VwGH 98/13/0075

VwGH98/13/007525.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerden der B Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Friedrich Bubla und Dr. Christian Falkner, Rechtsanwälte in Baden, Biondekgasse 4, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom 11. März 1998, 1) (Berufungssenat XI) zu GZ RV/058-06/09/97, betreffend Umsatzsteuer 1992 bis 1995, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1992 bis 1994 und Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer 1996 und Folgejahre, und 2) zu GZ RV/059-06/09/97, betreffend Kapitalertragsteuer 1992 bis 1994 sowie Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlung für Februar 1996, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §23 Z2;
EStG 1988 §23 Z2;
KStG §8 Abs1;
KStG §8 Abs2;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG 1988 §23 Z2;
KStG §8 Abs1;
KStG §8 Abs2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 30.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden GmbH, die ein Speditionsunternehmen betreibt, sind Manfred V. und Dr. Ivar W. je zur Hälfte beteiligt. Geschäftsführer ist Dr. Ivar W. Die Beschwerdeführerin ist auch Komplementärin der K. KG. Kommanditist der K. KG war die A. (später T.) GmbH. An dieser GmbH waren Manfred V. und Dr. Ivar W. ebenfalls je zur Hälfte beteiligt.

Im Bericht über eine über die Streitjahre vorgenommene Betriebsprüfung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin stelle ihre Fahrzeuge der K. KG gegen monatliche Verrechnung zur Verfügung. Hinsichtlich zweier Fahrzeuge, die der KG überlassen worden seien, seien keine entsprechenden Ausgangsrechnungen vorgefunden worden. Hiezu sei dem Prüfungsorgan mitgeteilt worden, es seien nur die Finanzierungskosten (Kreditrückzahlungen) plus allfälliger Instandhaltungsaufwendungen als Entgelt weiterverrechnet worden. Ab dem Zeitpunkt der "Ausbezahlung" der betreffenden Kredite seien die Fahrzeuge der K. KG kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Schriftliche Verträge seien darüber nicht geschlossen worden. Daraus habe das Prüfungsorgan den Schluss gezogen, dass die Fahrzeuge zum Selbstkostenpreis ohne Gewinnaufschlag bzw nach "Ablauf" der Finanzierungskosten kostenlos weitervermietet worden seien. Dieser Vorgang sei nicht fremdüblich. Die Beschwerdeführerin erhalte als Komplementär der K. KG einen fixen Betrag für die Geschäftsführung. Es würden somit ausschließlich der Kommanditist bzw dessen Gesellschafter Manfred V. und Dr. Ivar W. begünstigt.

Diese Begünstigung der Gesellschafter wurde vom Prüfer als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen. Der Prüfer ging von einem Preis (für die Nutzung der Fahrzeuge) von S 2,-- pro Kilometer aus. Weiters rechnete der Prüfer einen fixen Betrag für die Anhänger von jährlich S 12.000,-- zu. Als verdeckte Ausschüttung wurden für 1992 S 395.520,--, für 1993 von S 377.280,-- und für 1994 von S 264.720,-- ermittelt. Umsatzsteuerlich wurden die verdeckten Ausschüttungen als Eigenverbrauch behandelt.

In der Berufung gegen die nach der Prüfung erlassenen Bescheide wurde ausgeführt, eine verdeckte Ausschüttung zu Gunsten der Gesellschafter der T. GmbH könne schon deswegen nicht angenommen werden, weil der Einkommensverzicht auf Seiten der Beschwerdeführerin nicht zu Gunsten dieser Gesellschafter, sondern allenfalls zu Gunsten der KG vorgenommen worden sei. Eine direkte Leistungsbeziehung zwischen der Beschwerdeführerin und deren Gesellschaftern des Kommanditisten sei nicht vorgelegen. Weiters wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei an der K. KG als bloße Arbeitsgesellschafterin beteiligt, hafte aber mit ihrem gesamten Vermögen. Aus dieser Stellung als Arbeitsgesellschafterin ergebe sich die Verpflichtung, etwaige Betriebsmittel der KG zur Verfügung zu stellen. Diese Vorgangsweise sei nicht nur fremdüblich, sondern unter kaufmännischen Gesichtspunkten geradezu zwingend. Eine überhöhte Verrechnung von Mietentgelten würde letztlich dazu führen, dass sich etwaige Verluste auf der Ebene der KG dahin auswirken würden, dass für diese der Komplementär einzustehen hätte. Die KG habe 1992 einen Verlust von S 2,314.595,--, 1993 einen solchen von S 4,653.385,-- und 1994 einen solchen von S 1,597.119,-- erlitten. Für diese Verluste hafte die Beschwerdeführerin. Bei der Verrechnung weiterer Mietentgelte wären weitere Verluste aufgelaufen. Bei einer solchen Konstellation könne von einem auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentschluss keine Rede sein. Im Gesellschaftsvertrag der KG werde ausdrücklich geregelt, dass die den Gesellschaftern zukommenden allfälligen Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern als Betriebsausgaben der Gesellschaft zu verbuchen seien. Es könnten daher der Gesellschaft Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlassen werden, ohne dass notwendigerweise eine Vergütung gewährt wird.

Da die Gesellschaft ausschließlich erhebliche Verluste erwirtschaftet habe, könne keine "Gewinnausschüttung" angenommen werden. Eine solche setze einen geldwerten Vorteil voraus. Dieser sei auszuschließen, wenn dem Empfänger durch die Verlustabdeckung ein gleich hoher Nachteil gegenüberstehe. Die Berechnung der verdeckten Ausschüttung sei auch deswegen verfehlt, weil die zugerechnete Umsatzsteuer unter keinen Umständen als Vorteilsgewährung angesehen werden könne.

Die Überlassung der Fahrzeuge sei als Ausfluss der gesellschaftlichen Stellung der Beschwerdeführerin zu sehen. Die K. KG stehe in so enger gesellschaftsrechtlicher und wirtschaftlicher Verbindung zur Beschwerdeführerin, dass von einer Verwendung der Fahrzeuge "außerhalb" des Unternehmens nicht gesprochen werden könne. Vielmehr liege die Annahme eines nicht steuerbaren Innenumsatzes nahe. Überdies seien die Fahrzeuge zu 75 % im Ausland verwendet worden. Ein Eigenverbrauch könnte aber lediglich insoweit angenommen werden, als die Fahrtzeuge im Inland verwendet worden seien. Ein steuerbarer Vorgang für 1995 bzw 1996 scheide schließlich deswegen aus, weil das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W 751.211 bereits im Juni 1994 abgemeldet worden sei.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich Umsatzsteuer 1995 teilweise Folge; im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung des Bescheides ging die belangte Behörde in einer grafischen Darstellung der Beteiligungsverhältnisse davon aus, dass Manfred V. und Dr. Ivar W. Kommanditisten der KG seien. Im Übrigen beschränkte sich die belangte Behörde - abgesehen von der Wiedergabe der Ausführungen des Prüfers und der Beschwerdeführerin sowie einigen Rechtsausführungen - auf die Aussage, die Beschwerdeführerin habe bewusst durch "Nichtverrechnung von Mieteinnahmen" Einnahmen verkürzt und somit die Besteuerungsgrundlage vermindert. Eine fast kostenlose Überlassung von Wirtschaftsgütern an eine Drittfirma widerspreche jeder Lebenserfahrung und sei nur durch die gegenständliche Personenidentität der Gesellschafter erklärbar. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich Umsatzsteuervorauszahlung für Februar 1996 teilweise Folge und wies die Berufung ansonsten ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die im Hinblick auf ihren persönlichen und sachlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Annahme einer verdeckten Ausschüttung insbesondere ein, dass der von den Abgabenbehörden angenommene Einkommensverzicht nicht zu Gunsten der Gesellschafter des Kommanditisten (der T. GmbH), sondern allenfalls zu Gunsten der Kommanditgesellschaft erfolgt ist. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin im Ergebnis zutreffend auf, dass die Merkmale einer verdeckten Ausschüttung im Beschwerdefall nicht gegeben sind:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. November 1993, Zl. 89/14/0174, ausgesprochen, dass das wirtschaftliche Engagement einer Komplementär-GmbH, die ihrer KG notwendige Geldmittel zur Verfügung stellt, im betrieblichen Interesse der GmbH erfolgte, also nicht nur aus der Nahebeziehung zu ihren Gesellschaftern, die ebenfalls an der KG beteiligt waren, erklärbar gewesen sei. Die Vorgangsweise der GmbH habe ihre Erklärung ausschließlich in ihrer betrieblich orientierten Rechtsbeziehung zur KG und nicht bloß in ihrem gesellschaftlich orientierten Verhältnis zu ihren eigenen Gesellschaftern finden können. Nichts anderes kann im vorliegenden Beschwerdefall gelten. Zu Recht hat die Beschwerdeführerin in ihrem umfangreichen Vorbringen im Verwaltungsverfahren - mit dem sich die belangte Behörde in keiner Weise auseinander gesetzt hat - darauf hingewiesen, dass die Überlassung der in Rede stehenden Fahrzeuge auf Grund ihrer Stellung als Komplementär der Kommanditgesellschaft erfolgt ist. Im Beschwerdefall kommt dabei noch dazu, dass im Hinblick auf die hohen Verluste der Kommanditgesellschaft eine Vorteilszuwendung an die Gesellschafter der Kommandit-GmbH tatsächlich ausgeschlossen war, da als Haftender für die Verluste der Kommanditgesellschaft wiederum die Beschwerdeführerin allein in Betracht kam. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, lagen die Voraussetzungen für die Annahme einer verdeckten Ausschüttung nicht vor.

Da die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide somit mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet hat, erübrigte es sich näher darauf einzugehen, dass die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden hinsichtlich der Person des Kommanditisten von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, dass sie für die Annahme einer verdeckten Ausschüttung in Wahrheit keine Begründung geliefert hat und dass sie sich mit dem umfangreichen Berufungsvorbringen - auch aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht - in keiner Weise auseinander gesetzt hat. Mit diesen Begründungsmängeln hat sich die belangte Behörde über die Grundsätze eines geordneten Verwaltungsverfahrens hinweggesetzt, was aber im Hinblick auf die zu Tage tretende inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide dahin stehen konnte.

Die angefochtenen Bescheide waren somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Oktober 2000

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