VwGH 98/09/0161

VwGH98/09/016117.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, in der Beschwerdesache der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Februar 1998, Zl. VwSen-250649/3/KON/FB, betreffend Aufhebung eines erstinstanzlichen Straferkenntnisses in einer Angelegenheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz wegen örtlicher Unzuständigkeit (mitbeteiligte Partei: E in Kernen, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Mag. Josef Hofinger, Rechtsanwalt in 4710 Grieskirchen, Rossmarkt 2), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art131 Abs2;
MRKZP 07te Art4;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §63 Abs1;
B-VG Art131 Abs2;
MRKZP 07te Art4;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §63 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung des Aufwandersatzes wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 16. Oktober 1997 wurde die mitbeteiligte Partei für schuldig erkannt, einen namentlich genannten türkischen Staatsbürger in der Zeit vom 5. Dezember 1995 bis zum 29. April 1996 entgegen § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis in einer näher genannten Betriebsstätte in Linz beschäftigt (Fleischzerteilung und Entknochung von Nutztierkörpern) zu haben. Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a wurde über die mitbeteiligte Partei eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, verhängt und es wurden ihm die Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Auf Grund der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung wurde dieses Straferkenntnis mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Februar 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. §§ 24 und 27 Abs. 1 VStG wegen örtlicher Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz behoben.

In der Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit beantragt.

Die belangte Behörde und auch die mitbeteiligte Parteien erstatteten jeweils Gegenschriften.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist hervorgekommen, dass die vorliegende Verwaltungsstrafangelegenheit auf Grund des angefochtenen Bescheides an den Bürgermeister der Landeshauptstadt abgetreten wurde, der die mitbeteiligte Partei mit Straferkenntnis vom 2. April 1998 neuerlich wegen der genannten Übertretung für schuldig erkannte und ebenfalls eine Strafe in der Höhe von S 15.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, verhängte und ihr die Kosten des Strafverfahrens auferlegte. Der Berufung der mitbeteiligten Partei gegen dieses Straferkenntnis wurde seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich jedoch neuerlich stattgegeben, und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt (soweit es sich auf den Deliktszeitraum 5. Dezember bis 31. Dezember 1995 bezieht, gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 erster Halbsatz VStG; hinsichtlich des Deliktszeitraumes 1. Jänner 1996 bis 29. April 1996 gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 zweiter Halbsatz, zweite Alternative VStG). Gegen diesen Bescheid wurde weder beim Verwaltungsgerichtshof noch beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde erhoben.

Angesichts des zuletzt genannten Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich darf die mitbeteiligte Partei auch im Fall der Aufhebung des vorliegend angefochtenen Bescheides angesichts des im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Grundsatzes ne bis in idem (vgl. Art. 4 7. ZP-EMRK und die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1986, Zl. 86/02/0136, und vom 10. März 1999, Zl. 97/09/0209, m.w.N.) nicht mehr wegen der verfahrensgegenständlichen Übertretung bestraft werden. Das rechtliche Interesse an einer meritorischen Erledigung der vorliegenden Beschwerde ist damit nach ihrer Erhebung weggefallen, womit ein Fall gegeben ist, in dem im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen ist (vgl. z.B. den Beschluss vom 7. Oktober 1996, Zl. 93/10/0002, mit Hinweis auf Vorjudikatur).

Dem Verwaltungsgerichtshof steht bei einer Bescheidbeschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG nämlich nur die Kompetenz zu, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen oder den angefochtenen Bescheid aus den Gründen des § 42 Abs. 2 leg. cit. aufzuheben, nicht aber auch, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides festzustellen; dies gilt auch im Fall von Beschwerden gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG. Auch im Falle der Aufhebung eines Bescheides auf Grund einer solchen Beschwerde wäre die belangte Behörde gemäß § 63 Abs. 1 VwGG lediglich verpflichtet, "in dem betreffenden Falle" den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (vgl. den genannten Beschluss vom 7. Oktober 1996), der belangten Behörde wäre es aber angesichts des Grundsatzes ne bis in idem verwehrt, eine Bestrafung der mitbeteiligten Partei auszusprechen oder eine sonst darauf gerichtete Handlung zu setzen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde mit ihrer Auffassung die Rechtslage verkannt, dass im Fall der unberechtigten Beschäftigung eines Ausländers als Tatort jener Ort anzunehmen sei, an dem der ausländische Arbeitnehmer unmittelbar beschäftigt wurde, nicht aber der Ort des Sitzes des Unternehmens. Nach der - von der Beschwerdeführerin richtig aufgezeigten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Angabe des Ortes, an dem die unrechtmäßig beschäftigten Ausländer ihre Arbeitsleistungen erbracht haben, nur der näheren Individualisierung der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tathandlungen, ist aber auch im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1994, Zl. 94/09/0064), und zwar unabhängig davon, ob man das Delikt gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG als Unterlassungsdelikt oder Begehungsdelikt versteht. Dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach dem AuslBG verpönte Beschäftigung eingegangen und aufrechterhalten, bzw. wären von dort aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen. Der Umstand, dass im vorliegenden Fall der der Beschäftigung zu Grunde liegende Vertrag in Linz, somit nicht im Sprengel der Behörde erster Instanz abgeschlossen worden sei, wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt, sondern erst in der Gegenschrift behauptet; ob dies zu einer anderen Beurteilung führen würde, wäre daher - auch im Fall einer meritorischen Entscheidung über die Beschwerde - im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu beurteilen gewesen.

Daher war der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung des Aufwandersatzes abzuweisen.

Wien, am 17. Mai 2000

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