Normen
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
FrG 1993 §6 Abs1 Z2;
EMRK Art8;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
FrG 1993 §6 Abs1 Z2;
EMRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 10. August 1993 bei der österreichischen Botschaft in Belgrad die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. August 1994 gemäß § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 abgewiesen.
Am 13. Juli 1994 (Datum des Einlangens) beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich bei der österreichischen Botschaft in Belgrad die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Mai 1995 gemäß § 5 Abs. 1 AufG mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich abgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. September 1995 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 5 Abs. 1 AufG - unter anderem - in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Die Beschwerdeführerin sei (im Anschluß an ihre Antragstellung im Ausland) im Oktober 1994 nach Österreich eingereist, wo sie sich seither aufhalte. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG liege ein Sichtvermerksversagungsgrund unter anderem dann vor, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
§ 3 Abs. 1 Z. 2 und § 5 Abs. 1 AufG lauten:
"§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten
- 1. ...
- 2. von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben,
ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG lautet:
"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn
...
6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"
Die Beschwerdeführerin verweist darauf, daß sie mit einem (seit 1988) rechtmäßig in Österreich aufhältigen und beschäftigten Fremden seit 10. Juli 1993 verheiratet sei. Nach Abweisung ihres Antrages vom 10. August 1993 habe sie im Juli 1994 den gegenständlichen Antrag gestellt. Sie sei mit Schreiben des Landeshauptmannes von Wien vom 22. September 1994 davon verständigt worden, daß die Quote für das Jahr 1994 bereits erschöpft sei. Aus diesem Grund habe sie sich im Oktober 1994 zur Einreise nach Österreich mit Touristensichtvermerk entschlossen. Sie sei zu diesem Zeitpunkt schwanger gewesen. Sie habe am 31. Dezember 1994 entbunden. "Zunächst" sei ihr die sofortige Ausreise nach Ablauf der Gültigkeit ihres Touristensichtvermerkes nicht möglich gewesen. Auch sei ihr (mündlich) zugesichert worden, sie werde eine Aufenthaltsbewilligung erhalten. Sie sei daher nicht aus dem Bundesgebiet ausgereist, um bei ihrem Ehemann bleiben zu können.
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihr zum nunmehr herangezogenen Versagungsgrund Parteiengehör zu gewähren. Bei gebotener Einräumung desselben hätte die Beschwerdeführerin darlegen können, "ob und wann sie aus Österreich ausgereist" sei.
Mit diesem Vorbringen legt die Beschwerdeführerin jedoch nicht die Relevanz des aufgezeigten Verfahrensmangels dar, führt sie doch in diesem Zusammenhang keinesfalls aus, daß sie tatsächlich ausgereist sei und wann diese Ausreise erfolgt wäre. Vor dem Hintergrund ihres ausdrücklichen Zugeständnisses, im Oktober 1994 mit einem Touristensichtvermerk eingereist und in der Folge bei ihrem Ehemann geblieben zu sein, ist eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge des unterlassenen Parteiengehörs nicht erkennbar.
Insoweit die Beschwerdeführerin einen Begründungsmangel darin erblickt, daß die belangte Behörde nicht näher dargelegt habe, welche Interpretation sie der Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG unterlege, ist ihr zu entgegnen, daß Begründungslücken nur dann wesentlich sind, wenn sie den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes hindern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 91/04/0242). Dies ist jedoch - wie im Zuge der Behandlung des zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides erstatteten Beschwerdevorbringens zu zeigen sein wird - nicht der Fall.
Als inhaltlich rechtswidrig erachtet die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid, weil ihre Einreise mit Touristensichtvermerk erst nach der Antragstellung vom Ausland aus erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin habe sich daher im Sinne der Erläuternden Bemerkungen zum Fremdengesetz (RV 692 BlgNR 18. GP) ohnedies vom Ausland aus zur Absicht bekannt, in Österreich ihren Wohnsitz zu begründen.
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund nach § 10 Abs. 1 FrG vorliegt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn dieser zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen soll. Ein nahtloser Anschluß an das Ende der Gültigkeitsdauer des Touristensichtvermerkes ist zur Verwirklichung dieses Versagungstatbestandes nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0293). Der in Rede stehende Sichtvermerksversagungsgrund liegt vor, wenn sich der Fremde in dem für die Entscheidung der belangten Behörde maßgeblichen Zeitpunkt im Anschluß an eine mit einem Touristensichtvermerk erfolgten Einreise im Inland aufhält. Bedeutungslos ist jedoch, ob der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor oder nach dieser Einreise gestellt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0500).
Diese Interpretation entspricht auch den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (RV 525 BlgNR 18. GP), wonach - auch durch die in § 5 Abs. 1 AufG erfolgte Verweisung auf den Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG - der Mißbrauch von Besuchssichtvermerken zu Einwanderungszwecken hintangehalten werden sollte. Ein derartiger Mißbrauch liegt aber auch dann vor, wenn die Einreise mit Touristensichtvermerk erst nach der Antragstellung vom Ausland aus erfolgt und der Fremde nach Ablauf des Touristensichtvermerkes das Bundesgebiet nicht verläßt.
Insoweit sich die Beschwerdeführerin auf ihren behaupteten Rechtsanspruch auf Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG stützt, ist ihr zu entgegnen, daß die Erteilung einer Bewilligung nach diesem Tatbestand jedenfalls voraussetzt, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorliegt.
Der Hinweis auf die durch die Anwesenheit ihres Ehegatten und ihrer Tochter im Bundesgebiet begründeten familiären Interessen der Beschwerdeführerin in Österreich vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil eine Bedachtnahme auf private und familiäre Interessen des Fremden bei einer auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, dargelegten Gründen nicht in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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