugänglich erwiese. Fehlte es dem von der Beschwerdeführerin erhobenen Begehren auf Berücksichtung außergewöhnlicher Belastungen für das Jahr 1995 schon am Vorliegen eines ihr im geltend gemachten Zusammenhang erachsenden Aufwandes in diesem Jahr, dann war das Begehren der Beschwerdeführerin rechtlich schon deshalb zum Scheitern verurteilt, was es entbehrlich macht, die naheliegende Frage zu untersuchen, inwiefern die bloße Mitteilung der Bank über die erfolgte Einräumung des Pfandrechtes auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin im Range der seinerzeitigen Anmerkung der beabsichtigten Verpfändung die von der Beschwerdeführerin in der Folge getätigten Wohnungsabverkäufe schon als zwangsläufig getätigt erkennen lassen könnte. Erst recht erübrigt sich eine Prüfung jener weiteren Gründe, aus denen die belangte Behörde das Begehren der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid abschlägig beschieden hatte.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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