VwGH 97/15/0079

VwGH97/15/00798.10.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des F S in S, vertreten durch Dr. Peter Eigenthaler, Rechtsanwalt in 3180 Lilienfeld, Babenbergerstraße 30/2, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland 1. vom 21. März 1997, Zl. GA 8 - 1753/96, betreffend Einkommensteuer 1994, und 2. vom 21. März 1997, Zl. GA 8 - 1753/1/96, betreffend Einkommensteuer 1995, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §16;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 25.480 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde für das Jahr 1994, mit dem zweitangefochtenen Bescheid für das Jahr 1995 gegenüber dem Beschwerdeführer - er erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Sozialarbeiter des Landes Niederösterreich - die Einkommensteuer im Instanzenzug festgesetzt.

Über die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Berufskleidung:

Der Beschwerdeführer machte für beide Veranlagungsjahre Ausgaben für "Dienstbekleidung" als Werbungskosten geltend. Im Außendienst als Sozialarbeiter werde die Bekleidung beschädigt, etwa weil sie in unsauberen Wohnungen verschmutzt oder von Hunden zerrissen werde. Er erhalte vom Arbeitgeber keinen Ersatz.

In den angefochtenen Bescheiden anerkannte die belangte Behörde die Aufwendungen nicht als Werbungskosten. Bei der Bekleidung des Beschwerdeführers handle es sich um bürgerliche Kleidung und sohin nicht um typische Berufsbekleidung mit einem die private Nutzung praktisch ausschließenden Uniformcharakter. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung könnten aber nicht einkünftemindernd berücksichtigt werden.

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer trage die Kleidung bei seiner Tätigkeit als Sozialarbeiter. Er müsse als Sozialarbeiter ein gewisses optisches Image berücksichtigen, um seinem Berufsbild gerecht zu werden.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht bei Ermittlung der Einkünfte in Abzug gebracht werden.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß Aufwendungen für bürgerliche Bekleidung nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben in Abzug gebracht werden dürfen (vgl. Hofstätter/Reichel, § 20 EStG 1988, Tz 5 Stichwort "Arbeitskleidung"). Daran ändert auch nichts, wenn die Berufsausübung, etwa weil zwingend ein Anzug getragen werden muß, eine bestimmte bürgerliche Bekleidung (in ordentlichem Zustand) erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1996, 92/13/0287). Zu Recht hat somit die belangte Behörde den geltend gemachten Bekleidungsaufwendungen die Anerkennung versagt.

Kilometergelder:

Der Beschwerdeführer machte für beide Veranlagungsjahre die Differenz zwischen den ihm vom Arbeitgeber gewährten Kilometergeldern und den Sätzen des § 26 Z 4 EStG 1988 als Werbungskosten geltend. Er brachte vor, es seien ihm vom Finanzamt entsprechende Listen zur Ermittlung dieser Differenz ausgehändigt worden; er habe die Listen ausgefüllt und dem Finanzamt übermittelt.

Mit den angefochtenen Bescheiden versagte die belangte Behörde den genannten Differenzbeträgen die Anerkennung als Werbungskosten. Zur Begründung führt sie aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten neben dem Kilometergeld nicht weitere Kosten für ein Fahrzeug als Werbungskosten geltend gemacht werden.

In der Beschwerde wird vorgebracht, mit den Kilometergeldern seien die Kfz-Kosten nicht abgegolten. Der Beschwerdeführer habe - auf entsprechenden Formularen des Finanzamtes - die Differenz zwischen den ihm vom Land gewährten Kilometergeldern und den "Bundeskilometergeldern" geltend gemacht. Die belangte Behörde habe diese Differenz nicht berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsverfahren darauf verwiesen, daß er die Differenz zwischen den ihm vom Arbeitgeber gewährten Kilometergeldern und den Sätzen des § 26 Z 4 EStG 1988 dem Finanzamt bekanntgegeben hat. Vor diesem Hintergrund müssen die Rechtsausführungen der belangten Behörde dahingehend verstanden werden, daß vom Arbeitgeber gewährte Kilometergelder, auch wenn sie unter den Sätzen des § 26 Z 4 EStG 1988 liegen, der Berücksichtigung weiterer Werbungskosten aus dem Titel einer beruflichen Fahrt entgegenstünden. Damit hat die belangte Behörde aber die Rechtslage verkannt. Die belangte Behörde führt gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1993, 90/14/0008, aus, wenn ein Steuerpflichtiger das Kilometergeld in Anspruch nehme, entscheide er sich für eine grobe Schätzung und könne nicht neben den pauschalen Sätzen auch noch einzelne bestimmte Aufwendungen für das Kfz als Werbungskosten geltend machen. Sie verkennt damit, daß sich die Ausführungen im zitierten hg. Erkenntnis nicht auf einen vom Arbeitgeber bezahlten, unter dem amtlichen Kilometergeld liegenden Spesenersatz beziehen.

Pendlerpauschale:

Der Beschwerdeführer beantragte in der Berufung gegen die erstinstanzlichen Bescheide die Berücksichtigung des Pendlerpauschales. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betrage 2,5 km. Auch im Vorlageantrag vom 18. Oktober 1995 sprach er die Entfernung von 2 km an.

Mit den angefochtenen Bescheiden gewährte die belangte Behörde das beantragte Pendlerpauschale nicht. Zur Begründung führte sie aus, daß die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte weniger als 2 km betrage und aufgrund der Gehbehinderung des Beschwerdeführers ohnedies außergewöhnliche Belastungen iSd § 3 der VO BGBl. 675/1988 anerkannt worden seien.

Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke - nicht zumutbar, so steht ihm nach der Regelung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 ab einer einfachen Fahrtstrecke von 2 km ein Pendlerpauschale zu.

Der Begründung eines Bescheides muß ua zu entnehmen sein, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zugrundelegt und aus welchen Erwägungen sie gerade diesen Sachverhalt für erwiesen hält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200). Diesen Anforderungen entsprechen die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Länge der Wegstrecke, die der Beschwerdeführer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurückzulegen hat, in keiner Weise, weil sie nicht aufzeigen, wie die belangte Behörde die Entfernung ermittelt hat. Soweit die belangte Behörde in einer alternativen Begründung die Anerkennung des Pendlerpauschales mit dem Hinweis auf die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen aufgrund der Gehbehinderung des Beschwerdeführers versagt hat, hat sie die Rechtslage verkannt: durch das Pendlerpauschale werden bestimmte beruflich veranlaßte Fahrtaufwendungen abgegolten, die in Rede stehenden außergewöhnlichen Belastungen stehen in Zusammenhang mit durch die Behinderung veranlaßten Mehraufwendungen.

Sonderausgaben:

Der Beschwerdeführer verausgabte im Jahr 1995 13.949 S aus dem Titel Wohnraumsanierung. Im zweitangefochtenen Bescheid wurde die Hälfte dieses Betrages bei Berechnung des Einkommens in Abzug gebracht.

In der Beschwerde wird vorgebracht, bei richtiger Anwendung des EStG hätte der Gesamtbetrag in Abzug gebracht werden müssen.

Aus der Regelung des § 18 Abs. 3 EStG 1988 in der Stammfassung BGBl. 400/1988 ergibt sich, daß Ausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 3 - hiezu zählen Ausgaben für die Wohnraumsanierung - nur zur Hälfte als Sonderausgaben abzusetzen sind. Hinsichtlich der Sonderausgaben zeigt die Beschwerde daher eine Rechtswidrigkeit nicht auf.

Außergewöhnliche Belastung:

In den angefochtenen Bescheiden berücksichtigte die belangte Behörde außergewöhnliche Belastungen aufgrund der Gehbehinderung des Beschwerdeführers (Grad der Behinderung: 70 %) mit Beträgen in Höhe von jährlich 30.192 S (Pauschbetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und nach § 3 der VO BGBl. 675/1988). Aufwendungen für Schuhe und ein Bett, die der Beschwerdeführer für das Jahr 1995 geltend gemacht hatte, anerkannte die belangte Behörde deshalb nicht als außergewöhnliche Belastungen, weil der Zusammenhang mit der Behinderung nicht erwiesen sei. Bei den Schuhen handle es sich um Bergschuhe, die in einem Sportgeschäft angeschafft worden seien. Hinsichtlich des Bettes sei der Beschwerdeführer den Ausführungen des Finanzamtes, wonach die Aufwendungen nicht ein krankheitsbedingtes Spezialbett beträfen, nicht entgegengetreten.

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe das Bett anschaffen müssen, weil er behinderungsbedingt Schmerzen in der Wirbelsäule verspüre. Die angekauften Sport-Bergschuhe benötige er, weil nur diese die für den Fußausgleich notwendigen Einlagen aufnehmen - ein Fuß des Beschwerdeführers sei verkürzt - und den Stoß bei jedem Schritt dämpfen könnten.

Im gegenständlichen Fall ist entscheidend, daß der Beschwerdeführer den Ausführungen in der Berufungsentscheidung, wonach es sich um kein "Spezialbett" handle, nicht entgegengetreten ist. Hat aber die Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht von einer Normalausstattung ausgehen können, hat sie, ohne den Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, davon ausgehen dürfen, daß die Behinderung im gegebenen Zusammenhang nicht zu Mehraufwendungen geführt hat. Was die Sport-Bergschuhe anlangt, so ist mit dem Hinweis, daß diese für Einlagen geeignet seien und eine Dämpfung aufwiesen, noch nicht ein behinderungsbedingter Mehraufwand dargelegt. Ein Mehraufwand läge insoweit vor, als das vom Beschwerdeführer - für den täglichen Bedarf - benötigte Schuhwerk teuer ist als jenes, welches er bei Außerachtlassung der Behinderung anzuschaffen gehalten wäre. Es braucht sohin nicht darauf eingegangen zu werden, ob die getätigten Aufwendungen mit den anerkannten Pauschalbeträgen abgegolten wären.

Unterhalt an die Gattin:

Der Beschwerdeführer machte für beide Veranlagungsjahre Unterhaltszahlungen an die Gattin (1994: 52.000 S; 1995: 54.000 S) als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 geltend. Er sei zivilrechtlich zur Unterhaltsleistung gegenüber der Gattin, mit der er in aufrechter Ehe lebe, verpflichtet. Darin liege - im Vergleich zu einem in Lebensgemeinschaft lebenden Mann - eine außergewöhnliche Belastung.

In den angefochtenen Bescheiden versagte die belangte Behörde diesen Zahlungen die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung. Dem Beschwerdeführer werde der Alleinverdienerabsetzbetrag gewährt. Gemäß § 34 Abs. 7 Z 3 EStG 1988 seien Unterhaltszahlungen gegenüber dem Ehepartner mit dem Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten. Das EStG sehe eine darüberhinausgehende Absetzbarkeit der Unterhaltszahlungen nicht vor.

In der Beschwerde verweist der Beschwerdeführer auf seine Körperbehinderung und bringt vor, durch die unterlassene Berücksichtigung der Unterhaltskosten würden behinderte und nicht behinderte Personen unterschiedlich behandelt. Aufgrund der Behinderung würden dem Beschwerdeführer höhere Aufwendungen erwachsen als der Mehrzahl der anderen Steuerpflichtigen.

Gemäß § 34 Abs. 7 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. 312/1992 sind Unterhaltsleistungen an den (Ehe)Partner durch den Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten.

Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer auf eine Reihe von Aufwendungen verwiesen, die ihm aufgrund seiner Körperbehinderung erwachsen seien. Daß der Unterhalt gegenüber der Ehegattin (eventuell hinsichtlich eines bestimmten Anteiles) im Zusammenhang mit der Behinderung stehe, ist eine Behauptung, die erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erhoben wird und sich daher als unbeachtliche Neuerung darstellt. Aus der Beschwerdebehauptung ergibt sich zudem nicht die konkrete Gestalt dieses Zusammenhanges.

Auf der Grundlage des Sachverhaltes, von welchem der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG auszugehen hat, ist es jedenfalls nicht als rechtswidrig zu erkennen, daß die belangte Behörde die Unterhaltszahlungen an die Gattin angesichts des klaren Wortlautes des § 34 Abs. 7 Z 3 EStG 1988 nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt hat.

Wie sich aus den Ausführungen zum Kilometergeld und zum Pendlerpauschale ergibt, sind die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG iVm der VO BGBl- 416/1994. Wien, am 8. Oktober 1998

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