VwGH 97/13/0180

VwGH97/13/018016.12.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der P in W, vertreten durch Wolf Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Schubertring 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. Juli 1997, Zl. GA 8-1976/96, betreffend Nachforderung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie Vorschreibung eines Säumniszuschlages für den Zeitraum 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1985, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §15 Abs2;
EStG 1972 §15;
EStG 1972 §16;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1972 §15 Abs2;
EStG 1972 §15;
EStG 1972 §16;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Sozialversicherungsanstalt, verfügte im relevanten Zeitraum über mehrere Rehabilitationszentren in Österreich. Dem dort beschäftigten Personal stellte sie teilweise Dienstwohnungen zur Verfügung. Die Beschwerdeführerin trug für diese Wohnungen auch die Stromkosten. Die Dienstnehmer hatten einen Wohnungsbeitrag zu leisten.

In einem Lohnsteuerprüfungsbericht vom 30. Jänner 1987 vertrat der Prüfer die Ansicht, daß bezogen auf bestimmte Krankeneinrichtungen und dort tätige Dienstnehmer ein sich als Differenzbetrag zwischen den ortsüblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes und den Kostenersätzen ergebender Sachbezug in die Lohnsteuerbemessungsgrundlage und die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen sei.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den auf der Grundlage des Lohnsteuerprüfungsberichtes ergangen Haftungs- und Zahlungsbescheid Berufung. Darin führte die Beschwerdeführerin u.a. aus, die jederzeitige Erreichbarkeit von Ärzten und Verwaltern sei eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren von Krankeneinrichtungen. Die genannten Arbeitnehmer seien daher verpflichtet, die Wohnungen zu benützen. Auch hinsichtlich des sonstigen Personals (Schwestern, diverse Fachkräfte) sei die Bereitstellung von Unterkünften notwendig, weil einerseits an Ort und Stelle kein entsprechendes Personal zur Verfügung stehe und andererseits die Aufrechterhaltung von Nacht- und Bereitschaftsdiensten sichergestellt werden müsse. Die Zurverfügungstellung von Unterkünften aus ausschließlich dienstlichen Erfordernissen stelle keinen Vorteil im Sinn des § 15 EStG dar, weil es im alleinigen Interesse der Beschwerdeführerin liege, daß die betroffenen Arbeitnehmer am Dienstort wohnten.

Folgende typische Konstellation liege vor: Ein Arbeitnehmer, dem eine Dienstwohnung zugewiesen werde, "muß aus der bisher benützten Wohnung ausziehen, kann und will diese aber unter anderem wegen des unsicheren Rechtstitels der Dienstwohnung nicht aufgeben". Die Kosten der bisherigen Wohnung liefen also weiter und zusätzliche Aufwendungen für die bereitgestellte Dienstunterkunft entstünden neu. Daraus resultiere eine Doppelbelastung, die sich noch verstärke, wenn die Familienmitglieder des Dienstnehmers in der bisherigen Wohnung verblieben. Besonders kraß liege der Fall, wenn der Arbeitnehmer die frühere Wohnung aufgrund bestimmter Umstände habe kostenlos benützen können. Jedenfalls liege in allen Fällen ein durch dienstliche Erfordernisse bedingter Nachteil vor. Die Behörde habe es unterlassen, auf den jeweiligen Einzelfall bezogene entsprechende Feststellungen zu treffen.

Das Finanzamt gab in einer Berufungsvorentscheidung der Berufung in der Frage der Sachbezugsbesteuerung dem Grunde nach nicht statt. In dem dagegen eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte die Beschwerdeführerin vor, die Abgabenbehörde erster Instanz habe den unbestimmten Gesetzesbegriff des "Vorteils" in § 15 Abs. 2 EStG 1972 zu formalistisch beurteilt. Solcherart sei die Abgabenbehörde erster Instanz "auf die in der Berufung dargelegte typische Konstellation auf seiten der Dienstnehmer, aus welcher deren Nachteil erhellt", nicht eingegangen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung im Sinn der Berufungsvorentscheidung (der Höhe nach) teilweise statt. Die Höhe der ortsüblichen Mittelpreise und die Höhe der zusätzlich zu erfassenden Stromkosten seien mittlerweile mit Schriftsatz vom 23. Oktober 1995 außer Streit gestellt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile aus nichtselbständiger Arbeit zufließen. Im § 15 Abs. 2 leg. cit. werden als geldwerte Vorteile "Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren und sonstige Sachbezüge" genannt. Die Begriffe "Bezüge" und "Vorteile" sind derart umfassend, daß darunter auch aus sozialen Erwägungen erbrachte Arbeitgeberleistungen zu verstehen sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1989, 89/14/0056). Kein Arbeitslohn läge nur vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer etwas überläßt, was im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers gelegen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1994, 94/14/0131).

Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung ist die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung einer Wohnung durch den Arbeitgeber im allgemeinen ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis und damit steuerpflichtig (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1997, 95/13/0078, m. w.N.).

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung auf den typischerweise in Bezug auf ihre Dienstnehmer gegebenen Sachverhalt hingewiesen. Nach dieser, im Antrag nach § 276 Abs. 1 BAO neuerlich angesprochenen Konstellation dienten die Dienstwohnungen für die davon betroffenen Arbeitnehmer, die aus "der bisher benützten Wohnung ausziehen" mußten, zur Abdeckung der Wohnbedürfnisse am - vom bisherigen Wohnort entfernt gelegenen - Dienstort. Damit wurde das nach der Übersiedlung allgemein entstandene Wohnbedürfnis befriedigt. Eine Inanspruchnahme der Dienstwohnung im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers kann nicht darin erblickt werden, daß dem Arbeitnehmer, der seine bisherige Wohnung beibehält, der Aufwand für die zweite Wohnung erspart oder gemindert werden soll (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. September 1983, 82/13/0238). Es kann daher auch dahingestellt bleiben, in welchem Ausmaß die Dienstnehmer die Belastung einer doppelten Haushaltsführung (die bei diesen allenfalls zu erhöhten Werbungskosten führen könnte) getroffen hat. Derartige im Einzelfall entstandene Nachteile brauchte die belangte Behörde daher nicht zu untersuchen.

Daß den Arbeitnehmern die Wohnungen nur - vergleichbar einem Hotelzimmer (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1986, 85/13/0083) - unmittelbar (und nur an den Tagen) ihrer Dienstausübung zur Verfügung gestanden wären, hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen. Soweit dazu erstmals in der Beschwerde ein darauf hindeutendes Vorbringen enthalten ist (so seien die Dienstwohnungen nur für Nacht- und Bereitschaftsdienste genutzt worden), unterliegt dieses dem Neuerungsverbot nach § 41 Abs. 1 VwGG.

Bei der in der Beschwerde enthaltenen Kritik an dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1983, 84/14/0149, wonach die Ersparnis von Zeit und Mühe von täglichen Fahrten oder einer Familientrennung nur ideelle und keine geldwerten Vorteile seien, übersieht der Beschwerdeführer, daß die Beurteilung der sich durchaus nicht nur in materieller Form manifestierenden Interessenslage an der Nutzung einer Dienstwohnung von dem geldwerten Vorteil des gewährten Sachbezuges zu unterscheiden ist. Die Bewertung der Sachbezüge in Form von Dienstwohnungen (einschließlich Strombezug) selbst hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren im übrigen außer Streit gestellt.

Der angefochtene Bescheid ist daher insgesamt mit keiner Rechtswidrigkeit belastet. Die Beschwerde war somit nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

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