VwGH 98/09/0213

VwGH98/09/021315.12.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des H R in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl, Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Militärkommandanten des Militärkommandos Oberösterreich als Disziplinarvorgesetzter vom 8. Juni 1998, Zl. 55.588-3170/10/98, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße nach dem Heeresdisziplinargesetz 1994, zu Recht erkannt:

Normen

ADV §3 Abs6;
ADV §7 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs1;
HDG 1994 §2 Abs1 Z1;
ADV §3 Abs6;
ADV §7 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs1;
HDG 1994 §2 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Offiziersstellvertreter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die 3. Betriebsversorgungsstelle Militärkommando Oberösterreich in Hörsching.

Mit Disziplinarerkenntnis des Kompaniekommandanten vom 6. März 1998 wurde über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von S 1.000,-- verhängt. Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe

1. trotz Ermahnung am 08.01.98, sich nicht in unzuständige Fachbereiche einzumischen, am 20.02.98, ca. 0810 Uhr, für eine vorgesehene Einkaufsfahrt den Rekrut N. aufgefordert, einen vorschriftswidrigen Fahrbefehl zu erstellen, indem er von ihm verlangt habe, er müsse keine eigene Fahrbefehlnummer in die Fahrbefehlliste eintragen, und

2. trotz mehrmaliger mündlicher Ermahnungen durch den Kdt der BetrVersSt, letztmalig am 08.02.98 (richtig wäre 08.01.98) seit längerer Zeit ein unkameradschaftliches und teilweise gehässiges Verhalten gegenüber der Mitarbeiterin VB I. H. nicht eingestellt. So z.Bsp. habe er

"§ 3. (1) Der Soldat hat auf Grund seiner Verantwortung für eine erfolgreiche Landesverteidigung jederzeit bereit zu sein, mit allen seinen Kräften den Dienst zu erfüllen. Er hat alles zu unterlassen, was das Ansehen des Bundesheeres und das Vertrauen der Bevölkerung in die Landesverteidigung beeinträchtigen könnte.

(2) -(5)......

(6) Alle Soldaten haben ihren Kameraden mit Achtung zu begegnen, sie vor unnötiger Gefährdung zu bewahren und ihnen in Not und Gefahr beizustehen. Äußeres Verhalten

(7) ..."

Nach § 7 Abs. 1 ADV ist jeder Untergebene seinen Vorgesetzten gegenüber zu Gehorsam verpflichtet. Er hat die ihm erteilten Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und pünktlich auszuführen. Das bloß buchstäbliche Befolgen von Befehlen ohne Rücksicht auf die ihnen offenkundig zugrunde liegende Absicht genügt allein nicht zur Erfüllung dieser Pflicht. Zweifel an der Richtigkeit eines Befehls sind durch Rückfragen zu klären (Abs. 6 erster Satz).

Im Bereich der Landesverteidigung haben der Befehl und die komplementäre Gehorsamspflicht eine zentrale Bedeutung. Dieser grundsätzlichen Gehorsamspflicht stehen Rechte und Pflichten gegenüber, die die Gehorsamspflicht relativieren. So u.a. das Recht, bestimmte Einwände gegen Befehle zu erheben (§ 7 Abs. 5 ADV) und eine schriftliche Ausfertigung zu verlangen, wenn diesen Einwänden nicht entsprochen wird (§ 6 Abs. 2 Z. 2 ADV); weiters die Pflicht, die Richtigkeit eines Befehls durch Rückfragen zu klären (§ 7 Abs. 6 ADV). Dass der Beschwerdeführer ein Verfahren nach § 6 Abs. 2 oder § 7 Abs. 6 ADV eingeleitet hätte, wurde von diesem im Verwaltungsverfahren und auch in der Beschwerde nicht behauptet.

In seinen Ausführungen zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit aber auch großteils in den Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verkennt der Beschwerdeführer, dass es im Hinblick auf den Anschuldigungspunkt 1 nicht auf die Frage der objektiven Richtigkeit der von ihm vertretenen Auffassung über den Anwendungsbereich des Rahmenfahrbefehls ging, sondern um die Missachtung von Weisungen, wie es die Ermahnungen, sich nicht in unzuständige Fachbereiche einzumischen, darstellen. Aus diesem Grunde ist es zur Beurteilung des weisungswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers nicht von Belang, aus welchen Gründen er von der Erzwingung der Durchsetzung seiner Anweisungen dem Rekruten N. gegenüber Abstand genommen hat. Aus dem selben Grunde stellen die Unterlassung von Feststellungen, aus welchen Gründen und unter welchen Begleitumständen dies geschehen ist, sowie auch der Feststellung des genauen Erlasswortlauts den Rahmenfahrbefehl betreffend keinen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel dar. Die bereits durch den Versuch einer von dem ihm bekannten offiziellen Verständnis des Rahmenfahrbefehls abweichenden Anordnung dem Rekruten N. gegenüber gesetzte Weisungswidrigkeit war als Tathandlung im Sinne des § 44 Abs. 1 BDG 1979 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 ADV bereits vollendet, womit ein Rücktritt vom Versuch im Sinne des § 16 StGB begrifflich nicht mehr in Rede stehen kann.

Sinngemäß gilt das Gesagte auch für den Anschuldigungspunkt 2 und die darauf bezogenen Ausführungen in der Beschwerde. Nicht die einzelnen als Gehässigkeiten qualifizierten Handlungen des Beschwerdeführers der VB I. H. gegenüber sind Gegenstand des disziplinären Vorwurfs, sondern die Missachtung mehrmaliger Ermahnungen (Weisungen), sich dieser Mitarbeiterin gegenüber eines anderen Verhaltens zu befleißigen. Aus diesem Grunde ist es auch keinesfalls "undenkbar", dass dieses - weisungswidrige - Verhalten in seiner Gesamtheit als Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 44 Abs. 1 BDG 1979 in Verbindung mit §§ 3 Abs. 6 und 7 Abs. 1 ADV geahndet werden kann, auch wenn die einzelnen Tathandlungen für sich allein eine derartige Vorgangsweise noch nicht hätten rechtfertigen können( sogenanntes "mobbing"). Den Überlegungen des Beschwerdeführers, sein Fehlverhalten sei geringfügig und wegen "mangelnder Strafwürdigkeit" disziplinär nicht erheblich, vermag der Verwaltungsgerichtshof daher auch in diesem Punkt nicht zu folgen. Der Beschwerdeführer verkennt, dass Verletzungen der Gehorsamspflicht im Bereich der Landesverteidigung grundsätzlich nicht als geringfügig zu werten sind, und dass gerade eine Unbelehrbarkeit und Beharrlichkeit wie die von ihm in der Fortführung der von seinen Dienstvorgesetzten - ob zu Recht oder zu Unrecht kann dahingestellt bleiben und ist nicht relevant - als unerwünscht bzw. unkameradschaftlich qualifizierten Verhaltensweisen gezeigte das Gefüge der heeresimmanenten Hierarchie nachhaltig schädigen kann.

Es war bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangte, dass der Beschwerdeführer seine Gehorsamspflichten schuldhaft, nämlich vorsätzlich, verletzte.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Dezember 1999

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