VwGH 97/05/0050

VwGH97/05/005030.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Dr. Marlies Passow-Brunnbauer in Wien, vertreten durch Dr. Manfred Pilgerstorfer, Rechtsanwalt in Wien I, Krugerstraße 8, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. August 1995, Zl. MD-VfR - B III - 6/95, betreffend einen Auftrag gemäß § 17 Abs. 1 und 6 der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §17 Abs1;
BauO Wr §17 Abs4;
BauO Wr §17 Abs6;
BauO Wr §17;
BauO Wr Art1;
BauO Wr Art3;
BauO Wr 1883 §3;
VwRallg;
BauO Wr §17 Abs1;
BauO Wr §17 Abs4;
BauO Wr §17 Abs6;
BauO Wr §17;
BauO Wr Art1;
BauO Wr Art3;
BauO Wr 1883 §3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Beschluß des Wiener Stadtrates vom 16. Mai 1917 wurde den damaligen Miteigentümern der Liegenschaft EZ 908 des Grundbuches Wien 3, Bezirk Landstraße, "die politische Bewilligung erteilt, nach Übergabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne, die Liegenschaft Einr.Nr. 908 des Grundbuches des 3. Bezirkes, Katastralparzellen 734 und 735, auf drei Baustellenteile und Straßengrund abzuteilen".

Mit dem vom "Wiener Magistrat, Abteilung XIV im selbständigen Wirkungskreise" an das "Stadtbauamt" gerichteten Schreiben vom 4. Juni 1917 wurde ausgesprochen, daß die vorgenannte Abteilung als "Parzellierung im Sinne des § 3 lit. a der Wiener Bauordnung zu betrachten" ist und hiebei "nachstehende Bedingungen gestellt" werden:

"1. daß die zur Verlängerung der Pfarrhofgasse erforderlichen Grundteile in den Plänen gelb angelegt und als vorläufige Parzellen 735/4, 735/5, 735/6 und 734/2 abgezeichnet, gemäß §§ 10 und 13 der Bauordnung für Wien, sowie die vorläufige Katastralparzelle 734/4 in der richtigen Höhenlage an die Gemeinde Wien abgetreten und die gebühren- und lastenfreie Abschreibung dieser Grundteile als Straßengrund, sowie deren Übertragung in das Verzeichnis über öffentliches Gut, gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung dieser Grundabteilung, erwirkt werde, wogegen die Gemeinde Wien die Katastralparzelle 735/5, Einlagezahl 3532 des Grundbuches

3. Bezirk in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes überträgt;

2. daß auch gleichzeitig die Verpflichtung, die nach Punkt 1. zu den Straßenanlagen abzuschreibenden Grundflächen, über jeweilige Verlangen der Gemeinde Wien, in den physischen Besitz dieser Gemeinde zu übergeben und vor der Übergabe, auf diesen Grundflächen die richtige Höhenlage herzustellen, auf den Einlagen der mitstehenden Baustellen und Baustellenteilen als Reallast zugunsten Gemeinde Wien grundbücherlich einverleibt werde;

3. daß der nach Maßgabe der genehmigten Baulinie der Landstraßer Hauptstraße entfallende Grund in den Plänen gelb angelegt und als vorläufige Katastralparzelle 734/3 bezeichnet, im Falle des Neubaus des auf der derzeitigen Katastralparzelle 734 befindlichen Hauses unentgeltlich in der richtigen Höhe an die Gemeinde abgetreten und die gebühren- und lastenfreie Abschreibung dieses Grundteiles als Straßengrund sowie dessen Übertragung in das Verzeichnis des öffentlichen Gutes erwirkt und daß diese Verpflichtung auf der Einlage der Baustelle 4 als Reallast zugunsten der Gemeinde einverleibt werde;

4. daß die auf der Katastralparzelle 735/4, 735/6, 734/2 und 734/4 bestehenden Baulichkeiten bis längstens

30. April 1918 abgetragen werden und daß diese Verpflichtung auf den Einlagen der durch Zuschreibung der Katastralparzelle 735/1 bzw. Katastralparzelle 735/2 und 735/3 ergänzten Baustellen unter Einlage der neu entstehenden Baustelle 4 als Reallast zugunsten der Gemeinde Wien grundbücherlich einverleibt werde.

Hievon wird das Stadtbauamt mit Bezug auf den Bericht vom 4.5.1917 Zl. 872/17 unter Anschluß eines Abteilungsplanes samt Tabelle verständigt."

Aufgrund der am 12. Jänner 1995 vom Magistrat der Stadt Wien, MA 28 Straßenverwaltung und Straßenbau, durchgeführten mündlichen Verhandlung mit dem Gegenstand "straßenmäßiger Ausbau der Pfarrhofgasse (Schulvorplatz) im 3. Bezirk. Erfüllung der Verpflichtungen zur Herstellung der festgestellten Höhenlage und zur Straßengrundübergabe", bei welcher auch die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter teilgenommen hat, wurde vom Magistrat der Stadt Wien, MA 28, mit Bescheid vom 23. Februar 1995 folgendes angeordnet:

"Gemäß § 17 Abs. 1 und 6 der Bauordnung für Wien wird entsprechend den im rechtskräftigen Abteilungsbescheid (pol. Bewilligung) vom 4.6.1917, Zl. MA XIV 954/17, unter Punkt 2 und 4 enthaltenen Verpflichtungen dem Eigentümer der Liegenschaft EZ 908, Gste. 734/1 und 734/3, des Grundbuches der Kat.Gem. Landstraße der Auftrag erteilt, die vor dem Grundstück 734/1 im Zuge der Pfarrhofgasse gelegenen, anläßlich der mit obzitiertem rechtskräftigen Bescheid genehmigten Grundabteilungen in das öffentliche Gut übertragenen Grundstücke 734/2, 734/4, 735/4, 735/5 und 735/6, ÖG, KG. Landstraße, in dem Ausmaß und der richtigen Höhenlage, wie sie im beiliegenden Projektsplanausschnitt der MA 28 vom 20.10.1994, ZNR. 212/94, der einen Bestandteil des Bescheides bildet, festgesetzt sind (siehe gelbe Lasierung und rot ausgewiesene Höhenkoten) binnen einer Frist von 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides in den Besitz der Gemeinde Wien (MA 28) vollkommen lastenfrei und geräumt zu übergeben. Bei der Entfernung der in diesem Bereich bestehenden Baulichkeiten und des stockenden Baumes sind die Bestimmungen des § 129a der Bauordnung für Wien und des Wiener Baumschutzgesetzes einzuhalten."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. August 1995 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, bei dem gegenständlichen, im selbständigen Wirkungskreis ergangenen Dekret des Wiener Magistrates, Abteilung XIV, vom 4. Juni 1917, mit welchem zufolge des Beschlusses des Wiener Stadtrates vom 16. Mai 1917 die politische Bewilligung für die beantragte Liegenschaftsabteilung unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des § 3 lit. a der Bauordnung aus dem Jahre 1883 erteilt worden sei, handle es sich zweifelsfrei um einen hoheitlichen Verwaltungsakt, dem auch im Sinne der geltenden Rechtslage Bescheidcharakter zukomme. Aus dem im Akt erliegenden Antrag der Abteilungswerber, die mit Dekret vom 4. Juni 1917 ausgesprochene Verpflichtung zur Demolierung der auf den bezeichneten Parzellen bestehenden Baulichkeiten über den 30. April 1918 hinaus auf unbestimmte Zeit zu stunden, sowie aus der Unterschrift des Dekretes sei zu entnehmen, daß dieses Dekret des Wiener Magistrates vom 4. Juni 1917 auch an die Abteilungswerber ergangen sei. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin stelle daher dieses Dekret einen Abteilungsbescheid dar, der nach der Aktenlage in Rechtskraft erwachsen sei. In seinem Erkenntnis vom 9. November 1964, Zl. 1653/63, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß die ältere Rechtsprechung, wie sie in den Erkenntnissen vom 2. Juni 1899, Slg. Nr. 12.906, und vom 28. Juni 1927, Slg. Nr. 14.625, zum Ausdruck komme, dahin gegangen sei, daß die Gemeinde jederzeit berechtigt sei, die Abtretung der zur Straßenerweiterung bestimmten Grundflächen in der festgesetzten Höhenlage zu verlangen. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1965, Zl. 660/64, bestünden keine Bedenken dagegen, die Rechtsprechung, die zu den §§ 10 und 13 der Bauordnung für Wien im Jahre 1883 entwickelt worden sei, auch auf Fälle auszudehnen, in denen der Auftrag zur Übergabe in den physischen Besitz erst im Geltungsbereich der geltenden Wiener Bauordnung, also nach der näheren Festlegung des Vorganges im § 17 Abs. 1 der Bauordnung für Wien 1930 ergehe. Unter Berücksichtigung dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vertrete die belangte Behörde die Auffassung, daß die unter Punkt 2 des Dekretes vom 4. Juni 1917 angeführte Verpflichtung ungeachtet ihrer Formulierung und Bezeichnung als "Reallast" und des Rechtsträgers als "Gemeinde Wien" in Wahrheit eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung darstelle, die jedoch ohne Setzung einer Leistungsfrist ausgesprochen worden sei. Da es sich bei der im Punkt 2 des vorgenannten Dekretes ausgesprochenen Verpflichtung - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - um eine unbefristete öffentlich-rechtliche Verpflichtung handle, habe mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid - unter Bedachtnahme auf die vorzitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - gestützt auf § 17 der derzeit in Geltung stehenden Bauordnung für Wien diese rechtskräftige öffentlich-rechtliche Verpflichtung durch die Festsetzung einer Erfüllungsfrist gegenüber der Rechtsnachfolgerin der verpflichteten Grundeigentümer konkretisiert werden können. Auch die im Punkt 4 des vorzitierten Dekretes aufgetragene Verpflichtung, die auf den dort genannten Parzellen bestehenden Baulichkeiten bis längstens 30. April 1918 abtragen zu lassen, die in weiterer Folge auf Antrag der Abteilungswerber bis 30. November 1918 erstreckt worden sei, stelle sich im Zusammenhalt mit den obigen Darlegungen ungeachtet ihrer Formulierung und der Bezeichnung dieser als "Reallast" und des Rechtsträgers als "Gemeinde Wien" als öffentlich-rechtliche Verpflichtung dar. Wenngleich diese öffentlich-rechtliche Verpflichtung bisher nicht erfüllt worden sei und auch seitens der Behörde eine Vollstreckung dieses Abtragungsauftrages bisher nicht in Angriff genommen worden sei, gehöre diese Verpflichtung nach wie vor dem Rechtsbestand an. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, daß die tatsächliche Verbauung der in den physischen Besitz der Gemeinde zu übergebenden Grundflächen aufgrund der bestehenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Abtragung dieser Baulichkeiten nicht mehr als rechtmäßig anzusehen sei. Abteilungswerber seien die damaligen Grundeigentümer der betroffenen Liegenschaft gewesen und es seien daher die im Dekret vom 4. Juni 1917 aufgetragenen Verpflichtungen an diese und in weiterer Folge an ihre Rechtsnachfolger gerichtet gewesen. Die Frage der Kostentragung der bedungenen Grundabtretung sei in dem Gesetz vom 17. Jänner 1883, womit eine Bauordnung für die k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien erlassen werde, geregelt. Die nunmehr mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Erfüllungsfrist reiche zur Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen zweifellos aus. Im Hinblick auf die bereits seit dem Jahre 1918 bestehende und im Grundbuch einverleibte Verpflichtung zur Abtragung der auf den der Gemeinde Wien abzutretenden Grundflächen befindlichen Baulichkeiten müsse das offensichtlich nach der Entstehung dieser Verpflichtung begründete Bestandverhältnis bei der Festsetzung der Erfüllungsfrist wohl außer Betracht bleiben. Andernfalls hätte es nämlich der Verpflichtete in der Hand, durch die nachträgliche Begründung von Bestandverhältnissen die Erfüllung bestehender öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zu verzögern. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1964, Slg. Nr. 6.480/A, hinzuweisen, wonach ein Auftrag zur Herstellung der Höhenlage und zur Übergabe nach § 17 Abs. 1 der Bauordnung für Wien im Wege der Ersatzvornahme und des unmittelbaren Zwanges auch bei Bestehen eines aufrechten Bestandvertrages zwischen den Verpflichteten und einer anderen Person vollstreckbar sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung der Behandlung derselben mit Beschluß vom 26. November 1996, B 3213/95-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem Vorbringen im ergänzenden Schriftsatz vom 26. März 1997 zufolge in ihren Rechten "auf Unterbleiben unrichtiger, unnötiger und existenzgefährdender baurechtlicher Aufträge, sowie auf Unterbleiben eines Auftrages nach § 17 Abs. 1 und 6 der Bauordnung für Wien bei Nichtvorliegen der entsprechenden tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen, verletzt".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Liegenschaft EZ 908 der KG Landstraße ein ausdrücklich auf "§ 17 Abs. 1 und 6 der Bauordnung für Wien" gestützter Auftrag zur Übertragung dort näher bezeichneter Grundstücke "in den Besitz der Gemeinde Wien (MA 28)" unter Herstellung der dort näher beschriebenen "Höhenlage" und gleichzeitiger Entfernung von Baulichkeiten und eines Baumes aufgrund der "unter Punkt 2 und 4 enthaltenen Verpflichtungen" des rechtskräftigen Abteilungsbescheides (politische Bewilligung) vom 4. Juni 1917 erteilt. Diese, im Dekret vom 4. Juni 1917 des Magistrates der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien enthaltenen Verpflichtungen gründen sich wiederum auf § 3 lit. a der damals in Geltung gestandenen Bauordnung für Wien sowie auf die §§ 10 und 13 leg. cit. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 17. Jänner 1883, womit eine Bauordnung für die k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien erlassen wird, Landes-Gesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogtum Österreich unter der Enns Nr. 35, haben folgenden Wortlaut:

"Genehmigung zur Abteilung eines Grundes für Bauplätze.

§. 3.

Zur Abtheilung eines Grundes auf Bauplätze muß, bevor um die Baubewilligung für die einzelnen Gebäude angesucht wird, die Genehmigung der zur Ertheilung derselben berufenen Behörde erwirkt werden.

Diese Grundabtheilung ist entweder:

  1. a) Eine Parcellirung, wenn die Eröffnung neuer, über den Grund führender, oder denselben begrenzender, oder die Verlängerung bestehender Straßen, Gassen oder Plätze beantragt wird, oder
  2. b) eine Unterabtheilung, wenn ein an bereits bestehenden Straßen, Gassen oder Plätzen gelegener Baugrund in mehrere Baustellen zerlegt werden soll, ohne daß hierdurch derlei neue oder verlängerte Straßen, Gassen oder Plätze entstehen.

    ...

    Grundabtretung bei Parcellierungen

§.10.

Bei allen Parcellirungen ist derjenige Raum, welcher sowohl zur Verbreiterung bestehender als zur Eröffnung neuer Straßen, Gassen oder Plätze erforderlich ist, jedoch nur bis zu dem höchsten Maße von 23 Meter Breite außerhalb der bestimmten Baulinie unentgeltlich abzutreten. Der über dieses Maß hinaus für Straßen, Gassen oder Plätze abzutretende Raum muß im Sinne der Bestimmungen des §. 9 von der Gemeinde entschädigt werden.

Erhält der betreffende Grundbesitzer nur an einer Seite der Straße oder Gasse Baustellen, so erstreckt sich seine Verpflichtung zu unentgeltlicher Abtretung des Grundes für die Straße oder Gasse bis auf die Hälfte der künftigen Breite.

Unterabtheilungen bestehender Bauplätze, wodurch keine neue Straße oder Gasse entsteht, sind nicht als Parcellirungen anzusehen.

...

Straßen- und Canalherstellung

§. 13.

Die von der Gemeinde an den Bauwerber oder von diesem oder dem Grundeigentümer an die Gemeinde abzutretende Grundfläche hat der Bauwerber, rücksichtlich Grundeigenthümer, in allen Fällen auf seine Kosten auf das festgesetzte Niveau zu bringen.

Der Gemeinde obliegen nach Maßgabe der fortschreitenden Verbauung die erforderlichen Straßenherstellungen, sowie die allfällige Erbauung des Hauptcanales, mit welchem der Bauwerber seine Bauanlage in gehörige Verbindung zu bringen hat."

Der von den Verwaltungsbehörden im vorliegenden Beschwerdeverfahren als Rechtsgrundlage für den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Auftrag herangezogene § 17 der nunmehr in Geltung stehenden Bauordnung für Wien vom 25. November 1929, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976 (BO), hat im hier interessierenden Umfang folgenden Wortlaut:

"Grundabtretungen zu Verkehrsflächen bei Abteilungen

im Bauland

§ 17.

(1) Bei Abteilung einer Grundfläche auf Bauplätze, Baulose oder Teile von solchen (§ 13 Abs. 2 lit. a und b) sind die nach Maßgabe der Baulinien zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen bei beiderseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen aber nur bis zu 20 m, senkrecht zur Baulinie und von dieser aus gemessen, gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung satz- und lastenfrei in das öffentliche Gut zu übertragen. Bei Bruchpunkten und bei Eckbildungen erstrecken sich diese Verpflichtungen auch auf die zwischen den Senkrechten gelegenen Grundflächen. Sind in den in das öffentliche Gut zu übertragenden Grundflächen Versorgungs- oder Entsorgungsleitungen für benachbarte Liegenschaften verlegt, hindern diese, sofern nicht öffentliche Interessen entgegenstehen, die Übertragung der Grundflächen in das öffentliche Gut nicht und können bis zur Herstellung der öffentlichen Versorgungs- oder Entsorgungsleitungen belastet werden. Über Auftrag der Behörde ist der jeweilige Eigentümer (Miteigentümer) des anliegenden Bauplatzes oder Bauloses bzw. eines Teiles von solchen weiters verpflichtet, diese Grundflächen lastenfrei und geräumt der Stadt Wien zu übergeben; bis zur Übergabe steht dem jeweiligen Eigentümer (Miteigentümer) des anliegenden, mit der Übergabeverpflichtung belasteten Bauplatzes, Bauloses bzw. eines Teiles von solchen das Nutzungsrecht zu. Grundflächen die bebaut sind, dürfen nicht in das öffentliche Gut übertragen werden.

...

(4) Soweit die Verpflichtung zur Übertragung in das öffentliche Gut gemäß Abs. 1 besteht, sind hiebei entlang der Baulinie unentgeltlich abzutreten:

a) alle zu den neuen Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen, wobei als neue Verkehrsflächen solche anzusehen sind, an die nach Maßgabe des festgesetzten Bebauungsplanes erstmals angebaut werden soll,

b) die zur Verbreiterung bestehender Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen bei Abteilung einer Grundfläche, die bisher unbebaut war und als Bauplatz bzw. als Baulos noch nicht behördlich genehmigt worden ist.

...

(6) Über Auftrag der Behörde ist auf den nach Abs. 1 und 4 unentgeltlich in das öffentliche Gut übertragenen Grundflächen die festgesetzte Höhenlage vermindert um das Maß der Tiefe des jeweiligen Körpers der Verkehrsfläche herzustellen. Mit diesem Auftrag ist diese Höhenlage von der Behörde bekanntzugeben. Wenn die Herstellung der Höhenlage eine Anschüttung erfordert, ist zweckentsprechendes Material zu verwenden und dieses sachgemäß zu verdichten. Die Herstellung der Höhenlage ist so vorzunehmen, daß der Anschluß zu den anliegenden Grundstücken auf diesen in geeigneter Form (Böschungen, Stützmauern, Futtermauern u.ä.) so hergestellt wird, daß bei widmungsgemäßer Benützung der Verkehrsflächen und der anliegenden Grundflächen die auf diese wirkenden Kräfte in den Boden ohne Senkungen in einem technisch nicht vertretbaren Ausmaß abgeleitet werden. Die Höhenlage von Trennstücken der Aufschließungswege in Gartensiedlungsgebieten ist unter möglichster Anpassung an die Höhenlage der angrenzenden Teilflächen der Baulose einheitlich so herzustellen, zu befestigen und zu erhalten, daß die Aufschließungswege gefahrlos benützt werden können; im übrigen gelten die Bestimmungen für die Herstellung der Höhenlage von Verkehrsflächen im öffentlichen Gut."

Die mit 3. Mai 1930 in Kraft getretene Bauordnung für Wien (BO) ordnet im Art. I Abs. 1 an, daß an die Stelle der Landesgesetze vom 17. Jänner 1883, n.ö. L.G. u. V.Bl. Nr. 35, vom 26. Dezember 1890, n.ö. L.G. u. V.Bl.. Nr. 48, vom 17. Juni 1920, n.ö. L.G. u. V.Bl. Nr. 808, und vom 9. Dezember 1927, L.G.Bl. für Wien Nr. 1 ex 1928, die, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, zugleich ihre Wirksamkeit verlieren, die nachfolgende Bauordnung zu treten hat. Bezüglich individueller Verwaltungsakte werden Ausnahmeregelungen zu der im Art. I Abs. 1 getroffenen Anordnung nur im Art. III leg. cit. getroffen. Für die im § 17 Abs. 1 und 6 der in Geltung stehenden Bauordnung für Wien vorgesehenen Aufträge enthält Art. III leg. cit. keine Sonderreglung. Aus der im Art. III Abs. 1 leg. cit. erster Satz getroffenen Regelung, wonach "die Bestimmungen der §§ 11, 20, 58 und 74 der Bauordnung .... auch für bereits vor Wirksamkeit dieses Gesetzes ergangene Bescheide" gelten, und den im Art. III Abs. 2 und 3 leg. cit. enthaltenen Anordnungen betreffend die weitere Gültigkeit der nach der früheren Gesetzeslage erteilten Abteilungsbewilligungen ist infolge des insoweit klaren Gesetzeswortlautes davon auszugehen, daß vielmehr § 17 BO für bereits vor Wirksamkeit dieses Gesetzes ergangene Bescheid nicht gelten soll.

Hiefür spricht auch, daß die ursprünglich im Art. III Abs. 7 BO getroffene Regelung, wonach "im übrigen ... für alle zur Zeit des Inkrafttretens rechtskräftig entschiedenen und für alle in diesem Zeitpunkte anhängigen Angelegenheiten, über die bereits in der ersten Instanz entschieden worden ist, die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen" zu gelten hatten, mit Gesetz vom 30. April 1976, mit dem die Bauordnung für Wien abgeändert wird (Bauordnungsnovelle 1976), LGBl. Nr. 18, ersatzlos ohne Begründung gestrichen wurde. Dies bedeutete also, daß für Aufträge in Folge einer "Parzellierung im Sinne des § 3 lit. a der Wiener Bauordnung" aus 1883 im Geltungsbereich des obzitierten Art. III Abs. 7 BO die im Zeitpunkt ihres in Krafttretens geltenden Bestimmungen anzuwenden wären.

Aus der im § 17 Abs. 1 letzter Satz BO gewählten Formulierung, daß über Auftrag der Behörde der jeweilige Eigentümer (Miteigentümer) des anliegenden Bauplatzes oder Bauloses bzw. eines Teiles von solchen weiters verpflichtet sei, "diese Grundflächen lastenfrei und geräumt der Stadt Wien zu übergeben", ergibt sich, daß es sich hiebei um Grundflächen handeln muß, die im Sinne des Abs. 1 dieser Gesetzesstelle abgeteilt worden sind. Ein Auftrag gemäß § 17 Abs. 6 BO wiederum (Festsetzung der Höhenlage) erfordert ausdrücklich nach Abs. 1 und 4 dieser Gesetzesstelle unentgeltlich in das öffentliche Gut übertragene Grundflächen.

Der angefochtene Bescheid ist daher deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil die nach § 17 Abs. 1 und 6 BO vorgesehenen Aufträge nicht aufgrund einer "politischen Bewilligung", welche sich auf die Rechtslage vor Inkrafttreten der Bauordnung für Wien vom 25. November 1929 stützt, erlassen werden dürfen. Ob die hier dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte politische Bewilligung vom 4. Juni 1917 einen rechtskräftigen Bescheid darstelle, bedarf daher keiner weiteren Erörterung mehr. Die belangte Behörde konnte sich auch nicht mit Erfolg auf die im hg. Erkenntnis vom 9. November 1964, Zl. 1653/63, zitierten hg. Erkenntisse vom 2. Juni 1899, B 12.906, und vom 28. Juni 1927, Slg. Nr. 14.625, berufen, weil in diesem Erkenntnis, ebenso wie in jenem vom 14. Juni 1965, Zl. 660/64, die Frage, ob ein im Regime der Bauordnung für Wien von 1883 im Grunde des § 3 erlassener Abteilungsbescheid Grundlage für Aufträge im Sinne des § 17 Abs. 1 und 6 BO sein kann, nicht ausdrücklich erörtert worden ist.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im pauschalierten Schriftsatzaufwand ist die Umsatzsteuer bereits enthalten.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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