VwGH 98/11/0040

VwGH98/11/00409.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernhard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des J M in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 17. Dezember 1997, Zl. 949.159/5-7/97, betreffend Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der nach dem Behinderteneinstellungsgesetz begünstigten Behinderten, zu Recht erkannt:

Normen

BEinstG §2 Abs1;
BEinstG §2 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom 25. April 1996 begehrte der (im Jahr 1945 geborene) Beschwerdeführer die Feststellung seiner Zugehörigkeit zum Kreis der nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) begünstigten Behinderten.

Das Bundessozialamt Steiermark holte das Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen ein, in dem dieser unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde und des bei der Untersuchung erhobenen Befundes ausführte, es lägen abnützungsbedingte Veränderungen entlang der Wirbelsäule (Richtsatzposition 190) vor, die die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 30 % rechtfertigten, weiters Arthrose in großen Gelenken (Richtsatzposition 418, 20 % Minderung) und Gicht (Richtsatzposition 383, 20 % Minderung). Unter Berücksichtigung aller erkennbaren und festgestellten Gesundheitsschädigungen ergebe sich eine Gesamteinschätzung der Behinderungen von 40 %. Dieser Grad ergebe sich aus der zuerst genannten Position, die auf Grund der übrigen Positionen gemeinsam um eine Stufe angehoben werden könne.

In seiner dazu abgegebenen Äußerung vom 5. September 1996 erklärte der Beschwerdeführer , mit dem Gutachten nicht einverstanden zu sein, und ersuchte um die neuerliche Gesamteinschätzung seiner Gesundheitsschädigung durch gerichtlich beeidete Sachverständige für Orthopädie und Innere Medizin.

Mit Bescheid vom 26. September 1996 wies die Erstbehörde den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers ab und verwies in der Begründung im wesentlichen auf das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen.

In der dagegen erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer, daß das Gutachten von einem "praktischen" Arzt erstellt worden sei. Auf Grund der Komplexität der Erkrankung hätte ein "Zusammenhangsgutachten" von einem dafür geeigneten Facharzt für Orthopädie oder Innere Medizin erstattet werden müssen.

Im Berufungsverfahren wurden Sachverständigengutachten von Fachärzten für Chirurgie und Innere Medizin eingeholt. Im zusammenfassenden Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. G. vom 23. November 1997 heißt es abschließend:

"

1. Degenerative Veränderungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule

l/f-190 30 %

Oberer RsW aufgrund einer höhergradig schmerzhaften Einschränkung der Beweglichkeit vor allem an der Ledenwirbelsäule und entsprechend dem röntgenologischen Befund.

2. Varusgonarthrose links bei Zustand nach Meniskusteilresektion medial, variierende Schmerzen in den Schultergelenken

III/j-417 10 %

Oberer RsW, da mehrere Gelenke betroffen, Pos.417, da bei den Schultern und an den Kniegelenken keine gradmäßige Bewegungseinschränkung vorliegt.

3. Arthritis der Fingermittelgelenke rechts und inzipiente Arthrosen an den distalen Interphalangealgelenken rechts, geringe Rhizarthrose beidseits und geringe Kubitalarthrose beidseits das Humeroulnargelenk betreffend.

III/j-418 30 %

Mittlerer RsW (siehe internes Gutachten).

Gesamt MdE: 40 %, gebildet durch die führende GS 1, die GS 3 und 2 bewirken zusammen eine Steigerung um insgesamt eine weitere Stufe.

Nachuntersuchung: in 2 Jahren, Besserung der GS 1 bis 3 bei entsprechender physikalischer Therapie möglich."

Mit Schreiben der belangten Behörde - auf diese war die Entscheidungspflicht infolge eines diesbezüglichen Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 73 Abs. 2 AVG übergegangen - vom 26. November 1997 (zugestellt am 29. November 1997) wurden dem Beschwerdeführer die Gutachten zur allfälligen Äußerung binnen zwei Wochen übermittelt.

Im Schreiben vom 12. Dezember 1997 brachte der Beschwerdeführer vor, trotz Kuren und Therapien habe sich sein Gesundheitszustand zusehends verschlechtert. Die Schmerzzustände, verbunden mit Schlaflosigkeit, würden immer unerträglicher. Eine nochmalige Befundung durch die Sachverständigen habe für ihn kein zufriedenstellendes Ergebnis gebracht. Deshalb ersuche er um nochmalige Abklärung und um Erhöhung des Gesamtgrades seiner Behinderung unter Bedachtnahme auf beigelegte fachärztliche Befunde. Auf Grund eines Akutanfalles sei er zur Zeit in ärztlicher Behandlung, weitere Befunde würden nachgereicht.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 1997 (bei der belangten Behörde eingelangt am 22. Dezember 1997) legte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 12. Dezember 1997 Befunde vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

In der Begründung führte sie - nach Hinweis auf die anzuwendenden Gesetzesstellen und Darstellung des Verfahrensablaufes - im wesentlichen aus, die Entscheidung beruhe auf den widerspruchsfreien und schlüssigen Gutachten der ärztlichen Amtssachverständigen für Orthopädie und Innere Medizin. Eine nochmalige Überprüfung der Gutachten durch die ärztliche Fachberaterin der Sektion IV des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales habe ergeben, daß den Krankheitsbeschreibungen und der richtsatzmäßigen Einschätzung durchaus beizupflichten sei. Die Einschätzung schließe die schwankenden Zustandsbilder mit ein. Der Beschwerdeführer habe in seinem Schreiben vom 12. Dezember 1997 keine neuen Leiden oder Krankheiten angeführt. Die von ihm behauptete akute Verschlechterung mit Schmerzen und damit verbundenen Schlafstörungen stelle ein für seine Krankheiten typisches akutes Symptom dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz BEinstG sind begünstigte Behinderte im Sinne dieses Gesetzes österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 % v.H.

Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. sind für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, daß Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Der Beschwerdeführer macht als Begründungsmangel und als inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend, daß die belangte Behörde keine Tatsachenfeststellungen über die Art seiner Gesundheitsbeeinträchtigungen und das Ausmaß der dadurch bewirkten Behinderung getroffen habe. Der Bescheidbegründung sei keine Schlüssigkeitsprüfung der Gutachten zu entnehmen.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß die belangte Behörde ausdrücklich den Inhalt der Gutachten, die dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden waren und dem angefochtenen Bescheid angeschlossen wurden, übernommen und ihrem Bescheid zugrunde gelegt hat. Damit ist auch nachvollziehbar, welche Gesundheitsschädigungen sie als erwiesen angenommen und wie sie den Grad der Behinderung eingeschätzt hat. Umstände, welche die Gutachten als unschlüssig oder die ihnen zugrunde liegenden Befunde als unrichtig erscheinen ließen, werden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind auch nicht erkennbar.

Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde nicht bereits auf Grund seines Schreibens vom 12. Dezember 1997 ihr Ermittlungsverfahren ergänzt habe. Da die mit Schreiben vom 19. Dezember 1997 zur Post gegebenen Befunde noch vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides bei der belangten Behörde eingelangt seien, hätte sie diese berücksichtigen müssen.

Der vom Beschwerdeführer behauptete Verfahrensmangel ist nicht wesentlich. Seinem Schreiben vom 12. Dezember 1997 ist nicht zu entnehmen, daß zusätzliche Gesundheitsschädigungen aufgetreten seien oder inwieweit sich eine der von den Sachverständigen beschriebenen Gesundheitsschädigungen wesentlich verstärkt haben soll. Die von den Sachverständigen beschriebenen Gesundheitsschädigungen führen typischerweise durch akute entzündliche Veränderungen unterschiedliche Schmerzzustände herbei. Die Beschwerde tritt dieser schlüssigen Beurteilung durch die belangte Behörde nicht konkret entgegen.

Auch die vom Beschwerdeführer mit dem Schreiben vom 19. Dezember 1997 vorgelegten Befunde lassen nicht erkennen, daß bei ihm eine neue Gesundheitsschädigung aufgetreten sei oder eine bereits vorhandene sich wesentlich verstärkt haben könnte. Der Beschwerde ist auch nicht zu entnehmen, inwieweit sich aus den vorgelegten Befunden derartiges ergeben könnte. Der Befund Dris. P. vom 6. April 1997 lag zudem bereits dem ärztlichen Sachverständigengutachten zugrunde. Es liegt daher kein relevanter Verfahrensmangel darin, daß die belangte Behörde trotz Einlangens des Schreibens vom 19. Dezember 1997 samt Befunden vor der Abfertigung des mit 17. Dezember 1997 datierten Bescheides diesen in der Fassung vom 17. Dezember 1997 - somit ohne auf die Eingabe vom 19. Dezember 1997 bezughabende Ausführungen - dem Beschwerdeführer zugestellt hat, weil nicht erkennbar ist, inwiefern sie bei Bedachtnahme auf diese Eingabe zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. Februar 1999

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