VwGH 98/11/0202

VwGH98/11/020217.12.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des J in A, vertreten durch Dr. Wolfgang Tschurtschenthaler, Rechtsanwalt in Reith bei Seefeld, Lus 87, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. Juli 1998, Zl. IIb2-3-7-1-233/1, betreffend Beibringung eines ärztlichen Gutachtens, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §24 Abs4;
FSG 1997 §26 Abs5 idF 1998/I/002;
KDV 1967 §30 Abs1 Z1;
KDV 1967 §31;
KFG 1967 §65 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs2;
VwRallg;
FSG 1997 §24 Abs4;
FSG 1997 §26 Abs5 idF 1998/I/002;
KDV 1967 §30 Abs1 Z1;
KDV 1967 §31;
KFG 1967 §65 Abs2;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 10. Juni 1998 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, "binnen vier Monaten ab Zustellung dieses Bescheides ein positives amtsärztliches Gutachten beizubringen". Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Verletzung von Grund- und Freiheitsrechten geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist zunächst, daß die Geltendmachung der Verletzung von Grund- und Freiheitsrechten in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde verfehlt ist. Gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ist der Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung von Bescheiden unter diesem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt zuständig, woraus sich gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG die diesbezügliche Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ergibt (vgl. dazu auch die in Art. 144 Abs. 3 B-VG definierte Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes nach Abtretung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof auf die Verletzung "in einem sonstigen Recht").

Vorauszuschicken ist ferner, daß die Bestätigung des Erstbescheides durch die belangte Behörde als Berufungsbehörde ohne Änderung des Spruchwortlautes insofern verfehlt war, als im Erstbescheid - überflüssigerweise - die Viermonatsfrist zur Beibringung des Gutachtens verfügt und - fälschlicherweise - auf die Zustellung des Bescheides statt auf seine Rechtskraft abgestellt wurde. Die belangte Behörde als Berufungsbehörde hätte dem durch entsprechende Änderungen des Spruches Rechnung tragen müssen, indem sie entweder die Verfügung einer Frist zur Gänze eliminiert (die Sanktion für die Nichtbefolgung der Aufforderung ist auch in Ansehung der Frist in § 26 Abs. 5 des Führerscheingesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 2/1998 geregelt) oder der Gesetzeslage entsprechend abändert. Da aber die Sanktion der Entziehung der Lenkerberechtigung vor Ablauf der Viermonatsfrist ab Rechtskraft der Aufforderung nicht verhängt werden darf, kommt der in Rede stehenden Gesetzwidrigkeit des Spruches im gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung zu (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0120).

Gemäß § 24 Abs. 4 FSG ist vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten einzuholen. Gemäß § 26 Abs. 5 FSG ist einem Besitzer einer Lenkberechtigung diese Berechtigung jedenfalls bis zur Beibringung der Gutachten zu entziehen, wenn er einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, Gutachten gemäß § 24 Abs. 4 beizubringen, innerhalb von vier Monaten nach Zustellung des Bescheides keine Folge leistet.

Anlaß für die Verfügung der Aufforderung war ein "Vorfallenheitsbericht" des Landesgendarmeriekommandos für Tirol an die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck vom 15. Mai 1998, in dem davon die Rede ist, daß u.a. der Beschwerdeführer dringend einer psychiatrischen Behandlung bedürfe, weil er eine Gefahr für sich und andere darstelle und in seinem Verfolgungswahn mit dem Schlimmsten gerechnet werden müsse. Ein weiteres Schreiben des Beschwerdeführers an die Oberstaatsanwaltschaft, auf das sich die Begründung des angefochtenen Bescheides ebenfalls bezieht, erliegt nicht im Akt; die Richtigkeit der in der Begründung wiedergegebenen sprachlichen Wendungen wird aber vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die Kriminalbeamten, die den "Vorfallenheitsbericht" verfaßt haben, seine psychische Befindlichkeit mangels entsprechender Qualifikation nicht hätten einschätzen können. Nicht er, sondern seine Ehefrau sei in ein psychiatrisches Krankenhaus eingeliefert worden. Er verfüge seit über 31 Jahren über eine Lenkerberechtigung, diese sei ihm nie wegen eines Vergehens im Straßenverkehr entzogen worden. Er sei unfallfrei gefahren und habe nie ein Alkoholdelikt begangen. Den an seine Ehefrau ergangenen Aufforderungsbescheid habe die Behörde aufheben müssen.

Zunächst ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß es nicht um seine Verkehrszuverlässigkeit geht. Das von ihm hervorgehobene Fehlen von Bestrafungen wegen Verkehrsdelikten und seine Unfallfreiheit sind angesichts der von den Behörden artikulierten Zweifel an seiner gesundheitlichen, insbesondere seiner geistigen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht von Bedeutung.

Des weiteren ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß es nicht allein die Meinungen der Kriminalbeamten des Landesgendarmeriekommandos Tirol über seinen Gesundheitszustand waren, die die in Rede stehenden behördlichen Zweifel ausgelöst haben, sondern die geschilderten Verhaltensweisen und Äußerungen des Beschwerdeführers, wie sie teils in schriftlicher Form direkt vorliegen, teils von den Kriminalbeamten in einer Niederschrift wiedergegeben werden. Diese sind aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus geeignet, begründete Zweifel an der geistigen Gesundheit des Beschwerdeführers zu begründen, lassen sie doch die Neigung des Beschwerdeführers erkennen, sich ohne objektiv nachvollziehbare Ursachen und Gründe bedroht, beschattet oder ausspioniert zu fühlen und einen Todesfall mit diesen Bedrohungen durch "Unterwelt und Mafia" in Verbindung zu bringen. Dies legt den Verdacht des Vorliegens krankhafter (paranoider) Erscheinungsbilder nahe. Eine solche geistige Erkrankung kann aber Auswirkungen auf die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen haben (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1990, Zl. 89/11/0124, 0299, und vom 15. Jänner 1991, Zl. 90/11/0087). Ob diese Zweifel letztlich zu Recht bestanden haben und bejahendenfalls dieser Umstand für das Lenken von Kraftfahrzeugen von Bedeutung ist, wird zu prüfen sein, wenn der Beschwerdeführer der Aufforderung nachkommt.

Bemerkt wird, daß der an die Ehefrau des Beschwerdeführers ergangene Aufforderungsbescheid nicht infolge einer Verwechslung mit ihm, sondern deswegen aufgehoben wurde, weil sie gar keine Lenkerberechtigung hat.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 41671994.

Wien, am 17. Dezember 1998

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