VwGH 96/21/0879

VwGH96/21/08795.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des (am 28. August 1976 geborenen) VB, vertreten durch Dr. Manfred Leimer, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 38, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28. Juni 1996, Zl. St 317/96, betreffend Feststellung gemäß § 54 FrG, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde gemäß § 54 Abs. 1 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer sei in der Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht. Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien und am 18. September 1995 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Zur Begründung seines Asylantrages habe er vorgebracht, nie Mitglied einer politischen Partei gewesen zu sein, nicht vorbestraft zu sein und auch keine strafbaren Handlungen begangen zu haben. Er habe seine Heimat ausschließlich wegen des Militärdienstes verlassen. 1994 hätte er einen Musterungsbefehl erhalten, dem aber keine Folge geleistet.

"Vor zwei Wochen" seien Militärpolizisten bei ihm zu Hause gewesen und hätten ihn zum Militär bringen wollen. Hiebei sei ihm ein Einberufungsbefehl vorgezeigt worden. Unmittelbar nach diesem Vorfall habe sich der Beschwerdeführer zu seinem Onkel begeben, wo er sich bis zur Ausreise aufgehalten habe. In diesem Zeitraum seien die Militärpolizisten noch einmal zu seinem Hause gekommen und hätten nach ihm gesucht. Er habe dem Einberufungsbefehl deswegen keine Folge geleistet, weil er nach Bosnien verlegt worden wäre. Einige seiner Freunde seien vor zwei bis drei Monaten nach Bosnien geschickt worden.

Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres abgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer habe seinen gegenständlichen Antrag im wesentlichen mit seinen Angaben vor dem Bundesasylamt begründet. In seinem Schriftsatz vom 13. Oktober 1995 habe er ergänzend ausgeführt, daß Angehörige von Minderheiten im Falle einer Weigerung zur Ableistung des Militärdienstes stärker verfolgt und bewußt in gefährlicheren Kampfzonen eingesetzt würden. Der Beschwerdeführer habe darauf hingewiesen, daß er der Gefahr einer Bestrafung nach § 214 des jugoslawischen Strafgesetzbuches ausgesetzt sei.

Der Einberufung zum Militärdienst bzw. die strafrechtliche Verfolgung wegen Desertion und "Refraktion" stelle grundsätzlich weder Folter noch unmenschliche Strafe oder ebensolche Behandlung im Sinne des Art. 3 MRK dar (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 1995, Zl. B 1818/94), noch begründet sie eine Verfolgung im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 94/19/0621). Nach der Rechtsprechung könnte die Flucht wegen Einberufung zum Militärdienst (Desertion) nur dann asylrechtlich und in weiterer Folge auch fremdenrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung aus einem der in der Flüchtlingskonvention genannten Gründe erfolgt wäre oder aus solchen Gründen eine drohende allfällige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen wäre bzw. wenn der Beschwerdeführer einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre. Dies treffe jedoch auf den Beschwerdeführer nicht zu. Hinsichtlich der Wehrpflicht werde nicht nach "Ethnien" differenziert. Es bestünden keine Hinweise dafür, daß Angehörige von Minderheiten bei der Ableistung des Militärdienstes bzw. einer allfälligen Bestrafung wegen Desertion strenger behandelt würden als andere.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Bayreuth und den Lagebericht der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad ist schon deswegen nicht zielführend, weil er selbst ausführt, daß derzeit nicht akut Gefahr bestehe, in einem "Spezialeinsatz" in Kampfgebiete geschickt zu werden. Daß sich dies "wieder sehr rasch ändern könnte" ist in dieser ganz allgemein gehaltenen Form nicht mehr als eine Vermutung, der es an einer nachvollziehbaren und überprüfbaren Untermauerung durch entsprechende Bescheinigungsmittel fehlt. Mit diesem Vorbringen kann daher der Beschwerdeführer an den Feststellungen, daß sich die Armee der Bundesrepublik Jugoslawien aus den Bürgerkriegsschauplätzen Kroatien und Bosnien-Herzegowina zurückgezogen habe und sich die Kriegsparteien im Friedensvertrag von Dayton zur Einstellung der Kampfhandlungen entschlossen haben, keine Bedenken erwecken. Soweit der Beschwerdeführer meint, die Mißachtung des Einberufungsbefehles stelle für ihn eine ganz eminente Gefahr dar, ist er auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach - für sich allein genommen - die Einberufung zum Militärdienst bzw. die strafrechtliche Verfolgung wegen Desertion und "Refraktion" weder eine im § 37 Abs. 1 FrG umschriebene Gefahr noch eine im § 37 Abs. 2 FrG umschriebene Bedrohung darstellen. Der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrenrügen ist daher der Boden entzogen.

Da es somit dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, zumindest glaubhaft zu machen, daß er aktuell in dem von ihm bezeichneten Staat im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bedroht sei, ist die im Instanzenzug ergangene Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 leg. cit., das keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer solchen Bedrohung bestünden, nicht rechtswidrig. Die Beschwerde erweist daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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