VwGH 98/05/0082

VwGH98/05/00823.9.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des L R und 2. der E R, beide vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. März 1998, Zl. RU1-B-9807/00, betreffend Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §103;
BauO NÖ 1976 §25 Abs2;
BauRallg;
VVG §5;
BauO NÖ 1976 §103;
BauO NÖ 1976 §25 Abs2;
BauRallg;
VVG §5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag des H H und der R H auf Kostenersatz für Schriftsatzaufwand und Stempelgebühren wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde B P vom 25. Juni 1997 wurde gegenüber den Beschwerdeführern gemäß § 25 Abs. 2 Nö Bauordnung 1976 folgende Duldungsverpflichtung ausgesprochen:

"Der Bürgermeister als Baubehörde I. Instanz, vertreten durch den Vizebürgermeister, verpflichtet Sie, gemäß § 25, Abs. 2 NÖ BauO 1976 die vorübergehende Benützung Ihres Grundstückes Nr. 70/1, KG P, einschließlich des Luftraumes zur Errichtung der Feuermauerverkleidung durch die Bauwerber H... und R... H..., Anrainer des Nachbargrundstückes Nr. 71/2 und deren Beauftragte gem. dem im gegenständlichen Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen erläuterten Ausmaß in Bezug auf den erforderlichen Arbeitsraum zu dulden.

Die Inanspruchnahme Ihres Grundstückes erfolgt im notwendigen, beschriebenen Umfang zur Ausführung folgender Arbeiten:

Verkleidung der Feuermauer lt. Baubewilligung vom 7.11.1994

Die Inanspruchnahme darf im Zeitraum vom 15. Juli bis 30. Sept. 1997 an max. 5 Werktagen zwischen 7 und 19 Uhr durch den Bauführer erfolgen.

Die Niederschrift des Lokalaugenscheines vom 14.2.1997 bildet einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides."

Dieser Bescheid ist unbestritten in Rechtskraft erwachsen.

Da die Beschwerdeführer dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind, wurde mit Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde P vom 29. September 1997 bei der Bezirkshauptmannschaft der Antrag auf Durchsetzung dieses baupolizeilichen Auftrages im Wege der Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG gestellt. Die Bezirkshauptmannschaft hat den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 19. Jänner 1998 die Erfüllung dieser Verpflichtung unter Setzung einer Nachfrist aufgetragen, widrigenfalls die Verhängung einer Zwangsstrafe erfolge. Die Nachfrist wurde bis 26. Jänner 1998 gesetzt.

Mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft vom 13. Februar 1998 wurden gegen die Beschwerdeführer jeweils gemäß § 5 VVG Zwangsstrafen in der Höhe von S 5.000,-- vorgeschrieben.

Die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer wurden mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass Grundlage der angefochtenen Bescheide ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel (nämlich der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde B P vom 25. Juni 1997) sei. Weiters stimmten die angefochtenen Vollstreckungsverfügungen mit dem zu vollstreckenden Bescheid überein. Unter Zwangsmittel könnten nur die im VVG angeführten Mittel verstanden werden. Welches Zwangsmittel im Einzelfall anzuwenden sei, sei nicht in das Ermessen der Behörde gestellt, sondern im Gesetz zwingend vorgeschrieben. Da die Verhängung der Zwangsstrafen zur Durchführung eines baupolizeilichen Befehles im § 5 VVG ausdrücklich vorgesehen sei, stünden die angeordneten Zwangsmittel mit der Vorschrift des § 2 leg. cit. nicht im Widerspruch. Insbesondere sei das Berufungsvorbringen nicht geeignet, die Unzulässigkeit der angeordneten Vollstreckungsverfügungen zu begründen, da über finanzielle und wirtschaftliche Gründe, sowie solche Gründe, die im Auftragsverfahren geltend zu machen seien, im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nicht abzusprechen sei. Aktenkundig sei weiters, dass die Beschwerdeführer "bis dato" den Zugang zu ihrem Grundstück verweigert hätten und deshalb die Anbringung der Feuermauerverkleidung nicht möglich gewesen sei. Es stehe den Beschwerdeführern jederzeit frei, diesen baupolizeilichen Befehl zu erfüllen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird. Die Vollstreckung hat gemäß § 5 Abs. 2 VVG mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Gemäß § 5 Abs. 3 VVG dürfen die Zwangsmittel in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 10.000 S, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

Die Beschwerdeführer machen geltend, dass die Baubewilligung im Jahre 1992 erteilt wurde. Eine weitere Bewilligung zur Herstellung einer Feuermauerverkleidung sei mit Bescheid vom 7. November 1994 erteilt worden. Maßgeblich sei die Baubewilligung aus dem Jahre 1992. Es sei davon auszugehen, dass die Baubewilligung gemäß § 103 Nö Bauordnung bereits erloschen sei. Es sei daher die Erzwingung der Duldungsverpflichtung unzulässig. Weiters bestreiten die Beschwerdeführer, dass gemäß § 25 Nö BauO Eingriffe, die ihr Eigentum berührten (nämlich die Entfernung seines Zaunes und von in der Nähe der Grenze befindlichen Rebstöcken), zulässig seien.

Zu diesen Beschwerdeausführungen, die sich gegen den Titelbescheid, nämlich die mit Bescheid vom 25. Juni 1997 ausgesprochene Duldungsverpflichtung richten, ist festzustellen, dass ein rechtskräftiger Titelbescheid im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nicht bekämpft werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1990, Zl. 90/05/0050). Es liegt im Wesen des Vollstreckungsverfahrens, dass Umstände, über die im Titelbescheid rechtskräftig entschieden wurde, bei unverändert gebliebenem Sachverhalt im Vollstreckungsverfahren wegen Rechtskraft des Titelbescheides nicht mehr behandelt werden können (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, Zlen. 91/06/0124, 0125). Ein in Rechtskraft erwachsener Titelbescheid ist vielmehr, die erforderliche Bestimmtheit des Leistungsbefehls vorausgesetzt, taugliche Grundlage eines Vollstreckungsverfahrens. Es kommt dabei auf die Frage, ob dieser Bescheid im Anfechtungsfall Bestand hätte haben können, nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 93/06/0120).

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Recht aus Baubewilligungsbescheiden u.a. erlischt, wenn das Vorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Beginn der Ausführung vollendet ist. Gemäß dem hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1958, Slg. Nr. 4728/A, kann von einer Vollendung des Bauwerkes nicht erst dann gesprochen werden, wenn es schlüsselfertig ist, weil dies zu einem sinnwidrigen Ergebnis führte, dass eine Baubewilligung auch dann erlischt, wenn nur mehr geringfügige Restarbeiten durchzuführen sind. Als eine solche geringfügige Restarbeit stellt sich die verfahrensgegenständliche Feuermauerverkleidung dar. Dass das Gebäude im Hinblick auf die noch immer fehlende, durch die Beschwerdeführer bisher verhinderte Feuermauerverkleidung noch nicht im Sinne des § 103 Nö BauO vollendet sein sollte, trifft somit nicht zu.

Im Übrigen bestehen gegen den angefochtenen Vollstreckungsbescheid keine Bedenken; auch die Beschwerdeführer haben diesbezüglich nichts vorgetragen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Antrag des H H und der R H auf Kostenersatz für Schriftsatzaufwand und Stempelgebühren war mangels Parteistellung im vorliegenden Vollstreckungsverfahren und somit auch im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren zurückzuweisen. Wien, am 3. September 1999

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