VwGH 98/08/0280

VwGH98/08/028031.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 20. April 1998, Zl. 1.130.040/1-9/98, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §35 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;
AlVG 1977 §35 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach der - unstrittigen - Aktenlage wurde dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages auf Notstandshilfe vom 15. Juni 1993 ab 14. Juni 1993 auf die Dauer von 364 Tagen Notstandshilfe gewährt. Dieser Bezug wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen, aufgrund eines Beschlusses des zuständigen Unterausschusses des Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 28. Juni 1994 mit 1. März 1994 aufgrund der ab 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen Änderung des § 12 Abs. 4 AlVG eingestellt. Dieser Berufungsbescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1996, 96/08/0127, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, dass die bloße Änderung des § 12 Abs. 4 AlVG durch die Novelle BGBl. Nr. 817/1993 die Behörde zur neuerlichen Prüfung der im Zeitpunkt der Zuerkennung der Notstandshilfe bereits für den gesamten Anspruchszeitraum erteilten Ausnahmebewilligung nicht berechtigte und verpflichtete.

Im fortgesetzten Verfahren wurde nach Behebung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Notstandshilfe ab 1. März 1994 eingestellt wurde, dem Beschwerdeführer die Leistung u. a. vom 1. März bis 12. Juni 1994 nachgezahlt.

Unter Verwendung des bundeseinheitlich aufgelegten Formblattes beantragte der Beschwerdeführer am 19. Juni 1997 die Gewährung der Notstandshilfe. Im Antrag erklärte er, die medizinische Fakultät der Universität Wien zu besuchen. Der Beschwerdeführer legte dazu die Inskriptionsbestätigung der Universität Wien betreffend das Sommersemester 1997 vor.

Mit Bescheid der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 8. Juli 1997 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 38 und 12 Abs. 3 lit. f AlVG mangels Arbeitslosigkeit keine Folge gegeben. In der Begründung ist dazu nach teilweiser Wiedergabe der im Spruch genannten Gesetzesstellen ausgeführt, für eine Ausnahme von der Bestimmung des § 12 Abs. 3 lit. f wäre es erforderlich, dass in einem Zeitraum von einem Jahr vor Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens sechs Monate arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung parallel zum Studium vorlägen. Die Antragstellung am 19. Juni 1997 erfülle diese Bedingungen nicht.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, er habe sich während der Anhängigkeit des - oben dargestellten - verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mehrmals mit der Behörde erster Instanz in Verbindung gesetzt und versucht, den Fortbezug der Notstandshilfe zu erreichen. Es sei ihm jeweils mitgeteilt worden, dass über den Fortbezug erst nach Vorliegen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu erkennen sei. Trotz der mehrfach mündlich begehrten Feststellung der Berechtigung zum Fortbezug der Notstandshilfe werde in dem Bescheid vom 8. Juli 1997 behauptet, er habe einen - offenbar gemeint: neuen - Notstandshilfeantrag eingebracht. Diese Begründung übersehe den Umstand, dass er fristgerecht Anträge auf Feststellung des "Fortbezugsrechtes" der Notstandshilfe gestellt habe.

Die im Devolutionswege zuständig gewordene belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung ab. In der Begründung führte die belangte Behörde dazu aus, Anträge auf Gewährung einer Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz seien immer persönlich mittels dem bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformular einzubringen. Die Notstandshilfe sei gemäß § 35 Abs. 1 AlVG für einen bestimmten, jedoch 52 Wochen nicht übersteigenden Zeitraum zu gewähren. Der Verwaltungsgerichtshof habe in dem Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, 96/08/0127, ausgesprochen, dass das Inkrafttreten der geänderten Bestimmung des § 12 Abs. 4 AlVG nicht die Berechtigung und Verpflichtung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingeschlossen habe, die im Zeitpunkt der Zuerkennung der Notstandshilfe für den gesamten Anspruchszeitraum erteilte Ausnahmebewilligung neuerlich zu überprüfen. Unter dem "gesamten Anspruchszeitraum" sei aber nur der Anspruchszeitraum von höchstens 52 Wochen im Sinne des § 35 AlVG zu verstehen.

Der Beschwerdeführer habe am 19. Juni 1997 einen weiteren Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe gestellt. Unter Bedachtnahme auf das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und die gesetzliche Bestimmung des § 35 Abs. 1 AlVG seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe aufgrund dieses Antrages neuerlich zu prüfen gewesen und die im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden gesetzlichen Bestimmungen, nämlich § 38 iVm § 12 Abs. 3 lit. f und § 12 Abs. 4 AlVG, für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit heranzuziehen. Demnach müsse der Arbeitslose während eines Zeitraumes von einem Jahr vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit mindestens sechs Monate oder mindestens die Hälfte der Ausbildungszeit, wenn diese kürzer als 12 Monate ist, einer oder mehreren arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungen nachgegangen sein und zugleich dem Studium bzw. der praktischen Ausbildung oblegen sein, damit trotz des Studiums Arbeitslosigkeit angenommen werden könne. Der Beschwerdeführer sei letztmalig am 1. April 1993 arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Somit sei der Zeitraum vom 1. April 1992 bis 1. April 1993 zur Beurteilung, ob der Beschwerdeführer darin mindestens sechs Monate einer oder mehreren arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungen nachgegangen sei, heranzuziehen. In diesem Zeitraum sei der Beschwerdeführer aber nur 79 Tage arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Sein Antrag sei daher zu Recht abgewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht - wie bereits im Verwaltungsverfahren - geltend, er habe während der Anhängigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens laufend bei den Dienststellen des Arbeitsmarktservice Wien den Fortbezug seiner Notstandshilfe urgiert. Demgegenüber spreche der erstinstanzliche Bescheid vom 8. Juli 1997 erstmals vom Vorliegen eines "weiteren" Antrages auf Notstandshilfe. Gegenstand des "im ersten Rechtsgang" vor dem Verwaltungsgerichtshof geführten Verfahrens sei aber gerade die Frage nach dem Fortbestand des Rechtes auf Bezug der Notstandshilfe auch nach Änderung der Rechtslage gewesen. Es sei ein sinnwidriges Ergebnis, dass der Nichtfortgang des Verfahrens während der Anhängigkeit der Beschwerde zur Folge habe, dass während dieses Zeitraumes der Anspruch des Beschwerdeführers auf Bezug der Notstandshilfe erloschen wäre.

Mit diesen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid zutreffend dargestellte Rechtslage. Bei der Zuerkennung von Notstandshilfe handelt es sich um einen zeitraumbezogenen Abspruch. Die Behörde hat daher die Sach- und Rechtslage ab Antragstellung bis zur Erlassung des Bescheides - gemäß § 66 Abs. 4 AVG bis zur Erlassung des Berufungsbescheides - zu berücksichtigen. Der Abspruch darf aber zufolge des § 35 Abs. 1 AlVG den Zeitraum von 52 Wochen nicht übersteigen. Bei neuerlicher Antragstellung nach Ablauf dieses Zeitraumes ist der Anspruch aufgrund der bestehenden Sach- und Rechtslage neuerlich einer Überprüfung zu unterziehen und zwar ohne Rücksicht auf die vorhergegangenen rechtskräftigen Absprüche. Aus solchen Absprüchen kann daher der Beschwerdeführer entgegen seiner Meinung keine Rechte für einen neuerlichen Antrag ableiten.

Der Beschwerdeführer zeigt somit mit seinem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 lit. f in Verbindung mit Abs. 4 leg. cit. wird in der Beschwerde - zu Recht - nicht bestritten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Mai 2000

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