VwGH 98/09/0165

VwGH98/09/016521.10.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des F H in B, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 3. April 1998, Zl. UVS 303.15-19/97 neu: UVS 303.12-31/97-40 (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), betreffend Bestrafung nach dem AuslBG, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §51g Abs1;
VStG §51i;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §51g Abs1;
VStG §51i;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. April 1998 wurde der Beschwerdeführer der Begehung von vier Verwaltungsübertretungen wegen Verletzung der §§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG für schuldig erkannt. Er habe in seinem Nachtlokal "W" in B die ungarische Staatsangehörige R vom 2. November bis 15. November 1996 und die Staatsangehörige der Dominikanischen Republik R vom 8. November bis 15. November 1996, sowie die polnischen Staatsangehörigen D und A vom 3. Oktober bis 15. November 1996 beschäftigt, ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung zu sein und ohne daß für die Ausländerinnen Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine ausgestellt gewesen seien. Es wurden hinsichtlich der beiden erstgenannten Ausländerinnen jeweils Geldstrafen von S 20.000,-- (Ersatzarrest jeweils drei Tage), hinsichtlich der beiden letztgenannten Ausländerinnen Geldstrafen in Höhe von jeweils S 25.000,-- (Ersatzarrest jeweils vier Tage) verhängt.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid damit, daß nach Beischaffung der vier die gegenständlichen Ausländerinnen betreffenden fremdenpolizeilichen Akten, und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt habe werden können:

"Der Berufungswerber betreibt in B das Nachtlokal "W", welches täglich von 21.00 Uhr bis 04.00 Uhr früh geöffnet ist. Die damalige Lebensgefährtin des Berufungswerbers, Frau C B, war ständig anwesend. Sie hatte als Mädchen für alles gleichsam die Stellung einer Geschäftsführerin und war insbesondere bei Abwesenheit des Berufungswerbers seine Stellvertreterin.

Am 03.10.1996 kamen die beiden polnischen Staatsangehörigen D und A zum Nachtlokal "W". Sie bezogen ein Zimmer und hielten sich bis 15.11.1996 dort auf. Sie übten in diesem Lokal eine Tätigkeit als Animierdamen aus, wobei sie pro verkaufter Flasche Piccolo-Sekt einen Betrag von S 50,-- erhielten. Derjenige, der die Bar gemacht hat, hat die Konsumationen mitgeschrieben. Die Ausbezahlung erfolgt jeden Abend. Für ihr Zimmer hatten sie pro Tag einschließlich der Küchenbenützung einen Betrag von S 50,-- zu bezahlen. Daneben übten sie die Prostitution aus. Sie erhielten pro Kunden (von diesem) einen Betrag von ÖS 1.000,-- und hatten hievon einen Betrag von ÖS 300,-- an den Berufungswerber bzw. an Frau B abzuliefern, wobei die Abrechnung jeweils in der Früh erfolgte. Sie hatten beide gute Deutschkenntnisse und waren bereits im Jahr 1995 im "W" gewesen. Sie waren vom 28.03.1995 bis 21.07.1995 und dann wieder ab 24.07.1995 gemeldet gewesen.

Die ungarische Staatsangehörige, Frau R, hielt sich ab 02.11.1996 im "W" auf, wo sie auch wohnte. Auch sie ging der Animationstätigkeit nach und erhielt pro Piccolo-Sekt einen Betrag von S 50,--. Außerdem tanzte sie für die Gäste bzw. auf speziellen Wunsch der Gäste und wurde dafür direkt von den Gästen bezahlt.

Die Staatsangehörige der Dominikanischen Republik, Frau A, wohnte ab 08.11.1996, an welchem Tag sie vom Berufungswerber auch polizeilich gemeldet wurde, im "W". Sie hat dort in gleicher Weise getanzt und Animationstätigkeit ausgeübt.

Die vier angeführten Ausländerinnen blieben bis 15.11.1996 im "W". Bei der an diesem Tag durchgeführten Kontrolle waren sie alle spärlich bekleidet mit einer Kleidung, die einem Bikini oder Badeanzug vergleichbar war. Frau I sprach einigermaßen gut Deutsch, Frau A konnte sich auf Deutsch nicht verständlich machen. Bei der Kontrolle holten alle vier Ausländerinnen aus ihren Zimmern im ersten Stock ihre Reisepässe.

Dem Berufungswerber war für die vier Ausländerinnen keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden und diese waren nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines. Es war auch keine Anzeigebestätigung für sie ausgestellt worden."

Diese Sachverhaltsfeststellung stütze sich auf folgende Beweiswürdigung: Die Art des Lokals und die Öffnungszeiten ergäben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugin B., ebenso die Tätigkeit dieser Zeugin. An der Kontrolle des Lokals am 15. November 1996 seien vier Gendarmeriebeamte beteiligt gewesen, von welchen zwei als Zeugen einvernommen worden seien. Anläßlich der Kontrolle sei von der Fremdenpolizeibehörde eine Befragung der vier Ausländerinnen durchgeführt worden. Die beiden Polinnen, welche recht gut deutsch sprächen, hätten angegeben, daß sie Animationstätigkeit und Prostitution im "W" ausgeübt hätten und dort seit 3. Oktober 1996 tätig gewesen seien. Aus ihren Aussagen gehe hervor, daß sie pro Kunde S 700,-- selbst behalten durften und S 300,-- an den Beschwerdeführer bzw. Frau B. abzuführen gehabt hätten. Indirekt gehe aus ihrer Aussage hervor, daß sie unangemeldet im Haus des Beschwerdeführers gewohnt hätten. Die Provision von S 50,-- pro Flasche Piccolo-Sekt für die Animationstätigkeit gehe aus der Zeugenaussage von Frau B. hervor. Der Aufenthalt der beiden Polinnen im Jahre 1995 ergebe sich aus den Meldezetteln in den fremdenpolizeilichen Akten. Die Anwesenheit der Ungarin im "W", der Umstand, daß sie im Lokal getanzt und Animationstätigkeit ausgeübt habe, ergebe sich aus ihrer Aussage vor der Fremdenpolizeibehörde. Daß auch sie im Haus des Beschwerdeführers gewohnt habe, gehe aus der Aussage von BI W. hervor. R sei seit 8. November 1996 im Lokal aufhältig gewesen, was sich aus dem Meldezettel und der Aussage des Beschwerdeführers ergäbe. Sie habe für Gäste getanzt und Animationstätigkeit ausgeübt. (Nach eigener Aussage: "mit den Gästen etwas getrunken"). Daß - zumindest am 15. November 1996 - alle vier Ausländerinnen spärlich bekleidet gewesen seien, ergäbe sich aus der Aussage von BI W. Die beiden als Zeugen vernommenen Gendarmiebeamten hätten auch aus eigener Wahrnehmung die Animationstätigkeit der Ungarin und der beiden Polinnen festgestellt. Daß die Ungarin und R auf Wunsch der Gäste getanzt hätten und von diesen direkt honoriert worden seien, ergebe sich aus der Zeugenaussage von B., auch wenn diese Aussage sich nicht direkt auf die beiden Ausländerinnen beziehe. Der Schluß sei aber deshalb zulässig, weil die beiden Ausländerinnen selbst ausgesagt hätten, getanzt zu haben und Frau B. ausgesagt habe, daß, soferne Animierdamen getanzt hätten, diese auch von den Gästen bezahlt worden seien. Daß die Polinnen pro Kunde einen Betrag von S 300,-- an den Beschwerdeführer abzuliefern gehabt hätten, ergebe sich auch aus der Aussage von B. Diese habe auch ausgesagt: "Es kann sein, daß diese vier Damen vorübergehend dort gewohnt haben. Sie waren zeitweise im Haus." Die gegenteilige Aussage des Berufungswerbers "Es hat niemand gewohnt." sei daher nicht glaubwürdig. Die Bestreitung der Animationstätigkeiten durch den Beschwerdeführer sei ebenso widerlegt wie seine Aussage, die Ausländerinnen hätten nur für sich selbst getanzt, wenn sie betrunken gewesen seien, ebenso wie seine Aussage, daß er oder Frau B. nichts an die Ausländerinnen bezahlt hätten. Soweit sich die Gendarmeriebeamten auf anonyme Informanten berufen hätten, seien die diesbezüglichen Aussagen nicht verwertet worden, soweit sie durch nicht durch andere Beweisergebnisse gedeckt seien.

Den beiden Polinnen sei eine Ladung mit internationalem Rückschein zugestellt worden, sie seien jedoch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Der Beschwerdeführer habe in der Verhandlung am 18. März 1998 erklärt, die beiden Polinnen hätten ihn vor drei bis vier Wochen angerufen und ihm gesagt, daß sie nicht nach Österreich kommen würden, weil sie damals schlecht behandelt worden seien. Sie hätten alles unterschrieben, daß sie ihre Ruhe haben und nach Hause fahren könnten. Der Ungarin habe eine Ladung an die aus dem Akt ersichtlichen Adresse in Ungarn nicht zugestellt werden können. Von R sei keine Adresse bekannt. Ihre deshalb vor der fremdenpolizeilichen Behörde abgelegten Aussagen seien demnach verwertet worden. Sie hätten einen geringeren Beweiswert, weil die Befragungen nicht vor der Berufungsbehörde stattgefunden hätten. Der Beweiswert werde bezüglich der Ungarin auch durch "nur leidliche Deutschkenntnisse" beeinträchtigt und bei R durch Beiziehung eines Dolmetschers für italienisch, wärend sie selbst spanisch spreche. Es könne daher nur eine grobe Verständigung möglich gewesen sein. Es ergäben aber auch die Aussagen der zuletzt genannten beiden Ausländerinnen ein übereinstimmendes Bild mit den übrigen Beweismitteln.

In rechtlicher Bewertung des festgestellten Sachverhaltes führte die belangte Behörde aus, die vier Ausländerinnen hätten ihre Tätigkeiten im Betrieb des Beschwerdeführers zu verrichten gehabt. Sie seien über einen Zeitraum von mindestens einer Woche oder länger tätig gewesen. Sie hätten sich bei Verrichtung der Animationstätigkeit an die vom Beschwerdeführer vorgegebenen Spielregeln und Preise zu halten gehabt. Sie seien mit einem bestimmten Prozentsatz entlohnt worden. Wenn die Ungarin und R für Gäste getanzt hätten und von diesen bezahlt worden seien, könne dies so beurteilt werden, daß der Beschwerdeführer die erforderlichen Einrichtungen (Tanzfläche und Musik) hiefür zur Verfügung gestellt habe und die Tanzdarbietung auch nur - sei es generell, sei es für den Einzelfall - mit Einwilligung des Berufungswerbers habe durchgeführt werden können. Ähnlich sei die Prostitutionstätigkeit zu beurteilen, für die der Beschwerdeführer die entsprechenden Zimmer zur Verfügung gestellt habe, in seinem Lokal die Anbahnung mit den Kunden ermöglicht habe und von den beiden Polinnen pro Kunde einen bestimmten Betrag für Zimmerbenützung verlangt habe. Die Polinnen seien insofern in ihrem Verdienst limitiert gewesen, als sie nur den Betrag hätten behalten dürfen, den ihnen der Berufungswerber belassen habe bzw. den sie - wiederum unter der Voraussetzung seiner Zustimmung - hätten vereinnahmen dürfen. Es könne auch als gesichert angesehen werden, daß die spärliche Bekleidung der vier Ausländerinnen bei ihren Dienstverrichtungen bei einem Lokal dieser Kategorie von Arbeitgeberseite vorausgesetzt werde, was als diesbezügliche Kleidungsregelung anzusehen sei. Bezüglich des Tanzens und der Prostitution sei beizufügen, daß diese Leistungen in erster Linie dem Lokalbesitzer zugute kämen, bildeten sie doch eine wesentliche Attraktion für Kunden von solchen Lokalen. Es sei von zumindest arbeitnehmerähnlichem Verhältnis auszugehen, weshalb eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vorliege. Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei bekannt gewesen, daß die vier Ausländerinnen über keine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung verfügt hätten, weshalb Vorsatz anzulasten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer rügt im wesentlichen nur, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, die Ausländerinnen "im Rahmen der Rechtshilfe einzuvernehmen". Daraus leitet er ab, daß die belangte Behörde kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde den vor der Fremdenpolizei abgelegten Aussagen der Ausländerinnen nur einen "geringen Beweiswert" (Anmerkung: im angefochtenen Bescheid ist von geringerem Beweiswert die Rede) ausgehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde führt in ihrer Gegenschrift richtig aus, daß nach den vergeblichen Versuchen, die vier Ausländerinnen zur Verhandlung vor die belangte Behörde zu laden, zumal sie im Ausland wohnen und einer Verpflichtung im Sinne des § 19 Abs. 3 AVG nicht unterlägen, gemäß § 51g Abs. 3 VStG die mit den Ausländerinnen aufgenommenen Niederschriften vor der Fremdenpolizeibehörde verlesen werden durften. Der Beschwerdeführer übersieht, daß die von ihm verlangte Einvernahme "im Rahmen der Rechtshilfe" - wofür der Beschwerdeführer keine Rechtsgrundlage nennt - nur eine mittelbare Beweisaufnahme darstellte. Kernstück des Verfahrens vor den unabhängigen Verwaltungssenaten ist jedoch die durchzuführende öffentliche Verhandlung mit unmittelbarer Beweisaufnahme im Sinne der §§ 51g Abs. 1 und 51i VStG.

Es kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, ob bei Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung die mittelbare Beweisaufnahme nach § 55 AVG überhaupt ausgeschlossen bliebe, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt. Denn selbst eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nicht auf jeden Fall zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern nur dann, wenn der Verfahrensmangel im zu prüfenden Fall möglicherweise von Einfluß auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides sein konnte. Es obliegt der beschwerdeführenden Partei, in der Beschwerde (ggf. unter Anführung von Beweisen) darzutun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der Beschwerdeführer hat aber nicht dargetan, welche von ihren Angaben in den fremdenpolizeilichen Einvernahmen abweichenden Aussagen die Ausländerinnen im Falle ihrer neuerlichen - mittelbaren - Einvernahme gemacht hätten.

Im übrigen übersieht der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde ihre Sachverhaltsfeststellung nur zu einem Teil auf den verlesenen Niederschriften aufbaute. Den aus den Aussagen der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen und des Beschwerdeführers gezogenen Schlüssen tritt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde jedoch in keiner Weise entgegen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten wurde durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal, bereits entsprochen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Oktober 1998

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