VwGH 96/19/0634

VwGH96/19/063425.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Juli 1995, Zl. 301.863/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §18 Abs2;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 §1 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §18 Abs2;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965 §1 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Kroatiens. Er verfügte nach der Aktenlage über einen Wiedereinreisesichtvermerk mit Geltungsdauer vom 26. November 1991 bis 23. Jänner 1993. Nach Ablauf dieses Sichtvermerkes reiste der Beschwerdeführer aus Österreich aus. Er beantragte am 13. April 1994 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Juli 1995 wurde dieser Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 7. Dezember 1993 rechtmäßig sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist. Er sei in der Folge berechtigt gewesen, sich während dreier Monate in Österreich aufzuhalten. Der Beschwerdeführer habe das Bundesgebiet dann jedoch nicht verlassen und halte sich nach wie vor ohne Sichtvermerk (und damit unrechtmäßig) im Bundesgebiet auf. Dadurch zeige er, daß er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung, insbesondere in einem Bereich, der für den geordneten Ablauf eines geregelten Fremdenwesens vorgesehen sei, zu respektieren. Damit liege der Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor. Die Erteilung einer Bewilligung sei aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung der im Fall des Beschwerdeführers vorliegenden Umstände überwögen die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautet:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautet:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Sowohl im Zeitpunkt der Einreise des Beschwerdeführers, als auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Bescheidzustellung am 18. Juli 1995) stand das im Verhältnis der Republik Österreich zur Republik Kroatien pragmatisch weiterangewendete Abkommen zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965, in Kraft. Es wurde erst mit Wirksamkeit vom 1. August 1995 durch das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 487/1995, abgelöst.

Art. 1 und 3 des erstgenannten Abkommens lauteten auszugsweise:

"Artikel 1

(1) Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die einen der im Artikel 3 angeführten Reiseausweise mit sich führen, können ohne Sichtvermerk des anderen Vertragsstaates die Grenzen der Vertragsstaaten überschreiten und sich drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten.

(2) Den Personen, die sich länger als drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten wollen, können die zuständigen Behörden dieses Vertragsstaates die Aufenthaltsberechtigung verlängern.

...

Artikel 3

...

(3) Der Grenzübertritt aufgrund dieses Abkommens ist jugoslawischen Staatsbürgern, die Inhaber eines der nachstehend angeführten gültigen Reiseausweise sind, gestattet:

a) Reisepaß (persönlicher oder Familienreisepaß)"

Der Beschwerdeführer tritt den Tatsachenannahmen im angefochtenen Bescheid nicht entgegen. Er bestreitet allerdings, daß sein Verhalten den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirkliche, insbesondere auch, weil keiner der im § 18 FrG angeführten Fälle vorliege.

Der Beschwerdeführer war aufgrund des genannten Abkommens zu seiner Einreise am 7. Dezember 1993 ins Bundesgebiet berechtigt. Er war auch berechtigt, sich bis 7. März 1994 in Österreich aufzuhalten.

Sein Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 13. April 1994 bewirkte jedenfalls keine Verlängerung seiner Berechtigung zum Aufenthalt im Sinne des Art. 1 Abs. 1 des in Rede stehenden Abkommens. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsauffassung, daß ein längerdauernder unrechtmäßiger Aufenthalt im Anschluß an den dreimonatigen rechtmäßigen Aufenthalt nach sichtvermerksfreier Einreise den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zl. 95/19/0269). Das Vorliegen einer der in § 18 Abs. 2 FrG bloß beispielhaft angeführten bestimmten Tatsachen ist zur Verwirklichung des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG demgegenüber nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 96/19/0102).

Der - im Hinblick auf den bloß kurzen Voraufenthalt aufgrund eines Wiedereinreisesichtvermerkes zutreffenden - Beurteilung der belangten Behörde gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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