Normen
11992E030 EGV Art30;
11992E036 EGV Art36;
31965L0065 idF 31989L0341 Arzneimittel-RL Art1 Z2;
31965L0065 idF 31989L0341 Arzneimittel-RL Art3;
31993R2309 Gemeinschaftsverfahren von Arzneimitteln;
61982CJ0227 van Bennekom VORAB;
61988CJ0369 Delattre VORAB;
AMG 1983 §1 Abs1 Z1;
AMG 1983 §1 Abs1 Z2;
AMG 1983 §1 Abs1 Z3;
AMG 1983 §1 Abs1 Z4;
AMG 1983 §1 Abs1 Z5;
AMG 1983 §1 Abs1;
AMG 1983 §1 Abs3 Z1;
EURallg;
LMG 1975 §18 Abs2;
LMG 1975 §3;
LMG 1975 §9 Abs3;
11992E030 EGV Art30;
11992E036 EGV Art36;
31965L0065 idF 31989L0341 Arzneimittel-RL Art1 Z2;
31965L0065 idF 31989L0341 Arzneimittel-RL Art3;
31993R2309 Gemeinschaftsverfahren von Arzneimitteln;
61982CJ0227 van Bennekom VORAB;
61988CJ0369 Delattre VORAB;
AMG 1983 §1 Abs1 Z1;
AMG 1983 §1 Abs1 Z2;
AMG 1983 §1 Abs1 Z3;
AMG 1983 §1 Abs1 Z4;
AMG 1983 §1 Abs1 Z5;
AMG 1983 §1 Abs1;
AMG 1983 §1 Abs3 Z1;
EURallg;
LMG 1975 §18 Abs2;
LMG 1975 §3;
LMG 1975 §9 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 14. Oktober 1998 wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zulassung gesundheitsbezogener Angaben für "TerraDrog-I-Kapseln" zum Teil zurück (Spruchpunkt 1).
Unter Spruchpunkt 2 wurde dem Antrag auf Zulassung gesundheitsbezogener Angaben für folgende Produkte nicht stattgegeben:
"TerraDrog-Basis", "TerraDrog-GK Kapseln", "TerraDrog-Z-Kapseln", "TerraDrog-L-Kapseln", "TerraDrog-I-Kapseln", "TerraDrog-HK-Kapseln", "TerraDrog-K-Kapseln", "TerraDrog-G-Kapseln", TerraDrog-N-Kapseln", TerraDrog-H-Kapseln", "TerraDrog-MD-Kapseln" und "TerraDrog-F-Kapseln".
Die beantragten gesundheitsbezogenen Angaben für das Produkt "TerraDrog-Basis" lauten:
"Der Ballaststoff Inulin fördert den Aufbau einer gesunden Darmflora".
Für "TerraDrog-GK-Kapseln" wurden folgende Angaben beantragt:
"Enthält Nährstoffe für Gedächtnis und Konzentration".
"Für den Stoffwechsel des Zentralnervenssystems relevante Nährstoffaktoren:
Phospholipide: Phosphatidylserin, Phosphatidylcholin,
Phosphatidylethanolamin,
Phosphatidylinsositol,
Ginsenoside,
Alliin,
Adenosin,
Glutamin"
"Als Teile unseres Organismus müssen auch Gedächtnis und Konzentration mit ganz speziellen Nährstoffen versorgt werden. TerraDrog enthält Nährstoffe, die für Gedächtnis und Konzentration notwendig sind."
Die beantragten Angaben für die übrigen Produkte entsprechen in ihrem Aufbau den Angaben für "TerraDrog GK Kapseln", wobei anstelle von Gedächtnis und Konzentration bei den übrigen Produkten jeweils andere Zielobjekte wie Zuckerstoffwechsel, Leber/Leberstoffwechsel, Immunsystem/Stoffwechsel des Immunsystems, Herz und Kreislauf/Stoffwechsel von Herz und Kreislauf, Frauenklimakterium/Stoffwechsel der Frau im Klimakterium, Gelenke/Stoffwechsel von Gelenken, Nerven/Nervenstoffwechsel, Haut/Stoffwechsel der Haut, Magen und Darm/Stoffwechsel von Magen und Darm und die Fruchtbarkeit angesprochen sind.
Die Zurückweisung der beantragten Angaben für "TerraDrog-I-Kapseln" begründete die belangte Behörde damit, diese Angaben seien nicht gesundheitsbezogen und bedürften daher keiner Zulassung.
Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, unter Zugrundelegung des unwidersprochen gebliebenen, in sich schlüssigen und logisch nachvollziehbaren Gutachtens des Amtssachverständigen für Lebensmittelangelegenheiten werde die für "TerraDrog-Basis" beantragte (gemeint wohl: behauptete) Wirkung bei empfohlener Einnahme nicht erzielt. Da dem in Rede stehenden Produkt in seiner konkreten Darreichungsform die mit der beantragten Angabe ausgelobte Wirkung nicht zukomme, sei diese Angabe mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung nicht vereinbar.
Hinsichtlich der übrigen beantragten Angaben sei zu prüfen gewesen, ob die sie betreffenden Produkte Arzneimittel seien (das Nichtvorliegen einer allfälligen Lebensmitteleigenschaft sei nicht strittig). Dem hiezu eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Pharmazie zufolge werde auf Grund der in den beantragten
Angaben immer wiederkehrenden Wendung "Nährstoffe für .........."
in Verbindung mit einem Zielorgan wie z.B. Leber, Fruchtbarkeit, Nerven, Gedächtnis und Konzentration, Gelenke, Frau im Klimakterium, Herz und Kreislauf, Immunsystem, Haut, Magen und Darm, Zuckerstoffwechsel, der Eindruck erweckt, daß die Bestimmung der solchermaßen ausgelobten Produkte in einer Therapie oder Prophylaxe von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden des betreffenden Organs liege. Die in Rede stehenden Produkte seien daher nach Art und Form des Inverkehrbringens eindeutig dazu bestimmt, zumindest einen Teil der Zweckbestimmungen des § 1 Abs. 1 Z. 1 des Arzneimittelgesetzes zu erfüllen. Sie seien daher als Arzneimittel und in weiterer Folge als zulassungspflichtige Arzneispezialitäten einzustufen. Die Klärung der Frage, ob durch den Begriff "Nährstoff" eine Täuschung des Verbrauchers entstehe, habe angesichts dieser Einstufung dahingestellt bleiben können. Die Einstufung als Arzneimittel könne auch nicht dadurch ausgeräumt werden, daß die inkriminierten Angaben in Verbindung mit dem betreffenden Organ(system) auf den Begriff "Nährstoff" abstellten. Dieser Begriff werde weder in den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen definiert noch gebe es eine Bestimmung, die ausdrücklich festlege, daß dieser Begriff einer bestimmten Kategorie von Waren vorbehalten sei. Der Einstufung als Arzneimittel stehe auch nicht entgegen, daß es Nährstoffe gebe, die für die "Ernährung" von gewissen Organen bzw. Organsystemen von essentieller Bedeutung seien.
Gegen diesen Bescheid (ausgenommen Spruchpunkt 1 und jener Teil des Spruchpunktes 2, der sich auf "TerraDrog-Basis" bezieht) richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt im wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid sei nicht in einer dem § 58 Abs. 2 AVG entsprechenden Weise begründet. Die Begründung sei eine Scheinbegründung. In den zur Zulassung beantragten Angaben sei nirgends von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden, geschweige denn von einer Therapie oder Prophylaxe von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden die Rede. Schon gar nicht werde eine derartige Therapie oder Prophylaxe "suggeriert". Der Begriff "Nährstoffe" werde vom Publikum mit Lebensmitteln und nicht mit Arzneimitteln in Verbindung gebracht. Daran ändere es auch nichts, wenn "Nährstoffe" in Verbindung mit einem "Zielorgan" verwendet würden. Es entspreche sogar dem allgemeinen Sprachgebrauch, im Zusammenhang mit bestimmten Lebensmitteln von "Nervennahrung", "Hautnahrung" oder "Gehirnnahrung" zu sprechen. Mit der Therapie oder Prophylaxe von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden habe das nichts zu tun. Der angefochtene Bescheid verstoße auch gegen Gemeinschaftsrecht. Die in Rede stehenden Produkte unterlägen der Etikettierungs-Richtlinie, die den Bereich der Deklaration von Lebensmitteln abschließend regle. Nationale Vorschriften oder Maßnahmen, die darüber hinausgehende Beschränkungen auferlegten, erwiesen sich als gemeinschaftsrechtswidrig. Die Richtlinie verbiete die krankheitsbezogene, nicht aber die gesundheitsbezogene Werbung. Eine krankheitsbezogene Werbung liege nicht vor.
Artikel 15 Abs. 2 der Richtlinie ermögliche Verbote, die zum Schutz vor Täuschung gerechtfertigt seien. Im Sinne der "Cassis-de-Dijon"-Judikatur müßten die den freien Warenverkehr behindernden nationalen Maßnahmen notwendig sein, um zwingenden Erfordernissen des Verbraucherschutzes gerecht zu werden. Es sei nicht zu ersehen, warum es zwingende Erfordernisse des Täuschungsschutzes geböten, die Angabe "enthält Nährstoffe
für......." in Verbindung mit Zielorganen zu untersagen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 9 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl. Nr. 86/1975 (LMG) ist es verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen
a) sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlank machende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;
b) auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen;
c) gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden.
Nach § 9 Abs. 3 LMG hat der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz (nunmehr: Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz) auf Antrag für bestimmte Lebensmittel oder Verzehrprodukte gesundheitsbezogene Angaben mit Bescheid zuzulassen, wenn dies mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung vereinbar ist.
Gesundheitsbezogene Angaben können demnach nur für Lebensmittel oder Verzehrprodukte zugelassen werden. Ist ein Produkt weder ein Lebensmittel noch ein Verzehrprodukt, sondern etwa ein Arzneimittel, dann kommt eine Zulassung gesundheitsbezogener Angaben nicht in Betracht (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 15. Juni 1992, 91/10/0209, und vom 31. Jänner 1994, 92/10/0142).
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß das in Rede stehende Produkt kein Lebensmittel ist. Entscheidend ist somit die Einstufung als Verzehrprodukt oder Arzneimittel.
Verzehrprodukte sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genußzwecken zu dienen oder Arzneimittel zu sein (§ 3 LMG).
§ 3 LMG setzt nach seinem letzten Halbsatz für die Verzehrprodukteigenschaft voraus, daß es sich nicht um ein Arzneimittel handelt. Es ist somit vorweg zu untersuchen, ob ein Arzneimittel vorliegt. Diese Rechtsfrage ist anhand der durch § 1 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) gegebenen Definition zu lösen.
Danach sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper
1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,
2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,
3. vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,
4. Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder
5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflußen.
Das Vorliegen des subjektiven Kriteriums ("nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt ist") bedingt unabhängig davon, ob auch die objektive Zweckbestimmung ("nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen") bejaht werden kann, schon für sich allein die Einstufung eines Produktes als Arzneimittel (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1992, 92/10/0020).
Im Zusammenhang mit der Abgrenzung der Begriffe "Verzehrprodukt" und "Arzneimittel" ist insbesondere auf § 1 Abs. 3 AMG zu achten.
Nach § 1 Abs. 3 Z. 2 AMG sind Verzehrprodukte im Sinne des LMG, sofern sie nach Art und Form des Inverkehrbringens nicht dazu bestimmt sind, die Zweckbestimmungen des Abs. 1 Z. 1 bis 4 zu erfüllen, keine Arzneimittel.
Ein Produkt, auf das die Voraussetzungen des § 3 LMG zutreffen und das nach seiner subjektiven Zweckbestimmung (nur) dazu bestimmt ist, Wirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG zu erzielen, ist kein Arzneimittel. Hingegen kann eine Ware nicht als Verzehrprodukt beurteilt werden, wenn sie objektiv geeignet oder subjektiv dazu bestimmt ist, die im § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 4 AMG genannten Wirkungen zu erfüllen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, 93/10/0235).
Gesundheitsbezogene Angaben sind für Verzehrprodukte somit im Sinne des § 9 Abs. 3 LMG nur dann zuzulassen, wenn sie nicht als Hinweise auf arzneiliche Wirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 4 AMG zu deuten sind, sondern sich auf eine Zweckbestimmung in Richtung der Ziffer 5 leg. cit. beschränken.
Vor einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob die in Rede stehenden Produkte Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 4 AMG sind, ist zu untersuchen, ob sie dem Arzneimittelbegriff des Gemeinschaftsrechts zuzuordnen sind. Ist dies zu bejahen, stellt es jedenfalls keinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht dar, wenn sie nicht als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 21. März 1991, Rechtssache C-369/88 ; Delattre; Slg. 1991, I-1487).
Nach Art. 1 Nr. 2 Abs. 1 der - mehrfach geänderten - Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Jänner 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (Arzneispezialitätenrichtlinie) sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet werden; nach Abs. 2 werden daneben als Arzneimittel angesehen alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflußung der menschlichen oder tierischen Körperfunktionen angewandt zu werden.
Damit gibt die Richtlinie zwei Definitionen des Arzneimittels, nämlich eine "nach der Bezeichnung" als Arzneimittel und eine "nach der Funktion" als Arzneimittel. Ein Erzeugnis ist dann ein Arzneimittel, wenn es entweder unter die eine oder unter die andere dieser Definitionen fällt.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist die erste in der Richtlinie 65/65 enthaltene Definition des Arzneimittels, die auf die Bezeichnung des betreffenden Erzeugnisses abstellt, schon wegen ihres Zwecks, die Verbraucher gegen das Inverkehrbringen von Erzeugnissen zu schützen, die keine heilenden Eigenschaften haben oder nicht die, die ihnen zugeschrieben werden, weit auszulegen (vgl. die Urteile des EuGH vom 30. November 1983 in der Rechtssache 227/82 (van Bennekom); Slg. 1983, 3883 und vom 21. März 1991, Rechtssache C-369/88 (Delattre); Slg. 1991 I-1487). Zur Bezeichnung gehört auch die Form. Unter "Form" ist nicht nur die Form des Erzeugnisses selbst (Tabletten, Pillen oder Pastillen) zu verstehen, sondern auch die Aufmachung des Erzeugnisses, mit der möglicherweise aus geschäftspolitischen Gründen eine Ähnlichkeit des Erzeugnisses mit einem Arzneimittel angestrebt wird. Die einem Erzeugnis gegebene äußere Form ist zwar nicht das allein ausschlaggebende Indiz, da andernfalls bestimmte Nahrungsmittel erfaßt würden, die herkömmlicherweise in ähnlicher Form wie Arzneimittel aufgemacht sind; die äußere Form (Kapseln udgl.) ist aber ein wichtiges Indiz für die Absicht des Verkäufers oder Herstellers, das Erzeugnis als Arzneimittel in den Handel zu bringen. Entscheidend ist der Gesamteindruck. Ein Erzeugnis kann als Arzneimittel nach der Bezeichnung angesehen werden, wenn es auf Grund seiner Form und seiner Aufmachung einem Arzneimittel genügend ähnelt. (vgl. das Urteil des EuGH im Fall Delattre).
Die Produkte der beschwerdeführenden Partei weisen die Form von Kapseln auf. Dies stellt im Sinne der dargestellten Judikatur bereits ein wichtiges Indiz für die Arzneimitteleigenschaft "nach der Bezeichnung" dar, zumal es sich bei diesen Produkten nicht um Nahrungsmittel handelt, die herkömmlicherweise in ähnlicher Form wie pharmazeutische Produkte aufgemacht sind. Auch die Herstellung eines Bezuges zwischen einem bestimmten Zielobjekt (Organ, System udgl.) in der Form, daß zunächst darauf hingewiesen wird, daß das Produkt Nährstoffe für das betreffende Zielobjekt enthält, im Anschluß daran die "relevanten Nährstofffaktoren" aufgezählt werden und die Notwendigkeit der Zufuhr dieser Stoffe hervorgehoben und schließlich betont wird, daß das Produkt die für das Zielobjekt notwendigen Stoffe enthält, erweckt den Eindruck therapeutischer und prophylaktischer Wirkungen insbesondere in der Richtung, daß durch die Einnahme des Produktes aus einem Mangel in der Zufuhr der bezeichneten Stoffe resultierende Störungen - etwa im Stoffwechsel - und dadurch bedingte Krankheitserscheinungen verhindert oder beseitigt werden sollen. Damit aber stellen sich die Produkte als Arzneimittel "nach der Bezeichnung" im Sinne der Richtlinie 65/65 dar. Der Umstand, daß kein ausdrücklicher Bezug auf eine Krankheit oder eine therapeutische oder prophylaktische Wirkung in der Aufmachung enthalten ist, ist für sich allein nicht entscheidend. Entscheidend ist der Gesamteindruck, den die Aufmachung suggeriert. Daß es nicht auf einzelne ausdrückliche Bezeichnungselemente allein ankommt, hat der EuGH in seiner bereits mehrmals zitierten Entscheidung im Fall Delattre deutlich gemacht, wenn er ausführt, die Angabe, daß ein Erzeugnis kein Arzneimittel sei, sei zwar ein nützlicher Hinweis, sei aber für sich allein nicht entscheidend, könne also bei einem Erzeugnis nicht die Einstufung als Arzneimittel nach der Bezeichnung verhindern, wenn der Gesamteindruck ein Arzneimittel nach der Bezeichnung indiziert.
Ein Produkt, welches nach seiner Form und Aufmachung den Eindruck therapeutischer und prophylaktischer Wirkungen erweckt, fällt auch unter den subjektiven Arzneimittelbegriff des § 1 Abs. 1 AMG. Im Hinblick auf die nach dem Gesagten zu Recht bejahte Arzneimitteleigenschaft der in Rede stehenden Produkte kam somit die Zulassung gesundheitsbezogener Angaben nicht in Betracht.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. März 1999
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