Normen
JagdG NÖ 1974 §61 Abs1 Z11;
JagdG NÖ 1974 §61 Abs1 Z8;
JagdG NÖ 1974 §62;
JagdRallg;
JagdG NÖ 1974 §61 Abs1 Z11;
JagdG NÖ 1974 §61 Abs1 Z8;
JagdG NÖ 1974 §62;
JagdRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 7. November 1997 wurde dem Beschwerdeführer seine näher bezeichnete Jagdkarte für ungültig erklärt und diese bis zum Zeitpunkt der Tilgung der mit Urteil des Bezirksgerichtes Scheibbs vom 28. Oktober 1996 erfolgten Verurteilung des Beschwerdeführers entzogen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, dass der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Scheibbs mit Urteil vom 28. Oktober 1996 wegen Übertretung des § 36 Abs. 1 Z. 1 Waffengesetz 1986 rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei.
Weiters wird zur Begründung ausgeführt, die Aufbewahrung der geladenen Faustfeuerwaffe unter dem Fahrersitz sowie der Munition, darunter auch für die Jagd bestimmter Schrotpatronen bzw. das Führen der Faustfeuerwaffe, weshalb der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Scheibbs rechtskräftig bestraft worden sei, stellten ein sorgloses Verhalten dar, das befürchten lasse, dass er auch Jagdwaffen nicht sorgfältig verwahren werde. Auf Grund der Tatsache, dass bei der Munition in seinem Pkw auch Schrotpatronen gewesen seien, sei seine Rechtfertigung, er hätte den Revolver knapp vorher in den Pkw gelegt, weil er zu seinem näher bezeichneten Jagdkollegen (im Folgenden: R.) habe fahren wollen, um im Hof Übungsschießen abzuhalten, unglaubwürdig, denn in diesem Fall sei nicht erklärbar, weshalb sich auch Schrotpatronen im Pkw befunden hätten. Vielmehr sei anzunehmen, dass es seiner Gewohnheit entsprochen habe, die Faustfeuerwaffe bzw. die Munition im Pkw zu lassen. Der waffenrechtliche Verlässlichkeitsmangel lasse besorgen, dass der Beschwerdeführer auch mit Jagdwaffen leichtfertig und unvorsichtig umgehen bzw. diese nicht sorgfältig verwahren werde, wie dies ja auch schon mit der Schrotmunition der Fall gewesen sei. Die gerichtliche Verurteilung und die mangelhafte Verwahrung der Faustfeuerwaffe und der Munition in Verbindung mit seinem sonstigen Verhalten, wie insbesondere das nicht weidgerechte Jagen mit Scheinwerfern, das von R. bestätigt worden sei, und das offenbar widerrechtliche Aneignen von Trophäen und Fallwild, was vom Beschwerdeführer selbst "angeführt" worden sei und nur auf Grund der Verjährung zu keinem Strafantrag wegen Eingriffs in fremdes Jagdrecht geführt habe, zeigten beim Beschwerdeführer ein Persönlichkeitsbild, das es erforderlich erscheinen lasse, ihn in Hinkunft von der Jagd auszuschließen.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid "abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt".
Zur Begründung wurde - soweit dies für die Beurteilung des Beschwerdefalles von Relevanz ist - ausgeführt, die Jagdbehörde erster Instanz sei durchaus zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Beschwerdeführer öfters nicht weidgerecht verhalten habe. Der Umstand, dass er in der Berufung heftig bestreite, am 29. Mai 1996 an einem näher bezeichneten Ort einen waffenähnlichen Gegenstand aus seinem Fahrzeug gehalten zu haben, vermöge dies nicht zu erschüttern. Der Beschwerdeführer verstricke sich in seinen Aussagen nämlich in Widersprüche. Bei seiner Einvernahme am 18. Juni 1996 habe er ausgesagt, an der angesprochenen Stelle nicht mit einem Scheinwerfer in den Wald geleuchtet zu haben, wobei er diese Aussage am 8. August 1996 bei seiner Einvernahme durch die Bezirkshauptmannschaft bestätigt habe. In der Berufung hingegen bestreite "er nicht an der Stelle gewesen zu sein und in den Wald geleuchtet zu haben". Er bringe aber, erstmals, eine neue Rechtfertigung für dieses Verhalten. "Hinzu kommt noch", dass von einem Zeugen ausdrücklich bestätigt worden sei, dass der Beschwerdeführer bei der Jagd Scheinwerferlicht verwende. "Zudem" sei, insbesondere in Zusammenschau mit den widersprüchlichen Angaben des Berufungswerbers, der Wahrnehmung des Gendarmeriebeamten, der den Vorfall zur Anzeige gebracht habe, Glauben zu schenken. Dass das Jagen mit Scheinwerferlicht nicht weidgerecht sei, stehe außer Zweifel. Hinsichtlich des Vorwurfes des widerrechtlichen Aneignens von Trophäen von Fallwild sei die Jagdbehörde erster Instanz ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass dies ein Indiz dafür sei, dass ein Persönlichkeitsbild vorliege, das es erforderlich mache, den Beschwerdeführer in Hinkunft von der Jagd auszuschließen. Der Beschwerdeführer bestreite bei seinen Einvernahmen nicht, dass er sich die Trophäen angeeignet habe. Dies aber erfülle den Tatbestand der Wilderei. Der Beschwerdeführer sei aber auf Grund der bereits eingetretenen Verjährung der Vorfälle nicht mehr zu bestrafen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 Abs. 1 Z. 8 und Z. 11 NÖ Jagdgesetz 1974, LGBl. 6500-8, ist die Ausstellung einer Jagdkarte Personen "zu verweigern,
...
8. deren bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie Jagdwaffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden, oder dass sie mit Jagdwaffen unvorsichtig und unsachgemäß umgehen werden oder dass sie Jagdwaffen nicht sorgfältig verwahren werden,
...
11. die wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden sind, sofern und solang dies wegen der Art der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Verurteilten erforderlich erscheint. Die Ausstellung der Jagdkarte kann bis zur Tilgung der Verurteilung verweigert werden,
..."
Gemäß § 61 Abs. 2 NÖ Jagdgesetz 1974 hat die Verweigerung oder Entziehung der Jagdkarte mindestens auf ein Jahr zu erfolgen.
Wenn Tatsachen, derentwegen die Ausstellung einer Jagdkarte zu verweigern ist, erst nach der Ausstellung eintreten oder der Behörde, welche die Jagdkarte ausgestellt hat, nachträglich bekannt werden, ist die Behörde gemäß § 62 NÖ Jagdgesetz 1974 verpflichtet, die Jagdkarte für ungültig zu erklären und diese unter Festsetzung der Entziehungsdauer einzuziehen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die gerichtlich strafbare Handlung, dass er seine Faustfeuerwaffe in geladenem Zustand in seinem Fahrzeug gehabt habe, habe dazu geführt, dass dem Beschwerdeführer diese Faustfeuerwaffe und die Waffenbesitzkarte entzogen worden seien. Die Art der strafbaren Handlung und auch die Persönlichkeit des Beschwerdeführers machten es nicht erforderlich, dass ihm auch die Jagdkarte entzogen bzw. für ungültig erklärt werde.
In § 61 Abs. 1 Z. 11 NÖ Jagdgesetz 1974 findet sich der Ausdruck "Persönlichkeit des Verurteilten". Sowohl nach § 61 Abs. 1 Z. 11 leg. cit. als auch nach § 62 in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Z. 11 leg. cit. geht es um eine Vorausschau auf die Zukunft unter dem Blickwinkel der Frage, ob eine wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilte Person im Falle der Ausstellung bzw. des Belassens der Jagdkarte geschützte Interessen gefährden oder verletzen werde. Dementsprechend bezieht sich der Begriff der "Persönlichkeit" in § 61 Abs. 1 Z. 11 leg. cit. auf Tatsachen, aus denen sich bestimmte Verhaltenserwartungen, genauer: bestimmte Befürchtungen hinsichtlich des zukünftigen Verhaltens, ergeben. Wendet die Behörde § 61 Abs. 1 Z. 11 NÖ Jagdgesetz 1974 an, so muss sie darlegen, welche bestimmten Tatsachen eine Verletzung oder Gefährdung der geschützten Interessen durch die betreffende Person befürchten ließen. Zu den geschützten Interessen gehört dabei insbesondere das Interesse an der Sicherstellung, dass Jagdwaffen nicht missbräuchlich oder leichtfertig verwendet werden (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1980, Zlen. 3008, 3067/79).
Wie oben dargestellt, hat sich die Behörde erster Instanz darauf gestützt, dass die Aufbewahrung der geladenen Faustfeuerwaffe unter dem Fahrersitz sowie der Munition, darunter auch für die Jagd bestimmter Schrotpatronen, ein sorgloses Verhalten darstelle, das befürchten lasse, der Beschwerdeführer werde auch Jagdwaffen nicht sorgfältig verwahren. Dem angefochtenen Bescheid kann mit noch hinreichender Klarheit entnommen werden, dass die belangte Behörde dieses Begründungselement der Behörde erster Instanz rezipiert hat. Diese aus der strafbaren Handlung und den Begleitumständen (Schrotpatronen) gezogene Befürchtung einer Verletzung bzw. Gefährdung der geschützten Interessen (im Sinne der hg. Rechtsprechung) ist für den Verwaltungsgerichtshof auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht als unschlüssig - und damit auch nicht als mit dem menschlichen Erfahrungsgut widersprechend - zu erkennen.
Ist damit zwar - an sich - die Bejahung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 61 Abs. 1 Z. 11 NÖ Jagdgesetz 1974 durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen, so ist der Beschwerdeführer jedoch im Recht - und ist dies für eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Dauer der Entziehung auch von Bedeutung -, wenn er sich dagegen wendet, dass die Behörde die Entziehung der Jagdkarte (auch) darauf gestützt habe, er habe einen waffenähnlichen Gegenstand durch das offene Fenster des Fahrzeuges in den Wald gehalten. Es habe niemand namhaft gemacht werden können, der angegeben habe, der Beschwerdeführer hätte bei diesem Vorfall mit einem Gewehr und einem darauf befestigten Scheinwerfer in den Wald gezielt. Es sei auch nicht untersucht worden, ob nun der Beschwerdeführer tatsächlich mit einem Gewehr oder mit einem gewehrähnlichen Gegenstand in den Wald gezielt habe, wobei sich bei Letzterem die Frage erhebe, was darunter zu verstehen wäre.
Der Beschwerdeführer ist damit insofern im Recht, als sich die belangte Behörde auf die Sachverhaltsfeststellung beschränkt hat, der Beschwerdeführer habe einen waffenähnlichen Gegenstand aus dem Fahrzeug gehalten. Bereits darin ein für die Beurteilung nach § 61 Abs. 1 Z. 11 NÖ Jagdgesetz 1974 relevantes Verhalten zu sehen, wie dies die belangte Behörde getan hat, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar.
Gleiches hat im Übrigen für den Fall zu gelten, dass die belangte Behörde aus diesem Verhalten auf die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 61 Abs. 1 Z. 8 NÖ Jagdgesetz 1974 geschlossen haben sollte. Daraus, dass jemand einen "waffenähnlichen Gegenstand" aus dem Fahrzeug hält, kann etwa noch nicht geschlossen werden, dass er Jagdwaffen missbräuchlich verwendet.
Die belangte Behörde verkannte damit die Rechtslage, wenn sie - offenkundig zur Begründung der Dauer der Entziehung der Jagdkarte - auch darauf abstellte, der Beschwerdeführer habe einen "waffenähnlichen Gegenstand aus seinem Fahrzeug gehalten".
An dieser zur Aufhebung führenden Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag auch nichts zu ändern, wenn sich die belangte Behörde hinsichtlich der missbräuchlichen Verwendung von Jagdwaffen darauf stützt, es sei von einem Zeugen ausdrücklich bestätigt worden, dass der Beschwerdeführer bei der Jagd Scheinwerferlicht verwende, weil es diesbezüglich an nachvollziehbaren (konkreten) Feststellungen über das Jagen mit Scheinwerferlicht fehlt. Ebenso mangelt es dem angefochtenen Bescheid (im Zusammenhalt mit dem erstinstanzlichen Bescheid) an ausreichend nachvollziehbaren und begründeten Sachverhaltsfeststellungen - auch betreffend den Zeitpunkt und den Umfang - hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemachten widerrechtlichen Aneignung der Trophäen von Fallwild, um die Rechtmäßigkeit der konkret verhängten Dauer der Entziehung der Jagdkarte überprüfen zu können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes
nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 15. November 2000
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