VwGH 98/09/0267

VwGH98/09/026731.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der D in I, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 34/2, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 2. Juli 1998, Zl. LGSTi/V/13117/853519-702/1998, betreffend Nichtausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

61997CJ0210 Akman VORAB;
ARB1/80 Art7;
61997CJ0210 Akman VORAB;
ARB1/80 Art7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, stellte beim Arbeitsmarktservice Innsbruck am 30. Jänner 1998 mit dem amtlich aufgelegten Formular den Antrag auf "Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes". In diesem Antrag stützte sich die Beschwerdeführerin auf ihren Ehegatten HD als Familienangehörigen; Beschäftigungszeiten der Beschwerdeführerin enthält der Antrag nicht.

Mit Bescheid vom 4. Februar 1998 gab das Arbeitsmarkservice Innsbruck "dem Antrag des/der D türk. StA, geb. 09.09.1974 vom 30.01.1998 auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBL. Nr. 776/1996, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit

Artikel 7 Abs. 1 zweiter Unterabsatz des Beschlusses 1/1980 des Assoziationsrates vom 19.9.1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB Nr. 1/1980) keine Folge".

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei 1992 nach Österreich eingereist und habe bei ihrem Vater (S) gelebt. Nach der Eheschließung mit ihren Ehegatten HD am 26. Februar 1996 "hat die Bezugsperson gewechselt". Die Behörde habe "diesen Wechsel und die von 1992 bis 1996 bestehende Familiengemeinschaft mit meinem Vater nicht berücksichtigt".

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juli 1998 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4c Abs. 2 AuslBG keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid des Arbeitsmarktservice Innsbruck vom 4. Februar 1998 bestätigt.

Diese Entscheidung wurde von der belangten Behörde im Wesentlichen damit begründet, die Beschwerdeführerin habe in ihrem Antrag angegeben, sie habe die Erlaubnis erhalten, zu ihrem Ehegatten HD zu ziehen. Die Beschwerdeführerin sei 1992, als sie ursprünglich die Genehmigung erhalten habe, zu ihrem Vater zu ziehen, mit HD noch nicht verheiratet gewesen. 1996 habe die Beschwerdeführerin die häusliche Gemeinschaft mit ihrem Vater beendet, HD geehelicht und mit diesem eine häusliche Gemeinschaft begründet. Nach ihren Antragsangaben leite die Beschwerdeführerin von ihrem Vater keine Rechte nach Art. 7 Satz 1 zweiter Gedankenstrich des ARB 1/80 ab. Mit ihrem Ehegatten HD habe die Beschwerdeführerin nicht in fünfjähriger häuslicher Gemeinschaft tatsächlich zusammengelebt und sie habe auch nicht die Erlaubnis erhalten, zu ihm zu ziehen. Demnach erfülle die Beschwerdeführerin aber nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 4c Abs. 2 AuslBG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nach ihrem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht auf Ausstellung des beantragten Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid "gem. § 42 Abs 2 Zi 1 u. 3 VwGH" kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerdeführerin sich im gesamten Verwaltungsverfahren nach ihren Antragsangaben und ihrem im Berufungsverfahren erstatteten Vorbringen nicht darauf berufen hat, sie selbst habe Beschäftigungszeiten in der Dauer von vier Jahren aufzuweisen. Die Ausstellung des begehrten Befreiungsscheines wurde von der Beschwerdeführerin demnach nicht auf die Anspruchsvoraussetzungen nach der Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 dritter Unterabsatz des Beschlusses des Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80 (ARB Nr. 1/80) gestützt. Prüfungsgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist daher lediglich das Vorliegen der - für die Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG in Betracht kommenden anderen - Tatbestandsvoraussetzung nach Art. 7 Satz 1 zweiter Unterabsatz ARB Nr. 1/80.

Art. 7 Satz 1 (Abs. 1) ARB Nr. 1/80 lautet:

"Artikel 7

Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte