Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "Jugosl. Föderation", der am 23. September 1997 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 24. September 1997 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 6. Oktober 1997 niederschriftlich einvernommen.
Er sei seit 1993 Mitglied der LDK und für sie als bezahlter Bote (Zustellung von Kuverts, deren Inhalt dem Beschwerdeführer nicht bekannt sei, an Schulen) tätig gewesen. Bei einem Botengang sei er von sechs Polizisten angehalten, durchsucht und nach Vorfinden der Kuverts mit Gummiknüppeln, einem Gewehr und Fäusten geschlagen worden. Er habe eine Platzwunde oberhalb des rechten Auges und Blutergüsse am Rücken davongetragen. Im Brustbereich links habe er heute noch Schmerzen. Danach habe man ihn auf die Polizeistation gebracht, wo er einen Tag in einer Zelle angehalten worden sei. Als am Abend dieses Tages Dienstwechsel gewesen sei, sei er von den Beamten der nächsten Schicht entlassen worden, weil diese nicht gewußt hätten, weshalb er festgehalten worden sei. Etwa zehn Tage darauf sei er während eines Spazierganges mit seinem Bruder in der Stadt Peje von einem Polizisten erkannt und angehalten worden. Der Polizist habe ihm den Personalausweis abgenommen und vorgeworfen, daß der Beschwerdeführer den Militärdienst noch nicht abgeleistet habe. Der Beschwerdeführer habe noch keinen Einberufungsbefehl erhalten. Der Polizist habe dies nicht geglaubt und ihm eine Ohrfeige versetzt. In der Folge seien er und sein Bruder festgenommen und zur Polizeistation von Peje gebracht worden. Dort habe man sie getrennt befragt. Der Beschwerdeführer sei nach dem Vorsitzenden der LDK gefragt worden und von wem er die Dokumente, die man bei der ersten Anhaltung bei ihm gefunden habe, bekommen hätte. Der Beschwerdeführer habe keine Personen bekanntgegeben. Er sei in der Folge wieder geschlagen worden und habe Blutergüsse davongetragen. Er habe aus der Nase und dem Mund geblutet. Am Abend dieses Tages sei er von der Polizei nach Hause gebracht worden. Von den Polizisten sei das Haus seiner Eltern durchsucht worden. Sie hätten den Reisepaß des Beschwerdeführers und noch zu verteilende Dokumente der LDK beschlagnahmt. Danach habe man ihn wieder zur Polizeistation gebracht, wo man ihn bis 24.00 Uhr festgehalten habe. Dann sei er entlassen worden und habe eine Ladung für den nächsten Tag zur selben Polizeistation bekommen. Es sei ihm von seinen Sachen bzw. Dokumenten nichts gegeben worden. Er sei der Ladung für den nächsten Tag nicht gefolgt, da ihm angedroht worden sei, daß man ihn vor Gericht stellen würde. Der Beschwerdeführer befürchte eine Verurteilung wegen der bei ihm vorgefundenen Dokumente und der nicht genannten Namen. Als er am Abend des 20. November 1996 nach Hause zurückgekehrt sei, habe ihm seine Mutter die Vorladung übergeben. Er habe aus Angst, inhaftiert zu werden, sein Elternhaus verlassen. Er habe sich in der Folge in verschiedenen Dörfern bei verschiedenen Verwandten aufgehalten. Er sei nach dem 20. November 1996 nicht mehr zu Hause gewesen. Er sei von den Verwandten, bei denen er sich aufgehalten habe, unterstützt worden. Er habe in dieser Zeit von verschiedenen Freunden und Verwandten Geld geschenkt erhalten, um den Kosovo verlassen zu können. Vor dem September 1997 habe er nicht über genügend Barmittel verfügt, um die Flucht finanzieren zu können. Über Vorhalt, wie er sich erklären könne, aus welchem Grund man ihn am 19. November 1996 entlassen habe, wenn man ihn am 20. November 1996 vor Gericht habe stellen wollen, antwortete der Beschwerdeführer, es sei ihm von einem der Polizisten erlaubt worden, die Polizeistation zu verlassen, weil er ihm sein Wort gegeben habe, sich am nächsten Tag zu melden. Nach dem 19. November 1996 habe er insoferne Kontakt mit der Polizei gehabt, als er Anfang 1997 auf der Straße in Peje von Polizisten erkannt worden sei. Er habe aber vor einer Festnahme flüchten können. Über Vorhalt des Widerspruches, daß er eingangs der Vernehmung angegeben habe, nach dem 20. November 1997 nicht mehr zu Hause in Peje gewesen zu sein, antwortete der Beschwerdeführer, er habe sich an diesem Tag auf dem Weg zu seinen Eltern befunden, um diese zu besuchen. Er habe dies in der Folge nicht mehr versucht. Er habe sein Leben nicht riskieren wollen, weil man ihn aus Anlaß der Nichtbefolgung einer Vorladung zur Polizei "auch hätte töten können".
Den Vorhalt der zeitlichen Diskrepanz in den Angaben des Beschwerdeführers zwischen erster und zweiter Verhaftung erklärte der Beschwerdeführer damit, daß er sich nicht genau daran erinnern könne, wann er das erste Mal festgenommen worden sei.
Die Behörde erster Instanz wies den Asylantrag unter anderem mit der Begründung ab, daß aufgrund verschiedener Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben des Beschwerdeführers diesem die Glaubwürdigkeit nicht zukomme.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er legte der Berufung Berichte des Council for the Defence of Human Rights and Freedoms in Prishtina (KMDLNJ) betreffend den Zeitraum Juli bis September 1997 und 12. Oktober bis 19. Oktober 1997 bei.
Die belangte Behörde führte am 5. März 1998 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher sie den Beschwerdeführer ausführlich unter Beiziehung eines Dolmetsch und in Anwesenheit seiner gewillkürten Vertreterin einvernahm, und unter anderem Berichte des UNHCR (Länderinformationsblatt Kosovo mit Stand vom November 1995), einen Bericht der Österreichischen Botschaft über die Lage im Kosovo sowie einen Bericht des Vertrauensanwaltes der Österreichischen Botschaft in Belgrad vom 23. Juni 1997 vorlegte, nach welchen im politischen Bereich eine Verfolgung allenfalls nur für verantwortungsvolle Positionen im Rahmen der LDK zu befürchten sei, wobei, soweit überhaupt Parteien verfolgt würden, dies jene seien, die sich mit dem Begriff des friedlichen Widerstandes des Ibrahim Rugova, somit der LDK, nicht identifizierten, sondern darüber hinausgehend Aktionen setzten. Hiezu gab die Vertreterin des Beschwerdeführers an, nach diesen Informationen seien weniger exponierte Vertreter der LDK genauso von Verfolgung betroffen. Entscheidungskriterium sei, wie sehr ihre Tätigkeit ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten sei. Die Gefahr bestehe weniger in einer politischen Verurteilung, sondern darin, daß unter einem strafrechtlichen Vorwand eine Verfolgung stattfinde. Zudem würde der Beschwerdeführer aus ethnischen Gründen im Fall einer Rückkehr Verfolgung erleiden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. März 1998 wies die belangte Behörde gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) die Berufung ab. Sie begründete den Bescheid damit, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nach begründeten Vorhalten alle Zweifel auszuräumen. Die belangte Behörde sprach dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit nicht hinsichtlich der "Ereignisse der verfahrensgegenständlichen beiden Polizeiamtshandlungen" ab, sondern nur "hinsichtlich der Ereignisse der Umstände der Entlassung von der Polizeiwache, den späteren Nachschauten der Polizei im Hause des Asylwerbers sowie der Hausdurchsuchung". Klar geworden sei, daß sich der Beschwerdeführer nach seiner ersten Anhaltung "nicht gerade furchtvoll und sorgsam versteckt gehalten" habe, und nicht alle möglichen Risken einer späteren neuerlichen Anhaltung vermieden habe. Sogar nach der zweiten Amtshandlung der Polizei sei er "gemessen an der behaupteten gegründeten Furcht vor den Folgen seines Nichterscheinens zum eingeleiteten Verfahren geradezu sorglos" gewesen. Der Beschwerdeführer sei sich über die Ziele der LDK im wesentlichen im unklaren, deshalb könne entgegen seinen Berufungsangaben bei ihm nicht davon ausgegangen werden, daß er ein politischer Aktivist der LDK sei, sondern es handle sich bei ihm lediglich um einen "Postmann".
Rechtlich gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, daß für einen "Postmann" eine konkrete Verfolgungsgefahr "im Lichte notorischer, amtsbekannter Tatsachen über die LDK unglaubwürdig" sei und ausgeschlossen werden könne, "da ja die LDK im Kosovo eine offiziell zugelassene, zumindest geduldete Partei" sei, welche flächendeckend organisiert sei und nach eigenen Angaben über 900.000 Mitglieder verfüge, somit weite Teile der albanisch-sprachigen Bevölkerung umfasse. Bei einer solchen Organisationsdichte und so vielen Mitgliedern gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, daß ein einfacher Bote in irgendeiner Form exponiert und in hohem Ausmaß von Verfolgung bedroht erscheine oder gar Geheimnisträger wäre.
Zur Vorgangsweise der Polizei führte die belangte Behörde aus:
"Die wesentlichen behaupteten Mißhandlungen waren sowohl beim ersten Zusammentreffen mit der Polizei und bei einem zufällig zustandegekommenen Zusammentreffen mit der Polizei, welche sich auf normaler allgemeiner Streife befand, ein und demselben Beamten oder zumindest in wesentlicher Intention diesem Beamten zuzuordnen, jedenfalls aber läßt sich hieraus auf eine generelle, in jedem Stadium der beiden Amtshandlungen gegen die Person des Asylwerbers gerichtete Brutalität der Polizei (als Gesamtheit) nicht schließen, wenn auch die Entgleisungen dieses einen Polizisten (und möglicherweise eines Nachahmers seiner Tätigkeit) keinesfalls zu entschuldigen sind.
Für derartige Entgleisungen gibt es grundsätzlich im serbischen Recht Strafbestimmungen und wird diese vom Staat auch verfolgt.
Zugleich gibt jedoch der Asylwerber durchwegs glaubwürdig an, daß das Spektrum seiner Behandlung im Rahmen beider Amtshandlungen der Polizei von Brutalität über Korrektheit bis geradezu Mitleid je nach befaßter Person der Amtshandlung reichte, woraus ein weiteres Indiz für die obige Beurteilung abzuleiten war."
Zusammenfassend gelangte die belangte Behörde zur Beurteilung, daß dem Beschwerdeführer keine ernsthafte Verfolgung, weder aufgrund der beiden Polizeiamtshandlungen, noch aufgrund des bevorstehenden Verfahrens, "das dem Bereich der geringfügigen Strafverfolgung zuzuordnen" sei, gedroht habe und keine wohlbegründete Furcht vor einer Verfolgung mit schweren Folgen gesehen werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zentraler Aspekt der dem § 7 AsylG 1997 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0858).
Der belangten Behörde ist zwar dahingehend Recht zu geben, daß der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung kurzzeitige Inhaftierungen, wenn sie ohne Folgen blieben, und Hausdurchsuchungen aufgrund mangelnder Intensität nicht als asylrechtlich relevante Verfolgung anerkennt.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer zu den von ihm behaupteten zweimaligen Verhaftungen samt den jeweils hiebei erfolgten Übergriffen (Schläge mit Verletzungsfolge) die Glaubwürdigkeit nicht abgesprochen. Sie übersieht, daß es nicht nur auf bereits stattgefundene Maßnahmen der Behörde des Heimatstaates gegen den Asylwerber ankommt, sondern darauf, ob aufgrund der Gesamtsituation aus objektiver Sicht wohlbegründete Furcht vor Verfolgung vorliegt. In dem von der belangten Behörde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung erörterten Bericht der Österreichischen Botschaft in Belgrad vom 23. Juni 1997 ist unter anderem ausgeführt:
"Repressionsmaßnahmen in Kosovo zeichnen sich allgemein durch Unberechenbarkeit und Willkür aus. Hiermit wird gezielt eine allgemeine Verunsicherung erzeugt, und der Repressionsdruck so beständig aufrechterhalten. Die Maßnahmen betreffen die Mehrheit der Bevölkerung nicht ..., sie können aber jederzeit jeden treffen. Ausschlaggebend für eine eventuelle Betroffenheit könnte sein, in welchem Maß der Betroffene 'ins Blickfeld' der serbischen Behörden geraten ist. Repressionsmaßnahmen treffen natürlich immer wieder und ganz gezielt auch (aber nicht nur oder überwiegend) politische Aktivisten. Gerade die Unberechenbarkeit macht das Prinzip der Repression im Kosovo aus."
Die Ansicht der belangten Behörde, aus dem Bericht ergebe sich, daß ein Postbote der LDK nicht asylrechtlich-relevanter Verfolgung unterliege, ist daraus in dieser Allgemeinheit nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer ist anläßlich einer seiner Postbotengänge - zufällig - "ins Blickfeld" der serbischen Behörden geraten. Er wurde inhaftiert, geschlagen und erfolglos verhört. Weniger als einen Monat später wurde er erneut festgenommen, geschlagen und wieder erfolglos verhört. Anläßlich der hiebei durchgeführten Hausdurchsuchung wurden - so die Angaben des Beschwerdeführers - weitere Kuverts der LDK im Elternhaus des Beschwerdeführers gefunden, welche der Beschwerdeführer hätte zustellen sollen. Welche der diese Vorgänge betreffenden Behauptungen des Beschwerdeführers von der belangten Behörde als glaubwürdig und welche als unglaubwürdig gewertet wurden, ist angesichts der undeutlichen Begründung des
angefochtenen Bescheides ("... nur zum Teil gelungen,
Glaubwürdigkeit ... nicht in allen Punkten des Vorbringens ..., vgl. Seite 9 des angefochtenen Bescheides) nicht mit Sicherheit nachvollziehbar, was einen Verfahrensmangel darstellt. Geht man aber davon aus, daß die belangte Behörde in den erwähnten Sachverhaltselementen dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit nicht abgesprochen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid aus folgenden Gründen als inhaltlich rechtswidrig:
Da dem Beschwerdeführer - als jedenfalls glaubwürdig erachtet - die im Akt befindliche Vorladung (Blatt 59 und 61) zur Sicherheitsbehörde in Pec zwecks eines "dienstlichen Gespräches" zugestellt wurde, und er diese Vorladung nicht befolgte, ist es durchaus für möglich anzusehen, daß der Beschwerdeführer im Sinne des Berichtes der Österreichischen Botschaft im Zusammenhang mit seiner - wenngleich auch untergeordneten - Botentätigkeit für die LDK in erhöhtem Maß "ins Blickfeld" der serbischen Behörden geraten ist. Es kann durchaus mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß dem Beschwerdeführer im Falle seines erneuten Aufgreifens durch Polizeibehörden seiner Heimat eine Inhaftierung in längerem Ausmaß und schwerere Mißhandlungen als bis dahin drohten.
Die belangte Behörde weist im angefochtenen Bescheid darauf hin, daß dem Beschwerdeführer "aufgrund der Gerichtsorganisation" nur eine "geringfügige Strafverfolgung" (möglicher Strafrahmen bis 60 Tage bzw. Tagessätzen) drohe. Dieser Hinweis geht im gegenständlichen Fall deshalb ins Leere, weil das fluchtauslösende Ereignis nicht (nur) ein drohendes Gerichtsverfahren war, sondern (in erster Linie) die Nichtbefolgung der Ladung zur Sicherheitsbehörde zwecks eines "dienstlichen Gespräches", und der Beschwerdeführer bereits anläßlich seiner Ersteinvernahme nicht nur die (subjektive) Furcht vor einer Verurteilung wegen der bei ihm gefundenen Dokumente und wegen der Nichtpreisgabe von Namen beim Verhör vorgebracht hat, sondern vorwiegend die Furcht ins Treffen geführt hat, aufgrund der Nichtbefolgung der Vorladung zur Polizei getötet werden zu können. Eine solche Furcht ist im Sinne der obigen Ausführungen zumindest als Furcht vor längerer Inhaftierung samt bedeutender Mißhandlung aus objektiver Sicht asylrechtlich relevant.
Indem die belangte Behörde darauf hinweist, daß das Verhalten des Beschwerdeführers nach Verlassen seines Heimatortes "sorglos" gewesen sei, weshalb sich daraus eine "Relativierung einer gegründeten Furcht" ergebe, übersieht sie, daß aus den nicht als unglaubwürdig erachteten Angaben des Beschwerdeführers über den mehrmaligen Wechsel seiner Unterkunft nach Verlassen seines Elternhauses trotz des Versuches, Anfang 1997 in seinem Heimatort seine Eltern zu besuchen, nicht zwingend zu entnehmen ist, daß er sich "sorglos" verhalten habe. Denn der Beschwerdeführer hat angegeben, bei Ansichtigwerden von Polizisten, die ihn erkannt hätten, vor einer neuerlichen Festnahme geflüchtet zu sein und danach jeden weiteren Versuch, seine Eltern zu besuchen, unterlassen zu haben. Daß der Beschwerdeführer sich außer dem genannten Versuch, seine Eltern zu besuchen, auch sonst der Gefahr der Verhaftung ausgesetzt habe, kommt aus dem Akt des Verwaltungsverfahrens nicht hervor.
Auch die Angabe des Beschwerdeführers, er habe nicht sogleich nach dem Vorfall vom 19. November 1996 flüchten können, weil ihm die Mittel zur Flucht gefehlt hätten und er diese erst im September 1997 gesammelt gehabt habe, wurde von der belangten Behörde nicht als unglaubwürdig erachtet. Daher ist ein zeitlicher Konnex zwischen der Flucht und der letzten stattgefundenen Verfolgungshandlung zu Recht nicht verneint worden.
Aus welchen Beweisergebnissen die belangte Behörde abzuleiten sucht, daß die behaupteten Mißhandlungen "ein und demselben Beamten oder zumindest in wesentlicher Intention diesem Beamten zuzuordnen" seien, ist angesichts der Angaben des Beschwerdeführers, er sei von (mehreren) Polizisten, die ihn einvernommen und geschlagen hätten, nicht zu erkennen. Darüber hinaus übersieht die belangte Behörde aber, daß auch Einzelhandlungen von Behördenorganen dem Heimatstaat zuzurechnen sind, solange dieser nicht tatsächlich Maßnahmen ergreift, um Übergriffe von einzelnen Organen hintanzuhalten. Daß die grundsätzlich im "serbischen Recht" enthaltenen Strafbestimmungen für Übergriffe eines Beamten tatsächlich gegen serbische Polizisten angewendet würden, welche sich Übergriffe gegen ethnische Albaner im Kosovo zu Schulden kommen ließen, ist aus dem Akteninhalt nicht zu ersehen und ohne nähere Ermittlungen hiezu auch nicht vorauszusetzen, zumal nicht hervorgekommen ist, daß einer der an den Amtshandlungen gegen den Beschwerdeführer beteiligten Polizisten etwas unternommen hätte, um den Übergriffen eines oder mehrerer anderer Polizisten Einhalt zu gebieten.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. Oktober 1998
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