Normen
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid vom 28. Oktober 1998 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich im Instanzenzug der mitbeteiligten Partei gemäß "§ 81, § 77, § 74 Abs. 2, § 359 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 und § 93 Abs. 3 ASchG" die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung der bestehenden Betriebsanlage (Ölzentralheizung) durch Errichtung und Betrieb einer Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes - Tanzlokal samt Musik- und Lichtanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage - an einem näher bezeichneten Standort nach Maßgabe der Projektsunterlagen und unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei stellte in ihrer Gegenschrift einen gleichartigen Antrag.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem Vorbringen in dem subjektiv-öffentlichen Recht, daß eine Betriebsanlage nur dann genehmigt werden dürfe, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden geeigneten Auflagen Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994, also hier vor allem eine Gefährdung ihres Lebens und ihrer Gesundheit vermieden werde, sowie daß Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994, also insbesondere eine Belästigung durch Lärm und Erschütterung auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bekämpfen sie einige der vorgeschriebenen Auflagen als nicht den an eine Auflage im Sinne des § 77 Abs. 1 GewO 1994 zu stellenden Anforderungen entsprechend. Im übrigen sei die belangte Behörde auf Grund (aus näher dargestellten Gründen) unschlüssiger Gutachten zu dem Ergebnis der Genehmigungsfähigkeit der in Rede stehenden Betriebsanlage gelangt. Die belangte Behörde habe es insbesondere unterlassen, sich mit dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Privatgutachten in ausreichender Weise auseinanderzusetzen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich schon auf Grund folgender Erwägungen als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet:
Gemäß § 353 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage u. a. eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen und die erforderlichen Pläne und Skizzen anzuschließen.
Gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, ausgenommen in den Fällen des § 359 b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen.
Nach dieser Rechtslage setzt ein Abspruch über die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage bzw. über die Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage ein Ansuchen voraus (antragsbedürftiger Verwaltungsakt), wobei ein einer gewerbebehördlichen Kundmachung nach § 356 Abs. 1 GewO 1994 zugrunde liegendes Ansuchen nach ständiger hg. Judikatur im Hinblick auf die den Nachbarn gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1994 eingeräumte Berechtigung zur Erhebung von Einwendungen einen (verbalen) Inhalt erfordert, der als solcher - unabhängig von den weiteren einem derartigen Ansuchen anzuschließenden und dieses detaillierenden Unterlagen und Plänen - Art und Umfang der beantragten Genehmigung eindeutig erkennen läßt (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1998, Zl. 96/04/0221).
Im vorliegenden Fall stellte die mitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 29. Jänner 1995 an die Erstbehörde das Ansuchen "um Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Gastgewerbebetriebsanlage
- Tanzlokal samt Musik- und Lichtanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage" an einem näher bezeichneten Standort. Zwar wird in diesem Schriftsatz durch Darstellung der Vorgeschichte klargelegt, daß dieses Ansuchen an die Stelle eines von einem anderen Antragsteller eingereichten Projektes "zur Änderung der bestehenden Betriebsanlage (Ölzentralheizung) durch Errichtung und Betrieb einer Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes
- Tanzlokal samt Musik-, Licht- und Lüftungsanlage" an dem bezeichneten Standort treten solle, weil dieses Projekt aus rechtlichen Gründen nicht weiter verfolgt werden könne, doch läßt die Wortwahl dieses Ansuchens - nicht zuletzt im Zusammenhang mit seinem Gegenstand - zweifelsfrei erkennen, daß damit eine (Neu)Genehmigung im Sinne des § 77 GewO 1994 angestrebt wird.
Die Erstbehörde hat dieses Ansuchen zunächst offensichtlich auch als solches im Sinne des § 77 GewO 1994 verstanden und im gesamten Schriftverkehr des erstbehördlichen Verfahrens, insbesondere aber in der Kundmachung über die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und auch in der Niederschrift über diese Verhandlung vom 15. Februar 1995, den Verfahrensgegenstand dementsprechend bezeichnet. Erst im erstbehördlichen und durch seine Bestätigung auch im angefochtenen Bescheid wird der mitbeteiligten Partei abweichend von ihrem Ansuchen die Genehmigung der Änderung einer bestehenden Betriebsanlage (Ölzentralheizung) gestützt auf § 81 GewO 1994 erteilt.
Mit dieser Vorgangsweise belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil sie einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt ohne ein entsprechendes Ansuchen setzte (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1977, Slg. N. F. Nr. 9425/A). Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem grundlegenden Mangel noch vor Eingehen auf das Beschwerdevorbringen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof veranlaßt, auf seine Rechtsprechung zur Bestimmung des § 81 GewO 1994 hinzuweisen, wonach die Genehmigung der Änderung begrifflich das Bestehen einer genehmigten Betriebsanlage voraussetzt und der Begriffsinhalt "Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage" eine Subsumtion unter die Bestimmung des § 81 dann ausschließt, wenn ein unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 74 Abs. 2 Einleitungssatz GewO 1994 im konkreten Fall zu beurteilender sachlicher oder örtlicher Zusammenhang mit der bestehenden genehmigten - "geänderten" - Betriebsanlage fehlt. Es kann daher eine Gesamtumwandlung einer Betriebsanlage unter Wegfall des genannten Zusammenhanges nicht als Änderung im Sinne des § 81 GewO 1994 angesehen werden. Im vorliegenden Fall ist - abgesehen vom fehlenden entsprechenden Antrag - für den Verwaltungsgerichtshof der genannte Zusammenhang zwischen einer zum Betrieb einer Ölzentralheizungsanlage genehmigten Betriebsanlage und einer solchen zur Ausübung des Gastgewerbes jedenfalls ohne nähere Darlegungen über den Charakter der zu ändernden Betriebsanlage nicht erkennbar (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1987, Zl. 86/04/0118, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. April 1999
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