VwGH 96/13/0128

VwGH96/13/012816.5.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der M GesmbH in Liquidation in W, vertreten durch Dr. Nikolaus Lehner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) vom 5. Juli 1996, Zl. GA 11- 95/2133/09, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1990, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §5;
KStG §8 Abs2;
EStG §5;
KStG §8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden Gesellschaft waren im Streitjahr Mag. H. F. mit 80 % und An. F. mit 20 % beteiligt. Mag. H. F. war zugleich Geschäftsführer der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin war selbst zu 60 % des Stammkapitals von 500.000 S an der T GesmbH beteiligt. Geschäftsführerin der T GesmbH war An. F. Weitere Gesellschafter der T GesmbH waren Mag. H. F., An. F., Ag. F. und L. F. zu je 10 % (je 50.000 S).

Am 19. Februar 1990 unterfertigte die T GesmbH einen Kaufvertrag betreffend den Erwerb eines Grundstücks in Wien II, A-Gasse, mit einem Kaufpreis von 56 Millionen S.

Am 1. März 1990 stellten die Gesellschafter der T GesmbH ein Anbot zur Abtretung ihrer Anteile. Danach sollten Mag. H. F. und An. F. ihre Anteile um je 200.000 S, Ag. F. und L. F. ihre Anteile um je 16,800.000 S dem G. W. und die beschwerdeführende GesmbH ihren Anteil um 5.000 S dessen Ehefrau E. W. abtreten.

Ebenfalls am 1. März 1990 wurde nachstehende, auszugsweise wiedergegebene Vereinbarung abgeschlossen zwischen

1. L. F., Ag. F., Mag. H. F., An. F., der beschwerdeführenden Gesellschaft sowie der T GesmbH einerseits und

  1. 2. G. W. andererseits, und
  2. 3. der G. P. Gesellschaft dritterseits:

    "I. Die 'GP Gesellschaft' erlegt einen Betrag von 12,000.000 S bei Herrn Notar Dr. Z. lt. heute gegebenem Treuhandauftrag bis längstens 2. März 1990.

    II. Die Familie F. stellt heute die Abtretungsanbote über das gesamte Stammkapital der 'T GesmbH' an G. W..

    III. G. W. verpfändet heute seine Geschäftsanteile an der 'T GesmbH' an die 'GP Gesellschaft' für den Fall der Annahme der Anbote.

    ...

    VII. Die finanzierende Bank überweist möglichst bis 20. März 1990 Herrn Notar Dr. Z. den Kaufpreis von 56,000.000 S mit dem Auftrag, diesen direkt an (Verkäuferin) zu überweisen und die Unterschrift der (Verkäuferin) auf dem Kaufvertrag einzuholen.

    VIII. Bei Vorliegen des Kaufvertrages wird Herr Notar Dr. Z. die Vormerkung des Eigentumsrechtes für die 'T GesmbH' vornehmen.

    IX. Nach Eigentumsvormerkung nimmt G. W. 90 % der Abtretungsanbote (oder 100 % mit seiner Ehefrau) an, worauf das Abtretungsentgelt fällig wird und teilweise von G. W. sowie mit dem anderen Teil von Herrn Notar Dr. Z. aus dem Treuhanderlag an die abtretenden Gesellschafter bezahlt wird.

    X. G. W./seine Gattin werden die Abtretungsanbote nur annehmen, wenn ihnen zu diesem Zeitpunkt eine Bankgarantie im Namen der 'GP Gesellschaft' über einen Gesamtbetrag von 140,000.000 S für den Liegenschaftserwerb übergeben ist.

    ....

    XII. Die 'T GesmbH' erklärt verbindlich, jederzeit einen Vertrag zu unterfertigen, mit welchem die Liegenschaft EZ ... (A-Gasse) an die neue von 'GP Gesellschaft' zu gründende Gesellschaft oder einen anderen Dritten weiterverkauft wird. Die Verkaufsbedingungen legt G. W. fest."

    Mit 26. März 1990 erfolgte die Gegenzeichnung des oben erwähnten Kaufvertrages über die Liegenschaft in Wien II durch die Verkäuferin.

    Am 20. April 1990 gaben G. W. und seine Gattin E. W., vertreten durch G. W., die Erklärung ab, das Anbot zur Abtretung der Geschäftsanteile an der T GesmbH der oben angeführten Gesellschafter anzunehmen.

    Im Zuge der Veranlagung der beschwerdeführenden Gesellschaft zur Körperschaft- und Gewerbesteuer 1990 wich das Finanzamt von den von der Beschwerdeführerin eingereichten Erklärungen ab. Dem erklärten Verlust von 921.524 S rechnete es außerbilanzmäßig den Betrag von 20,398.000 S als verdeckte Gewinnausschüttung hinzu. Das Finanzamt begründete seine Bescheide vom 4. Oktober 1994 damit, dass die Beschwerdeführerin am Stammkapital der T GesmbH mit 300.000 S (= zu 60 %)., Mag. H. F., An. F., sowie deren Kinder zu je 50.000 S beteiligt gewesen seien. Sämtliche Geschäftsanteile der T GesmbH seien um 34,005.000 S veräußert worden. Der hohe Abtretungspreis lasse sich lediglich aus der Abwicklung des Liegenschaftsgeschäftes A-Gasse erklären (Erwerb dieser Liegenschaft um 56 Millionen S, Veräußerung dieser Liegenschaft um 140 Millionen S). Bei der Aufteilung des Abtretungspreises im Verhältnis der Geschäftsanteile hätte der beschwerdeführenden Gesellschaft ein Betrag von 20,403.000 S aus dem Anteilsverkauf zufließen müssen. Die Gesellschaft habe demnach zugunsten ihrer Gesellschafter bzw. Angehörigen auf Einnahmen verzichtet. Dieser Einnahmenverzicht sei als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln und rechne sich wie folgt:

Abtretungspreis insgesamt

34,005.000 S

Hievon 60 %

20,403.000 S

Abzüglich Abtretungspreis laut Vertrag

-5.000 S

Verdeckte Gewinnausschüttung

20,398.000 S.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die T GesmbH im Zeitpunkt der Anteilsabtretungen kein nennenswertes Vermögen besessen habe, weshalb die beschwerdeführende Gesellschaft auch nur einen Betrag von 5.000 S für die Abtretung des Geschäftsanteiles angesetzt habe. Die anderen Gesellschafter der T GesmbH, vorwiegend Ag. F. und L. F., hätten versucht, ihre Beteiligungen zu weit überhöhten Preisen anzubieten. Die sich aus den Anteilsabtretungen dieser Personen ergebenden Forderungen hätten jedoch in der Folge nicht realisiert werden können, seien Gegenstand eines jahrelangen Rechtsstreites gewesen und es sei im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung schwer abzuschätzen gewesen, ob über bereits beglichene 12,500.000 S hinaus noch Zahlungen fließen würden. Die verdeckte Gewinnausschüttung sei dem Grunde nach nicht gegeben, weil im Entscheidungsbereich jedes einzelnen Gesellschafters gestanden sei, wie er den zu erzielenden Preis seiner Beteiligung ansetze. Der Höhe nach sei die verdeckte Gewinnausschüttung "nicht gegeben" gewesen, weil der Abtretungsbetrag von 34,005.000 S nur zu einem Teil bezahlt worden und ein weiterer Zahlungseingang noch ungewiss sei.

Im weiteren Berufungsverfahren brachte die Beschwerdeführerin vor, dass der vom Finanzamt angeführte Liegenschaftsverkauf durch die T GesmbH erst erfolgt sei, nachdem die Anteile an der T GesmbH von der Familie F. bzw. der Beschwerdeführerin abgetreten worden wären.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, dass der am 1. März 1990 getroffenen Vereinbarung zwischen der Familie F. einerseits, G. W. andererseits und der G. P. Gesellschaft dritterseits betreffend Veräußerung der Geschäftsanteile an der T GesmbH zu entnehmen sei, dass die Abtretung der Geschäftsanteile unabdingbar mit der Veräußerung der Liegenschaft A-Gasse verknüpft sei. Die Abtretung der Geschäftsanteile an der T GesmbH sei somit als einheitlicher Vorgang zu betrachten gewesen, weil die Beteiligten trotz mehrerer getrennter Vereinbarungen eine einheitliche Regelung beabsichtigt hätten. Dem trage auch der Umstand Rechnung, dass der von G. W. unterfertigten Niederschrift vom 17. Dezember 1990 zufolge Verhandlungen über Abtretung und den Erwerb sämtlicher Anteile an der T GesmbH ausschließlich zwischen Mag. H. F. und G. W. geführt worden und die übrigen Gesellschafter der T GesmbH erst nach Ausarbeitung der Verträge mit dem Notar zur Vertragsunterzeichnung erschienen seien. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ergebe sich daher aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin anlässlich der Abtretung sämtlicher Geschäftsanteile an der T GesmbH zugunsten der Gesellschafter Mag. H. und An. F. bzw. deren Angehörigen Ag. F. und L. F. auf den Teil des ihr zustehenden Veräußerungserlöses verzichtet habe, zumal sie angesichts eines Veräußerungserlöses von 34,005.000 S nicht einmal den Nennwert ihrer Beteiligung an der T GesmbH habe lukrieren können. Eine verdeckte Gewinnausschüttung sei ungeachtet der späteren Zahlungseingänge anzusetzen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Verdeckte Ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, welche das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben. Die Zuwendung eines Vorteils an einen Anteilsinhaber kann auch darin gelegen sein, dass eine dem Anteilsinhaber nahe stehende Person begünstigt wird (vgl. jüngst das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, 98/13/0053 und 0054, mwN).

Dass die Abtretung der Geschäftsanteile durch die Beschwerdeführerin und die vier weiteren Gesellschafter der T GesmbH als einheitlicher Vorgang zu sehen ist, ist eine Sachverhaltsannahme der belangten Behörde. Die dazu von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung hält der Schlüssigkeitsprüfung, auf welche sich der Verwaltungsgerichtshof zu beschränken hat, stand. Da die am selben Tag vor demselben Notar abgegebenen Abtretungsanbote Gegenstand der oben erwähnten Vereinbarung zwischen den Abtretenden, G. W. und der GP Gesellschaft waren und die Abtretungsmodalitäten von Mag. H. F. nach ihren eigenen Aussagen allein (auch für die übrigen Gesellschafter) verhandelt worden sein sollen, widerspricht es weder den Denkgesetzen noch der Lebenserfahrung, die Abtretungsanbote mit dem Erwerb der Liegenschaft A-Gasse und deren Finanzierung im Zusammenhang und als einheitlichen Vorgang zu sehen.

Der Beschwerdeeinwand, dass bereits bei der Vereinbarung am 1. März 1990 nicht nur Mag. H. F., sondern auch die übrigen Familienmitglieder und Gesellschafter anwesend gewesen seien und dann in der Folgezeit ihre Interessen als Gesellschafter auf das Vehementeste vertreten hätten und daher letztlich den hohen Veräußerungserlös erzielt hätten, schlägt nicht durch, war das Entgelt für die Abtretung der Gesellschaftsanteile doch in den besagten Anboten vom 1. März 1990 bereits enthalten.

Mit dem Vorbringen, dass die Geschäftsanteile der T GesmbH keinen "inneren Wert" gehabt hätten, weil diese Gesellschaft nur einen reinen Mantel dargestellt habe und dem Wert der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft A-Gasse gleich hohe Schulden für deren Anschaffung gegenüber gestanden seien, übersieht die Beschwerdeführerin, dass diese Liegenschaft kurze Zeit später um einen weitaus höheren als den Anschaffungspreis veräußert worden ist und somit die Verbindlichkeiten für die Anschaffung nicht unbedingt den Wert der Liegenschaft erreichen mussten.

Die Beschwerdeführerin vermisst eine Nahebeziehung zwischen Anteilsinhaber und begünstigter Person deshalb, weil die Anteilsinhaber der T GesmbH die Beschwerdeführerin einerseits und die angeblich Begünstigten, Ag. F. und L. F., andererseits seien und eine Gesellschaft als juristische Person zu einer natürlichen Person begrifflich eine persönliche Beziehung nicht haben könne. Dieser Einwand geht ins Leere, kommt es im Beschwerdefall doch darauf an, dass eine Nahebeziehung zwischen den Anteilsinhabern der beschwerdeführenden Gesellschaft (nicht der T GesmbH) und den Begünstigten Ag. F. und L. F. besteht.

Verdeckte Ausschüttungen können das Einkommen einer Körperschaft in zwei Formen mindern: Entweder es liegen überhöhte (scheinbare) Aufwendungen oder zu geringe (fehlende) Einnahmen vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2002, 2001/14/0161). Im Beschwerdefall bestanden die zu geringen (fehlenden) Einnahmen der beschwerdeführenden Gesellschaft darin, dass sie für die Abtretung ihrer Anteile an der T GesmbH nicht den ihrer Beteiligung entsprechenden Teil am Gesamterlös, sondern einen weit geringeren Betrag erhalten und dieser (fehlende) Erlös Ag. F. und L. F. zukommen sollte. Dass diese beiden natürlichen Personen aber Angehörige der Gesellschafter (der Anteilsinhaber) der beschwerdeführenden Gesellschaft sind, ist unbestritten. Wenn daher die belangte Behörde eine verdeckte Ausschüttung deshalb angenommen hat, weil den Anteilsinhabern Mag. H. F. und An. F. nahe stehenden Personen, nämlich der Ag. F. und dem L. F., der Vorteil eines weit über deren Beteiligungsanteil an der T GesmbH liegenden Anteils des Gesamtveräußerungserlöses zugekommen ist, kann darin keine Rechtswidrigkeit gefunden werden.

Die Beschwerdeführerin bekämpft die Höhe der ihr zugerechneten verdeckten Ausschüttung damit, dass in Folge betrügerischen Handelns des G. W. bisher nur ein Teilbetrag geflossen sei. Damit kann sie jedoch nichts für sich gewinnen, entstand doch mit der Annahme der Abtretungsanbote der Gesellschafter der T GesmbH durch G. W. und dessen Ehegattin für alle abtretenden Gesellschafter eine Forderung gegenüber G. W. bzw. dessen Ehegattin. Gegenstand der verdeckten Ausschüttung ist aber auf der Ebene der ihren Gewinn nach § 5 EStG ermittelnden Beschwerdeführerin das Entstehen der Forderung (in einer bestimmten Höhe für den begünstigten Anteilsinhaber oder dessen nahen Angehörigen anstatt für die Beschwerdeführerin). Die sich in späteren Jahren erweisende teilweise Uneinbringlichkeit dieser Forderung vermag keine rückwirkende Beseitigung des einmal eingetretenen Vorteils bewirken.

Da die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides somit nicht aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 16. Mai 2002

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