VwGH 98/13/0023

VwGH98/13/002329.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der E L Ges.m.b.H. in F, vertreten durch Dr. Walter Hatvagner, Rechtsanwalt in Oberwart, Schulgasse 11, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Güssing vom 9. Februar 1996, Zl. 02/04/8/02- 1996, betreffend Kommunalsteuer für den Zeitraum 1.1. bis 30.9.1994, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BAO §167 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BAO §167 Abs2;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde H. wurde der beschwerdeführenden GmbH, die das Güterbeförderungsgewerbe mit Kraftfahrzeugen sowohl im Fern- als auch im Nahbereich betreibt, für den Zeitraum 1. Jänner bis 30. September 1994 Kommunalsteuer einschließlich 2 % Säumniszuschlag im Gesamtausmaß von rund S 70.000,-- vorgeschrieben.

Eine dagegen erhobene Berufung wurde vom Gemeinderat der Gemeinde H. abgewiesen. In der Berufung war im Wesentlichen vorgebracht worden, dass die Beschwerdeführerin in der Gemeinde H. über keine Betriebsstätte verfüge, insbesondere würde weder ein Büro noch eine Garage, noch eine Werkstätte unterhalten, noch würden Lastkraftwagen auf hiezu vorgesehenen und bewilligten ständigen Parkplätzen abgestellt. Es bestehe keine feste örtliche Anlage oder Einrichtung, über welche die Beschwerdeführerin in der Gemeinde verfügen könne. Über Betriebsstätten verfüge die Beschwerdeführerin nur in den Gemeinden F. und R. Auf die Jahre zurückliegenden Anmeldungen bei der Gebietskrankenkasse stütze sich die Gemeinde zu Unrecht.

Einer Vorstellung an die Bezirkshauptmannschaft gab diese mit dem angefochtenen Bescheid ebenfalls keine Folge. Über Anfrage der Vorstellungsbehörde habe die Gebietskrankenkasse eine Aufstellung der in der GmbH gemeldeten Dienstnehmer übermittelt. Hieraus sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 1994 am angeführten Standort zwischen 14 und 17 Arbeitnehmer gemeldet habe. Unbestritten bleibe, dass die Beschwerdeführerin in der Gemeinde H. eine weitere Betriebsstätte im Sinn der Gewerbeordnung 1994 betreibe bzw. betrieben habe. Die Beschwerdeführerin habe zwar darauf hingewiesen, dass das Bestehen einer Gewerbeberechtigung auf einer bestimmten Adresse mit der Existenz einer Betriebsstätte gemäß der BAO bzw. dem Kommunalsteuergesetz nicht gleich bedeutend sei, hiezu sei jedoch auszuführen, dass § 4 Abs. 1 2.Satz des Kommunalsteuergesetzes 1993 ausdrücklich die sinngemäße Anwendung der §§ 29 Abs 2 und 30 BAO vorsehe. Auch nach § 29 Abs. 1 BAO sei jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes diene, als Betriebsstätte im Sinn der Abgabenvorschriften anzusehen. Gemäß § 29 Abs. 2 lit. b BAO gälten als Betriebsstätten insbesondere Geschäftsstellen und sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung seines Gewerbes dienten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Oktober 1994, Zl. 1876, u.a. ausgeführt habe, sei für eine örtlich gebundene Einrichtung eine eigene Baulichkeit nicht unbedingt erforderlich, was insbesondere für Einrichtungen im Freien, wie

z. B. Kraftfahrzeugabstellplätze oder sonstige Abstellplätze gelte. Im gegenständlichen Fall sei "somit" vom Vorliegen einer Betriebsstätte der Beschwerdeführerin in der Gemeinde H. auszugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Bescheides u.a. erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt worden ist und aus welchen Erwägungen die Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt. Es muss also jener Sachverhalt angeführt sein, den die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt, und weiters die Darstellung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung erfolgen, wobei auf das Vorbringen des Abgabepflichtigen im Verwaltungsverfahren beider Instanzen sachverhaltsbezogen im Einzelnen eingehend jene Erwägungen darzustellen sind, welche die belangte Behörde bewogen haben, einen anderen als den vom Abgabepflichtigen behaupteten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen (vgl im Einzelnen das hg Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200).

Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmung des § 4 Abs 1 1.Satz KommStG gilt als Betriebsstätte jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die mittelbar oder unmittelbar der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit dient. Unter Berücksichtigung eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes, wonach für das Vorliegen einer Betriebsstätte im Sinn der insofern vergleichbaren Bestimmung des § 29 Abs. 1 BAO als örtlich gebundene Einrichtung eine eigene Baulichkeit nicht unbedingt erforderlich sei, was insbesondere für Einrichtungen im Freien, wie z.B. Kraftfahrzeugabstellplätze oder sonstige Abstellplätze gelte, schließt die belangte Behörde in der Folge ohne weitere Auseinandersetzung mit dem ausdrücklichen Berufungsvorbringen, wonach die Beschwerdeführerin in der Gemeinde H. über eine feste örtliche Anlage oder Einrichtung und auch über entsprechende Abstellplätze nicht verfüge, auf das Vorliegen einer Betriebsstätte.

Dass damit die Begründung des angefochtenen Bescheides den beschriebenen Anforderungen an eine Bescheidbegründung in keiner Weise entspricht, bedarf keiner näheren Erörterung. Der Begründungsmangel ist auch wesentlich, weil der Beschwerdeführerin für den Fall, dass sie - ihrem Vorbringen entsprechend - in der Gemeinde H. über keine Betriebsstätte verfügte, eine entsprechende Kommunalsteuer zu Unrecht vorgeschrieben worden wäre. Der Versuch der belangten Behörde, die diesbezügliche Begründungslücke des angefochtenen Bescheides in der Gegenschrift zu schließen, kann die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht mehr sanieren. Im Übrigen sind aber auch die in der Gegenschrift angestellten Überlegungen der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin hätte über eine Betriebsstätte in der Gemeinde H. verfügen müssen, weil der Konzessionsinhaber vor der Kraftfahrbehörde einen Standort in der Gemeinde H. als jenen Ort bezeichnet habe, von dem aus über die angemeldeten Kraftfahrzeuge hauptsächlich verfügt worden sei (andernfalls wäre eine Zulassung bei der Kraftfahrbehörde gar nicht möglich gewesen), nicht geeignet, hinsichtlich des Zeitraumes, für welchen die strittige Kommunalsteuer vorgeschrieben wurde, eine tatsächlich bestehende Betriebsstätte schlüssig zu begründen, zumal die belangte Behörde völlig offen lässt, wann die Anmeldungen der Kraftfahrzeuge erfolgt wären. Ähnliches gilt für die Überlegung, dass für den Fall, dass die Beschwerdeführerin über die erforderlichen Abstellplätze außerhalb von Straßen mit öffentlichen Verkehr nicht (mehr) hätte verfügen können, die Konzession zu entziehen gewesen wäre. Der Umstand, dass die (nach der Aktenlage) in früheren Jahren bewilligte Konzession allenfalls nicht entzogen wurde, erlaubt nämlich keine dahingehende schlüssige Folgerung, dass entsprechende Abstellplätze im maßgebenden Zeitraum tatsächlich (noch) bestanden haben.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. November 2000

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