VwGH 96/16/0068

VwGH96/16/006825.4.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in N, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 7. Februar 1996, GZ H1/1-3/96, betreffend Behebung eines Eingangsabgabenbescheides im Aufsichtsweg, zu Recht erkannt:

Normen

11994NN06 EU-Beitrittsvertrag Anh6 Z9;
BAO §299;
BAO §302 Abs1;
BAO §49 Abs2;
BAO §69;
ZollG 1988 §174 Abs3;
ZollG 1988 §181;
ZollG 1988 §59;
ZollRDG 1994 §120 Abs1;
ZollRDG 1994 §120 Abs2;
11994NN06 EU-Beitrittsvertrag Anh6 Z9;
BAO §299;
BAO §302 Abs1;
BAO §49 Abs2;
BAO §69;
ZollG 1988 §174 Abs3;
ZollG 1988 §181;
ZollG 1988 §59;
ZollRDG 1994 §120 Abs1;
ZollRDG 1994 §120 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Bescheid des Zollamtes Graz vom 10. März 1995, Zl. 700/05625/95, mit dem dem Beschwerdeführer gemäß § 174 Abs. 3 lit. a 1. und 2. Halbsatz i.V.m. § 3 Abs. 2 ZollG kraft Gesetzes in den Jahren 1991 und 1992 entstandene Eingangsabgaben in der Höhe von S 402.958,-- zuzüglich eines Säumniszuschlages von S 8.059,--, zusammen sohin Abgaben im Betrag von S 411.017,-- zur Entrichtung aufgetragen wurden, in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten dadurch verletzt, "daß die belangte Behörde die Bestimmung des § 299 Abs. 2 BAO anwandte, dabei aber nicht die Vorschrift des § 181 ZollG beachtete, welche im Abs. 2 normiert, daß eine Aufhebung von Bescheiden, die eine Zollschuld betreffen, im Aufsichtsweg nach Ablauf von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides nicht mehr zulässig ist, zumal diese Frist auch nicht unterbrochen wurde."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Z. 9 des Anhanges VI des Beitrittsvertrages zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Republik Österreich, BGBl. Nr. 45/1995, ABl. L 1/1995 51 ff, erfolgt die Nacherhebung (von Zöllen) nach den Gemeinschaftsvorschriften. Ist die Zollschuld jedoch vor dem Zeitpunkt des Beitritts entstanden, so nimmt der betreffende neue Mitgliedsstaat die Nacherhebung nach seinen Vorschriften und zu seinen Gunsten vor.

Gemäß § 120 Abs. 1 im Abschnitt H des ZollR-DG tritt dieses Bundesgesetz gleichzeitig mit dem Vertrag über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union in Kraft. Nach § 120 Abs. 2 ZollR-DG treten unter anderem das Zollgesetz 1988 (Z. 1) samt den zu diesen Bundesgesetzen jeweils ergangenen Verordnungen außer Kraft. Diese Rechtsvorschriften bleiben aber auf alle jene Fälle anwendbar, in denen der Vertrag über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union die Anwendung des vor dem Beitritt geltenden Rechtes erlaubt und in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

Für die Nacherhebung kraft Gesetzes nach § 174 Abs. 3 lit. a ZollG vor dem Beitritt entstandene Eingangsabgabenschulden ist im Abschnitt H des ZollR-DG nicht anderes bestimmt, sodaß im Beschwerdefall das Zollgesetz 1988 und die in diesem Zusammenhang stehenden Bestimmungen anwendbar sind.

Aufgrund des § 1 lit. a BAO gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in Angelegenheiten der Zölle und sonstigen Eingangs- und Ausgangsabgaben nur insoweit, als in den zollgesetzlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Unter Erhebung im Sinne der Bundesabgabenordnung sind gemäß § 49 Abs. 2 dieses Gesetzes alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen.

Zu den der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen gehören alle der Durchsetzung von Abgabenansprüchen dienenden behördlichen Maßnahmen, die die Ermittlung, Festsetzung, Einhebung (einschließlich Rückzahlung und Nachsicht) und zwangsweise Einbringung zum Ziel haben (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 90/16/0003). Demnach gehört auch die aufsichtsbehördliche Bescheidbehebung im Rahmen einer Nacherhebung zu den der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen.

Gemäß § 299 Abs. 2 BAO kann ein Bescheid von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden. Nach § 302 Abs. 1 erster Satz BAO ist eine solche Maßnahme bis zum Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides zulässig.

Nach § 181 Abs. 1 ZollG 1988 kann das Zollamt von Amts wegen zollamtliche Bestätigungen soweit nicht § 174 Abs. 3 lit. c anzuwenden ist, hinsichtlich von Umständen, die zu einer unrichtigen Zollfestsetzung geführt haben, abändern. Eine solche Maßnahme ist nach Ablauf von sechs Monaten nach Bekanntgabe der zollamtlichen Bestätigung nicht mehr zulässig. Diese Frist wird durch jede auf die Abänderung gerichtete Anregung der Partei bei dem hiefür zuständigen Zollamt sowie durch jede nach außen erkennbare, auf die Abänderung der Zollfestsetzung gerichtete Amtshandlung dieses Zollamtes unterbrochen.

§ 181 ZollG 1988 bezieht sich als Sondervorschrift zur Abänderung, Aufhebung oder Berichtigung von Bescheiden nur auf die amtswegige Abänderung von zollamtlichen Bestätigungen durch das erstinstanzliche Zollamt, nicht jedoch auf die Aufhebung von Bescheiden im Aufsichtsweg durch die Oberbehörde (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2878). Demnach war § 181 ZollG 1988 im Beschwerdefall nicht anwendbar, weil die durch den angefochtenen Bescheid aufgehobene Nacherhebung mittels Bescheid und nicht mittels zollamtlicher Bestätigung gemäß § 59 ZollG 1988 erfolgte. Somit kommt im Beschwerdefall die allgemein für bundesrechtlich geregelte öffentliche Abgaben geltende Fristbestimmung des § 302 Abs. 1 erster Satz BAO zur Anwendung. Der angefochtene Bescheid wurde aber nach dem Beschwerdevorbringen innerhalb dieser Frist erlassen. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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