VwGH 96/14/0112

VwGH96/14/011230.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der B GmbH in W, vertreten durch Dr. Manfred Meyndt, Dr. Christian Ransmayr und Dr. Dominikus Schweiger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Huemerstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 26. Juni 1996, Zl 14/94/2-BK/Lau-1995, betreffend ua Körperschaftsteuer für das Jahr 1989, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §4 Abs2;
EStG 1988 §9 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs2;
EStG 1988 §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin übernimmt als Organträger auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrages die Gewinne und Verluste ihrer Organgesellschaft.

In der Bilanz für das Streitjahr bildete die Beschwerdeführerin eine Investitionsrücklage im prozentuellen Höchstausmaß von 10 %, wobei sie zu deren Berechnung den von ihr erzielten Gewinn um den Beteiligungsverlust der Organgesellschaft kürzte.

Auf Grund der Ergebnisse einer im Jahr 1993 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung beantragte die Beschwerdeführerin die Anpassung der Investitionsrücklage. Diesem Antrag wurde insofern entsprochen, als im Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin vorgenommenen Gewinnerhöhung auch die Investitionsrücklage erhöht wurde. Entsprechend der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Berechnung wurde der (nunmehrige) Gewinn wieder um den Beteiligungsverlust der Organgesellschaft gekürzt.

In der Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, es möge bei der Berechnung der Investitionsrücklage von dem um den Beteiligungsverlust ungekürzten Gewinn ausgegangen werden. Es sei bei der Bilanzerstellung aus "Vorsichtsgründen" von der Rechtsmeinung ausgegangen worden, Beteiligungsverluste von Organgesellschaften kürzten die Bemessungsgrundlage der Investitionsrücklage.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, die Investitionsrücklage sei nicht in voller Höhe gebildet worden. Da bei der Bildung einer Investitionsrücklage ein Wahlrecht bestehe, führe jede nachträgliche Erhöhung derselben zu einer Bilanzänderung, die im gegenständlichen Fall wirtschaftlich nicht begründet sei. Im Übrigen regle § 9 Abs 4 KStG 1988 ausdrücklich, dass die Organgesellschaft vor der Ergebnisabfuhr Rücklagen bilden könne, weswegen der Organträger die Investitionsrücklage von dem um den Beteiligungsverlust ungekürzten Gewinn berechnen könne. Es sei somit nicht ersichtlich, aus welchen "Vorsichtsgründen" bei Berechnung der Investitionsrücklage der Gewinn der Beschwerdeführerin um den Beteiligungsverlust der Organgesellschaft gekürzt worden sei.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, es bestehe bei der Bildung einer Investitionsrücklage lediglich ein Wahlrecht hinsichtlich des Prozentsatzes, nicht jedoch hinsichtlich der Bemessungsgrundlage. Die Investitionsrücklage sei im prozentuellen Höchstausmaß von 10 % geltend gemacht worden. Bei der Berechnung sei allerdings insofern eine unrichtige Bemessungsgrundlage herangezogen worden, als sie von den um den Beteiligungsverlust der Organgesellschaft gekürzten Gewinn ausgegangen sei. In der Richtigstellung der Bemessungsgrundlage sei somit eine Bilanzberichtigung und keine Bilanzänderung zu erblicken.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zur Begründung im Wesentlichen ausführte, es liege in der Disposition des Steuerpflichtigen, in welcher Höhe er eine Investitionsrücklage bilde. Der Begriff des zulässigen Höchstausmaßes beziehe sich nicht nur auf den Prozentsatz, sondern auch auf die Bemessungsgrundlage. Die Beschwerdeführerin habe zwar die Investitionsrücklage im prozentuellen Höchstausmaß, jedoch nicht im Höchstausmaß der Bemessungsgrundlage geltend gemacht. Eine Investitionsrücklage, die nicht im zulässigen Höchstausmaß gebildet werde, widerspreche weder den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung noch den Vorschriften des EStG. Somit stelle der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erhöhung der Investitionsrücklage eine Bilanzänderung dar, dem jedoch mangels wirtschaftlicher Gründe nicht zugestimmt werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist, ob bei der Berechnung einer Investitionsrücklage zwingend von dem um den Beteiligungsverlust einer Organgesellschaft ungekürzten Gewinn auszugehen ist, somit bei einer anderen Berechnungsmethode eine Bilanzberichtigung vorzunehmen ist.

Gemäß § 4 Abs 2 EStG 1988 muss der Steuerpflichtige die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erstellen. Ist die Vermögensübersicht nicht nach diesen Grundsätzen erstellt oder verstößt sie gegen zwingende Vorschriften dieses Gesetzes, so muss er sie auch nach dem Einreichen beim Finanzamt berichtigen. Andere nachträgliche Änderungen der Bilanz sind nur zulässig, wenn sie wirtschaftlich begründet sind und das Finanzamt zustimmt.

Bis zur Einreichung beim Finanzamt kann die Bilanz jederzeit geändert werden. Danach ist zu unterscheiden, ob eine Bilanzberichtigung oder eine Bilanzänderung vorliegt. Eine Berichtigung der Bilanz hat etwa dann zu erfolgen, wenn ein Bilanzposten unrichtig ist und dieser unzulässige Bilanzposten durch einen (steuerlich) zulässigen Bilanzposten ersetzt werden muss. Im Gegensatz zur Bilanzänderung ist die Bilanzberichtigung zwingend vorzunehmen und bedarf keiner Zustimmung der Abgabenbehörde. Unter einer Bilanzänderung ist der Ersatz eines an sich zulässigen Bilanzansatzes durch einen anderen gleichfalls zulässigen Ansatz zu verstehen.

Es steht dem Steuerpflichtigen gemäß § 9 Abs 1 EStG 1988 idF vor BGBl Nr 818/1993 unter bestimmten, in dieser gesetzlichen Bestimmung genannten Voraussetzungen frei, eine steuerfreie Rücklage im Ausmaß bis zu 10 % des (adaptierten) Gewinnes zu bilden. Dabei ist es seiner Disposition überlassen, in welcher Höhe er den Rücklagenbetrag wählt. Eine in der Bilanz aufscheinende Investitionsrücklage, die nicht im zulässigen Höchstausmaß, sondern von einer niedrigeren Bemessungsgrundlage ausgehend gebildet wurde, widerspricht weder den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung noch den Vorschriften des EStG. Demzufolge bedeutet die Erhöhung einer Investitionsrücklage nach Einreichung der Bilanz beim Finanzamt keine Bilanzberichtigung, sondern eine Bilanzänderung iSd zweiten Satzes des § 4 Abs 2 EStG 1988 (vgl das hg Erkenntnis vom 22. März 1993, 91/13/0134, Slg Nr 6758/F).

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die nach der Einreichung der Bilanz beantragte Erhöhung der Investitionsrücklage auf Grund der Änderung der Bemessungsgrundlage als Bilanzänderung gewertet.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 30. Juli 2002

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