Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Bescheid vom 21. März 1997 der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 GewO 1994 die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung ihrer Betriebsanlage u.a. durch Inbetriebnahme eines dieselbetriebenen Stromaggregates unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen. Als Auflage Punkt 80.a wurde unter Berufung auf § 77 Abs. 3 GewO 1994 u.a. ein Grenzwert für Stickstoffoxide von 2000 mg/m3 vorgeschrieben. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere nach Wiedergabe des Inhaltes des von ihm eingeholten Gutachtens eines gewerbetechnischen Sachverständigen, aus, die Vorschreibung eines Grenzwertes an Stickstoffoxiden von 2000 mg/m3 entspreche dem derzeitigen Stand der Technik im Sinne des § 71a in Verbindung mit § 77 Abs. 3 GewO 1994.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende
Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren
Rechten wie folgt verletzt:
"Wir, die Beschwerdeführer, werden durch den angefochtenen Bescheid insoferne in unseren Rechten verletzt, als die belangte Behörde den Begriff "Stand der Technik" im Sinne des § 71a GewO wohl richtig definiert, letztendlich aber diese Begriffsdefinition bezogen auf das verfahrensgegenständliche Dieselstromaggregat falsch angewandt hat. Weiters werden wir durch den bekämpften Bescheid insoferne in unseren Rechten verletzt, als voraussehbare Gefährdungen unserer Gesundheit, die aus dem Betrieb des Dieselstromaggregates resultieren, von der belangten Behörde überhaupt nicht abgeklärt und damit diese Gefahren nicht ausgeschaltet wurden. Letztendlich werden wir auch dadurch in unseren Rechten verletzt, daß die belangte Behörde unseren Überlegungen und Einwendungen, wie sie sich aus dem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren in Verbindung mit der Berufungsschrift vom 9.1.1995 ergeben, und welche keinesfalls als präkludiert im Sinne des § 42 AVG gelten, nicht Rechnung trägt. Die belangte Behörde setzt sich mit diesen Bedenken und Einwendungen überhaupt nicht auseinander und verstößt damit gegen die jeder Behörde obliegende verfahrensrechtliche Begründungspflicht."
In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringen die Beschwerdeführer vor, der Bescheid der belangten Behörde sei insofern rechtswidrig, als der Begriff "Stand der Technik" von der belangten Behörde zwar richtig definiert, dieses Regulativ letztendlich aber nicht richtig zur Anwendung gebracht worden sei. Als Stand der Technik gelte der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit (nicht unbedingt im Dauerbetrieb) erprobt und erwiesen sei. Insbesondere seien vergleichbare Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen heranzuziehen, also auch ausländische Erfahrungen und technische Normen. Der von der belangten Behörde beigezogene technische Sachverständige halte diese Auslegungsvariante prinzipiell für möglich und räume auch ein, daß SCR-Anlagen auch bei Kleinanlagen mit 56 bzw. 65 kW zum Einsatz gelangten, wobei diese Anlagen bei der NOX-Minderung Wirkungsgrade von über 90 % ermöglichten. Von dieser Erkenntnis ausgehend hätte die belangte Behörde in Übereinstimmung mit dem Stand der Technik an dem von der Gewerbebehörde zweiter Instanz vorgeschriebenen Grenzwert für Stickoxide von 400 mg/Nm3 festhalten müssen, welcher Wert durch die mitbeteiligte Partei durchaus erreichbar sei. Akteninhalt und damit Entscheidungsgrundlage für die belangte Behörde seien jedenfalls auch die sich aus dem Gutachten des von der Gewerbebehörde zweiter Instanz beigezogenen Sachverständigen angestellten Überlegungen zu den luftschadstoffbedingten Gesundheitsrisken, die mit dem Betrieb des Dieselstromaggregates für die Nachbarn verbunden seien. Während der Sachverständige, den der Landeshauptmann für Steiermark beigezogen habe, richtigerweise auch auf die immissions-klimatologische Seite Bedacht genommen habe, ziehe der vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten beigezogene Sachverständige vollkommen undifferenziert den Schluß, daß beim strittigen Punkt der Emissionen an der Auflage des Bescheides der ersten Instanz festgehalten werden könne. Es liege aber auf der Hand, daß das luftschadstoffbedingte Gesundheitsrisiko zwangsläufig auch von den örtlichen - insbesondere den immissions-klimatologischen - Verhältnissen abhänge. Nicht schlüssig sei das Gutachten des von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen dann, wenn zwar einerseits ausgeführt werde, daß bei einer Emissionsmessung an dem in Rede stehenden Aggregat bei Vollast ein Wert von 1734 mg/m3 NOX ermittelt worden sei und der Sachverständige dann mehr oder weniger im selben Atemzug eine Emissionsobergrenze von 2000 mg/m3 NOX für zulässig erachte. Damit räume dieser Sachverständige immerhin eine Überschreitung des jedenfalls erreichbaren Emissionswertes um 15,3 % ein, was durch nichts gerechtfertigt erscheine. Schuldig bleibe der von der belangten Behörde beigezogene Sachverständige auch eine Antwort auf die Frage, warum vom Anlagenbetreiber der Einsatz der SCR-Technik nicht verlangt werden könne, wenn doch wesentlich kleinere Anlagen, nämlich solche mit 56 bzw. 65 kW, nach der aktenkundigen Referenzliste mit einer solchen Technik hätten ausgestattet werden können. Zusammengefaßt möge daher das Gutachten des von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen hinsichtlich der Wiederholung der bisher angestellten technischen Überlegungen ausgiebig sein, schlüssig sei es aber jedenfalls nicht. Feststehe, daß die Beschwerdeführer als Nachbarn Parteistellung in diesem Verfahren genössen. Sie hätten ihre Einwendungen bereits im Verfahren erster Instanz ausführlich dargelegt. Letztendlich hätten sie ihren Standpunkt in der Berufungsschrift vom 9. Jänner 1995 noch einmal konzentriert formuliert. § 42 Abs. 1 AVG stelle ausdrücklich auf den Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder auf die Verhandlung selbst ab. Da die Beschwerdeführer ihre nach wie vor aufrechten Einwendungen rechtzeitig im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht und letztendlich mit ihrer Berufung konkretisiert und wiederholt hätten, wäre von der belangten Behörde auf diese Einwendungen einzugehen gewesen. Die von der belangten Behörde selbst zitierten Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 seien öffentlich-rechtliche Interessen, die von der Behörde von Amts wegen wahrzunehmen seien. Zusammengefaßt hätte sich die belangte Behörde über das im Akt erliegende und von der Gewerbebehörde zweiter Instanz beigeschaffte medizinische Sachverständigengutachten nicht ohne weiteres hinwegsetzen dürfen und es wäre von Amts wegen auf die in diesem Gutachten aufgezeigte Gefährdungssituation einzugehen gewesen.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 63/1997 - dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
- 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden ...
- 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen ...
Nach § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 leg. cit. auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle hat die Behörde Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik zu begrenzen.
Gemäß § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.
Im vorliegenden Fall wurde die in Rede stehende Auflage eines Grenzwertes für Stickoxide von 2000 mg/m3 von der belangten Behörde unter Berufung auf die Bestimmung des § 77 Abs. 3 GewO 1994, somit zur Begrenzung von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik vorgeschrieben.
Im Verfahren zur Genehmigung der Errichtung und des Betriebes bzw. zur Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage ist den Nachbarn mit der Bestimmung des § 356 Abs. 3 GewO 1994 das subjektiv-öffentliche Recht auf Schutz vor den im § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen eingeräumt. Hingegen ergibt sich aus der Bestimmung des § 77 Abs. 3 GewO 1994 betreffend die Verpflichtung der Behörde zur Begrenzung von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zlen. 89/04/0089, 0090). Die Beschwerdeführer können daher dadurch, daß die belangte Behörde im konkreten Fall einen Grenzwert für Stickoxide von 2000 mg/m3 als Stand der Technik im Sinne des § 77 Abs. 3 in Verbindung mit § 71a GewO 1994 erachtete, in einem subjektiv-öffentlichen Recht nicht verletzt werden, sodaß vom Verwaltungsgerichtshof, dem im Verfahren über eine Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nach dieser Gesetzesstelle allein der Schutz subjektiver öffentlicher Rechte obliegt, auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht weiter einzugehen ist.
Soweit die Beschwerdeführer aber unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechte der belangten Behörde Verfahrensverstöße in Form mangelnden Eingehens auf (nicht näher dargestelltes) Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorwerfen, vermögen sie damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil nach § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht jeder Verfahrensverstoß der belangten Behörde, sondern nur solche zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof führen, die insofern wesentlich sind, als bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist diese Relevanz nicht offenkundig, hat sie der Beschwerdeführer durch ein konkretes Vorbringen aufzuzeigen. Im vorliegenden Verfahren ist aber für den Verwaltungsgerichtshof auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens diese Relevanz der behaupteten Verfahrensverstöße nicht erkennbar.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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