VwGH 97/16/0068

VwGH97/16/006812.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des HP in S, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in Schladming, Martin-Luther-Straße 154, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich je vom 23. Jänner 1997, Zl. 118/1-9/Mü-1995 und Zl. 119/1-Mü-1996, betreffend jeweils Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1955 §20 Abs1;
GrEStG 1955 §20 Abs5;
GrEStG 1955 §20 Abs1;
GrEStG 1955 §20 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von zusammen S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei im wesentlichen gleichlautenden Kaufvertragsurkunden erwarb der Beschwerdeführer von der D GmbH in G je 2.004/100.000-Anteile an der Liegenschaft EZ 1116, KG G, mit denen das Wohnungseigentum 1) an der Wohnung Nr. 404 und 2) an der Wohnung Nr. 406 untrennbar verbunden war. Nach den notariellen Beglaubigungsvermerken wurden die Vertragsurkunden vom Beschwerdeführer jeweils am 9. April 1985 und von Dipl. Ing. Dieter P für die D GmbH am 12. Juli 1985 unterfertigt.

In den Vertragsurkunden und in den dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz vorgelegten Abgabenerklärungen über die genannten Erwerbsvorgänge wurde die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG 1955 beantragt.

Mit Bescheiden vom 12. Juli 1994 wurde dem Beschwerdeführer Grunderwerbsteuer für die gegenständlichen Kaufverträge vorgeschrieben. In der Begründung wurde ausgeführt, es sei auf der Liegenschaft ein Sporthotel und kein Wohnhaus im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b GrEStG 1955 errichtet worden. Ein Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 20 GrEStG 1955 sei nicht erfolgt.

In gleichlautenden Berufungen gegen die Grunderwerbsteuerbescheide vom 12. Juli 1994 wurde geltend gemacht, der Kaufvertrag sei "von der Verkäuferin nach Kenntnis (des Beschwerdeführers) nie gegengezeichnet" worden. Der Kaufvertrag sei daher nie zustande gekommen. Für den Fall, daß der Kaufvertrag doch "gegengezeichnet" worden sei, werde in eventu gemäß § 20 GrEStG 1955 die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer beantragt. Den Berufungen war ein Schreiben Dris. S. vom 11. Juli 1986 angeschlossen, wonach dieser in seiner Eigenschaft als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der D. GmbH von den "Kaufverträgen TOP 404, 406" zurücktrete.

Mit gleichlautenden Berufungsvorentscheidungen wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieser Berufungsvorentscheidungen wurde unter anderem ausgeführt, die Kaufverträge seien am 12. Juli 1985 von der Verkäuferin unterfertigt worden. Der Antrag auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer sei verspätet.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die angeführten Berufungen.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung der Bescheide wurde darauf verwiesen, daß die Kaufverträge von der Verkäuferin unterfertigt worden seien. Ein Antrag nach § 20 GrEStG 1955 sei (innerhalb der vorgesehenen Frist) nicht erfolgt.

In den Beschwerden werden inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerden erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtfestsetzung von Grunderwerbsteuer verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die zu beiden Beschwerdefällen verfaßten Gegenschriften der belangten Behörde sowie die Akten der jeweiligen Verwaltungsverfahren vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerdefälle im Hinblick auf ihren persönlichen und sachlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und über die Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 20 Abs. 1 des auf die Beschwerdefälle noch anzuwendenden GrEStG 1955 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt,

  1. 1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,
  2. 2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,
  3. 3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird.

Nach Abs. 5 des § 20 GrEStG 1955 können unter anderem Anträge nach Abs. 1 bis zum Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist.

Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide bringt der Beschwerdeführer ausschließlich vor, er sei zur Stellung eines Antrages im Sinne des § 20 GrEStG 1955 nicht verpflichtet gewesen; vielmehr sei die Verkäuferin bzw. der Masseverwalter "ex contractu" zu einer solchen Antragstellung verpflichtet gewesen. Aus diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer nichts gewinnen: Voraussetzung für die Nichtfestsetzung der Steuer ist die Einbringung eines entsprechenden Antrages der Partei (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 12. April 1984, Zl. 83/16/0083). Der Beschwerdeführer selbst behauptet nicht, daß ein solcher Antrag (rechtzeitig) gestellt worden sei. Nach dem Inhalt der Akten ist davon auszugehen, daß von keinem der als Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer in Betracht kommenden Vertragsparteien ein solcher Antrag gestellt worden ist. (Aus dem in der Berufung nach der Aktenlage zweifellos verspätet gestellten Antrag ist dabei nicht einmal erkennbar, welche der im § 20 Abs. 1 GrEStG 1955 angeführten Tatbestände erfüllt worden sein sollten.) Der dem Beschwerdeführer maßgeblich erscheinenden Frage, ob eine der beiden Vertragsparteien nach dem zwischen diesen bestehenden Rechtsverhältnis zur Antragstellung im Sinne des § 20 GrEStG 1955 verpflichtet gewesen sei, kommt demgegenüber keinerlei Bedeutung zu.

Auch die Verfahrensrüge, in der vom Beschwerdeführer wie schon im Verwaltungsverfahren allein vorgebracht wird, die beiden Kaufverträge seien von der Verkäuferin nicht unterfertigt gewesen, ist unbegründet. In beiden von der belangten Behörde dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Kaufverträgen scheint die mit Vermerk vom 12. Juli 1985 notariell beglaubigte Unterschrift des Vertreters der veräußernden GmbH auf, worauf der Beschwerdeführer bereits vom Finanzamt in der Begründung der beiden Berufungsvorentscheidungen hingewiesen worden war.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidungen stützen sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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