VwGH 97/12/0023

VwGH97/12/002325.2.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. Dietmar Gollonitsch, Rechtsanwalt in Scheibbs, Gürtel 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 27. November 1996, Zl. 22710/4-III/7/96, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ruhestandsversetzung nach § 14 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs3;
BDG 1979 §14 Abs1;
BDG 1979 §14 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1951 geborene Beschwerdeführerin steht als Oberoffizialin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie wurde ab 9. Jänner 1995 dem Bezirksgericht A. zur Dienstleistung zugeteilt, wobei nach den Daten im Verwendungsblatt ihre Verwendung mit Verhandlungsschriftführerin in Strafsachen angegeben ist. Die Beschwerdeführerin befand sich jedoch seitdem (jedenfalls bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides) im Krankenstand. Zuvor war sie bis 8. Jänner 1995 beim Bezirksgericht B. im Kanzleidienst in Außerstreit- und Strafsachen sowie als Schriftführerin eingesetzt.

Mit Schreiben vom 26. Juni 1996 beantragte sie ihre Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), weil sie sich auf Grund ihres Gesundheitszustandes außerstande fühle, ihren Dienst weiter zu versehen.

Der Präsident des übergeordneten Oberlandesgerichtes veranlaßte hierauf eine Untersuchung der Beschwerdeführerin durch die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten (kurz: PVAng). Den Akten ist zu entnehmen, daß der PVAng verschiedene Unterlagen (darunter auch ein Befundbericht des die Beschwerdeführerin behandelnden Facharztes für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Dr. B. vom 26. Mai 1996) und anstelle einer Arbeitsplatzbeschreibung mit Anforderungsprofil der Bericht des Bezirksgerichtes A. vom 8. Juli 1996 vorgelegt wurde. Darin teilte das Bezirksgericht A. mit, es könne eine Arbeitsplatzbeschreibung mit speziellem Anforderungsprofil nicht erfolgen, weil die Beschwerdeführerin ihren Dienst nie angetreten habe. Sie wäre als Schriftführerin in Strafsachen eingesetzt worden.

In einem Erhebungsbogen bezeichnete die Beschwerdeführerin ihre Leiden wie folgt:

"Rücken-, Kreuz-, Schulter-, Ischias-, Fußschmerzen; Schmerzen in der Schulter u. Hand, bes. Finger links."

Im Bereich der PVAng wurden jeweils auf Grund einer Untersuchung am 19. Juni 1996 ärztliche Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, eines Facharztes für Orthopädie sowie eines Facharztes für Innere Medizin eingeholt.

Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie gelangte zu folgender Diagnose:

"Chronisches Cervikalsyndrom ohne eindeutige Ausfälle, chronische Lumbalgie mit fraglicher Sensibilitätsstörung im Dermatom S 1 links.

Schwere reaktive Depression mit mittelgradigem psychovegetativem Erschöpfungssyndrom."

Er kam zu folgender ärztlicher Beurteilung:

"Die Patientin leidet an einer chronischen Lumbalgie und an einem chronischen Cervikalsyndrom. Ausfälle im funktionellen Sinn bestehen nicht. Die Schmerzsymptomatik wird durch eine schwere reaktive Depression, die durch verschiedene schwere Schicksalsschläge ausgelöst ist, überlagert. In der Zwischenzeit hat sich ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom in mittelgradiger Ausprägung mit Konzentrationsstörungen entwickelt."

Nach dem Leistungskalkül dieses Gutachtens sind unter anderem Tätigkeiten "ohne Berücksichtigung des Berufes" unter durchschnittlichem Zeitdruck auf einem bildschirmunterstützten Arbeitsplatz in geschlossenen Räumen zumutbar. Es handelt sich dabei um formularmäßige Rubriken, in welchen die entsprechenden Kästchen angekreuzt sind. Hingegen werden unter anderem Tätigkeiten im Freien, in Kälte, in Nässe und in Hitze durch Durchstreichen dieser Zuätze bzw. Nichtankreuzen der jeweiligen Kästchen als nicht zumutbar ausgewiesen.

Die Stellungnahme des Chefarztes der PVAng vom 25. September 1996 enthält folgende Diagnose:

"Reaktive Depression mit mittelgradigem psychovegetativem

Erschöpfungssyndrom ohne Psychosewert.

Chronisches Cervikalsyndrom ohne eindeutige neurolog. Ausfälle. Chronische Lumbalgie mit fraglicher Sensibilitätsstörung im Dermatom S 1 links und ohne motorische Ausfälle.

Aufbrauch der schultergelenksneuen Weichteile links mit bewegungsabhängigen Beschwerden. Sonst keine relevanten Einschränkungen aus dem neurologisch-psychiatrisch und dem orthopädischen Bereich.

Übergewicht. Fettstoffwechselstörung, behandelbar und ohne objektivierbare Sekundärfolgen. Schwankender niedriger Blutdruck ohne Herz-Kreislaufausgleichsstörungen. Sonst dem Alter entsprechender Internbefund."

Im Leistungskalkül werden folgende Tätigkeiten als zumutbar bezeichnet:

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