VwGH 97/05/0145

VwGH97/05/014516.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Harald und der Ingeborg Pontasch in Baldramsdorf, beide vertreten durch Dr. Franz P. Oberlercher, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, Bahnhofstraße 2/1, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 8. April 1997, Zl. 8 B-BRM-15/1/1997, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Olaf und Hermine Kruse in Baldramsdorf 139, 2. Gemeinde Baldramsdorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §6 Abs1;
AVG §6 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Februar 1995 wurde den Erstmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Nebengebäudes auf einem bestimmten Grundstück im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde erteilt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführer hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 18. November 1995 als unbegründet abgewiesen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung hat die belangte Behörde den Bescheid des Gemeindevorstandes mit Bescheid vom 23. Februar 1996 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Nach Einholung eines Amtssachverständigengutachtens wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 4. Dezember 1996 neuerlich die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters ab. In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides ist ausgeführt, daß gegen diese Entscheidung Vorstellung an die Kärntner Landesregierung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides möglich sei. Die Vorstellung sei schriftlich oder telegraphisch beim Gemeindeamt Baldramsdorf einzubringen. Der Bescheid wurde den Beschwerdeführern am 15. Jänner 1997 zugestellt, die Postaufgabe ihrer Vorstellung erfolgte (eingeschrieben) am 22. Jänner 1997, Adressat war das Amt der Kärntner Landesregierung. Die Vorstellung langte am 23. Jänner 1997 bei der Kärntner Landesregierung, in der zuständigen Fachabteilung am 27. Jänner 1997 ein.

In der Folge übermittelte die Kärntner Landesregierung die Vorstellung am 30. Jänner 1997 an die Gemeinde Baldramsdorf, bei der sie am 31. Jänner 1997 einlangte. Nach Vorlage der Vorstellung der Kärntner Landesregierung wies diese mit Bescheid vom 8. April 1997 die Vorstellung als verspätet zurück. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 4. Dezember 1996 sei den Beschwerdeführern laut Rückschein am 15. Jänner 1997 zugestellt worden. Die im Gemeindeamt einzubringende Vorstellung hätte daher spätestens am Mittwoch, dem 29. Jänner 1997, zur Post gebracht oder direkt beim Gemeindeamt aufgegeben werden müssen. Werde ein Rechtsmittel bei der unzuständigen Behörde eingebracht, so erfolge die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters, da aber gemäß § 33 AVG die Tage des Postenlaufes zur zuständigen Behörde nicht eingerechnet würden, sei die Frist gewahrt, wenn die unzuständige Behörde das Rechtsmittel zur Weiterleitung an die zuständige Stelle am letzten Tag der Frist zur Post gebe. Aufgrund der Aktenlage sei die Weiterleitung der Vorstellung an die zuständige Gemeinde nicht am letzten Tag der Frist (29. Jänner 1997), sondern am 30. Jänner 1997 erfolgt und am 31. Jänner 1997, somit verspätet, beim Gemeindeamt Baldramsdorf eingelangt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 95 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, LGBl. Nr. 77, kann, wer durch einen Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides dagegen Vorstellung an die Landesregierung erheben. Nach Abs. 2 erster Satz dieser Bestimmung ist die Vorstellung schriftlich oder telegraphisch beim Gemeindeamt einzubringen.

Die Rechtsmittelbelehrung des Bescheides des Gemeindevorstandes ist ausführlich und richtig, sie weist in ihrem zweiten Absatz darauf hin, daß gemäß § 95 Abs. 2 der (Kärntner) Allgemeinen Gemeindeordnung 1993 die Vorstellung schriftlich oder telegraphisch beim Gemeindeamt Baldramsdorf einzubringen ist, wobei "Gemeindeamt Baldramsdorf" gesperrt gedruckt ist. Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Nach § 33 Abs. 3 leg. cit. werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu verweisen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat, darf die unzuständige Behörde die Weiterleitung von Schriftstücken an die zuständige Behörde nicht beliebig lange hinauszögern. Das bedeutet aber nicht, daß das Risiko des Einschreiters dann ausgeschaltet und daher seine an eine Frist gebundene Prozeßhandlung als rechtzeitig anzusehen wäre, wenn nach dem gegebenen Sachverhalt die sofortige Weiterleitung möglicherweise zur Folge gehabt hätte, daß das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde eingelangt oder doch durch die - noch rechtzeitige - Übergabe des Schriftstückes an die Post zur Beförderung die Frist gewahrt geblieben wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1977, Slg. Nr. 9326/A - nur Rechtssatz). In seinem Beschluß vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0135, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine Versäumung der Frist selbst dann zu Lasten des Beschwerdeführers geht, wenn die unzuständige Behörde entgegen der Vorschrift des § 6 Abs. 1 AVG die Beschwerde nicht ohne unnötigen Aufschub weitergeleitet hat. Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzurücken. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die am 27. Jänner 1997 bei der zur Bearbeitung zuständigen Abteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung eingelangte Vorstellung, die von dieser am 30. Jänner 1997 zur Post gegeben wurde, ohne unnötigen Aufschub weitergeleitet wurde. Da die Vorstellung erst am 30. Jänner 1997, das heißt nach Ablauf der Vorstellungsfrist, an die Gemeinde weitergeleitet wurde, wurde sie mit Recht von der belangten Behörde als verspätet zurückgewiesen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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