VwGH 98/03/0114

VwGH98/03/011415.11.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der TT in H, vertreten durch den Sachwalter FH in L, dieser vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Schmiedgasse 21, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. Februar 1998, Zl. 9 - 32 - 176/1997 - 21, betreffend Kostenbeitrag zu den Unterbringungs- und Pflegekosten in einem Pflegeheim, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §324 Abs3;
SHG Stmk 1977 §39 idF 1996/053;
SHG Stmk 1977 §5 Abs1;
ASVG §324 Abs3;
SHG Stmk 1977 §39 idF 1996/053;
SHG Stmk 1977 §5 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 1/1977, (im Folgenden: SHG) ein näher bezeichneter Pflegeheimplatz zugewiesen.

Weiters wurde ausgesprochen:

"Frau TT wird für den Zeitraum 14.4.1997 bis 31.12.1997 zu einem Kostenbeitrag zu den Unterbringungs- und Pflegekosten im Pflegeheim H in der Höhe von S 85.560,67 (resultierend aus 80 % der Pension und 80 % des Pflegegeldes) verpflichtet.

Weiters wird Frau TT für den Zeitraum 14.4.1997 bis 31.12.1997 zu einem Kostenbeitrag (auf Grund des eingeschränkten persönlichen Bedarfes) zu den Unterbringungs- und Pflegekosten im Pflegeheim H in Höhe von S 13.393,44 verpflichtet.

Insgesamt hat Frau TT dem Sozialhilfeverband Leibnitz für den Zeitraum 14.4.1997 bis 31.12.1997 zu den Unterbringungs- und Pflegekosten im Pflegeheim H einen Kostenbeitrag in Höhe von S 98.954,11 zu leisten.

Die durch den Kostenbeitrag von Frau TT nicht gedeckten Kosten hat der Sozialhilfeverband Leibnitz aus seinen Mitteln zu tragen, soweit nicht unterhaltspflichtige Angehörige der Partei oder Dritte im Sinne des § 39 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes hiezu zum Aufwandersatz verpflichtet sind. Diesbezüglich hat der Sozialhilfeverband Leibnitz ein gesondertes Prüfungsverfahren durchzuführen.

Die Partei ist gemäß § 43 leg. cit. verpflichtet, jede Änderung betreffend die Vermögens- und Einkommensverhältnisse, auf Grund welcher sich das Ausmaß der Hilfeleistung sowie auch der laufende Verpflegskostenbeitrag verändern würde, unverzüglich dem Sozialhilfeverband Leibnitz anzuzeigen."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es im Wesentlichen, mit der Bestimmung des § 324 Abs. 3 ASVG würde lediglich die Legalzession zu Gunsten des Sozialhilfeträgers bzw. der Umfang dieser Legalzession normiert. Daraus sei keinesfalls abzuleiten, dass der Sozialhilfeträger (im § 324 Abs. 3 ASVG sei kein Hinweis auf einen Verwendungszweck der verbleibenden 20 % der Pension enthalten) nicht auf Grund anderer Vorschriften (z.B. § 5 Abs. 1 Stmk. Sozialhilfegesetz) Ersatz seiner durch die Legalzession nicht gedeckten Sozialhilfeaufwendungen beanspruchen könnte. Es sei gerechterfertigt, dem Heimbewohner auch von seinen verbleibenden Geldmitteln einen Kostenbeitrag zur Deckung der Heimkosten vorzuschreiben, wenn die Bedürfnisse des Heimbewohners entsprechend gering seien (nach den Erfahrungen des täglichen Lebens werde der Gesundheitszustand ein wesentlicher Faktor sein) und die verbleibenden Geldmittel mangels Bedarfs monatlich regelmäßig nicht ausgeschöpft würden.

Die belangte Behörde kommt auf Grund einer "Bedarfsprüfung" zum Schluss, dass die Summe der Aufwendungen für den persönlichen Bedarf (S 12.468,06) den Betrag von S 25.861,50 (20 % Pension + Sonderzahlungen) nicht erreicht hätten, weshalb der Betrag von S 13.393,44 der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 14. April 1997 bis 31. Dezember 1997 als weiterer Kostenbeitrag in Rechnung zu stellen gewesen sei.

An anderer Stelle heißt es, dass Gegenstand des Verfahrens die Prüfung des Bedarfes in Verbindung mit dem Einsatz der eigenen Mittel (§ 5 Abs. 1 SHG) und nicht die Festsetzung eines eventuellen Rückersatzes gemäß § 39 SHG sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das im Beschwerdefall noch anzuwendende SHG bestimmte in § 5 Abs. 1, dass Hilfe nur so weit zu gewähren ist, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 7) zu sichern.

§ 13 leg. cit. hatte folgenden Wortlaut:

"Unterbringung in Anstalten oder Heimen

(1) Der ausreichende Lebensbedarf kann mit Zustimmung des Hilfeempfängers (seines gesetzlichen Vertreters) durch Unterbringung in geeigneten Anstalten oder Heimen gesichert werden. Andere Rechtsvorschriften über die Unterbringung von Personen in Anstalten oder Heimen werden hiedurch nicht berührt.

(2) Soweit der Lebensbedarf durch die Unterbringung in einer Anstalt oder einem Heim gewährt wird, gebührt den Hilfeempfängern, insbesondere zur Sicherung des Aufwandes für persönliche Bedürfnisse, ein Taschengeld. Das Taschengeld darf 20 v.H. des Richtsatzes für den Alleinunterstützten nicht überschreiten. Das Taschengeld gebührt in den Monaten Juni und November in zweifacher Höhe."

§ 39 Abs. 1 SHG (in der Fassung LGBl. Nr. 53/1996) bestimmte, dass (u.a.) der Hilfeempfänger verpflichtet ist, aus seinen Einkünften und aus seinem Vermögen, soweit hiedurch das Ausmaß des Lebensbedarfes (§ 7) nicht unterschritten wird, dem Sozialhilfeträger den Aufwand zu ersetzen.

Die Beschwerdeführerin macht u.a. geltend, die Heimunterbringung sei eine Sachleistung. Der Ersatz von Aufwendungen hiefür könne nur nach § 39 SHG erfolgen. Schon damit zeigt die Beschwerdeführerin - im Ergebnis - eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde geht nach der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass es sich beim angefochtenen Bescheid nicht um die Festsetzung eines Rückersatzes gemäß § 39 SHG handle. Sie bekräftigt dies auch in ihrer Gegenschrift.

Dies ist insoweit zutreffend, als der angefochtene Bescheid, wenn auch rückwirkend (14.4.1997 bis 31.12.1997), die Vorschreibung eines von der Beschwerdeführerin zu leistenden "Kostenbeitrages" zum Inhalt hat (im Übrigen auch hinsichtlich des nach § 324 Abs. 3 ASVG ohnedies vom Anspruchsübergang erfassten Teiles der Rente bzw. Pension). Eine solche rückwirkende Vorschreibung eines "Kostenbeitrages" kann nicht als Rückersatz nach § 39 SHG gedeutet werden, weil damit bescheidmäßig ein am jeweiligen (also seinerzeitigen) Einkommen orientierter Beitrag vorgeschrieben wird und nicht ein auf die nunmehrigen (im Zeitpunkt der Bescheiderlassung gegebenen) wirtschaftlichen Verhältnisse des Hilfeempfängers abzustellender Rückersatz (vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 520). Mit anderen Worten: Eine solche "rückwirkende Beitragsvorschreibung" würde das Tatbestandselement des Abstellens auf die aktuelle wirtschaftliche Lage des Hilfeempfängers beim Rückersatz nach § 39 SHG unterlaufen; die rückwirkende Beitragspflicht bestünde nämlich selbst dann, wenn zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung kein Einkommen (und kein Vermögen) mehr vorhanden wäre.

Schon aus diesen Überlegungen (Umgehung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 39 SHG) verbietet es sich aber auch, aus § 5 Abs. 1 SHG (oder einer anderen Gesetzesstelle), eine Ermächtigung zu einer derartigen "rückwirkenden Beitragsvorschreibung" abzuleiten, wie dies die belangte Behörde tat.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. November 2000

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