VwGH 96/08/0377

VwGH96/08/037710.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler und Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Karl-Wieser-Straße 1, gegen den aufgrund des Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 30. Oktober 1996, Zl. B1-12896715-11, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1987/615;
AlVG 1977 §12 Abs9 idF 1989/364;
AlVG 1977 §12 Abs6 litc idF 1987/615;
AlVG 1977 §12 Abs9 idF 1989/364;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 28. September 1992 beantragte der Beschwerdeführer beim Arbeitsamt die Gewährung von Arbeitslosengeld, wobei er die im Formular enthaltene Feststellung "5. Ich war bzw. bin selbständig erwerbstätig." durch Ankreuzen des vorgesehenen Kästchens bejahte. Die weitere Feststellung "8. Ich habe ein eigenes Einkommen." wurde ebenfalls durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens bejaht und die Art nach dem Einkommen mit "Gew. rechtl. Geschäftsführer" und die Höhe des Einkommens mit "S 7.000,-- + USt" beantwortet. Mit dem Antrag wurde u.a. eine Fotokopie der Vereinbarung vom 13. Mai 1992 vorgelegt. Die Vereinbarung wurde vom Beschwerdeführer und der Firma Charly's Pub Maier OEG abgeschlossen und lautet:

"1.

Herr ... (Beschwerdeführer) stellt der Firma Charly's Pub Maier OEG seinen Gewerbeschein für das Gast- und Schankgewerbe um den monatlichen Betrag von S 3.000,-- (dreitausend) zuzüglich der Umsatzsteuer von derzeit 20 % zur Verfügung. Dieser Betrag entspricht dem Lebenshaltungsindex 1976 von 1/1992. Wenn der Index um mehr als 5 % steigt, so wird das Entgelt der tatsächlichen Steigerung angepaßt, bis diese wiederum die 5 %-Grenze überschreitet. Das obige Entgelt von monatlich S 3.000,-- incl. ist bis spätestens 5. eines jeden Monats bar und richtig auf das Konto des Herrn Maximilian Payerl zu überweisen.

2.

Die Firma Charly's Pub Maier OEG, vertreten durch den allein zeichnungsberechtigten Geschäftsführer Herrn K.M., wohnhaft ...

verpflichtet sich alle etwaige aus Verstößen gegen die Gewerbeordnung

anfallenden Strafen, die unter Umständen Herrn ... (Beschwerdeführer)

aufgelastet würden, sofort nach Bekanntgabe durch Herrn ...

(Beschwerdeführer) zu bezahlen und Herrn ... (Beschwerdeführer)

diesbezüglich vollkommen klag- und schadlos zu halten.

3.

Diese Vereinbarung gilt vorerst für die Dauer von zwei Jahren.

Sie kann jedoch bei Verstößen gegen die gesetzlichen Bestimmungen von

Herrn ... (Beschwerdeführer) kurzfristig gekündigt werden.

4.

Herrn ... (Beschwerdeführer) ist jederzeit (jedoch möglichst

während der Betriebszeiten) der Zutritt zu den Betriebsräumen zu ermöglichen."

In einer am 22. Dezember 1992 aufgenommenen Niederschrift erklärte der Beschwerdeführer an Eides statt, daß sein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit die Höhe von S 0,-- brutto im Wirtschaftsjahr 1993 nicht übersteigen wird. Gleichzeitig erklärte er rechtsverbindlich, einen Betrag in der Höhe der nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz im o.a. Jahr bezogenen Leistung an die Arbeitsmarktverwaltung zurückzubezahlen, sollte aufgrund des gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG durchgeführten Einkommensteuerprüfungsverfahrens festgestellt werden, daß ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit den o.a. Betrag für das Jahr 1993 übersteigt. Er nahm darin auch zur Kenntnis, daß Änderungen "obiger Angaben" binnen einer Woche nach Eintritt des Ereignisses dem Arbeitsamt zu melden sind. Unter einem unterfertigte der Beschwerdeführer auch eine Erklärung, worin er der Einholung von Auskünften beim Finanzamt zur Feststellung des Einkommens für das Wirtschaftsjahr 1993 zustimmte.

Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin (so der Inhalt der Mitteilung des Arbeitsamtes vom 4. Juni 1993) ab 28. September 1992 bis 21. Jänner 1993 vorschußweise Kündigungsentschädigung und ab 22. Jänner 1993 bis voraussichtlich 21. Oktober 1993 Arbeitslosengeld zugesprochen.

Mit Schreiben vom 13. Mai 1996 ersuchte das Arbeitsamt das für den Beschwerdeführer zuständige Finanzamt um Übermittlung des Einkommensteuerbescheides und Umsatzsteuerbescheides in Kopie für das Geschäftsjahr 1993. Das Finanzamt übermittelte dem Arbeitsamt mit Schreiben vom 22. Mai 1996 die Einkommensteuererklärung für 1993 des Beschwerdeführers und den Bescheid, mit dem die Umsatzsteuer und die Einkommensteuer für das Jahr 1993 betreffend den Beschwerdeführer festgesetzt wurde.

Mit Bescheid vom 28. Juni 1996 widerrief das Arbeitsamt den Bezug vom Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 22. Jänner 1993 bis 2. Mai 1993 und forderte den Betrag von S 18.756,-- vom Beschwerdeführer zurück. Dieser Bescheid wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer laut Einkommensteuerbescheid im Jahr 1993 ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erzielt habe, das über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, daß das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erst nach dem 2. Mai 1993 als selbständiger Handelsreisender erzielt worden sei und nicht während des Bezuges von Arbeitslosengeld.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung nicht statt. In der Begründung stellte sie zunächst das Verwaltungsgeschehen dar und zitierte die anzuwendenden Gesetzesbestimmungen. Anschließend führte sie aus, der Beschwerdeführer habe laut Einkommensteuerbescheid im Jahr 1993 Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Gesamtausmaß von S 168.861,-- erzielt. Ab 1. Mai 1993 habe er auf Provision für die Firma A. gearbeitet und vom 3. Mai bis 30. November 1993 sei er bei der Firma K. unselbständig beschäftigt gewesen. Mit 9. November 1993 habe er die selbständige Tätigkeit für die Firma A. beendet und sei von diesem Zeitpunkt an bei dieser Firma unselbständig beschäftigt worden.

Es sei nicht strittig, daß der Beschwerdeführer am 13. Mai 1992 mit K.M. eine Vereinbarung über die Überlassung seines Gewerbescheines um den monatlichen Betrag von S 3.000,-- + 20 % USt, insgesamt also S 3.600,-- getroffen habe. Laut Auszug aus dem Handelsregister hätten K.M. und der Beschwerdeführer vom 18. Mai 1992 bis 6. März 1994 gemeinsam als persönlich haftender Gesellschafter die Firma Charly's Pub Maier OEG vertreten. Der Beschwerdeführer habe Überweisungsbelege bezüglich dieses Betrages für den Zeitraum Jänner bis November 1993 vorgelegt. Es stehe daher fest, daß der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum vom 22. Jänner 1993 bis 2. Mai 1993 und sowohl davor als auch danach aufgrund der mit 13. Mai 1992 datierten Vereinbarung ein Einkommen von S 3.600,-- monatlich brutto gehabt habe. Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit sei daher im relevanten Zeitraum jedenfalls höher gewesen als der in § 12 Abs. 6 lit. c AlVG angeführte Grenzbetrag gemäß § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, ist die Beschwerde nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil er nicht dartut, zu welchen Beweisergebnissen die Behörde ihm keine Stellungnahme einräumte und was er gegebenenfalls vorgebracht hätte, sodaß die Behörde zu anderen Feststellungen gelangt wäre.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, er habe aufgrund der mehrfach erwähnten Vereinbarung aus seiner selbständigen Tätigkeit ein Einkommen von monatlich S 3.000,-- zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer erzielt. Die Umsatzsteuer habe er gesetzesgemäß als "Durchläufer" dem Finanzamt abzuführen gehabt. Er habe daher nur ein monatliches Einkommen von S 3.000,-- bezogen.

Mit diesen Ausführungen kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Nach den unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid war der Beschwerdeführer im Streitjahr 1993 selbständig erwerbstätig und zwar einerseits als Gesellschafter der OEG und andererseits von Mai bis Anfang November 1993 als Vertreter. Aus diesen Tätigkeiten erzielte er laut den dem Bescheid zugrundegelegten Daten des Einkommensteuerbescheides ein Einkommen von S 168.861,--.

Bei der Entscheidung über den Widerruf und die Rückforderung der vom 22. Jänner bis 2. Mai 1993 gewährten Leistungen hatte die belangte Behörde zur Beurteilung der im vorliegenden Fall allein strittigen Frage, ob der Beschwerdeführer während des Widerrufszeitraumes gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG als arbeitslos anzusehen war, diese Bestimmung und § 12 Abs. 9 AlVG zeitraumbezogen, d. h. erstere in der ab 1. Jänner 1988 geltenden Fassung laut BGBl. Nr. 615/1987 und letztere in der ab 1. August 1989 geltenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 615/1987 und Nr. 364/1989, anzuwenden. Danach galt ungeachtet des Ausschlußgrundes der selbständigen Erwerbstätigkeit (§ 12 Abs. 3 lit. b AlVG) gemäß § 12 Abs. 6 lit. c AlVG als arbeitslos, wer auf andere Art als durch die Bewirtschaftung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes selbständig erwerbstätig war und daraus ein nach Maßgabe des § 12 Abs. 9 AlVG festgestelltes Einkommen erzielte, das die Geringfügigkeitsgrenzen nach § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG (in bezug auf das Monatsentgelt für 1993 mit S 3.102,-- festgesetzt) nicht überstieg.

§ 12 Abs. 9 AlVG lautete:

"(9) Das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wird aufgrund des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird, festgestellt, wobei dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung, unter Außerachtlassung von Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) die im Einkommensteuerbescheid angeführten Freibeträge und Sonderausgaben sowie die Beträge nach den §§ 9 und 10 EStG 1988 hinzuzurechnen sind. Der Leistungsbezieher ist verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach Erlassung dem zuständigen Arbeitsamt vorzulegen. Bis zur Erlassung und Vorlage des Bescheides ist die Frage der Arbeitslosigkeit insbesondere aufgrund einer eidesstattlichen Erklärung des Arbeitslosen über die Höhe seines Bruttoeinkommens, einer allenfalls bereits erfolgten Einkommensteuererklärung bzw. eines Einkommensteuerbescheides aus einem früheren Jahr vorzunehmen. Des weiteren hat der Arbeitslose schriftlich seine Zustimmung zur Einholung von Auskünften beim Finanzamt zu erteilen. Für die von den Finanzämtern erteilten Auskünfte gilt die abgabenrechtliche Geheimhaltepflicht des § 48a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, sinngemäß. Lehnt der Arbeitslose die Abgabe der eidesstattlichen Erklärung bzw. der Zustimmungserklärung ab, ist ein geringfügiges Einkommen nicht anzunehmen. Als monatliches Einkommen gilt ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens."

Der Beschwerdeführer bezog vom 22. Jänner bis 2. Mai 1993 Arbeitslosengeld; für das Kalenderjahr 1993 stellt der Einkommensteuerbescheid das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit mit S 168.861,-- fest. Ob der Beschwerdeführer dieses Einkommen aus einer oder mehreren selbständigen Erwerbstätigkeiten erzielte, ist hiebei unerheblich. Das festgestellte Jahreseinkommen ist daher zufolge des letzten Satzes des § 12 Abs. 9 AlVG durch 12 zu teilen. Damit ergibt sich jedoch ein monatliches Einkommen von über S 14.000,--. Die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe im Streitjahr ein über der in § 12 Abs. 6 lit. c AlVG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG genannten Grenze liegendes Monatseinkommen erzielt, ist somit im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unberechtigt und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. November 1998

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