Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 240,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juli 1996 wurde der Beschwerdeführer der Begehung von zwei Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) schuldig erkannt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen von jeweils S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils drei Tage) und ein Kostenbeitrag von S 2.000,-- verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - gemäß § 24 Abs. 2 VwGG mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehene - Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, nicht der ihm nach dem AuslBG zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 51e Abs. 1 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist, oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.
Gemäß § 51f Abs. 2 VStG hindert es weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses, wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist.
Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, dann ist gemäß § 51i VStG bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 dritter Satz entfallen ist.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß eine Verpflichtung zur Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bestanden hat, weil strittige Tatfragen der Klärung bedurften. Die belangte Behörde führte am 24. Juni 1996 in Abwesenheit des Beschwerdeführers (Beschuldigter und Berufungswerber) eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, wobei in dieser Verhandlung -nach dem Inhalt der Verhandlungsschrift- der erstinstanzliche Verfahrensakt verlesen und die Zeugin M einvernommen wurden.
Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde die Durchführung dieser mündlichen Verhandlung in seiner Abwesenheit als "groben" Verfahrensmangel, weil ihm keine Ladung zu dieser Verhandlung zugekommen sei.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.
Die belangte Behörde verfügte am 28. Mai 1996 die Ladung des Beschwerdeführers unter seiner Abgabestelle (W, M-Gasse). Der danach abgefertigte Rückscheinbrief (RSb) über die Ladung des Beschwerdeführers langte jedoch bereits am 3. Juni 1996 mit dem Bericht des Zustellers "Empfänger bis 3.6.96 verreist" wieder bei der belangten Behörde ein. Auf diesem Rückscheinbrief wurde ein mit 4. Juni 1996 datierter und unterfertigter Vermerk angebracht, wonach diese Sendung neuerlich abgefertigt worden sei. Am 25. Juni 1996 langte jedoch lediglich das Kuvert eines an den Beschwerdeführer gerichtet gewesenen Rückscheinbriefes mit dem Vermerk "nicht behoben" bei der belangten Behörde ein; der Zustellschein (Rückschein) dieses Rückscheinbriefes wurde nicht retourniert. Ein Zustellnachweis im Sinne von § 22 Zustellgesetz (ZustG) über die Zustellung der Ladung des Beschwerdeführers zur öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 1996 ist nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten nicht vorhanden. In ihrer Gegenschrift hielt die belangte Behörde dem Beschwerdevorbringen, dem Beschwerdeführer sei die Ladung zur Verhandlung nicht zugekommen, lediglich entgegen, die erste Ladung sei zurückgestellt worden und die darauf erfolgte neuerliche Ladung sei vom Beschwerdeführer "offenbar nicht behoben worden". Daß eine ordnungsgemäße Beurkundung des (wiederholten) Zustellvorganges erfolgte, behauptet auch die belangte Behörde nicht.
Somit ist im Beschwerdefall (unbestritten) davon auszugehen, daß die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer bestrittene Zustellung einer Ladung zur Verhandlung am 24. Juni 1996 nicht durch eine öffentliche Urkunde (im Sinne von § 22 ZustG) nachzuweisen vermag. Liegt ein solcher Zustellnachweis aber nicht vor (oder ist dessen Beweiskraft wegen äußerer Mängel beeinträchtigt), dann muß der Nachweis über eine gesetzmäßige Zustellung auf andere Weise durch amtswegige Erhebungen (§ 39 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 24 VStG) geführt werden (vgl. auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahresgesetze I, 2. Auflage 1998, Seite 2027f wiedergegebene hg. Judikatur). Derartige Erhebungen hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall jedoch nicht angestellt.
Bei dieser Sachlage kann dem Beschwerdeführer nicht entgegengehalten werden, daß er "trotz ordnungsgemäßer Ladung" zu der Verhandlung am 24. Juni 1996 nicht erschienen sei. Die belangte Behörde war daher nicht berechtigt, im Beschwerdefall nach § 51f Abs. 2 VStG vorzugehen.
Dieser Verfahrensmangel, der für den Beschwerdeführer den Verlust seiner in der mündlichen Verhandlung vorgesehenen Verteidigungsrechte bewirkte bzw. seine Mitwirkung an der Sachaufklärung (insbesondere die für seinen Standpunkt sprechenden Fakten vorzubringen und zu Beweisergebnissen Stellung zu nehmen) hinderte, kann im Hinblick auf das Vorliegen strittiger Tatfragen jedenfalls nicht als unwesentlich qualifiziert werden, da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften (insbesondere §§ 51e, 51f, 51i VStG) zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1996, Zl. 95/09/0103).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG. Nach § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG in der Fassung der mit 1. September 1997 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 gebührt Schriftsatzaufwand nur dann, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Da im Beschwerdefall eine derartige Vertretung nicht vorlag, war der beantragte Schriftsatzaufwand nach § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG nicht zuzuerkennen.
Wien, am 26. August 1998
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