Normen
LKUFG OÖ 1983 §25 Abs1;
LKUFG OÖ 1983 §25 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die OÖ Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1929 geborene Beschwerdeführer steht als Hauptschulhauptlehrer i. R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Land Oberösterreich.
Mit Bescheid des Verwaltungsrates der OÖ Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge (in der Folge kurz: LKUF) vom 17. April 1989 wurde ein Unfall, den der Beschwerdeführer am 27. September 1987 (im aktiven Dienst) erlitten hatte, als Dienstunfall anerkannt und es wurde ihm, soweit vorliegendenfalls erheblich, für die Folgen dieses Unfalles ab 1. Jänner 1989 eine Dauerrente im Ausmaß von 25 % der Vollrente gewährt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, nach der am 30. Jänner 1989 von Dr. S vorgenommenen Untersuchung bestehe als Folge nach diesem Dienstunfall eine Gangstörung mit dem rechten Bein, ausgelöst durch eine Bewegungseinschränkung der Zehen und Sprunggelenke, Schwellneigung des rechten Beines am Oberschenkel und es sei die Erwerbsfähigkeit durch die Verletzungsfolge um 25 % herabgesetzt. Dieses Gutachten werde als entsprechend begründet und schlüssig erachtet und habe somit der Entscheidung zugrundegelegt werden können.
In weiterer Folge kam es im Jahr 1997 zu einer Nachuntersuchung des Beschwerdeführers. Der Gutachter Dr. G kam in seinem Gutachten vom 21. März 1997 zur Beurteilung, als Folgen des Unfalles vom 27. September 1987 seien verblieben:
- 1. geringgradige, endlagige Bewegungseinschränkungen am unteren Sprunggelenk
- 2. zeitweilig auftretende, belastungsabhängige Schmerzen, und
- 3. eine glaubhafte, zeitweilige Schwellneigung.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werde vom Sachverständigen mit 10 % eingeschätzt.
Der Beschwerdeführer äußerte sich zu diesem Gutachten nicht.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 24. April 1997 wurde dem Beschwerdeführer die für die Folgen des Dienstunfalles vom 27. September 1987 bisher gewährte Versehrtenrente in Höhe von 25 % der Vollrente ab 1. Mai 1997, gestützt auf § 25 Abs. 1 des Gesetzes über die OÖ Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorge (OÖ LKUFG), entzogen, was unter Hinweis auf das Gutachten vom 21. März 1997 begründet wurde.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig mit einem mit "9. April 1997" (richtig wohl: 9. Mai 1997) datierten Schriftsatz Berufung.
In den Verwaltungsakten befindet sich eine Stellungnahme des Facharztes für Unfallchirurgie Dr. K. an die belangte Behörde, in welcher sich dieser Arzt mit dem Berufungsvorbringen auseinander setzt. Es heißt dort ua., die auf Seite 6 des Gutachtens angegebene Notierung der Gelenksmessung von S 0-5-35 sei irreführend und werde durch mehrere Aussagen des Gutachtens widerlegt. Wahrscheinlich handle es sich hier um einen Schreibfehler und es sollte S 5-0-35 heißen. Die Notierung S 0-5-35 bedeute, dass der Fuß in leichter Plantarflexion fixiert und nur fußsohlenwärts bewegt werden könne. Die Folgen seien oder wären schmerzhafte Gangstörungen, die Unmöglichkeit der tiefen Hocke, aber auch die Entwicklung von Knie-, Hüft- und Wirbelsäulenerkrankungen. Dieser Punkt des Gutachtens solle daher geklärt werden.
Die belangte Behörde veranlasste gemäß der Empfehlung Dris. K eine röntgenologische Untersuchung des Beschwerdeführers und ersuchte sodann den Sachverständigen Dr. G im Sinne der Ausführungen Dris. K um eine entsprechende Aufklärung. Der Sachverständige führte aus, es handle sich nicht um einen Schreibfehler und begründete dies damit, der untersuchende Arzt sei praktisch immer auch von der entsprechenden Bereitschaft und Mitarbeit des zu Untersuchenden abhängig, was bedeute, dass ermittelte Messergebnisse sehr oft nur relative Daten ohne Anspruch auf absolute Richtigkeit seien (wurde näher ausgeführt). Oft seien Bewegungsausmaße unglaubwürdig und dennoch würden sie schriftlich festgehalten. Die in der Folge erstellte Einschätzung resultiere aus der Summe der erhobenen Parameter und dem klinischen Erscheinungsbild.
Mit Erledigung vom 7. April 1998 wurde der Sachverständige Dr. G von der belangten Behörde unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um eine ergänzende Begutachtung zur Frage der tatsächlichen Änderung der Verhältnisse (im Vergleich zu jenen, die dem Bescheid vom 17. April 1989 zugrundelagen) ersucht. Im ergänzenden Gutachten vom 1. Mai 1998 bejahte der Sachverständige mit näherer Begründung eine solche Änderung und verblieb bei seiner Beurteilung (Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 %).
Der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer nahm zu diesem Gutachten unter Vorlage des Gutachtens des Facharztes für Unfallchirurgie (und Allgemein gerichtlich beeideten Sachverständigen) Dr. P S vom 7. Juli 1998 ablehnend Stellung. Der Sachverständige Dr. P S setzte sich mit den ihm vorliegenden Befunden (darunter auch dem Gutachten Dris. G) auseinander und kam dementgegen zur Beurteilung, dass keine wesentliche Besserung der Unfallfolgen eingetreten sei, die es rechtfertigen würde, die Minderung der Erwerbsfähigkeit neu einzuschätzen. In diesem Gutachten heißt es unter anderem, "nach der Unfallrente von Krösl und Herbert Kristen wird angeführt", dass eine belastungsabhängige schmerzhafte Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % zu bemessen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.
Nach einer zusammengefassten Darstellung des Verfahrensganges wird ein Vergleich der Gutachten Dris. S aus dem Jahr 1989, Dris. G aus dem Jahr 1997 und Dris. P S aus dem Jahr 1998 in neun Punkten vorgenommen. Dazu heißt es, der Gang habe sich im Lauf der Zeit gebessert, was sowohl von Dr. G als auch von Dr. P S bestätigt werde. Die offensichtliche Abflussstauung (posttraumatisch häufig) habe sich sowohl für Dr. G als auch Dr. P S wesentlich gebessert bis vollständig zurückgebildet. Die gering vermehrte Venenzeichnung am Unterschenkel sei bei einem 69-jährigen Mann eigentlich ein Normalbefund. Da dieser Befund beidseits erhoben worden sei, sei der Unfall dafür nicht als kausal anzusehen. Die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk habe sich im Vergleich von Dr. S und Dr. G in Bezug auf Aufwärtsbewegung um 10 Grad verschlechtert, was eine Gangstörung und die Unmöglichkeit der tiefen Hocke bedingen würde. Bis zur Untersuchung durch Dr. P S sei jedoch wieder eine deutliche Verbesserung um 10 Grad zur Streckseite eingetreten. Zwischen den Gutachten Dris. G und Dris. S sei eine deutliche Verbesserung des Befundes insofern eingetreten, als der Beschwerdeführer bei Dr. G 100 Grad (Kniegelenksbeugung) in die tiefe Hocke habe gehen können, bei Dr. P S jedoch 130 Grad , ohne die Fersen von der Unterlage abzuheben. Dies bedinge "automatisch eine Dorsalflexion im oberen Sprunggelenk von deutlich mehr als 5 Grad ". Darüber hinaus beschreibe Dr. P S den Zehenballengang als beidseits durchführbar. Somit sei auch eine weitere Plantarflexion als 30 Grad sehr wahrscheinlich. Die Abnahme der Wadenumfänge sei bei einem älteren Menschen normal. Der Unterschied von 1 cm zwischen links und rechts sei zu gering, um wirklich krankhafte Ursachen annehmen zu können. Der Unterschied von nur 1 cm spreche eher dafür, dass beide Beine annähernd gleich belastet und gebraucht würden. Eine weitere von Dr. PS beschriebene Veränderung sei nicht auf den Unfall zurückzuführen, erkläre aber die Beschwerden des Beschwerdeführers.
Es lägen somit tatsächliche Änderungen im Verhältnis zur seinerzeitigen Beeinträchtigung vor, welche eine Neufestsetzung der Rente rechtfertigten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, setzte die ausgesprochene Entziehung der Versehrtenrente eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, also eine wesentliche Besserung im Leidenszustand gegenüber dem Zeitpunkt der letzten Entscheidung über den Rentenanspruch voraus (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1998. Zl. 97/12/0380), was vom Beschwerdeführer auch nicht in Zweifel gezogen wird. Er bringt aber der Sache nach vor, dass die belangte Behörde zu dieser Auffassung infolge eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der unschlüssigen Beurteilung des Sachverständigen Dr. G, gelangt sei. In diesem Zusammenhang führt der Beschwerdeführer unter anderem aus, die belangte Behörde lasse in ihrem Bescheid eine Begründung vermissen, weshalb der Sachverständige Dr. P S in seinem Gutachten unter Anführung einschlägiger Literatur die Einschätzung zum derzeitigen Zustand mit 20 % vornehme und der Sachverständige Dr. G mit 10 %. Dr. G hingegen habe es unterlassen, seine Einschätzung näher zu begründen.
Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer jedenfalls im Ergebnis im Recht. Der Sachverständige Dr. G kam in seinem Gutachten vom 21. März 1997 zur Beurteilung, als Unfallfolgen seien unter anderem "zeitweilig auftretende, belastungsabhängige Schmerzen" verblieben. Er schätze die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit (insgesamt) 10 % ein (was nicht näher begründet wurde). Dr. P S kam in seinem Gutachten vom 7. Juli 1998 zum Ergebnis, unfallabhängig bestünden unter anderem "belastungsabhängige Schmerzen im rechten Sprunggelenk". Er verwies darauf, dass nach den "Rentensätzen nach Krösl und Kristen" eine belastungsabhängige schmerzhafte Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % zu bemessen sei. Zur Frage des zeitlichen Auftretens derartiger Schmerzen (etwa zeitweise, häufig uam.) äußerte er sich in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich (im Befund heißt es allerdings, wohl in Wiedergabe der Ausführungen des Beschwerdeführers, dieser habe zeitweise, insbesondere bei Belastung, beim längeren Gehen oder Stehen Schmerzen im rechten Sprunggelenk). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes besteht diesbezüglich ein möglicher Widerspruch, der aufzuklären gewesen wäre. Jedenfalls hätte sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, in welcher sie im Übrigen erkennbar ein medizinisches Fachwissen verwertet hat, dessen Quelle aktenmäßig nicht feststellbar ist, damit auseinander setzen müssen. Aber auch dann, wenn die durch Dr. G vorgenommene Beurteilung von Art und Beschaffenheit der unfallkausalen Folgen zutreffend sein sollte (was, wie gesagt, noch nicht abschließend gesagt werden kann), bedürfte das von ihm angenommene Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit vor dem Hintergrund der Einwände des Beschwerdeführers einer näheren Begründung.
Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid - schon deshalb - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ohne Auseinandersetzung mit dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. Juli 1999
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)