VwGH 96/15/0072

VwGH96/15/007225.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des W in R, vertreten durch Dr. Ernst Biel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IX, vom 2. Februar 1996, Zl. GA 15-95/1238/08, betreffend Umsatzsteuer 1985, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §23 Abs1;
UStG 1972 §12;
BAO §23 Abs1;
UStG 1972 §12;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. September 1987 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 1985 mit S 311.103,-- fest und verwies zur Begründung auf die über die Nachschau gemäß § 144 BAO aufgenommene Niederschrift vom 10. August 1987. Dieser zufolge wurde die aus der Rechnung der E-KG vom 22. März 1985 über S 3,900.000,-- errechnete Vorsteuer in Höhe von S 780.000,-- nicht anerkannt.

Mit Bescheid vom 5. Jänner 1993 wies die belangte Behörde, Berufungssenat II, die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung ab und begründete diese Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

Strittig sei, ob der Beschwerdeführer auf Grund der Rechnung vom 22. März 1985 von der E-KG die Mustergeräte und Rechte betreffend Gaswarn-, Gärgaswarn- und Ultraschallgeräte und Temperaturmesssonden um S 3,900.000,-- netto erworben habe und für den Erwerb in der Folge zu Recht einen Vorsteuerabzug in Höhe von S 780.000,-- geltend gemacht habe oder ob dieses Geschäft als Scheingeschäft anzusehen sei. Diese Frage sei bereits einmal im Zusammenhang mit dem Ankauf der Rechte durch den jetzigen Verkäufer (E-KG) Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gewesen. Mit Erkenntnis vom 28. Juni 1988, Zl. 86/14/0140, sei die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion Oberösterreich, mit welcher der Kaufvertrag als Scheingeschäft angesehen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Dabei habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die von der Berufungsbehörde ins Treffen geführten Fakten an sich geeignet wären, Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vertragswillens aufkommen zu lassen; die Berufungsbehörde habe es jedoch unterlassen, diese Zweifel durch entsprechende Erhebungen zu erhärten. Im fortgesetzten Verfahren der Finanzlandesdirektion Oberösterreich seien entsprechende Erhebungen durchgeführt und der Beschwerdeführer aufgefordert worden, die vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfenen Fragen zu beantworten und die verlangten Unterlagen vorzulegen. Nach zwölfmaligem Antrag auf Erstreckung der Frist zur Beantwortung des Vorhalts seien verschiedene Fragen beantwortet worden; es seien jedoch die Unterlagen für Kalkulationen, Produktionskosten, Finanzierung und Marktforschung unter Hinweis auf einen Brand am 18. Februar 1990 mit der Bemerkung nicht übermittelt worden, die Vorlage werde einige Tage später erfolgen. Die Unterlagen seien jedoch nicht nachgereicht worden. Die Aussage, dass die genannten Unterlagen zwar im Büro des Ing. L (früherer Geschäftsführer der E-KG) vorhanden gewesen, jedoch bei dem Brand zum Teil beschädigt oder zumindest stark verrußt worden seien, sei wenig glaubwürdig. Falls sich die genannten Unterlagen tatsächlich im Büro von Ing. L befunden hätten, wäre eine Erstreckung der Frist um fast eineinhalb Jahre nicht notwendig gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass die entsprechenden Unterlagen entweder überhaupt nicht existierten oder aber absichtlich nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers und seines Geschäftspartners hinsichtlich der Vorlage der geforderten Unterlagen seien die bereits im Erstverfahren festgestellten Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vertragswillens nicht nur nicht ausgeräumt, sondern vielmehr bestätigt worden.

Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 6. April 1995, Zl. 93/15/0061, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Diese lag vor, weil dem Berufungssenat II keine Zuständigkeit zur Entscheidung über Berufungen gegen erstinstanzliche Bescheide des Finanzamtes Wien-Umgebung zukam. Für das fortzusetzende Verfahren verwies der Gerichtshof aus Zweckmäßigkeitsgründen darauf, dass im nunmehrigen Beschwerdefall die im hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1988, Zl. 86/14/0140, vermissten Sachverhaltsfeststellungen analog zu treffen sein werden.

Im fortgesetzten Verfahren führte der Vertreter des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung vom 16. November 1995 aus, dass die E-KG die in Streit stehenden Rechte an den Beschwerdeführer veräußert hätte. In weiterer Folge seien diese Rechte an Ing. L (den früheren Geschäftsführer der Vorbesitzerin dieser Rechte!) weiter veräußert worden. Dass keine Umsatzsteuer bezahlt worden wäre, sei unrichtig, weil diese "in einer Forderung kompensiert worden seien". Diese Gegenforderung sei versteuert worden. Hinsichtlich der strittigen Vorsteuer werde der Antrag gestellt, diese mit S 612.913,47 festzusetzen, weil auf Grund der Kompensation der Forderung der E-KG an den Beschwerdeführer in Höhe von S 3,677.480,80 nur dieser Betrag als bezahlt anzusehen sei. Mit der Weiterveräußerung der Rechte seien auch die Unterlagen in anderen Händen, sodass eine weitere Vorlage von Unterlagen nicht mehr möglich sei. Es müsste Ing. L aufgefordert werden, die Unterlagen beizubringen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Februar 1996 wies die belangte Behörde (nunmehr durch den Berufungssenat IX) die Berufung erneut als unbegründet ab und verwies auf den in der Berufungsentscheidung vom 5. Jänner 1993 festgestellten Sachverhalt. Der Berufungssenat schließe sich im Hinblick auf die diesbezüglich unveränderte Sach- und Rechtslage der Begründung des Berufungssenates II für das Vorliegen von Scheingeschäften vollinhaltlich an. Der Beschwerdeführer sei in einer Besprechung am 16. September 1992 aufgefordert worden, jene Unterlagen vorzulegen, die eine Beurteilung des vorliegenden Rechtsgeschäftes ermöglichen. Dabei sei auf Punkt 2 des in der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion Oberösterreich vom 7. Mai 1991 wiedergegebenen Vorhaltes hingewiesen worden. Dieser Vorhalt betreffe den Erwerb der gleichen Rechte durch die jetzige Veräußerin (= E-KG) und es sei für den Beschwerdeführer erkennbar gewesen, dass er die vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfenen Fragen zum Erwerb der Rechte durch die E-KG analog für den streitgegenständlichen Erwerb zu beantworten habe. Berücksichtige man, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit Ing. L am 2. Dezember 1992 kurz vor Beginn der mündlichen Berufungsverhandlung einen Karton mit Unterlagen im Zusammenhang mit den unter der Bezeichnung "Gaswarngeräte" zusammengefassten Rechten vorgelegt habe, erscheine die nunmehr in der mündlichen Berufungsverhandlung erstmalig geäußerte Behauptung, die Vorlage von weiteren Unterlagen sei durch die Weitergabe der Rechte an Ing. L unmöglich und diese Unterlagen müssten unmittelbar von Ing. L abverlangt werden, als reine Schutzbehauptung, die die bereits im Erstverfahren festgestellten Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vertragswillens nicht nur nicht ausgeräumt, sondern vielmehr bestärkt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "wegen Rechtswidrigkeit" aufzuheben.

Das Bundesministerium für Finanzen legte die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift der belangten Behörde vor, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Beschwerdegrund einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verweist der Beschwerdeführer auf die Begründung des hg. Erkenntnisses Zl. 93/15/0061 und wirft der belangten Behörde vor, sie habe kein ordnungsgemäßes Beweisverfahren geführt, es seien die von ihm relevierten Gründe, die gegen ein Scheingeschäft sprächen, in keiner Weise berücksichtigt worden und es sei sein weiteres Vorbringen, Ing. L aufzufordern, Unterlagen über das in Rede stehende Geschäft vorzulegen, als reine Schutzbehauptung abgetan worden.

Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass im aufhebenden Erkenntnis Zl. 93/15/0061 auf den Inhalt des Erkenntnisses Zl. 86/14/0140, welches den behaupteten Verkauf der gegenständlichen Rechte an die E-KG betraf, verwiesen wurde. Im letztgenannten Erkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde aufgefordert, (bestehende) Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vertragswillens durch entsprechende Erhebungen zu erhärten; dazu wäre es insbesondere erforderlich, sich mit der "Kalkulation" der E-KG detailliert auseinanderzusetzen und die Vorlage eines Finanzierungskonzeptes zu fordern. Der nunmehrige Beschwerdeführer übersieht jedoch, dass die belangte Behörde den Inhalt des im ersten Rechtsgang erlassenen Berufungsbescheides vollinhaltlich übernommen hat. Demgemäß wertete sie die Verantwortung, die Unterlagen könnten nicht vorgelegt werden, als unglaubwürdig. Sie stellte fest, dass die entsprechenden Unterlagen entweder überhaupt nicht existierten oder absichtlich nicht zur Verfügung gestellt würden. Dieser mit der oben in der Sachverhaltsdarstellung angeführten Begründung versehenen Beweiswürdigung tritt die Beschwerde nicht konkret entgegen, sie zeigt nämlich kein Argument auf, das gegen diese Beweiswürdigung spräche. Es kann daher die Ansicht der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, die vorhandenen (und vom Gerichtshof gebilligten) Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vertragswillens zu beseitigen, nicht als rechtswidrig angesehen werden. Wegen der Weigerung, die erforderlichen Urkunden vorzulegen, durfte die belangte Behörde von einem Scheingeschäft im Sinn des § 23 Abs. 1 BAO ausgehen und den begehrten Vorsteuerabzug versagen (vgl. das zit. Erkenntnis Zl. 86/14/0140, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. März 1999

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