VwGH 97/06/0175

VwGH97/06/017516.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des M, vertreten durch Thaler & Huber, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, Dorfplatz 10, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. Juni 1997, Zl. Ve1-551-626/1-1, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Partei: J), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
BauO Tir 1989 §25 litb;
BauO Tir 1989 §26 Abs1;
BauO Tir 1989 §26 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
BauO Tir 1989 §25 litb;
BauO Tir 1989 §26 Abs1;
BauO Tir 1989 §26 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 13. März 1997 zeigte Josef Fieg den Einbau von drei Stück Lichtkuppeln beim Flachdach OG-West sowie die Änderung der Zwischenwand in der Wohnung im Erdgeschoß des Gebäudes auf Gp 59/2, KG Finkenberg, an. Mit Schreiben vom 11. April 1997 teilte die Bezirkshauptmannschaft Schwaz Frau Anna Fieg und Herrn Josef Fieg folgendes mit:

"Sehr geehrte Frau Fieg, sehr geehrter Herr Fieg

Zu Ihrer Bauanzeige vom 13.03.1997 über den Einbau von 3 Stück Lichtkuppeln im Ausmaß von 100 x 300 cm beim Flachdach OG-West, sowie der Zwischenwandänderung in der Wohnung im Erdgeschoß lt. Tekturplan des Planungsbüro Atelier Fleidl, Mayrhofen, auf der Gp. 59/2, KG Finkenberg, darf mitgeteilt werden, daß diese Bauanzeige zur Kenntnis genommen wird.

Durch den Einbau der Lichtkuppeln im Plattenlager darf es jedoch zu keiner Änderung des Verwendungszwecks kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Der Bezirkshauptmann

i.A. (Mag. Braito)"

Dieses Schreiben wurde auch dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht.

Dagegen wurde von Rita Eberl und dem Beschwerdeführer Berufung erhoben. Die Berufungswerber führten im wesentlichen aus, daß diese Mitteilung einen Bescheid darstelle. Die lapidare Ausführung in diesem angefochtenen Bescheid, daß durch den Einbau der Lichtkuppeln im Plattenlager keine Änderung des Verwendungszweckes vorgenommen werden dürfe, könne weder vollstreckt werden, noch sei dies eine Auflage im Sinne eines Bescheides. Tatsache sei, daß durch die geplanten Änderungen Gebäudeteile verändert würden, Tatsache sei weiters, daß ganz offensichtlich aus dem im Abstandsbereich befindlichen Plattenlager ein ständig für Personen begehbarer Raum geschaffen werden solle, ansonsten wären Lichtkuppeln im Ausmaß von je 3 m2 nicht zu erklären. Derartige Lichtkuppeln seien für ein Lager nicht notwendig. Es dürfte der Behörde bekannt sein, daß es unzulässig sei, derartige Räume in den Abstandsflächen zu bauen, es dürfte auch bekannt sein, daß durch diesen Bau ganz offensichtlich die Werkstätte erheblich erweitert werde, sohin auch mit den Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes nicht vereinbar sei, zumal das Bauvorhaben im Wohngebiet liege. Gemäß § 26 der Tiroler Bauordnung seien nur solche Bauvorhaben anzeigepflichtig, die nicht nach § 25 bewilligungspflichtig seien. Dies liege im gegenständlichen Fall nicht vor, der angefochtene Bescheid bzw. das Schreiben vom 11. April 1997 sei daher rechtswidrig. Es gehe nicht an, mit einer Bauanzeige ein der Tiroler Bauordnung widersprechendes Bauvorhaben zu genehmigen. Nach § 7 Abs. 9 sei das Bauvorhaben unzulässig, da das Plattenlager ganz eindeutig dem Aufenthalt von Menschen diene. Überdies sei weder den Anrainern noch den sonstigen Betroffenen Gelegenheit gegeben worden, ihre Stellungnahmen und ihre Einwendungen zur Umplanung des Bauvorhabens abzugeben; es sei nicht einmal in die entsprechenden Pläne Einsicht gewährt worden, es seien weder Gutachten zur Brandsicherheit dieser Lichtkuppeln, noch zur Festigkeit eingeholt worden, den Anrainern sei nicht bekannt, ob diese Kuppeln zu öffnen seien oder nicht.

Mit Bescheid vom 23. Juni 1997 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers und der Rita Eberl gegen die Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11. April 1997 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, eine Berufung gegen eine Erledigung, die keinen Bescheid darstelle, sei unzulässig. Eine ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid sei nur dann nicht wesentlich, wenn der Inhalt des betreffenden Aktes an seiner Bescheidqualität keinen Zweifel aufkommen lasse. Ergäben sich aus dem Inhalt jedoch Zweifel, dann sei die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid essentiell. Gegen den Bescheidwillen einer Erledigung spreche die Briefform. Nach Zitierung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß das Schreiben vom 11. April 1997 keinen Bescheid darstelle, weshalb die Berufung als unzulässig zurückzuweisen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Beschwerdegegenständlich ist die Frage, ob die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Erledigung vom 11. April 1997 mit Recht zurückgewiesen wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen der Beschwerdefall keinen Anlaß bietet, sind wesentliche Merkmale eines Bescheides die Bezeichnung der Behörde, der hoheitliche normative Spruch, die Unterschrift des genehmigenden Organes oder die Beglaubigung sowie die Erlassung des Bescheides. Hingegen sind das Datum, die Begründung und die Rechtsmittelbelehrung unwesentliche Bestandteile eines Bescheides. Im Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß dann, wenn der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid ausschlaggebend ist. Mit Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 93/06/0262, hat der Verwaltungsgerichtshof schließlich in einem dem vorliegenden Beschwerdefall sehr ähnlichen Fall, in dem ein Bürgermeister eine Bauanzeige unter einer "Auflage" zur Kenntnis genommen hat, ausgesprochen, daß angesichts der Formlosigkeit und des Umstandes, daß das Schreiben weder als Bescheid überschrieben worden, noch bescheidmäßig gegliedert sei, dieses Schreiben nicht als Bescheid angesehen werden könne. Auch im vorliegenden Fall kann angesichts der Formlosigkeit der Erledigung, der gewählten Briefform und dem Umstand, daß die Erledigung weder als Bescheid überschrieben noch bescheidmäßig gegliedert wurde, ebenfalls nicht davon ausgegangen werden, daß die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 11. April 1997 als Bescheid zu qualifizieren sei. Zu Recht hat daher die belangte Behörde die gegen diese Erledigung gerichtete Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen.

In dem bereits angeführten Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 93/06/0262, hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgeführt, daß das Schreiben des Bürgermeisters die von gesetzeswegen erforderliche Baubewilligung nicht zu ersetzen vermöge.

Gemäß § 25 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 39/1989, in der Fassung LGBl. Nr. 10/1995, bedarf einer Bewilligung der Behörde

  1. a) der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;
  2. b) die sonstige Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen,

    soweit sie die Festigkeit, die Feuersicherheit, die sanitären Verhältnisse oder das äußere Erscheinungsbild eines Gebäudes beeinflußt;

  1. c) der Abbruch von Gebäuden und Gebäudeteilen;
  2. d) die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder

    Gebäudeteilen, sofern die Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben kann;

  1. e) die Errichtung und die Änderung sonstiger baulicher Anlagen, durch die eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder die Sicherheit von Sachen entstehen kann, wie beispielsweise Schwimmbäder, Brunnen, Düngerstätten, Jauchgruben, Stütz- und Gartenmauern, Flugdächer, Pergolas, Silos.

    Nach § 26 Abs. 1 leg. cit. sind die Errichtung und die Änderung von baulichen Anlagen, soweit diese Vorhaben nicht nach § 25 bewilligungspflichtig sind, der Behörde schriftlich anzuzeigen. Nach § 26 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid zu untersagen, wenn

  1. a) das Vorhaben nach § 25 bewilligungspflichtig ist,
  2. b) das Vorhaben diesem Gesetz oder Verordnungen aufgrund

    dieses Gesetzes widerspricht,

  1. c) die Ausführung des Vorhabens das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder die Sicherheit von Sachen gefährden oder ein erhaltenswertes Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild beeinträchtigt würde oder
  2. d) die Ausführung des Vorhabens den Zugang zu Grundflächen, die der Erholung der Bevölkerung dienen, verhindern oder wesentlich erschwerden würde.

    Mit Schreiben vom 13. März 1997 hat der Mitbeteiligte den Einbau von 3 Stück Lichtkuppeln im Ausmaß von 100 mal 300 cm beim Flachdach sowie die Änderung einer Zwischenwand in einer Wohnung angezeigt. In bezug auf den Einbau der 3 Lichtkuppeln über dem Plattenlager wird nicht nur das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflußt, da diese Baumaßnahme nach außen wirksam ist. Da diese bauliche Maßnahme über einem Plattenlager erfolgt, kann durch die Schaffung von drei Lichtkuppeln im Ausmaß von 100 mal 300 cm auch die Feuersicherheit beeinflußt werden. Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher die Ansicht des Beschwerdeführers, wonach das Bauvorhaben in bezug auf die Lichtkuppeln, nicht jedoch in bezug auf die Änderung der Zwischenwand im Bereich der Wohnung, rechtens nicht zum Gegenstand einer Bauanzeige gemacht werden konnte. Die offensichtlich dennoch erfolgte Zurkenntnisnahme der Anzeige durch die Behörde hatte aber nicht zur Folge, daß dieses Bauvorhaben baubehördlich bewilligt wurde.

    Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung durch die Zurückweisung der Berufung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

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