Normen
BauO Stmk 1968 §71a idF 1989/014;
BauONov Stmk 1988 Art2;
VwRallg;
BauO Stmk 1968 §71a idF 1989/014;
BauONov Stmk 1988 Art2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Dezember 1981 wurde der Erstmitbeteiligten eine Widmungsbewilligung und eine Baubewilligung für ein Einfamilienwohnhaus erteilt. Die Benützungsbewilligung für dieses Einfamilienwohnhaus wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. September 1989 erteilt.
Mit dem Vorbringen, übergangene Nachbarn zu sein, haben die Beschwerdeführer am 26. April 1994 den Antrag gestellt, ihnen sowohl im gegenständlichen Widmungsverfahren als auch im parallel dazu geführten Baubewilligungsverfahren Parteistellung zuzuerkennen und die Bezug habenden Bescheide zuzustellen.
Diesem Antrag wurde insofern entsprochen, als den Beschwerdeführern die Parteistellung mit Bescheid vom 10. Juli 1995 zugesprochen wurde, im Beschwerdefall wurde ihnen der Bescheid betreffend die Widmungsbewilligung zugestellt. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer durch ihren ausgewiesenen Vertreter das Rechtsmittel der Berufung. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Februar 1996 wurde die Berufung im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Steiermärkische Bauordnung kein grundsätzliches Verbot, in offener Bebauung Gebäude auch unmittelbar an der Grundgrenze zu errichten, kenne. Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. April 1996 abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen ausgeführt, gemäß § 71a StBO könnten Parteien, die in einem Verfahren über die Erteilung einer Widmungs- oder Baubewilligung nicht in der Lage gewesen seien, ihre Rechte geltend zu machen, dies noch fünf Jahre ab dem Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung tun. Diese Bestimmung sei mit der Novelle LGBl. Nr. 14/1989, die am 1. März 1989 in Kraft getreten sei, in die Steiermärkische Bauordnung eingefügt worden, sie gelte nur für jene Benützungsbewilligungen, die nach dem 1. März 1989 in Rechtskraft erwachsen seien. Nach den Intentionen des Landesgesetzgebers solle mit der absoluten Verjährung der Berufungsmöglichkeit nach fünf Jahren für den Konsensinhaber zumindest ab diesem Zeitpunkt eine Rechtssicherheit gegeben sein. Im gegenständlichen Fall sei mit Bescheid vom 27. September 1989 die Benützungsbewilligung für das Einfamilienwohnhaus erteilt worden, dieser Bescheid sei den Bauwerbern am 24. Oktober 1989 zugestellt worden und am 8. November 1989, somit nach Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 14/1989, in Rechtskraft erwachsen. Die Beschwerdeführer hätten demnach die Möglichkeit gehabt, bis 8. November 1994 ihre Rechte im Verfahren über die Erteilung der Widmungsbewilligung geltend zu machen. Da die Beschwerdeführer allerdings erst mit Berufung vom 11. September 1995, die am 18. September 1995 bei der Gemeinde eingelangt sei, ihre Nachbarrechte geltend machten, wäre die Berufung gemäß § 71a StBO als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Durch die inhaltliche Erledigung der unzulässigen Berufung seien allerdings Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß die Berufung der Beschwerdeführer am 18. September 1995 bei der Behörde einlangte und, da die Widmungsbewilligung nicht rechtskräftig war, somit ab diesem Zeitpunkt ein Berufungsverfahren anhängig war. Das Steiermärkische Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (BauG), ist zufolge seines Artikels XI mit 1. September 1995 in Kraft getreten, gemäß § 119 Abs. 2 BauG sind die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren nach den bisher geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen. Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall, daß in diesem noch die Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung LGBl. Nr. 149/1968 anzuwenden sind.
Durch die Novelle LGBl. Nr. 14/1989 wurde die Bestimmung des § 71a in die Steiermärkische Bauordnung eingefügt. Nach dieser Bestimmung können Parteien, die in einem Verfahren über die Erteilung einer Widmungs- oder Baubewilligung nicht in der Lage gewesen sind, ihre Rechte geltend zu machen, das noch fünf Jahre ab Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung tun. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 30. April 1992, Zlen. 92/06/0047, 0059, ausgesprochen, daß der Verlust von Parteirechten durch Ablauf einer rückwirkend angeordneten Frist mit den Grundsätzen des Rechtsstaates in Widerspruch stehen würde und daher jedenfalls mangels einer ausdrücklichen derartigen Regelung im Zweifel nicht angenommen werden könne.
Die Novelle LGBl. Nr. 14/1989, mit der diese Bestimmung des § 71a BO mit Wirkung vom 1. März 1989 in die Steiermärkische Bauordnung 1968 eingefügt worden ist, enthält hinsichtlich dieser Bestimmung keine ausdrückliche Übergangsbestimmung. Wohl aber normiert Art. II Abs. 2 der genannten Novelle, daß für Berufungen gegen Bescheide, die "bis zum Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes erlassen" worden sind, die bisherige Rechtslage maßgeblich ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem zitierten Erkenntnis vom 30. April 1992, Zlen. 92/06/0047, 0059, ausgeführt, daß die Vorschrift des § 71a der Steiermärkischen Bauordnung nur auf Bescheide anzuwenden ist, die nach dem 28. Februar 1989 ergangen sind. Da der Widmungsbewilligungsbescheid vom 22. Dezember 1981 im Beschwerdefall jedenfalls vor dem 28. Februar 1989 ergangen ist, ist § 71a und auch die darin festgesetzte Frist von 5 Jahren nicht anwendbar. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren für den Ersatz von zuviel entrichteten Stempelgebühren war abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)