Normen
AVG §58 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §11a;
AVG §58 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §11a;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. Juli 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers - eines am 14. Jänner 1972 geborenen türkischen Staatsangehörigen - vom 14. Mai 1996 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 11a und 10 Abs. 1 Z. 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.
Der Beschwerdeführer, der seit 23. Dezember 1991 in Österreich gemeldet sei, sei mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er sei im Jahre 1994 wegen Verdachtes des Körperverletzung angezeigt und schließlich wegen dieses Delikts vom Bezirksgericht für Strafsachen Graz zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 50 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden. Weiters scheine der Beschwerdeführer in der Verwaltungsstrafkartei wie folgt auf:
1994: § 1 LGBl. 158/75 S 900,--
1995: Art IX/1/2 EGVG S 1.200,--
Aufgrund der Straftat und der Verwaltungsübertretungen sei die Behörde zur Ansicht gelangt, daß der Beschwerdeführer nicht bereit sei, "sich an die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit zu halten". Es sei davon auszugehen, daß sich der Beschwerdeführer auch weiterhin nicht an die österreichische Rechtsordnung halten werde und somit keine Gewähr dafür biete, zur Republik Österreich bejahend eingestellt zu sein und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darzustellen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 11a StbG ist einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 leg. cit. die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
- 1. sein Ehegatte Staatsbürger ist,
- 2. die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,
- 3. er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und
- 4. a) die Ehe seit mindestens einem Jahre aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder
- b) die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen Staatsbürger ist.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darf die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist der belangten Behörde bei der Anwendung der letztgenannten Bestimmung kein Ermessen eingeräumt, sondern handelt es sich um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.
Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Z. 1 bis 4 des § 11a StbG erfülle, vertrat jedoch die Ansicht, daß die Einbürgerungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht gegeben sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der nach der letztgenannten Bestimmung vorzunehmenden Beurteilung - anders als bei der Beurteilung der Verleihungsvoraussetzung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG, wofür es lediglich auf das Vorliegen von Verurteilungen mit einem bestimmten Strafausmaß ankommt - vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Hiebei sind auch solche Straftaten zu beurteilen, für welche der Fremde zu einer Strafe verurteilt wurde, die das in § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG umschriebene Ausmaß nicht erreicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1998, Zl. 96/01/0107). Bei der Verleihungsvoraussetzung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern ist es lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit oder die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Rechtsvorschriften mißachten. Aus der Art, der Schwere und der Häufigkeit solcher Verstöße kommt die - allenfalls - negative Einstellung des Betreffenden gegenüber den zur Hintanhaltung solcher Gefahren erlassenen Gesetzen deutlich zum Ausdruck.
Der vorliegende Bescheid enthält zur Beurteilung dieser Kriterien jedoch keine ausreichenden Feststellungen. Die belangte Behörde hat lediglich die Verurteilung und die beiden Bestrafungen des Beschwerdeführers festgestellt. Für die Beurteilung des Gesamtverhaltens und die auf dieser Grundlage zu erstellende Prognose über das künftige Verhalten des Beschwerdeführers erforderliche Feststellungen über die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten fehlen zur Gänze. Dieser Verfahrensmangel hindert den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht, der Beschwerdeführer biete aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darzustellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. November 1997, Zl. 96/01/1047).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.
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