Normen
TierärzteG 1975 §17 Abs1 idF 1995/476;
UWG 1984 §1;
UWG 1984 §2;
UWG 1984 §9a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
TierärzteG 1975 §17 Abs1 idF 1995/476;
UWG 1984 §1;
UWG 1984 §2;
UWG 1984 §9a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeskammer der Tierärzte Österreichs hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 8. Juli 1998 erkannte die Disziplinarkommission bei der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs den Beschwerdeführer für schuldig, er habe in einem näher genannten Gutscheinheftchen die Tierbesitzer irreführende Angaben durch das "Kombi-Angebot"
"Gesundheits-Check für Katzen,
Katzenschnupfen+Katzenseuche-Impfung,
Leukose-Impfung
FIP-Impfung (Infekt. Bauchfellentzündung) oder
Tollwut-Impfung
+ 3 kg IAMS Katzennahrung
zum Kennenlernen um S 550,--"
gemacht, wobei er diese Heftchen in den Jahren 1996 und 1997 bei Hunde- und Katzenausstellungen in Tulln (im Oktober 1996), Wiener Neustadt, Tulln und Biedermannsdorf (1997) zur Abgabe an interessierte Tierbesitzer aufgelegt habe. Er habe hiedurch im Zusammenhang mit der Ausübung seines tierärztlichen Berufes eine irreführende, gegen § 17 Abs. 1 des Tierärztegesetzes verstoßende Werbung veranlasst und sich eines des tierärztlichen Berufsstandes unwürdigen Verhaltens nach § 53 Abs. 1 des Tierärztegesetzes schuldig gemacht. Er werde hiefür gemäß § 59 Abs. 1 Z 2 des Tierärztegesetzes mit einer Geldstrafe von S 15.000,-- bestraft, wobei gemäß § 59 Abs. 4 leg. cit. diese Disziplinarstrafe bedingt unter Festsetzung einer Bewährungsfrist von drei Jahren verhängt werde. Überdies wurde ausgesprochen, der Beschwerdeführer habe gemäß § 60 des Tierärztegesetzes die mit S 16.552,25 bestimmten Kosten des Disziplinarverfahrens zu tragen. Hingegen wurde der Beschwerdeführer vom weiteren Vorwurf, er habe darüber hinaus die Gestaltung dieses Gutscheinheftchens in unsachlicher und marktschreierischer Art und Weise vorgenommen, seine Person (Klinik) durch reklamehaftes Herausstellen selbst angepriesen und darin weitere für die Tierbesitzer irreführende und wahrheitswidrige Angaben gemacht, frei gesprochen.
In der Begründung führte die Disziplinarkommission nach Wiedergabe des Inhalts des Gutscheinheftchens aus, bei der Aktion auf Seite 5 des Gutscheinheftchens, dem Gesundheits-Check für Katzen, habe man um den Preis von S 550,-- nicht alle vier Impfungen, sondern nur eine Impfung erhalten. Dies sei auch von niemandem missverstanden worden. Nach den die Werbemaßnahmen von Tierärzten regelnden Bestimmungen sei es an sich nicht zu beanstanden, wenn der Tierarzt durch das Auflegen von Heftchen mit Gutscheinen Tierbesitzer dazu animiere, Untersuchungen ihrer Tiere bei ihm vornehmen zu lassen. Derartige Maßnahmen dienten über eine Werbung für den betreffenden Tierarzt hinaus auch dazu, das Wissen der Tierhalter über die Notwendigkeit derartiger Untersuchungen zu stärken. Diese Heftchen seien bei Hunde- und Katzenausstellungen aufgelegt worden. Es sei somit gewährleistet gewesen, dass sie nur an daran interessierte Tierbesitzer abgegeben würden. Bei dieser Art der Auflage des Heftchens könne keine Rede davon sein, dass der Umfang der Werbeaktion ein solches Ausmaß angenommen hätte, dass diese eine nach § 17 Abs. 2 Z. 2 des Tierärztegesetzes verbotene Selbstanpreisung durch reklamehaftes Herausstellen der Person des Tierarztes oder seiner Leistungen darstellte. Eine Standeswidrigkeit einer derartigen Werbemaßnahme könne ebenfalls nicht angenommen werden, wobei bei der Beurteilung zu beachten sei, dass die Anschauung des Berufsstandes vor Inkrafttreten der nunmehr geltenden Rechtslage zur zulässigen Werbung nicht mehr herangezogen werden könne. Nur ein Teil des - an sich zulässigen - Gutscheinheftchens stelle eine irreführende und damit gegen § 17 Abs. 1 des Tierärztegesetzes verstoßende Werbung dar. Der Beschwerdeführer biete als "Gesundheits-Check" für Katzen eine Kombination einer (aus vier angebotenen Impfungen auszuwählenden) Impfung und 3 kg IAMS Katzennahrung an, ohne den Gesamtpreis von S 550,-- näher aufzuschlüsseln. Damit sei jedoch jeglicher Überprüfbarkeit entzogen, welcher Betrag auf die angebotene tierärztliche Leistung entfalle. Den Tierhaltern werde ein Vergleich mit den Honoraren anderer Tierärzte unmöglich gemacht. Durch eine derartige Werbemaßnahme erwecke der Beschwerdeführer den Anschein einer besonders günstigen Preisgestaltung, ohne dass eine Nachkalkulation möglich sei. Dieser Verstoß gemäß § 17 Abs. 1 des Tierärztegesetzes sei dem Beschwerdeführer auch subjektiv anzulasten, weil von einem Tierarzt zu verlangen sei, vor Durchführung einer derartigen Werbeaktion alle rechtlichen Aspekte eines Verstoßes gegen das Werbeverbot klar zu stellen. Bei der Strafbemessung sei erschwerend gewesen, dass der Beschwerdeführer bereits mit Erkenntnis der Disziplinarkommission vom 13. Oktober 1993 eines Verstoßes gegen das Werbeverbot schuldig erkannt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. In der Gegenschrift bezieht sich die belangte Behörde auf § 2 UWG und vertritt die Auffassung, bei der Beurteilung, wann eine Angabe zur Irreführung geeignet sei, komme es nach ständiger Rechtsprechung nicht darauf an, ob eine Angabe objektiv richtig sei oder nicht, sondern welchen Eindruck sie auf einen nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Publikums mache. Entscheidend sei, ob die Angabe nach ihrem Gesamteindruck bei flüchtiger Betrachtung durch einen Kunden mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit einen irrigen Eindruck erwecken könne. Dabei müsse der Werbende immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Durch die beanstandete Werbung werde im Beschwerdefall beim interessierten Tierhalter der Eindruck eines besonders preisgünstigen Angebots erweckt, ohne dass dies für ihn nachvollziehbar wäre. Auch der Beschwerdeführer müsse einräumen, dass den durch diese Werbung angesprochenen Tierhaltern eine Nachkalkulation, ob dieser Eindruck tatsächlich der Realität entspricht, keineswegs ohne weitere Erkundigungen möglich gewesen sei. In dieser Situation entspreche es durchaus der Lebenserfahrung, dass der Tierhalter ohne weitere Erhebungen nach diesem nach dem ersten Eindruck besonders günstigen Angebot greife. Mit einer irreführenden Angabe dürfe auch nicht für einen tatsächlich gebotenen Vorteil geworben werden. Die Irreführung betreffe das Anlocken von Kunden und die Erregung der Kauflust, nicht notwendig auch das Ergebnis des Kaufs (Hinweis auf Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht19, Rz 90 zu § 3 des deutschen UWG). Gerade dieser Fall sei hier gegeben. Gesetzeszweck des Verbotes bestimmter in § 17 des Tierärztegesetzes aufzählter Werbung sei nämlich nicht nur der Schutz der von der Werbung des Tierarztes angesprochenen Interessenten, sondern auch der Schutz der anderen Standesangehörigen, denen durch eine derartige Werbung ein Nachteil erwachse. Selbst dann, wenn sie ihre tierärztlichen Leistungen gleich günstig oder günstiger als der Beschwerdeführer erbrächten, seien sie damit konfrontiert, dass Tierhalter durch die von vornherein den Eindruck einer besonderen Günstigkeit erweckende Werbung des Beschwerdeführers ohne nähere Prüfung nicht ihre Leistungen, sondern diejenigen des Beschwerdeführers in Anspruch nähmen. Somit entspreche das Verhalten des Beschwerdeführers nicht den im tierärztlichen Stand einzuhaltenden Regeln.
Der Beschwerdeführer machte von seinem Recht nach § 36 Abs. 8 VwGG Gebrauch und erstattete zur Gegenschrift der belangten Behörde eine Äußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Im Beschwerdefall ist das Tierärztegesetz, BGBl. Nr. 16/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 476/1995 maßgeblich. Die einschlägigen Bestimmungen des Tierärztegesetzes lauteten in dieser Fassung (auszugsweise):
"§ 17. (1) Dem Tierarzt ist im Zusammenhang mit der Ausübung seines tierärztlichen Berufes jede unsachliche, wahrheitswidrige oder irreführende Werbung verboten.
(2) Unter das Werbeverbot gemäß Abs. 1 fallen insbesondere:
- 1. jede Werbung, die gemäß § 53 standeswidrig ist,
- 2. jede Selbstanpreisung durch reklamehaftes Herausstellen seiner Person oder seiner Leistungen;
- 3. jede vergleichende Bezugnahme auf Standesangehörige;
- 4. die Ankündigung tarifwidriger oder brieflicher Behandlung (Fernbehandlung);
5. für die Zuweisung von tierärztlichen Tätigkeiten an ihn oder durch ihn eine Vergütung zu versprechen, sich selbst oder einen anderen zusichern zu lassen, zu geben oder zu nehmen;
6. das Anbieten tierärztlicher Leistungen ohne Aufforderung durch den Tierhalter.
(3) Der Tierarzt darf weder veranlassen noch Beihilfe dazu leisten, dass verbotene Werbung für ihn durch Dritte, insbesondere durch Medien, durchgeführt wird.
...
§ 53. (1) Kammermitglieder, die sich eines des tierärztlichen Standes unwürdigen Verhaltens schuldig machen oder ihre Pflichten als Mitglieder der Kammer verletzen, begehen ein Disziplinarvergehen.
..."
2. Wie der Spruch des angefochtenen Bescheides zeigt, stützt die belangte Behörde die Bestrafung des Beschwerdeführers ausschließlich darauf, dass der Beschwerdeführer irreführende Werbung im Sinn des § 17 Abs. 1 des Tierärztegesetzes betrieben habe.
Das Tierärztegesetz enthält keine Definition der Wendung "irreführende Werbung". Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass (Werte)Angaben, die nicht einmal - im Sinne des § 2 UWG - zur Irreführung geeignet sind, jedenfalls keine irreführende Werbung gemäß § 17 Abs. 1 des Tierärztegesetzes darstellen. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, sind nach herrschender Auffassung Angaben zur Irreführung geeignet, wenn sie geeignet sind, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unrichtige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen (vgl. Schönherr/Wiltschek, UWG6 (1994), 20 (Anm. 11)), wobei eine Ankündigung schon dann gegen § 2 UWG verstößt, wenn sie nach ihrem Gesamteindruck bei flüchtiger Betrachtung durch einen Kunden mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit einen irrigen Eindruck erwecken kann (vgl. Schönherr/Wiltschek, aaO., 417 E 75 zu § 2 UWG; Kucsco, Österreichisches und europäisches Wettbewerbs-, Marken-, Muster- und Patentrecht4 (1995), 39). Damit ist jedoch für die belangte Behörde nichts gewonnen.
Beim von der belangten Behörde beanstandeten Angebot des Beschwerdeführers für einen "Gesundheits-Check" für Katzen handelt es sich nämlich um ein Koppelungsangebot, und zwar um eine so genannte verdeckte Koppelung von Leistungen und Waren (vgl. Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 (1997), 558 Rz 20f). Bei dieser Art der Koppelung werden die Einzelpreise der in einem Gesamtpreis aufscheinenden gekoppelten Waren und Leistungen nicht offen gelegt. Letzteres trifft im Beschwerdefall zumindest für den Preis für die Katzennahrung zu. Koppelungsgeschäfte werden von Lehre und Rechtsprechung freilich nicht als irreführende Werbung angesehen, sondern allenfalls aus dem Blickwinkel des § 9a UWG in Verbindung mit § 1 UWG auf Wettbewerbswidrigkeit untersucht (vgl. z.B. die bei Schönherr/Wiltschek, aaO., 359 E 1309 zu § 1 UWG angegebene Judikatur, wonach Koppelungsgeschäfte, die nicht unter das Zugabeverbot fallen, nur gegen § 1 UWG verstoßen, wenn sich aus besonderen Umständen ihre Sittenwidrigkeit ergibt; sowie Baumbach/Hefermehl22 (2001), 1020 Rz 88a zu § 3 des deutschen UWG, wonach bei Koppelungsangeboten dieser Paragraph nicht greife). Auch die österreichische wettbewerbsrechtliche Judikatur behandelt Koppelungsangebote - sofern nicht, worauf sich die belangte Behörde aber im Beschwerdefall nicht stützt, die äußere Gestaltung des Angebots ihrerseits gegen § 2 UWG verstößt - nicht unter dem Aspekt der Irreführung.
Legt man dieses wettbewerbsrechtliche Verständnis von irreführender Werbung, welches der Gesetzgeber anlässlich der Schaffung des § 17 des Tierärztegesetzes durch die Novelle BGBl. Nr. 476/1995 bereits vorgefunden hat, dem Beschwerdefall zu Grunde, so erweist sich die rechtliche Qualifikation des Verhaltens des Beschwerdeführers als Durchführung irreführender Werbung als rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1. VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 25. Februar 2003
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)